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M Wchmtz-Icjt«W Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde. 52. Jahrgang Donnerstag, dm 25. Februar 1886 Nr. 22 Jakob Grimm's auch in Volkskreisen an pietätvoller Er innerung nicht gefehlt. Wenn wir heute am lOOjähr. Geburtstage Wilhelm Grimm's die Erinnerung an das äußerlich und innerlich, sowie wissenschaftlich un zertrennlich verbundene Brüderpaar erneuern, so ge schieht es in der Hoffnung, unser Volk werde denen eine dankbare Erinnerung weihen, die ihm aus der Vergangenheit vor Augen gestellt,haben, welche Schütze im deutschen Geiste und Gemüthe verborgen liegen und die damit des selbsterwählten Wächterpostens deutscher Art und Sitte treu gewaltet haben. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein „Weißerth-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »ierteljiihrlich 1 M. 2b Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer« 10 Pfg. — Alle Postau- palten, Postboten, sowie die Agenten nehmen B«- Jnserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk- same Verbreitung^ finde«, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Eilige» sandt, im redaktionellim Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Die Gebrüder Grimm. Zur Erinnerung an den 100jährigen Geburtstag Wilhelm Grimm's. Die „Gebrüder Grimm" kennt dem Namen und einem ihrer Werke nach in Deutschland jedes Kind. Dieses Werk sind die „Kinder- und Hausmärchen," von denen eine Anzahl wohl in jedes deutsche Schul lesebuch ausgenommen ist. Die Märchen von den Sternthalern, Hänsel und Gretel, Dornröschen, Noth- käppchen, Frau Holle, Bremer Stadtmusikanten rc. werden unserer Kinderwelt jetzt wohl ausschließlich in der Form bekannt, in welcher die „Gebrüder Grimm" sie erzählt haben. Diese Form aber ist eine so volks- lhümliche, kindlich einfache, und zugleich tief poetische, daß sie von den meisten für das Volk und insbesondere die Kinderwelt bestimmten Darstellungen nicht erreicht, für dieselben aber immer als ein nach ahmungswürdiges Muster gelten wird. Eine solche echt deutsch-volksthümliche Gabe, wie die „Kinder- und Hausmärchen" sind, konnte aber auch nur von einem Verfasser dargeboten werden, der, mit Liebe zu Volk und Land, sich in Denkungsweise, Sitte und Sprache der Nation zu versenken und, aus gerüstet mit scharfer Beobachtungsgabe und feiner Empfindung, die darin verborgen ruhenden Schätze zu entdecken und zu heben verstand. In den „Ge brüdern Grimm" waren alle diese Bedingungen in vor züglichem Grade vorhanden, sie ergänzten sich gegen seitig. War dem älteren Bruder Jakob besonders ein großes Geschick und Glück im Auffinven eigen, so befähigte den jüngeren, Wilhelm, seine zarte Empfindung, seine Hingabe an das Einzelne, seine glückliche Gestaltungskraft zur Darstellung und ge- müthvollen Ausgestaltung der Märchenbilder. Daß wir gerade heule an die „Gebrüder Grimm" mit einigen Worten erinnern, dazu veranlaßt uns die Erinnerung an die vor 100 Jahren erfolgte Geburt Wilhelm Grimm's. Am 24. Febr. 1786 erblickte der Genannte in Hanau das Licht der Welt — sein Bruder Jakob, ein Jahr älter, war den 4. Januar 1785 geboren. — Gemeinschaftlich haben beide Brüder das Lyceum zu Kassel besucht und später in Marburg die Rechte studirt. Durch gleiche Neigung wurden sie zum Studium altdeutschen Rechtes, und damit deutscher Sprache und Sitte gedrängt, und kamen dadurch auch in ganz ähnliche Lebensstellungen; zuerst an der Kasseler Bibliothek, dann an der Universität Göttingen, zuletzt in Berlin. Es ist bekannt, daß beide ein gleiches Schicksal aus Göttingen vertrieb. Als der König von-Hannover Ernst August 1837 einseitig das Staatsgrundgesetz aufhob, da waren es allein 7 Professoren von Göttingen, die sich gegen diese Willkür erklärten. Unter ihnen die „Gebrüder Grimm." Sie verloren dadurch ihre Stellen, fanden aber später in Berlin einen sie voll befriedigenden Wirkungskreis. Es kann nicht unsere Absicht sein, eine Dar stellung der von den „Gebrüdern Grimm" entwickelten Thätigkeit zu versuchen, sie ist viel zu umfassend und liegt dem allgemeinen Verständnisse fern. Nur an eins ihrer Werke wollen wir noch erinnern. Es ist dies > die umfassendste Arbeit ihres Lebens, das „Deutsche Wörterbuch," das nach ihrem 1863 (Jakob) und 1859 (Wilhelm) erfolgten Tode unter Leitung des Prof. Hildebrand-Leipzig fortgeführt und vollendet worden ist. Man wirst unserer Zeit vor, daß sie dem Materia lismus verfallen sei und nichts wissen möge von einer rein geistigen Thätigkeit, bei der sich nicht sofort nach weisen lasse, was sie nützt und was sie einbringt. Es scheint uns dies eine ungerechtfertigte Behauptung. Die Lernbegierde und die Theilnahme für höhere Fragen als Essen und Trinken zeigt sich in erfreulichster Weise in den weitesten Kreisen, und so hat es denn schon vor einem Jahre beim 100jährigen Geburtstage Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Auch in den Monaten März und April, und zwar am 8. jeden Monats, werden, wie aus einer Bekanntmachung der Bahnverwaltung in heutiger Nummer zu ersehen, Theaterextrazüge auf der Linie Hainsberg-Kipsdorf abgelassen werden. — Durch Vermittelung des hiesigen Stadtraths erhielt heute der seit 30 Jahren in der Werkstatt des Herrn Schuhmachermeisters Christian Friedrich Herm. Lotze in Arbeit stehende Schuhmachergeselle Ernst Gottlieb Grahl hier die silberne Medaille für „Treue in der Arbeit." Mit einer kurzen Ansprache wurde dieselbe nebst dazu gehörigem Diplom Seiten des Herrn Bürgermeister Voigt in Gegenwart des hinzu gezogenen Herrn stellvertretenden Stadtverordneten- Vorsteher Dreßler sowie des Obermeister Richter in der Werkstätte dem Schuhmachergesellen Grahl, der bereits vor 5 Jahren ein Belobigungsdekret von der kgl. Kreishauptmannschaft erhalten, überreicht. Möge der Jubilar noch viele Jahre seinem Meister ein treuer Arbeiter sein und mögen seine jüngeren Kollegen dar nach streben, einst eine gleiche Auszeichnung zu er langen. Hennersdorf. Seit dem Tode des weitbekannten Herrn meä. praet. Walther wird hier und in den umliegenden Orten Sadisdorf, Ammelsdorf, Hart mannsdorf, Schönfeld rc. immer und immer wieder das Bedürfniß rege, einen Arzt zur Niederlassung für hier zu bewegen. Unser Dorf, in der Mitte zwischen den Städten Frauenstein und Dippoldiswalde gelegen, würde einem solchen gewiß eine große Praxis sichern, wie dieses ja auch schon bei Herrn Walther der Fall war. Die verschiedensten Schritte sind von den be- theiligten Gemeinden schon dieserhalb gethan worden, leider aber bis jetzt vergeblich. Da nun dieser Punkt, Mangel an Landärzten, in nächster Zeit auch auf der Tagesordnung der 2. Ständekammern stehen wird, so hofft man" durch energisches Eintreten unseres Herrn Landtagsabgeordneten Steyer, der über den Wunsch genannter Gemeinden informirt ist, endlichen Erfolg. Poffendorf. Im Hinblick auf die noch hier und da sich zeigende Gleichgiltigkeit gegen die Bestrebungen der landwirhschaftlichen Vereine und die Unlust der Landwirthe, sowie anderer Personen denselben beizutreten, hat der Vorsitzende des hiesigen land- wirthschaftlichen Vereins, Herr Rittergutsbes. Fiedler- Wilmsdorf, im Auftrage einiger Mitglieder, einen Aufruf an alle sich für die Landwirthschaft Jnteressiren- den erlassen, der es verdient in weiteren Kreisen be kannt zu werden und dessen Hauptpunkte in Nach stehendem folgen. Der hiesige Verein hat sich dem landwirthschastlichen Kreisverein zu Dresden unter stellt und genießen die Mitglieder durch denselben mancherlei Förderung und Unterstützung, welche unter Anderem darin bestehen: I. das Cirkuliren eines Frei- exemplares der sächsischen landwirthschastlichen Zeit schrift, sowie einer anderen landwirthschastlichen Zei tung, 2. Deckung der Kosten für jährlich zwei im Verein zu haltenden Vorträge, 3. Verbreitung geeig neter Schriften an die Einzelvereine, 4. Darbietung von Gelegenheiten zur Ausbildung der Söhne an den Winterschulen zu Freiberg und Meißen, sowie der Töchter in den Lehrmeiereien, 5. Uebernahme der Kosten a) zur Entwe.fung eines Wirthschaftsplanes, b) Ent- und Bewässerungsanlagen o) Anlegung von Düngerstätten und Jauchenbehältern bei denjenigen Mitgliedern, welche nicht mehr als 1200 Steuerein heiten haben, 6. Beihilfe von 25 Mark bei Abhal tungen von Pflug- und Maschinenprüfungen, 7. Ver anstaltung von Anbauversuchen von anderwärts mit großem Erfolg erbauten Feldfrüchten, 8. Verwilligung von 300 M. für Zwecke der Obstbaumzucht und Aus bildung von Baumwärtern, 9. Hebung der Rindvieh zucht und zwar durch Gewährung von Geldunter stützungen an einzelne Mitglieder a) beim Ankauf von Bullenkälbern edler Raffe, b) bei Errichtung von Bullenhaltungs - Genossenschaften für Ankauf edler Bullen. — Der Kreisverein gewährt ferner kostenfreie Untersuchung bei Ankauf von Düngemitteln von den dem Vertrage beigetreleneg Düngerfabrikanten und Händlern und ertheilt schließlich Ehrenauszeichnungen an Dienstboten für mindestens 10jährige gute Dienst zeit auf ein und demselben Gute. Angesichts der hier angegebenen, meist von der hohen Staatsregierung gewährten Unterstützungen und bei der anhaltend un günstigen Lage der Landwirthschaft darf man hoffen, daß die Theilnahmlosigkeit gegen die landwirthschaft- lichen Vereine schwinde und die Zahl der Mitglieder sich mehre. Der hiesige Verein hat für das Jahr 1886 beschlossen, seine Sitzungen den 17. Febr., 17. März, 14. April, 16. Mai, 17. Oktbr., 10. Novbr., 8. Dezbr. abzuhalten. Jedes Mitglied zahlt 50 Pfg. Eintrittsgeld und einen jährlichen Beitrag von 1 M. 50 Pfg. und werden Anmeldungen zum Beitritt vom Vorsitzenden jederzeit angenommen. Glashütte. Im Gewerbeverein hielt am Sonntag Herr Kantor Müller einen recht interessanten Vortrag über das Thema: „Ein Städtebild aus dem Mittelalter." Redner entwarf ein anschauliches Bild von der Entwickelung der Städte und dem Leben und Treiben in denselben und verstand es, das In teresse der zahlreich Erschienenen bis zum Ende wach zu halten. Wohlverdienter Dank seitens der Ver sammlung wurde ihm zu Theil. Nachdem Herr Burk hardt noch einen elektrischen Gasanzünder vorgezeigt, sand eine Neuwahl des Gesammtvorstandes statt, welche folgendes Resultat ergab: Ingenieur Burkhardt, Vorsitzender; Lehrer Hesse, Stellvertreter; Kaufmann Richter, Kassirer; Uhrenfabrikant N. Lange, Schrift führer; Kantor Müller, Stellvertreter; Lehrer Lindig, Bibliothekar. Ferner wurden noch 3 Ausschüßmit- glieder und deren Stellvertreter gewählt. Den Be schluß bildete ein kleines Tänzchen. — Am Sonnabend hatten ca. 15 Turner aus Dippoldiswalde nach den Uebungen einen Nachtmarsch angetreten und trafen gegen 11 Uhr Nachts hier ein, von den hiesigen Turnern erwartet. Eine fröhliche Turnerkneipe lieb die lieben Gäste schwer scheiden und erst gegen 2 Uhr wurde der Rückweg angetreten. Mulda. Die jüngst in unserem Blatte gebrachte Notiz, daß der vormalige Pfarrer Schädel nach Amerika gegangen sei, ist zur Zeit noch immer eine unerwiesene Behauptung. Es fehlt von ihm jede Spur. — Am vergangenen Sonntag ist von Herrn Sup. Ör. Richter in Freiberg Herr Pfarrer Schubert feierlich in sein neues Amt eingewiesen worden und hoffen wir sehr, daß nunmehr auch in kirchlicher Beziehung unser Ort wieder in den gehörigen Stand kommt. M Frauenstein, 21. Februar. In der schönsten Weise verlief das vom hiesigen Erzgebirgs-Zweig verein im Franke'schen Saale hier gefeierte „Kirch weihfest in den Alpen". Die Wände des Saales waren bis zur Decke durch prächtige Alpenlandschaften verdeckt, so daß von den Saalfenstern und -Wänden auch nicht die Spur zu sehen war. Im Hintergründe des Saales befand sich ein Theater, dessen Seiten- und Hinterwände ebenfalls hohe Gebirgslandschaften zeigten. Abends 8 Uhr zog bei heiterem Spiel des