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UWntz-ZeitW. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de« Blattes »ine sehr wirk same Verbreitung finden, «erden mit 1V Psg. die Spaltenteile oder oeren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeil» 20 Psg. Die „Weißerttz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2S Psg., zweimonatlich 84 Psg-, einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummer« 10 Psg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- Amtsblatt... für die Königliche Kmishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und dre Stadtratye zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redakteur: Cätl Ikhne in Dippoldiswalde. Nr. 70. Dienstag, den 22. Juni 1886. 52. Jahrgang. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 21. Juni. Nach einer regne rischen Woche begrüßte uns am Morgen des gestrigen Sonntags ein herrlicher blauer Himmel. Es war den „Wollenen", die bei uns tagen wollten, die Fahrt im offenen Wagen unter dem wolkenlosen Baldachin wohl zu gönnen. Nur hätten wir gewünscht, daß „unsere" auf dem Bahnhofe anwesenden Wollenen eine größere Anzahl ihrer Gesinnungsgenoffen hätten begrüßen dürfen. Das Häuflein war nur klein, wuchs jedoch später durch einige Mitglieder aus der Um gegend, sowie mehrere Gäste, so daß der um 11 Uhr im Rathhaussaale stattfindende Vortrag immerhin 50 Zuhörer hatte. Nach einigen einleitenden Worten des Vorsitzenden, Herrn Bürgermeister a. D. Förster, er griff ein Mitglied des Vereins, das im Berichte nicht namentlich angeführt zu werden wünscht, das Wort, um von ihm selbst bezüglich der reinwollenen Kinder kleidung gemachte Erfahrungen in längerem Vortrage zum Besten zu geben. Als Vorbereitung dazu besprach der Vortragende kurz die allgemeinen Eigenschaften der Wolle im Gegensatz zur Pflanzenfaser. Die Walle sei der schlechteste Wärmeleiter und ein mildes Reiz mittel für die Haut, sie nehme nicht so leicht Feuch tigkeit an, sie sei feuerfest, d. h. brenne nur so lange, als sie von der Flamme unmittelbar berührt sei; die Jäger'schen Trikot-Stoffe seien übrigens im höchsten Grade durchlässig, nachgiebig; übrigens beim Tragen reinlich und geruchlos. Die Reinigung derselben sei leichter und billiger zu bewerkstelligen, als leinener Stoffe. Diese Eigenschaften bedingten denn nun auch die Vortheile der normalen (Jäger'schen) Bekleidung. Der Vortragende theilte zunächst mit, welche Gegen stände bei seinem 14 Monate alten Kinde, von dessen Geburt an bis jetzt, zur Verwendung gekommen und wie vortrefflich sie sich bewährt haben. Alles: Win deln, Unterlagen, Einsteckbettchen, Wickelbinde, Häub chen, Jüpchen, später Tragkleidchen rc. seien von reiner Wolle gewesen. Nachdem noch bemerkt worden war, wie es mit der Hautpflege und Eniährung gehalten worden war, theilte der Vortragende mit, wie die Entwickelung des Kindes eine auffällig raschere, als die der Geschwister, bei denen das Wollsystem noch nicht von der Geburt an zur Anwendung gekommen sei, gewesen, daß es ferner von allen besorgniß- erregenden Zufällen verschont geblieben und in seiner Wolle überaus vergnügt und stets freundlich gewesen sei. I)r. Niemeyer in Berlin habe behauptet: Weil man niemals ein neugeborenes Kind werde in Wolle wickeln können, so sei damit am besten die Unhalt barkeit des Wollsystems bewiesen. Nun, er — Vor tragender — habe aber bewiesen, daß man dieses, zum großen Segen für das Kind, wohl thun könne. Freilich sei es nothwendig, daß auch die Mutter in Bekleidung und Bettung dem Wollsystem huldige. — Nachdem nun noch Einiges über die Bekleidung größerer Kinder, gleichfalls aus der Erfahrung, beigebracht worden war, erzählte der Vortragende ein sehr instruktives Beispiel von dem heilsamen Einflüsse der normalen Wollbe kleidung. Ein Deutschamerikaner habe im vorigen Herbste auf der Reise von New-Dork nach Hamburg mit Frau und 3 Kindern, 5, 3 und 1 Jahr alt, Schiffbruch gelitten. Außer dieser Familie seien noch andere Personen mit 34 Kindern 48 Stunden lang auf einem Boote umhergetrieben und seien fortwährend auf's Neue durchnäßt worden. Die 3 bezeichneten Kinder hätten Wollkleidung getragen und seien in wollene Decken gehüllt gewesen. Die beiden ältesten seien ganz wohl geblieben, das kleinste nur habe ein leichtes Fieber bekommen. Von den übrigen 34 Kin dern seien 18 im Boote oder an Bord des sie ausnehmenden Schiffes verstorben. Reicher Beifall belohnte den Sprecher, der in der That höchst be herzigenswerte Erfahrungen ausgesprochen hatte. — Als Ort der nächstjährigen Versammlung, wurde Pulsnitz gewählt. — Um 1 Uhr vereinigten sich die auswärtigen und mehrere hiesige Vereinsmitglieder zu einem gemeinschaftlichen Mittagseffen im Bahnhofs hotel, bei welchem es an ernsten und heiteren Trink sprüchen in den verschiedensten Dimensionen nicht fehlte. Unter Führung des Ortskomitee besuchten die „Wollenen" hierauf die Nikolaikirche (die Stadtkirche war schon vor dem Vortrage am Vormittag besichtigt worden), die Stadt selbst und den König Johann- Thurm, und vereinigten sich hierauf mit mehreren Gästen gesellig auf dem Schießhause, wo Chorgesänge, aus geführt von Mitgliedern des Gesangvereins, mehreren Knaben und einigen Damen, unter Leitung des Herrn Kantor Hellriegel, ferner einige Solis (in der großen Freischützarie excellirte Frau Concertmeister Kröber), ein allgemeines Lied, launige Vorträge und Ansprachen mit einander wechselten, so daß der Abschluß gleichfalls ein recht erfreulicher war, was auch von einem Sprecher, der die hiesige Versammlung qualitativ über die vor jährige Meißner stellte, anerkennend hervorgehoben wurde. Mit dem Abendzug dampften die nord- und süd wärts wohnenden „Wollenen" in die Heimath, indem sie mehrfach versicherten, einen vergnügten Tag verlebt zu haben. — Die Bestrebungen des Vereins für die Förderung der Gesundheit sind jedenfalls sehr be- achtenswerth, und steht zu erwarten, daß die mehrfach ausgesprochene Hoffnung, auch hier ein keimfähiges Samenkorn ausgestreut zu haben, keine vergebliche ist. — Am Sonnabend Nachmittag rückte hier eine aus 43 Köpfen (Männer, Frauen, Kinder) bestehende, aus dem Elsaß (Dalhunden bei Bitsch) stammende Zigeunergesellschaft mit 8 Wagen und 11 Pferden ein. Nachdem dieselbe eine Zeit lang im und beim Gast hofe zum Hirsch sich aufgehalten, wurde derselben die Aue zum Aufenthaltsorte angewiesen, wo sich dieselbe in 7 Zelten häuslich niederließ, während die Pferde frei weideten. Eine große Menge Schaulustiger be- fuchte das improvisirte, aber nichts weniger wie an- muthige und appetitliche Bivouak, besonders am Sonntage, wo man Vormittags die Kochkunst einer Zigeunerin in Augenschein nehmen konnte, die ein hauptsächlich aus Sauerkraut, Schweinskopf und Pa prikafleisch bestehendes Mittagsmahl bereitete. Eine für den Tag beabsichtigte Eheschließung, zu welcher Tags vorher Stoff für den Brautstaat angeschafft worden war, konnte aus dem Umstande leider nicht stattfinden, als der glückliche Bräutigam nebst 2 Genoffen am Sonntag Morgen auf Requisition der Chemnitzer Staatsanwaltschaft verhaftet worden war. Uebrigens haben sich, soviel wir hören, die Leute ruhig verhalten und zu weiterem Einschreiten Veranlassung nicht ge geben. Feuerwehrleute hielten in der Sonnabenv- und Sonntagsnacht Wache. — Am Abend des Johannisfestes wird, wie seit her üblich, im Anschluß an den Abendgottesdienst in der Nikolaikirche eine (völlig entröefreie) Geiangsauf- führung stattfinden. Vielen Musikfreunden dürfte die Mittheilung willkommen sein, daß Frau Concertmeister Kröber, die jetzt zum Befuch hier weilt, und die be reits an den Pfingstfeiertagen bei den kirchlichen Ge sangs-Aufführungen uns erfreute, auch für diese bevorstehende Aufführung einige Solis gütigst über nommen hat. — Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatz "und erfolgreiche Löschthätigkett gelegentlich des am Abenv des 15. Mai beim Gutsbesitzer Wilhelm Hugo Göbel in Ruppendorf ausgebrochenen Brandes hat die kgl. Brandversicherungs-Kommission der Spritze der Ge meinde Paulshain 30 M. und der Gemeindespritze von Höckendorf 25 M. außerordentliche Prämien bewilligt. — In der Nacht vom 17.» zum 18. Juni hat sich der ledige 23 Jahre alte Waldarbeiter Ernst Robert Zimmermann in Nechenberg unweit der elterlichen Wohnung, woselbst er angeblich hatte Wild abtreiben wollen, mit einem Pistole erschaffen. Derselbe wurde am Morgen des 18. mit zerschmettertem Gesicht auf gefunden und polizeilich aufgehoben. Die Pistole lag zersprungen neben ihm. Als Motiv wird Liebesharm vermuthet. Dippoldiswalde. Die Frequenz auf der schmal spurigen Sekundärbahn Hainsberg-Kipsdorf im Monat Mai gestaltete sich in folgender Weise auf den ein zelnen Stationen und Haltestellen: Tourbillcts. Tagesbillets. Militär- II. III. II. III. dillets. Dresden ... 70 782 259 1208 20 Hainsberg. . . 135 865 176 940 14 Dippoldiswalde . 107 1067 155 1202 33 an den Haltestellen 221 1906 156 2098 55 Sa. 533 4620 746 5448 122 11069 Befördert wurden 2,452,898 Kilogramm Güter. Vom 1. Januar 1886 an wurden 37,573 Stück Billets verkauft und 11,950,350 Kilogramm Güter be fördert. Sadisdorf. Unser Gotteshaus ist jetzt einer größeren Reparatur unterworfen, da die Mauern, so wie viele Bänke im Schiffe rc. schadhaft geworden und der Erneuerung sehr bedürftig waren. Auch soll das Innere der Kirche durch Malerei, ausgeführt von Herrn Götting in Dippoldiswalde, verschönert werden, wozu Herr Rittergutsbesitzer Otto auf Naundorf in dankenswerther Weise das Geld verwilligte. Der Gottesdienst wurde bisher in der Schulstube abge halten, jetzt sind jedoch die Parochianen in die Kirche nach Schmiedeberg verwiesen, wo abwechselnd der hiesige und der dortige Pfarrer die Predigt hält. An fang September etwa soll der Bau beendet sein. W Frauenstein, 19. Juni. Wie gefährlich das so oft beobachtete Spielen und Schießen mit Kinder pistolen werden kann, lehrt ein im benachbarten Ammelsdorf im Laufe der Pfingstwoche geschehener Unfall. Ein I4jähriger Knabe dort wohnender Eltern hatte sich jüngst ohne deren Wissen ein Kinderpistol gekauft und amüsirte sich mit Schießen. Da dem leichtsinnigen, unbesonnenen, jungen Schützen die Zündplättchen zu wenig platzten, wußte er sich Pulver zu verschaffen, womit er das Pistol lud und auf einen neben ihm stehenden Kameraden abfeuerte. Hierbei ging der Schuß in die rechte Schläfeseite und ver ursachte eine größere Brandwunde, auch war das Ge sicht an vielen Stellen mit eingesprengten Pulver körnern besetzt. Hätte der Schuß ein wenig nach vorn und etwas tiefer getroffen, so wäre aller Wahrschein lichkeit nach der Getroffene um sein Augenlicht ge kommen. Auch in hiesiger Stadt bemerkte Einsender Dieses während der Feiertage eine Anzahl von Knaben aus der Umgegend, welche mit Kinderpistolen schaffen. Möchten doch Erzieher ihre Pflegebefohlenen vor solchen Spielereien warnen! — Zum größten Leidwesen der Touristen und Ferienleute mag sich kein beständiges Wetter einstellen. Auch gestern gab es hier und in Reichenau Regen und Graupeln, wogegen zwischen Steinbrückmühle, Neubau-Hartmannsdorf und der Platte wiederum Schloßen fielen. Zum Glück hielt das Unwetter nicht lange an, auch war es während desselben windstill. Im benachbarten Hartmannsdorf und Kleinbobritzsch war während dieser Zeit der angenehmste Sonnenschein. — Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Jahre 1885 in Summa 628,291 M. 64 Pf. vereinnahmt und 591,323 M. ausgegeben. Das Vermögen be stand in 1,754,668 M. 80 Pf. ausgeliehenen Kapi talien, 49,277 M. 55 Pf. unverzinslichen Außen ständen und rcstirenden Zinsen ultimo 1886. Der Kaffenbestand betrug am Jahresschlüsse 1885: 36,967 Mark 96 Pf. Das Gesammtvermögen von 1,840,914 Mark 31 Pf. wird gebildet von 1,787,676 M. 97 Pf. Guthaben der Einleger am Schluffe des Jahres 1885