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DK „Weißerih. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis Vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mchmh-MiW. Amtsblatt Inserats, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finde», werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 2» Pfg. für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhnk in Dippoldiswalde. Nr. 16. Donnerstag, den 11. Februar 1886. 52. Jahrgang. Eine Säkulärerinnerung. Den I I. Februar sind es 300 Jahre, daß ein Regent die Augen schloß, der für unsres engeren Vaterlandes innere Entwickelung und Blüthe mit eif riger Sorge und bestem Erfolge gewirkt hat. Es war dies Kurfürst August, bekannter unter dem Volks namen: Vater August. Es bedarf wohl keiner be sonderen Begründung, wenn mir es unternehmen, ihm ein Wort dankbarer Erinnerung zu widmen. Nach seinem kriegerisch gesinnten, auf dem blutigen Felde von Sievershausen (1553) gefallenen Bruder Moritz, unternahm es der mit gelehrter Bildung ausgestattete August, sich der inneren Wohlfahrt des in kriegerischer Zeit schwer geschädigten Kurstaates Sachsen zu widmen, und in 33jähriger friedlicher Ne gierung ist ihm dies in den verschiedensten Bezieh ungen vortrefflich gelungen. Das Moritzmonument in Dresden stellt dar, wie Moritz seinem Bruder August das Kurschwert überreicht. „Es war ein ge zogenes, blutiges Schwert; August steckt es in die Scheide und greift nach Pflug und Feder. Bei Moritz war That, bei August Thätigkeit. Moritz erwirbt das Feld, August baut und erntet darauf; der eine trägt den Lorbeer, der andere die Palme; der eine macht Sachsen berühmt, der andere glücklich." Erobert hat Kurfürst August mit dem Schwerte nichts, aber in Erwerbungen war er glücklich. Durch Erbschaft und Kauf entstand unter ihm der voigtlän- dische Kreis mit den Städten Plauen, Oelsnitz, Adorf, Pausa. Weniger glücklich war August in den kirch lichen Angelegenheiten. Ein eifriger Anhänger von Luthers Lehre, hatte er jedoch mehr den Buchstaben derselben, als den Geist der Reformation erfaßt und verfuhr deshalb gegen Die, die seiner Auffassung wider strebten, vielfach hart und gewaltthätig. Die in Sachsen als symbolisches Buch geltende Eintrachts formel (I'ormula ooneorämo) ist auf seinen Betrieb zu Stande gekommen, hat aber ihren Zweck nicht erreicht und hätte vielmehr den Namen der Zwietrachts formel verdient. Glücklicher war August in den Ne gierungsgeschäften, in denen er von treuen Näthen be dient wurde. Unter ihm entstand das Obersteuer kollegium und das später so genannte Appellations gericht. Aber am glänzendsten steht August da in den Angelegenheiten, die sich auf die Vvlkswirthschast be ziehen. Die Landwirthschaft, Weinbau, Obst- und Bienenzucht, Perlenfischerei, Branntweinbrauerei, der Bergbau, die Industrie und der Handel erfreuten sich gleichzeitig seiner treuen Fürsorge. In den Aemtern wurden Kapitalien niedergelegt, um arbeitsamen be dürftigen Bauern und Bürgern Vorschüße zu gewähren, damit sie nicht in Wucherhände fallen sollten, wie denn auch der Ziusfuß auf 5 Prozent herabgesetzt ' wurde. Unter den Gewerben blühte besonders die Weberei. Man rechnete damals in Sachsen 18,000 Tuchweber, 11,000 Zeug- und 21,000 Leinweber. Die Aemter mußten häufig Flachs vertheilen, um die Liebe zum Spinnen zu fördern, woher sich der Spinn- stubenreim herschreibt: Gabe der Korferst nit Flachsen zum Fädel, Feierten Mädel und Spinnerädel. Unter August lehrte Barbara Uttmann den Erz gebirgerinnen das Klöppeln, durch welche Thätigkeit der Spruch zur Wahrheit geworden ist, der an dem Denkmale der wackeren Frau zu lesen ist: Ein sinniger Geist, eine fleißige Hand, Sie ziehen den Segen ins Vaterland. Auch für das Schulwesen hat Vater August ge sorgt. In Mühlberg, Freiberg und Langensalz unter hielt er 3 Jnngfrauenschulen, in Wittenberg gründete er eine Menge Freitische und andere Unterstützungen für die Studenten, bekümmerte sich um die Thätigkeit der Professoren und legte den Grund zu der öffent lichen Bibliothek in Dresden. Durch seine Baulust entstanden in Dresden mehrere Gebäude, die zum Theil schon wieder dem Untergange geweiht sind, z. B. das Zeughaus, die Münze, der Jägerhof in der Neustadt, ferner Annaburg, Augustusburg, sowie die Festungswerke von Königstein und Dresden. Mit seinem Namen und seiner volkswirthschaft- lichen Thätigkeit innigst verbunden erscheint seine Ge mahlin, die dänische Prinzessin Anna, im Volksmunde Mutter Anna geheißen, von der man zu sagen pflegte, daß die Armen und Kranken mit ihr Einen Beutel, Eine Küche, Eine Apotheke und Eine Versorgung ge habt hätten. Nach dem Tode Annas, die ihrem Gemahl 15 Kinder geschenkt hatte, verheirathete sich August noch mals mit der 15 jährigen Prinzessin Agnes Hedwig von Anhalt, starb aber bereits 6 Wochen darauf, am I I. Februar 1586. — Wir weihen ihm, dem Schöpfer der volkswirthschaftlichen Blüthe unseres Vaterlandes, ein dankbares Andenken. Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde. Der Geschäftsbericht des Militärvereins Dippoldiswalde ergiebt, daß ge nannter Verein am Schluffe vorigen Jahres 256 Mit glieder und 1 Ehrenmitglied zählte. Der Abgang von 17 Mitgliedern im laufenden Jahre wurde durch Aufnahme 17 neuer Mitglieder ergänzt. — An Krankenunterstützung zahlte der Verein im verflossenen Geschäftsjahre 361 M. 75 Pf. an 33 erkrankte Kame raden, sowie 425 M. Begräbniß-Unterstützung an die Hinterlaßenen von 5 verstorbenen Mitgliedern, ü 75 Mark und an 2 Kameraden beim Tode ihrer Ehe frauen, ü 25 M. -- Das Vermögen des Vereins be steht, nach Hinzurechnung des Ueberschußes pro 1885 von 128 M. 82 Pf., in 2742 M. 72 Pf. Außer dem besitzt der Verein noch ein Inventar, welches mit 600 M. in der Militär-Feuerversicherungskasse ver sichert ist. — Als gewiß seltener Fall können wir noch erwähnen, daß der Kassirer des Militärvereins sein Amt seit I9'/s Jahren verwaltet und in diesem Zeit räume keine Monatsversammlung versäumt hat. — Ansteckende Thierkrankheiten sind im Mo nat Januar innerhalb der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde nicht aufgetreten. — Die Temperatur des vergangenen Montags war die niedrigste im ganzen Winter; früh 7 Uhr zeigte das Thermometer —15 ° R., Abends 7 Uhr — 12« R. Dienstag war bereits ein bedeutender Ab schlag wahrzunehmen; früh 7 Uhr waren nur —9 °Ii., Abends 7 Uhr —2°; heute hatten wir früh 0« U. Glashütte. In der Turnvereinsversammlung vom 5. Februar wurde u. A. beschloßen, dieses Jahr wieder einen Maskenball abzuhalten, da sich schon Viele an den Verein wegen Abhaltung eines solchen gewandt hatten. Die Angelegenheit wurde einem Komito überwiesen, welches die nöthigen Schritte thun wird. Ein etwaiger Ueberschuß soll in den Turnhallenbaufond fließen. — Am Dienstag, seitdem allerdings nicht wieder, ließen sich die ersten Frühlingsboten, einige Staare, sehen. — Am Montag war ein außerordentlich hoher Barometerstand zu verzeichnen, der um 4 Uhr bereits eine Höhe von 783,i mm erreicht hatte (auf 0 ° 0. und den Meeresspiegel reduzirt). Diese hohen Baro meterstände über 780 mm sind sehr selten und hatten wir in den letzten 2 Jahren nur 2 und zwar 1884, den 22. Mai mit 781 mm und 1884, den II. No vember mit 780,s mm. Im Anschluß hieran trat auch vergangene Nacht ein starker Frost auf, der seine größte Intensität heute früh 8 Uhr mit 11,» ° U. — 14,i« 0. erreichte. Kreischa, 7. Februar. Vor einem zahlreichen, namentlich aus den Kreisen der Strohflecht-Industrie zusammengesetztem Publikum (einschließlich vieler Flech terinnen und Kinder), hielt auf Veranlassung des landwirthschastlichen Vereins Kreischa und Umgegend Herr Rittmeister a. D. v. Clauson-Kaas einen ebenso anziehenden als für die Menge der Zuhörer leicht verständlichen und belehrenden Vortrag über die Er lernung von Handfertigkeiten im Allgemeinen und über die Einbürgerung einer besseren Flechtmethode im Besonderen. Der Vortragende hob vor Allem die Nothwendigkeit einer frühzeitigen und regelmäßigen Beschäftigung der Kinder mit Handarbeiten als das erziehende Prinzip neben dem belehrenden der Schule hervor, schilderte die praktischen und pekuniären Vor theile, die damit für Eltern und Kinder verbunden wären und ging dann namentlich auf die gerade für hiesige Gegend intereßante Strohflechtindustrie näher ein. Dieselbe habe allerdings nicht mit den Anfor derungen der Zeit, dem Geschmack, der Mode Schritt gehalten, daher das hiesige Geflechte jetzt schlecht bezahlt werde, auch sei Nachfrage genug vorhanden, und wo man sich bestrebe, bessere Waare zu liefern, sei auch ein besserer Verdienst für die Arbeiter in Aussicht zu stellen. Dazu könnten aber am besten die nach seiner Angabe gegründeten Flechtschulen, wo durch ausge bildete Lehrerinnen die neueren Methoden erlernt würden, beitragen; die Einführung derselben, welche auch die hohe Staatsregierung bereitwillig unterstütze, sei durchaus nicht so kostspielig und daher recht wohl in hiesiger Gegend, wo gerade so viel Hände auf den Erwerb aus dieser Industrie angewiesen seien, dringend zu befürworten. Der Vorsitzende dankte im Namen des Vereins dem Herrn Vortragenden für seine gütige Auskunft und hob hervor, wie auch vom landwirth- schaftlichen Standpunkt der Strohflechtindustrie alle Aufmerksamkeit zu schenken sei, da einmal zahlreiche weibliche Arbeitskräfte, welche die Landwirthschaft nur im Sommer beschäftigen könne, in dieser Industrie im Winter ihr Auskommen fänden; dann aber müßte man versuchen, den Anbau von Flechtstroh, ähnlich wie in der Schweiz, selbst zu betreiben; die Einrich tung einer Flechtschule aber möchten sich alle Freunde der Sache hiermit warm ans Herz gelegt wißen; die Bildung eines besonderen Komitös in dieser Ange legenheit sei dringend zu befürworten und soll im nächsten Vereinsabend erfolgen. Derselbe findet Dienstag, den 16. d. M., im Parkhotel zu Kreischa statt und wird auf Vereinsbeschluß nun nicht mehr besonders durch Karten, wohl aber durch Bekannt machung in diesem Blatte nochmals tzazu eingeladen werden. Frauenstcin, 8. Febr. Bis zur Einführung der Naturalverpflegung vom 1. bis 14. Januar be anspruchten 53 durchreisende Handwerksburschen das Stadtgeschenk, was der Armenkasse eine Ausgabe von 5 M. 30 Pf. verursachte. Vom 15. bis 31. Januar haben bei hiesiger Hauptstation 35 Mann Tagesver- pflcgung ü 20 Pf. und 96 Mann Nachtverpflegung ü 25 Pf. erhalten. — Im Januar dieses Jahres wurden in die hiesige Sparkasse 53,349 M. 73 Pf. in 642 Kassen posten eingezahlt -und 35,988 M. 40 Pf. gelangten in 482 Kassenposten zur Rückzahlung. Die Gesammt- einnahme betrug 119,365 M. 45 Pf. in 1023 Posten, die Gesammtausgabe 126,377 Mark 26 Pf. in 508 Posten. Neu eröffnet wurden 106 Konten. — Der gestrige Schneefall hat die in voriger Woche etwas dürftig gewordene Schlittenbahn wieder prächtig hergestellt. Mit großer Freude haben nicht nur die Liebhaber des Schlittenfahrens dies begrüßt, sondern auch die Schneeschipper. Bot ihnen doch selbst die „Brotkappel der Schneeschipper," d. i. eine Strecke der Frauensteiu-Klingenbergcr Straße unter halb der Oberförsterei, welche den Schneeschippern durch das leichte Verwehen regelmäßigen und an haltenden Verdienst gewährt, seit ziemlich 14 Tagen nicht mehr die erwünschte Beschäftigung. Die Schnee-