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Wchmtz-MtW Mr „Weißeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Arris vierteljährlich 1 M. A> Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer« 10 Pfg. — Alle Postan italten, Postboten, sowie vie Agenten nehmen Be- Jnserat«, welche bei der bedeutenden Auflage de« Blattes eine sehr wirk- same Verbreitung^ finde«, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder oeren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche Umtshanptmannschafi Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redakteur: Carl Ikhnr in Dippoldiswalde. Nr. 29. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Im Reichstage ist auf die dreitägige Generaldebatte über die Monopolvorlage eine gewisse Abspannung gefolgt, welche mehrfach in der Beschlußunsähigkeit des Hauses hervortrat. Aus den Verhandlungen der verschiedenen Reichstagskom missionen verdient hervorgehoben zu werden, daß die jenige zur Vorberathung des Sozialistengesetzes die erste Lesung desselben beendigt und sich mit großer Mehrheit für die Verlängerung des Gesetzes bis zum 30. September 1888, also auf zwei Jahre, statt, wie die Negierung vorgeschlagen, auf fünf Jahre erklärt hat. Im Uebrigen sind sämmtliche vom Abgeordneten vr. Windthorst gestellten Abänderungs- und Ab schwächungsanträge gegen die Stimmen der National liberalen und Konservativen angenommen worden, als deren wichtigster der auf Aufhebung der Ermäch tigung der Centralbehörden zur Verhängung des kleinen Belagerungszustandes erscheint; letzterer soll lediglich auf Berlin und einen Umkreis von 30 Kilo metern beschränkt bleiben. Ueber dieses Windthorst- sche Amendement erhob sich eine lebhafte und lang ausgesponnene Debatte, in deren Verlaufe Minister v. Puttkamer die Meinung zurückwies, als ob es sich bei der Verhängung des kleinen Belagerungszustandes in Berlin um den persönlichen Schutz des Kaisers handele, und gab ferner seinem Erstaunen Ausdruck, daß die Kommissionsmehrheit glaube, daß durch die Ausweisungen eine verstärkte Bürgschaft der Sicher heit nicht gewonnen werde. In parlamentarischen Kreisen hält man an der Meinung fest, daß die zweite Lesung der Vorlage in der Kommission gar kein posi tives Ergebniß zur Folge haben werde, da die Frei sinnigen und die Volkspartei das Gesetz trotz der Windthorst'schen Abänderungen, die Konservativen und Nationalliberalen aber wegen derselben, verwerfen würden. Im Plenum würde alsdann das Schicksal des Gesetzes davon abhängen, wieviel Mitglieder des Centrums sich entschlössen, im Verein mit den National liberalen und den beiden konservativen Fraktionen für die Verlängerung der unveränderten Vorlage auf 2 Jahre zu stimmen. — Von kolonialpolitischen Ange legenheiten verdient die Ernennung des Vizeadmirals v. Schleinitz zum Landeshauptmann für die deutschen Schutzgebiete im Kaiser-Wilhelms-Land und im Bis marck-Archipel registrirt zu werden. Dieselbe erfolgte auf Vorschlag der Neu-Guinea-Kompagnie. Frankreich. In Cochinchina ist seit den letzten Christenmassakres die Ruhe noch nicht wieder herge stellt. Eine Saigoner Depesche meldet, daß die Auf ständischen in der Umgegend von Tourane einen Kapitän und l0 Soldaten umzingelt und niederge metzelt hätten, worauf jene bis Qninchen vorgerückt sein sollen. Rußland. Die russische Negierung hat gegen das Deutschthum in den Ostseeprovinzen soeben einen neuen Schlag geführt. Durch kaiserlichen Befehl sind die lutherischen Parochial- und Landgemeindeschulen Liv lands, sowie die Dorfvolksschulen Esthlands und Kur lands und endlich die Lehrerseminare der baltischen Provinzen, dem Ministerium für Volksaufklärung unter stellt. In letzterem sitzen mit die ärgsten Feinde des Deutschthums und hieraus erklärt sich zur Genüge, was die direkte Stellung der deutschen Schulen und Lehrerbildungs-Anstalten der Ostseeprovinzen unter dieses Ministerium bedeutet. England. Jenseits des Kanals kommt jetzt die irische Frage in rascheren Fluß. Das Gladstone'sche Projekt eines besonderen irischen Parlaments nimmt bestimmtere Umrisse an und weiß der „Daily Tele graph" hierüber mitzutheilen, daß dem irischen Par lamente vollster Spielraum für die Erledigung aller rein lokalen Angelegenheiten, möglicher Weise aber auch die Machtbefugniß hinsichtlich der Erhebung der Zölle und Accise, gewährt werden würde. Weiter Sonnabend, den 13. März 1886. meldet das genannte Blatt, daß die gegenwärtige irische Polizei zwar Neichspolizei bleiben solle, da gegen die neu zu errichtende Lokalpolizei den irischen Behörden unterstellt werden würde. Bei Berathungen des englischen Parlaments über Fragen, welche das ganze Reich angehen, würde Irland seine Vertreter nach London entsenden. Es sind dies schon recht um fassende Zugeständnisse, die Gladstone den irischen Homerulern machen will und wobei sich der englische Premier anscheinend nicht im Geringsten um die Widersprüche kümmert, welche seine irische Politik sogar in den Reihen der Liberalen und namentlich in den Kreisen der Whig-Aristokratie erfährt. Vorläufig wird sich auch Mr. Parnell mit diesen Konzessionen zu frieden geben, daß aber der Chef der irischen National partei früher oder später mit neuen Forderungen an die englische Regierung herantreten wird, unterliegt nicht dem geringsten Zweifel. — England kann sich an den Früchten seines birmanischen Sieges noch immer nicht erfreuen, wie die jüngst wieder einge troffenen schlechten Nachrichten beweisen. In Aemethen sind 300 Mann englische Truppen von nicht weniger als 9000 aufständischen Birmanen eingeschloffen und wenn General Prendergast, der schleunigst zum Ent sätze des bedrängte» Platzes aufgebrochen ist, dort mit seiner Abtheilung nicht noch rechtzeitig eintrifft, so er scheint das Schicksal der von einer so kolossalen lieber macht eingeschloffenen 300 Engländer besiegelt. Die Lage der Engländer in Birma beginnt demnach mit derjenigen der Franzosen in Tonkin eine verzweilte Aehnlichkeit zu zeigen, nur mit dem Unterschiede, daß die letzteren das Aergste in Tonkin bereits überstanden haben. «Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 12. März. Der alljährliche Zuwachs unserer Volksbibliothek wird zwar regel mäßig in dem geschriebenen Kataloge nachgetragen; zum Drucken des Nachtrags kann aber selbstverständ lich allemal dann erst geschritten werden, wenn min destens ein halber Bogen gefüllt werden kann. Es ist deshalb schon mehrfach der Wunsch geäußert wor den, daß die interessantesten Neuanschaffungen summa risch veröffentlicht werden möchten. Wir bieten im allgemeinen Bildungsinteresse gern die Hand, indem wir damit zur immer allgemeineren uud fleißigeren Benutzung der Volksbibliothek anzuregen hoffen. Mit nächstem Sonntage kommen neu zur Ausgabe: I. aus der Lebenskunde: Fromme!, Von der Kunst im täg lichen Leben; Falcke, Die Kunst im Hause; Schwad, Der Schulgarten; Wirth, Das Geld. 2. aus der Ge schichte: Becker, Erzählungen aus der alten Zeit; Jahn, Geschichte der deutschen Freiheitskriege; Schu bert, Die Betheiligung des XII. Armeekorps bei Gravelotte, bei Sedan, vor Paris; Stoll, Geschichte der Hohenstaufen. 3. Biographien: Dinter, Selbst biographie; Nieritz, desgl.; Fr. v. d. Trenck, desgl.; Möbius, Schaumberger's Biographie. 4. aus der Geo graphie: Engelhardt, Vaterlandskunde von Sachsen; Kreiher, die preußische Expedition nach Ostasien. 5. aus der Naturkunde: Willkomm, Waldbüchlein; Wag ner, Das Wasser. 6. Dichtungen: Herder, Der Cid; Putsche, Erläuterung zu Schiller's Gedichte. 7. Unter haltungsliteratur: Anzengruber, Feldrain und Wald weg; Auerbach, Waldfried; Hillern, Geyerwally; Rabe, Chronik der Sperlingsgasse; Rosegger, Die Schriften des Waldschulmeisters; Spyri, Heimathlos; Klitzing, Zur See; Brander, Träumereien an französischen Kaminen: Olivier, die Tochter des Försters; außer dem noch interessante Erzählungen von Biernatzky, Conscience, Christoffel, Frommel, Tegtmeyer, Schlieben, Nieritz, Zschaler u. A. — Von den gegenwärtig am Himmel stehenden drei Kometen werden zwei in den nächsten Wochen auch für das unbewaffnete Auge sichtbar werden. Beide Sterne zeigen in ihren Bahnen im Allgemeinen 52. Jahrgang. eine nicht zu verkennende Aehnlichkeit mit einander unh werden sich bei ihrem Erscheinen im letzten Drittel des April nicht allein sehr hell, sondern außerdem nahe bei einander, nämlich Abends zwischen 8 und 9 Uhr, im Nordnordosten unter dem Himmelspol zeigen. — Mit dem Sonntage Nogate sind in der evan gelisch-lutherischen Landeskirche nach ergangener Vor schrift die in das allgemeine Kirchengebet einzuschalten den Gebete für die Feldfrüchte zu beginnen. Da aber dieser Sonntag im lausenden Jahre sehr spät, näm lich auf den 30. Mai fällt, so hat das evangelisch lutherische Landeskonsistorium auf geschehene Anregung gestattet, daß mit dem üblichen Gebet für die Feld früchte, je nach dem Stande der Feldbestellung, auch schon an einem früheren Termine als dem Sonntag Rogate, nach Befinden schon am Sonntage Quasi- modogeniti, mithin vom 2. Mai ab, begonnen werde. — Auch in diesem Jahre wird der Geburtstag Kaiser Wilhelms in hiesiger Stadt durch ein Fest mahl gefeiert werden. Die Aufforderung zur Be theiligung an demselben folgt in nächster Nummer unseres Blattes. Dresden. Königin Karola wird die Reise nach Meran den getroffenen Bestimmungen gemäß am 20. März in Begleitung der Prinzessin Josepha an treten. — Nach jetzt vorliegenden amtlichen Ausweisen gab cs am 1. Oktober v. I. in Dresden 48811 Wohnungen, 6551 mit Erwerbsräumen verbundene Wohnungen und 9665 Erwerbsräume, überhaupt also 65 027 Räume zusammen. Unvermiethet standen leer: 609 Wohnungen, 25 mit Erwerbsräumen verbundene Wohnungen und 383 Erwerbsräume. In der Zeit vom Februar 1882 bis Oktober 1885 hat sich die Gesammtzahl der vorhandenen Wohnungen rc. von 61324 auf 65027, also um 3703 oder um 6 Proz. vermehrt, dagegen hat die Zahl der unvermietheten Wohnungen rc., welche im Februar 1882 zu 2227, also zu 3,s Proz. der damals überhaupt vorhandenen 61324 Wohnungen rc. ermittelt worden ist, im Ok tober 1885 bis auf 1017 oder 1,s Proz. der über haupt vorhandenen 65027 Wohnungen rc. sich ver mindert. Freiberg. Nach einem Beschluß des Reichsgerichts wird bekanntlich der dritte Akt jener unter dem Namen „Chemnitzer Monstre-Sozialistenprozeß" vielbesprochenen Strafsache gegen eine Anzahl sozialdemokratischer Neichstagsabgeordneten vor dem Landgericht in Frei berg spielen. Dort wird die Sache jedoch keineswegs so schnell zur Verhandlung gelangen, als angenommen wurde. Wie man hört, soll dies erst im Juni, keines falls aber vor Schluß der diesmaligen Reichstags session geschehen. Auch soll nach einem dieser Tage ergangenen Gerichtsbeschluß die in Chemnitz ausgesetzt gewesene Strafsache gegen Vollmar und Viereck mit dem Verfahren gegen Bebel, Auer, Frohme und Ge nossen verbunden werden. Sayda. Der hiesige Vorschußverein besteht zur Zeit nur noch aus 50 Mitgliedern. Die dies jährige Generalversammlung beschäftigte sich wieder mit der bereits seit Jahren geplanten Auflösung des Vereins; schon in der vorjährigen Generalversamm lung wurde die Auflösung nur dadurch vermieden, daß die Versammlung nicht beschlußfähig war; ein Gleiches war bei dem äußerst schwachen Besuche in der vorgestrigen Versammlung der Fall; diesmal schien jedoch auch unter den Anwesenden die Stimmung für sofortige vollständige Auflösung des Vereins nicht mehr vorhanden zu sein, denn man einigte sich endlich da hin, daß der Verein auch fernerhin noch fortbestehen, wohl aber durch Rückzahlung aller dem Vereine von Nichtmitgliedern vorgestreckten Darlehen an dieselben, sowie durch Einschränkung in der Gewährung neuer Darlehen, auf eine Erleichterung der seinerzeitigen Auflösung des Vereins hingewirkt werden soll.