Volltext Seite (XML)
Wchmh-ZkitW en I«. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ahne in Dippoldiswalde 52. Jahrgang Dienstag, den 25. Mai 1886 Nr. 59 M i. HM wirk same Verbreitung find«» »erden mit 1V Pfa. die Spaltenzeile oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Lheile, die Spaltenzeür M Pf«. Lokales ««d Sächstsches. Dippoldiswalde. Die Amtshauptmannschaft Dip poldiswalde wird in diesem Jahre wieder einmal der Schauplatz größerer Manöver sein, und zwar wird die I. Jnfanteriebrigade Nr. 45 ihre Detachements übungen vom 30. August bis 1. September bei Börnchen nördlich von Dippoldiswalde abhalten, während die DivifionSmanöver der 1. Infanterie division Nr. 23 vom 3. bis 9. September in der selben Gegend stattfinden werden. — Die letzten Manöver in hiesiger Gegend fanden im Jahre 1877 statt. —* Wenn wir im Gebirge, ich meine speziell die Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde auch etwas ab seits des großen Weltverkehrs liegen und infolge mangelnder Industrie kein starker Verkehr die Gegend belebt, so findet man doch jedes Jahr eine immer mehr wachsende Anzahl von Touristen, zu denen sich auch Schreiber dieses rechnet, welche, durch die Natur schönheiten angelockt, die Gegend nach allen Rich tungen und zu allen Zeiten (auch im Winter) durch streifen. Ist nun auch seit einer Reihe von Jahren viel im Straßenbau geleistet, ebenso einem dringenden Bedürfniß durch Anbringung von Wegtafeln rc. seitens der Gemeinden, Gebirgsvereine und einzelner Privat personen abgeholfen worden, so soll doch in Folgen dem bezüglich der Wegweiser noch auf verschiedene, zum Theil erhebliche Uebelstände aufmerksam gemacht werden. Da trifft man z. B. auf Nebenwegen nicht wenige Wegweiser an, auf denen mail nur 2 bis 3 größere Orte, wie hier bei uns: Dresden, Freiberg und Pirna angegeben findet, wenn sie auch, wie es vorkommt, 8—10 Stunden entfernt sind. Das wäre Alles ganz gut, aber es ist doch mindestens ebenso berechtigt, die Namen der zunächst liegenden Ort schaften anzugeben, nach deren Richtung und Ent fernung wohl am ersten geforscht wird. Recht oft ist auch nur der Ort und die Richtung, aber nicht die Entfernung verzeichnet, die aber ebenso gut auf Weg weiser gehört. Der größte Uebelstand aber ist der, daß man sich auf die Zeit, welche auf den Wegtafeln rc. angegeben ist, durchaus nicht verlassen kann. Solche Stundenangaben sind stets ungenau, überhaupt ent schieden zu tadeln. Es ist kaum glaublich, wie groß die Unterschiede hier sind. Da wird z. B. eine ebene Strecke von 14 Kilometern als ein Weg von 3 Stun den, eine dergleichen von 21,» Kilometern als ein solcher von 4'/» Stunden bezeichnet (Schreiber dieses geht beispielsweise letzteren in höchstens 3'/» Std.). An einem anderen Orte dagegen wird ein Weg von reichlich 5 Kilom. als V Std. lang angegeben. Wird in den beiden ersteren Fällen auf 1 Std. 4,7 Kilom. gerechnet, so hat im letzten Falle 1 Std. 7 Kilom., also genau die Hälfte mehr. Warum giebt man denn nicht einfach die Entfernung in Kilometern an? Jeder Wanderer weiß oder wird es dann wenigstens bald wissen, wie viel Kilometer er in 1 Stunde geht, oder anders gesagt, wie viel Minuten er braucht, um 1 Kilometer zurückzulegen. Sollte sich diese einheitliche Bezeichnung, die wirklich nöthig ist, nicht einführen lassen? Uebrigens ist die Abrundung der Angabe der Weglänge auf V Std. für kürzere Entfernungen eine zu große, während 1 Kilom. Weg einer Zeit von 10 Minuten entspricht. Würde die Angabe der Ent fernung auf Wegtafeln für kürzere Strecken (2 Kilom.) auf 0,i — >/t» Kilom., für mittelgroße, bis zu 10 Kilom., auf 0,» — >/, Kilom. und für größere Strecken auf 1 Kilom. abgerundet, so wäre das hinreichend genau. Die Gebirgsvereine hätten hier ein dankbares Feld vor sich und hoffentlich wird auch von den zu ständigen Behörden einmal eingegriffen und Ordnung geschaffen werden. Die Entfernungen sind auf den fiskalischen, sowie den Bezirksstraßen ja schon längst durch Kilometersteine angegeben. — Das Haupt- und Vogelschießen der hiesigen Schützengesellschaft wird am 4., 5. und 6. Juli d. I. gefeiert werden. — Gestern mit dem Frühzuge kamen hierher mehrere Herren Baumeister, Mitglieder der Bau innung des Plauenschen Grundes, die ihren Sitz in Tharandt hat, um unter Führung des Herrn Bau meister Schmidt die Stadt- und Nikolaikirche, das Schloß und das Rathhaus zu besichtigen. Bereits mit dem Mittagszuge fuhren die Herren in der Rich tung nach Hainsberg weiter. — Das gestrige Anturnen des hiesigen Turn vereins gestaltete sich, trotz der sehr erhöhten Temperatur Die sojialk Kchhr m DeMlmb. Im Hinblick auf die Verordnung des preußischen Staatsministeriums, welche für Berlin und Umgegend auf Grund des Sozialistengesetzes die Maßregeln gegen sozialrevolutionäre Bestrebungen verstärkt und die Versammlungsfreiheit vorübergehend gewissen Be schränkungen unterwirft, liegt es nahe, die Lage in Deutschland bezüglich der sozialen Gefahr einmal zu untersuchen. Es darf in dieser Richtung zunächst her vorgehoben werden, daß im deutschen Reiche die soziale Gefahr allerdings nicht den bedenklichen Charakter zeigt, wie es in Belgien, Frankreich und Nord-Ämerika der Fall ist. In diesen Ländern kamen Ruhestörungen und soziale Revolutionen in einem Umfange vor, wie wir sie in Deutschland für die Gegenwart und nächste Zukunft nicht zu befürchten haben. Gegen eine der artige Erhebung verführter Massen zu Zerstörungs zwecken besitzen wir manchen besseren Schutzdamm als jene Länder, auch liegen bei uns die Verhältnisse günstiger. Die staatliche und gesellschaftliche Ordnung ist bei uns befestigter, Polizei- und Militärmacht zahl reicher vorhanden, aber auch, was die Hauptsache ist, der Sinn für Ruhe und Ordnung auch in den unteren Kreisen unserer Bevölkerung noch in einer Weise ver treten, daß die Revolutionäre sich in einer großen Minderheit befinden. Ferner liegen in Deutschland trotz großen wirthschastUche« Druckes auf vielen Ar beiterklassen die Verhältnisse in Bezug auf die Ver sorgung der Arbeiter doch noch viel günstiger als in Belgien, Frankreich und Amerika. Die Gemeinde- Verwaltungen, freien Korporationen und die Kranken - und Unfallversicherungen bekämpfen bei uns mehr als in jenen Ländern die Nothlage Hülssbedürftiger und Elender. Auch ist nicht zu verkennen, daß die Ar beiterkolonien doch manchen Arbeitsscheuen und Ar beitslosen zu einem würdigeren Fortkommen verhelfen, so daß thatsächlich eine hübsche Anzahl Sicherheits ventile für den unterirdisch gährenden sozialrevolu tionären Vulkan vorhanden sind. Es darf aber des halb eine große Vorsicht doch nicht außer Acht ge lassen werden, weil die Sozialisten und Anarchisten sich als eine internationale Verbrüderung betrachten und behandeln, weil mit einer krankhaften Geistes richtung in gewissen bethörten Volksschichten zu rechnen ist, und weil die Ruhestörungen unter diesen Um ständen leicht epidemisch auftreten können. Der Geist der Widersetzlichkeit giebt übrigens dann und wann auch in Deutschland ein gräuliches Lebenszeugniß von sich, wie neulich ein Exceß, der von Fabrikarbeitern in Spremberg verübt wurde, bewiesen hat. Es ist deshalb jedenfalls als ein Akt weiser Vorsicht anzu erkennen, wenn die Regierungen gegenwärtig die Maß regeln des Sozialistengesetzes etwas strenger hand- ' haben, zumal in mehreren größeren Städten Arbeits einstellungen in größerem Maßstabs für den Sommer vorbereitet werden. Daß aber die Streiks leicht in Revolutionen ausarten können, das hat man in Belgien, Frankreich und Amerika gesehen. Wenn die Streikenden im rechtlichen Unterhandlungswege ihr Ziel nicht erreichen können, dann wollen sie nur zu gern zu allerhand Vergewaltigungen greifen, und diesen muß ein Damm entgegengesetzt werden. und trotz des Umstandes, daß mehrere Nachbarvereine durch eigene Festlichkeiten von der Theilnahme abge halten waren, dennoch zu einem recht belebten kleinen Volksfest. Der Ausmarsch von der Turnhalle mit Mu sik und allerdings nur einer Fahne, da die vertretenen Vereine von Colmnitz, Glashütte, Niederbobritzsch und Schmiedeberg keine mitgebracht hatten, ging zunächst zur Wohnung des durch Krankheit abgehaltenen Turn- warts, Lehrer Eidner, um diesem eine Ovation darzu bringen und dann nach dem Turnplatz. An Stelle Herrn Eidners wurden die Freiübungen vom Vor turner Herrn Liebscher geleitet, und nach ihnen be gann in allen Riegen, ckn sämmtlichen Geräthen, eine rege turnerische Thätigkeit, an welcher sich auch die vor Kurzem errichtete zweite Männerriege wacker betheiligte. Eine besondere Bedeutung gewann der gestrige Tag dadurch, daß der Vorturner dieser Männerriege, Herr Lohgerbereibesitzer Emil Frosch, der im Mai 1861 eingetreten war, sein 25 jähriges Mitgliedsjubiläum feierte. In Anerkennung der Ver dienste, welche sich der Jubilar als Mitglied über haupt, insbesondere aber als Vorturner erworben, und welche der Vereinsvorstand, Hr. Kaufmann Reichel, nachdem diese einfache aber schöne Feier durch Vor trag des Liedes „Brüder reicht die Hanv zum Bunde" feiten des Vereinssängerchors eingeleitet worden, laut anerkannte, überreichte ihm der letztere als Zeichen aufrichtiger Dankbarkeit im Namen des Vereins einen goldnen Ring. Sichtlich überrascht, betonte Hr. Frosch in seinen Dankesworten, daß die im Turnverein ver lebten Stunden zu den schönsten seines Lebens ge hörten und ermahnte deshalb Alle zu treuem Aus harren im Verein und zu thätiger Mitarbeit. — Bei dem Abends im Gasthof zum „goldnen Stern" statt findenden Balle bewiesen die Theilnehmer, daß die Turnerei sehr wohl auch fähig macht, unter den Tropen — bei 35—40 ° R. zu existiren und — zu tanzen, denn bis in die frühen Morgenstunden verweilte das lustige Turnervolk in den Ballräumen. — Der am 1. Juni in Kraft tretende Sommer fahrplan bringt uns endlich die lang gewünschten vier Züge wieder. Der Gang der Züge ist genau wie im Vorjahre. Wir bedauern, daß es noch nicht angängig gewesen ist, einen Anschluß an den früh 6 Uhr von Dresden abgehenden Zug, der von allen Geschäftsleuten und Reisenden gewünscht wird, zu er langen. — Vom 1. Juni ab werden innerhalb der Amts hauptmannschaft Dippoldiswalde die Postkurse mehr fach verändert, und zwar werden abgefertigt: die Per sonenpost von Mügeln nach Glashütte um V9 Uhr Nachm.; die Privat-Personenfuhrwerke zwischen Alten berg und Kipsdorf: aus Altenberg um 3 Uhr 35 Min. früh, 8 Uhr 40 Min. Vorm. und 6 Uhr 55 Min. Nachm., aus Kipsdorf um o/« 10 Uhr Vorm., »/«3 Uhr Nachm. und '/«H Uhr Nachts; die Privat-Personen fuhrwerke zwischen Bienenmühle und Frauenstein: aus Bienenmühle um 7 Uhr 40 Min. Nachm., aus Frauen stein um 5 Uhr 45 Min. Nachm.; die Privat-Personen fuhrwerke zwischen Bienenmühle und Sayda: aus Bienenmühle um Uhr Vorm., 3 Uhr Nachm. und 10 Uhr 55 Min. Nachts, aus Sayda um 4 Uhr 50 Min. früh, 9 Uhr 25 Min. Vorm. und 6 Uhr 5 Min. Nachm.; die Privat-Personenfuhrwerke zwischen Frauenstein und Klingenberg-Kolmnitz (Bahnhof): aus Frauenstein um 4 Uhr früh und VI Uhr Nachm., aus Klingenberg-Kolmnitz (Bahnhof): um 7 Uhr 16 Min. Vorm. und 8 Uhr 42 Min. Nachm.; das Privat-Personenfuhrwerk von Glashütte nach Geising um 11 Uhr 20 Min. Nachts; das Privat-Personen fuhrwerk von Glashütte nach Mügeln um 9 Uhr 10 Min. Vorm.; das 3. Privat-Personenfuhrwerk von Niedersedlitz nach Kreischa um 7 Uhr 50 Min. Nachm. Dippoldiswalde, den 24. Mai. Konstituirende und beratheüde Versammlungen müssen vor Ostern > „Weitzrrid-Settrms» «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - All« Postau- »alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmamschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Imuensiein