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" -- WeWtz-Ieitms Verantwortlicher Redactmr: Carl Ithnr in Dippoldiswalde, »«L Sonnabend, dm 12. Juni 1886 52. Jahrgang. Nr. 67 - IN ) I» I ) And in diese Jubeltöne, Menschenkind, stimm' freudig ein, Laß zum Fest in Deinem Herzen Alle» licht und fröhlich sein — Grüßt und winkt doch Dir entgegen ringsum sommerliche Pracht, Die aus tausend vlüthenkelchen duftend Dir entgegenlacht. Grüne Maien vor den Thüren — Maien drinnen auch im HauS, Fliederbüsche in den Ecken, auf dem Tisch ein frischer Strauß — Festesfreude auf den Mienen, FesteSglanz allüberall: Sei gegrüßt, o lieblich Pfingsten, mit der Sonne erstem Strahl! mit et, ach er- tag scht 35 ast Pfingstvorwoche hinein lebhaft beschäftigen. So er wartet man noch in diesen Tagen in Frankreich die Entscheidung der Deputirtenkammer hinsichtlich der Prinzenausweisungsfrage und in England ist durch die Ablehnung der irischen Homerule-Bill seitens des Unterhauses ein innerer Zwiespalt eingetreten, welcher sich zunächst durch die zur Stunde wahrscheinlich schon erfolgte Auflösung des Parlaments und die Aus schreibung von Neuwahlen erklärt. Auch in den inneren Angelegenheiten Oesterreichs waren gerade in letzter Zeit verschiedene „dunkele Punkte" aufgetaucht, von denen die Regelung der Petroleumzollstage Mischen Cis- und Transleithanien gegenwärtig noch die Tätig keit der beiderseitigen Parlamente in Anspruch nimmt. Auch bei uns in Deutschland hat sich die parlamen tarische Thätigkeit noch bis in die Pfingstvorwoche hineinerstreckt, da — ganz abgesehen vom Bundes- rathe — das preußische Herrenhaus seinerseits die Entscheidung über verschiedene vom Abgeordnetenhause schon erledigte Gesetzentwürfe zu treffen hatte. — Auf kirchenpolitischem Gebiete find in den letzten Tagen zwei bedeutsame Ereignisse zu verzeichnen: Das päpst liche Zugeständniß der vollen Anzeigepflicht und die Inthronisation des neuen Erzbischofs von Gnesen- Posen. Mit ersterem erhält der Friedensschluss zwischen Preußen und der Kurie seine Vervollständigung und auch die Inthronisation des Erzbischofs Dinder, die am Dienstag in Posen stattfand, schließt eine bewegte Episode in den kirchenpolitischen Kämpfen in erwünschter Weise ab. An der Posener Feier betheiligten sich mit besonderer Lebhaftigkeit der polnische Adel und die polnische Bevölkerung und nach Beendigung der kirch lichen Feier hielt Erzbischof Dinder eine Anrede in polnischer Sprache, in der er nochmals betonte, daß er nur mit schwerem Herzen der Weisung des Papstes gefolgt sei, die aber im Uebrigen keine sonderlich her vorzuhebenden Stellen enthielt. — In München fand am Montag eine einstündige Konferenz sämmtlicher Staatsminister beim Prinzen Luitpold statt und dürfte sich dieselbe mit der Kabinetskassen- und Regentschafts frage beschäftigt haben. Oesterreich-Ungarn. In den Pfingstbetrachtungen der österreichischen Tagespresse werden wohl die ver schiedenen sonderbaren Affairen, welche letzthin dieseits wie jenseits der Leitha gespielt haben, eine gerade nicht sehr erquickliche Stelle einnehmen. Namentlich ist es der wieder einmal zu Tage getretene Gegensatz zwischen Oesterreich und Ungarn, welcher den Dualis mus, unter dessen Zeichen der österreichische Kaiser staat seit den Beust'schen Zeiten steht, in keineswegs rosigem Lichte erscheinen läßt. In Ungarn bedarf es nur eines an und für sich unbedeutenden Anlasses — wie ein solcher diesmal in der Bekränzung des Hentzi- GrabeS lag — um den magyarischen Chauvinismus, den spezifisch grün-weiß-rothen Patriotismus empor schäumen zu lassen und dann zeigt sich der durch den Ausgleich kaum übertünchte Haß der Magyaren gegen alles, was österreichisch heißt, wieder in seiner ganzen Glorie. Daß ein solches Verhalten in den Wiener leitenden Kreisen peinlich berührt, ist selbstverständlich Gold'ne Pracht liegt ausgegvffen über Berg und über Thal — Längst ist ja nunmehr vergessen Winters lange, schwere Dual, Und in herrlich-bunte Farben sind gekleidet Hain und Au — Kosend über üpp'ge Saaten streichen Lüfte wonnig lau. Fülle, Kraft und künft'gen Degen zeiget ringsum die Natur, And von vielbrwegtem Leben find erfüllet Wald und Flur; Jubilirend steigt die Lerche auf zum blauen Himmelszelt — Hörst du sie nicht jauchzend rufen: „O wie schön ist diese Welt!" D rum hinweg heut' mit den Gorgen, d'rum hinweg mit Roth und Pein — In die Häuser, in die Herzen zieh' das Fest der Mairn ein — Gruß Dir nochmals, lieblich Pfingsten, sei willkommen tausend Mal, Gieße Deinen heitern Schimmer über Berg und über Thal! st, :d- Pfingsten. Pfingsten, das lieblichste Fest des Jahres, hat wieder seinen Einzug gehalten. Die Natur prangt bereits seit Wochen im Festgewande, bunte Blumen und grüne Saaten schmücken Wiesen und Fluren, frisches Grün bedeckt die Bäume des Waldes, und wir empfinden so recht die Wonne des Lenzes. Die Allmacht und Güte des Schöpfers hat wieder Wunder in der Natur gethan, und jedes empfängliche Gemüth empfindet den Segen neuen Hoffens, neuen Strebens, neuen Liebens und neue» Vertrauens, Ler aus der glanzvollen Pracht der Natur, die vor wenigen Mo naten noch im starren Todesschlafe lag, zu uns spricht. Vergessen seien am lieblichen Pfingstfeste alle Leiden und Prüfungen, auch von Denen, die nicht mit ein- fiimmen können in die Freude des Festes, und eine frohe Hoffnung erfülle aller Herzen. Nur in dieser Weise kann auch Pfingsten als das erhabene Erinnerungsfest an die Ausgießung des hei ligen Geistes über das Häuflein der Jünger des Hei landes recht gefeiert und recht gewürdigt werden. Es war eine hehre, heilige Begeisterung, welche damals die kleine Schaar der Jünger über alle Anfechtungen, Sorgen und Mühen dieser Welt erhob, und sie be fähigte, eine Mission zu erfüllen, die als ewig wunder bar bezeichnet werden muß. Denn mit ihrer eigenen Kraft hätten die unbekannten, niedrig geborenen Jünger des Heilands doch unmöglich eine Weltreligion gründen können und noch dazu in einem grausamen, verrotteten Zeitalter, dessen Machthaber die Bekenner der neuen Religion mit Feuer und Schwert vertilgten. Arme Fischer und untergeordnete Handwerker und nicht ge lehrte Männer predigten die christliche Heilsbotschaft, und die christliche Weltreligion entstand thatsächlich aus dem Munde der Armen und Verachteten. Die heilige christliche Begeisterung vollbrachte da mals ein großes Wunderwerk, und ihre Kraft entsproß dem Vertrauen auf die Wahrhaftigkeit und Unver gänglichkeit alles Erhabenen und Guten. Diese edle Begeisterung für alle erhabenen und schönen Ziele halte auch zu diesem Pfingstfeste ihren Einzug in die Herzen, und helfe die Sorgen und Mühen der Zeit überwinden! „Weißer!-.Zeitung" erscheint wöchentlich drei ¬ mal: DienStag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 28 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan ¬ stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- , . . Amtsblatt «ir die Löniaüike Amtshauptmamschafi Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und du Stadtrüthe ' zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserat«- welch« bet der bedeutenden Auflage dMz Blattes «ine sehr wir^ same Verbreitung find«, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Eirige- fandt, un redaktionellen »heile, die Spaltenzeile M Pfg. und speziell die boshaften Ausfälle, welche die magya rische Hetzpreffe gegen den greisen Erzherzog Albrecht wegen der mannhaften Worte richtete, mit welchen derselbe in Serajewo die österreichische Armee feierte, haben in der Wiener Hofburg tief verstimmt. Kaiser Franz Josef selbst hat es dämm für angezeigt ge halten, dem Erzherzog Albrecht eine glänzende Genug- thuung zu geben, indem der Monarch an seinen greisen Verwandten ein Handschreiben richtete, welches dem selben in den schmeichelhaftesten Worten für seine selbstlose Hingabe für die Interessen der Armee und der Monarchie dankt. Das Schreiben bezieht sich auf die jüngste bosnische Reise des Erzherzogs und spricht die hohe Befriedigung des Kaisers über die Berichte des Erzherzogs aus. Die dortigen Truppen, heißt es in dem kaiserlichen Schreiben zum Schluß, in der Zu sammensetzung das ganze Heer repräsentirend, wirkten in würdigster Weise im Geiste der altbewährten Tra dition der Armee, welche, unter allen Verhältnissen mit seltener Pflichttreue und Selbstverläugnung das Ansehen des Thrones und der Monarchie festhaltend, auch künftig der hohen Bestimmung nachkommen würde. — Das ist auch so ein „kalter Wasserstrahl" und wem er gilt, das wird man jedenfalls in Ungarn am besten wissen! Belgien. Der belgische Klerikalismus hat einen neuen Sieg erfochten. Bei den am 8. Juni stattge fundenen Ergänzungswahlen zur belgischen Deputirten kammer verloren die Liberalen im Ganzen I I Sitze, sodaß die Kammer nunmehr 97 klerikale und 41 liberale Mitglieder zählt. In Gent wurden die sämmtlichen 8 bisherigen liberalen Deputirten durch 8 Klerikale ersetzt; Stichwahlen sind in Verviers und Charleroi erforderlich, doch kann deren Ausgang die neue Zu sammensetzung der Kammer in keiner Weise mehr be einflussen. Nach dem für die liberale Sache so gün stigen Ergebnisse der Brüsseler Stichwahl sah man auf dieser Seite den Wahlen vom 8. Juni mit Zu versicht entgegen; um so größer ist die Enttäuschung, welche die Wahlen von diesem Tage der liberalen Partei brachten. Die in letzterer herrschenden Zänkereien zwischen Radikalen und Gemäßigten haben offenbar das ihrige mit dazu beigetragen, den Kleri kalen den Sieg zu erleichtern. Italien. Jenseits der Alpen wird man unter dem wenig erfreulichen Eindrücke der fortgesetzten Cholerabulletins aus dem Venetianischen das Pfingst fest begehen müssen. In Venedig steigt die Zahl der täglichen Cholerafälle noch fortwährend und muß man leider annehmen, daß die offiziellen Berichte die volle Wahrheit noch verschweigen. Bei den in Florenz angeblich an Cholera erkrankten Personen soll es sich um eine andere Krankheit handeln, welche Nachricht angesichts der italienischen Verhältnisse immerhin etwas verdächtig kingt. — Die päpstliche Ansprache bei den am Montag stattgefundenem Konsistorium hat nur auf die erfolgten Kardinalsernennungen Bezug ge nommen und weist einen versöhnlichen Ton auf. In dem am Donnerstag abgehaltenen Konsistorium setzte der Papst den neuen Kardinalen die Hüte auf und au- a. ge- Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Pfingsten steht wiederum vor der Thür und mit Befriedigung kann berichtet werden, daß es der Stand der europäischen Politik gestattet, das liebliche Lenzfest ohne beunruhigende Seitenblicke auf die allgemeinpolitischen Verhältnisse zu feiern. Insbesondere beginnen sich die dunkeln Wolken, welche so lange Zeit im Orient den politischen Horizont drohend umlagerten, wieder zu verziehen, besonders nachdem nunmehr der türkisch-griechische Zwischenfall als beseitigt betrachtet werden kann und hoffentlich wird jetzt die Friedenssonne wieder für länger unge trübt strahlen. Dagegen stehen in der inneren Politik verschiedener Staaten wichtige Fragen auf der Tages- ! ordnung, welche die Parlamente noch bis in die I