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Mchmtz-IkitW. Amtsblatt für die Königliche Kmtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserat«, welche Sei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk« same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Die „Welßerih-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »iertoljührlich I M. Lb Pfg-, zweimonatlich 8t Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie ri« Agenten nehmen Be stellungen an. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehnc in Dippoldiswalde. 52. Jahrgang. Sonnabend, den 20. Februar 1886. Nr. 20. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Das große Ereigniß in unserer inneren Politik bildet augenblicklich die Einbringung der neuen kirchenpolitischen Vorlage im preußischen Herrenhaus«. Nachdem sich um die Vorlage schon eine Art Legende gebildet hatte und bezüglich ihrer die sonderbarsten und widersprechendsten Behauptungen aufgestellt worden waren — sollte sie doch dem Papste vorgelegen haben und von diesem einer Kardinals- Kommission zur Begutachtung übergeben worden sein! — ist sie nun heute eine Thatsache. Der Inhalt des Gesetzentwurfes streift bis an die Grenze, bis zu welcher die preußische Regierung in ihrem Entgegen kommen gegenüber den Wünschen der Kurie gehen konnte, ohne der staatlichen Macht und Würde etwas zu vergeben. — Im Reichstage sollte auf den „Schwerins tag" vom Mittwoch die Generaldiskussion der Sozia listenvorlage folgen, womit denn die erste derjenigen Vorlagen, welche die eigentlichen Brennpunkte der gegenwärtigen Reichstagssession bilden, zur parlamen tarischen Behandlung gelangt wäre. Was dagegen den Branntweinmonopol-Entwurf anbelangt, so läßt sich noch nicht sagen, wenn derselbe vom Reichstage in Berathung genommen werden wird. Dies aus dem einfachen Grunde, weil sich der Entwurf noch im Schooße des Bundesrathes befindet und haben die Ausschüsse die zweite Lesung erst am Montag be gonnen, so daß die Meldung, wonach die zweite Be rathung der Monopolvorlage von den Ausschüssen schon beendigt sein sollte, zu berichtigen ist. Doch wird dem Vernehmen nach die weitere Behandlung der Vorlage im Bundesrathe möglichst beschleunigt werden, so daß sie vielleicht im Laufe der nächsten Woche an den Reichstag gelangt. — Das Brannt weinmonopol ist dieser Tage Gegenstand langer Er örterungen in weiteren mittelstaatlichen Landtagen ge» wesen. In der badischen 2. Kammer wurde am Dienstag der von der liberalen Kammermehrheit zum Branntweinmonopol eingebrachte und demselben im Allgemeinen nicht ungünstige Antrag nach 6 stündiger Debatte angenommen. Zwei hierzu gestellte Aende- rungsanträge einer von klerikaler Seite, welcher das Reichsmonopol als unannehmbar bezeichnet, und ein liberaler, der einen Ausspruch über das Monopol als vorläufig unmöglich erklärt, lehnte die Kammer ab. Ferner erklärte im braunschweigischen Landtage Staatsminister Graf Görtz-Wrisberg am gleichen Tage auf eine Anfrage über die Stellung der braunschwei gischen Negierung zum Monopol, dieselbe stehe der betreffenden Vorlage im Großen und Ganzen sym pathisch gegenüber und habe ihren Vertreter im Bun desrathe dementsprechend instruirt. Orsterreich-Ungarn. In den polnischen Landes- theilen Oesterreichs haben die Maßregeln der preu ßischen Regierung gegen die Polonisirungsgefahr eine merkwürdige Reaktion hervorgerufen. In welcher Richtung sich dieselbe bewegt, erhellt aus einem von einer in Krakau stattgefundenen Bürgerversammlung gefaßten Beschlüsse, demzufolge der Waareneinkauf in Preußen als Vergehen gegen die patriotischen Pflichten betrachtet wird; sämmtliche Lebensmittel müssen im Lande angeschafft werden, nach Möglichkeit aus gali zischen Erzeugnissen. Auf Antrag des Landtagsabge ordneten Romanowicz wurde eine siebengliedrige Kom mission mit der Ausgabe gewählt, Fachmänner aus allen Gewerbszweigen einzuberufen, um neue Quellen zum Bezüge der bisher aus Preußen importirten Maaren zu ermitteln und den in der Versammlung gestellten Antrag wegen Bildung eines Konsumvereins auf Tantiemen zu prüfen. Aus anderen galizischen Städten werden ähnliche Kundgebungen gemeldet. England. Von Gladstone liegt wieder einmal eine Kundgebung über seine irische Reformpolitik vor. In einem Schreiben an einen irischen Pair, den Vis count de Vesci, schlägt Gladstone einen freien Mei nungsaustausch seitens aller Klaffen der Bevölkerung Irlands über deren Bedürfnisse und Wünsche vor. Die schwierige Aufgabe der Negierung werde, wie der Premier meint, durch die ihr hierdurch zugehenden Informationen sehr erleichtert werden. Feste Ent schlüsse hat also Gladstone bezüglich Irlands noch immer nicht gefaßt und diese Thatsache dürfte in den Kreisen der irischen Homeruler, in denen man unge duldig dem praktischen Beginn der verheißenen Re formpolitik entgegensieht, gerade nicht sehr angenehm berühren. Eine der englischen Missionsgesellschast in London zugegangene Depesche aus Zanzibar bestätigt die Nachricht von der Hinrichtung des Bischofs Hannington und seiner aus 50 Personen bestehenden Begleitung. Die Hinrichtung erfolgte auf Befehl des Königs Uganda. Die englische Regierung wird jeden falls nicht verfehlen, den Herrscher von Uganda wegen dieser Grausamkeit zur Verantwortung zu ziehen. Balkanhalbinsel. In der Orientkrisis treten heute mehr als je die Anstrengungen hervor, welche das Kabinet Gladstone macht, um die Griechen vor einem Kriege mit der Türkei zurückzuhalten. Nicht nur hat das englische Kabinet zum zweiten Male die offizielle Mahnung an die griechische Regierung ge richtet, Frieden zu halten, sondern England ist jetzt auch entschlossen, seinen mahnenden Worten den ge hörigen Nachdruck zu verleihen. Die „Daily News," das Organ Gladstone's, meldet, daß nach Ankunft der britischen Flottenverstärkungen in der Sudabucht zwei Kriegsschiffe alsbald ihre Operationen beginnen würden, um die griechische Flotte kampfunfähig zu machen. Das Blatt sagt ferner: das britische Kabinet entschied sich nach reiflicher Erwägung dahin, daß ein Krieg zwischen Griechenland und der Türkei gegenwärtig nicht zuzulassen sei. Nach derartigen energischen Erklärungen wird man in Athen wohl endlich sich bequemen, Ver nunft anzunehmen. — Aus Bukarest ist die erfreu liche Nachricht von der Wiederaufnahme der serbisch bulgarischen Friedens-Verhandlungen zu verzeichnen. Dieselbe erfolgte infolge der von Serbien wegen der Verzögerung an die Pforte gerichteten Beschwerde. In dem am Montag von der Friedenskonferenz ge nehmigten Artikel sind auch die Bestimmungen über die Amnestirung der durch den Krieg Kompromittirten enthalten. In dieser Hinsicht sprach der serbische Delegirte den Wunsch aus, den aus Bulgarien aus gewiesenen Serben möge die Rückkehr gestattet werden, worüber der bulgarische Delegirte von seiner Negierung aber noch keine Instruktionen besaß. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 19. Februar. Eine Erscheinung, welche von der Weiterentwickelung jeder gewerblichen Thätigkeit unzertrennlich ist, ist die Arbeitstheilung. Die selbe bedingt, daß Jeder nur das thue und treibe, was ihm an einer Gesammithätigkeit am meisten zusagt, dieselbe bewirkt, daß er in dieser einseitigen Thätig keit eine besondere Geschicklichkeit und Routine erhält. Diese Arbeitstheilung hat sich zuerst im Gewerbe geltend gemacht, und zwar geht dasselbe, je weiter die Arbeitstheilung getrieben wird, mehr oder weniger in fabrikmäßigen Betrieb über; in neuerer Zeit ist die Arbeitstheilung aber auch in Gebieten der Landwirth- schaft ausgetreten und zwar insofern, als nicht wenig Landwirthe bereits seit längerer Zeit die Milchwirth- schaft ganz aufgegeben haben und die Herstellung von Butter und Käse selbstständigen Unternehmern über lassen. Die überall entstehenden Molkereien und Käsereien sind die Folge dieser Art der Arbeitstheilung. Es würde uns zu weit führen, wenn wir es unter nehmen wollten, die Vortheile und Nachtheile der neuen Einrichtung zu beleuchten (an Für und Wider kann es nicht fehlen), uns genügt die Thatsache, daß dadurch eine nicht unwesentliche Veränderung bisheriger Zustände herbeigeführt und auch bei uns bereits seit Jahresfrist eine Dampfmolkerei entstanden ist. Wer früher in den frühen Morgens-, Mittags- oder Abend stunden den Weg liber die Aue einschlug, konnte eine Menge Frauen und Kinder begegnen, die summt und sonders nach dem Rittergute Berreuth pilgerten (nebenbei gesagt: für nicht Wenige die einzige Ge legenheit, frische Luft zu schöpfen), um ihren Milch bedarf von der Kuh weg zu holen. 1?owxi xassati! Schon längst hat diese kleine Völkerwanderung aufgehört' denn schon längst wird in Berreuth sämmtliche Milch von einer dort eingerichteten Käserei konsumirt. Und diesem Beispiele sind zahlreiche größere Landwirthe gefolgt. Eine täglich sich wiederholende Fracht auf der Bahn strecke nach Dresden sind die riesigen Milchkübel aus der Umgegend. Nur das Vorwerk St. Nikolai und die Stadtgüter spenden noch nach alter guter Sitte ihre Milchernte den Selbstkonsumenten. Und auch eine Dampfmolkerei haben wir. Herr Abbühl, ein mit der Milchwirthschaft seit Jahren vertrauter Schweizer aus dem Berner Oberlande, hat im eigenen Hause am Markt eine Dampfmolkerei errichtet, die zwar zur Zeit nur etwa täglich 500—600 Liter Milch verarbeitet, jedenfalls aber bald bedeutenderen Bedarf haben dürfte. Mit einer 2 pferdigen Dampfmaschine von Vogel u. Schlegel-Dresden, mit den nöthigen Apparaten, darunter besonders eine Centrifuge mit 7000 Touren in der Minute (Laval's Separator) liefert das bescheiden auftretende Geschäft eine vor treffliche Butter, sowie Limburger- und Kümmel-Käse von anerkennenswerther Güte, welche Produkte in dem sauberen Verkaufsgewölbe stets zu haben sind. Wir verfehlen nicht, auf das jedenfalls entwickelungs fähige Unternehmen aufmerksam zu machen und das Interesse des Landwirths für die Besichtigung des Entsahnungsprozesses anzuregen, das hier in nächster Nähe befriedigt werden kann. Zu einer Besichtigung der großartigen Pfund'schen Molkerei in Dresden kommt doch nicht Jeder. — Die Anmeldung der sich in diesem Jahre um die Kiebsch'sche Stiftung bewerben wollenden Jung frauen findet Sonntag, den 28. Februar d. I., Vor mittags 11 Uhr, im Sessionszimmer des Nathhauses statt. — Das Concert, das an voriger Mittwoch die Kapelle des königl. sächs. 2. Jägerbataillons Nr. 13 unter Leitung des Herrn Musikdirektor H. Röpenack gab, war stark besucht und lieferte also vom finan ziellen Standpunkte aus gewiß ein gutes Resultat. Ein gleiches läßt sich vom musikalischen Standpunkte, insonderheit von dem des musikalischen Geschmacks leider nicht durchgängig behaupten. Gegen Aufführung, bez. Wiederholung von Stücken, wie „die Mühle im Schwarzwalde," besonders aber „Narren-Radaumarsch," müssen wir im Namen des musikalischen Geschmacks entschieden Protest einlegen. Wenn, wie im letzteren Stücke, dem Orchester selbst ein wüstes Schreien, Pfeifen, Singen und Johlen zur Erhöhung des be absichtigten Eindrucks zugemuthet wird, so handelt es sich eben nicht mehr um Musik; diese aber sucht man im Concert. Es ist uns unbegreiflich, wie das Korps, das in der Behandlung der Blechmusik Hervorragendes leistet, sich den Vortheil entgehen ließ, statt der ge nannten Nummern einige Hornquartette (ohne Dämpfer) einzulegen. Diese hätten entschieden bessere Wirkungen erzielt, als jene und die zu starke Handhabung des Schlagzeugs. Der überschwenglich gespendete Beifall widerlegt unsere Behauptung nicht im Geringsten; es ist die Aufgabe eines Concertgebers, auch durch die Wahl der Stücke dazu beizutragen, daß die Musik ihren erheiternden, aber zugleich veredelnden Ein fluß ausüben könne. Der dann erschallende Applaus muß ja, weil ein berechtigter, den Aufführenden eine viel größere Genugthuung gewähren. Obercarsdorf. Vorige Mittwoch scheuten die Pferde des Handelsmannes Zimmermann aus Wen- dischkarsdorf vor dem heranbrausenden Zuge, sprangen