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730 daß Tessin zu Italien kommen müsse, und daß der Kaiser der Franzosen die Schweiz bis nach Tirol hin nehmen werde. Herr Tourte fügte bei: „Dieser Redner ist aller dings ziemlich ercentrisch." Obgleich den Reden eines einzelnen Parlamentsmitgliedes kein zu großes Gewicht beilegend, beauftragten wir doch mit Schreiben vom 11. d. M. Herrn Tourte, beim italienischen Ministerium gegen diese Auslassung des Generals Birio zu rrrlamiren. Schon vor dem Empfange dieses Auftrags hatte Herr Tourte den Minister ersucht, dir nächste Gelegenheit zu ergreifen, der Schweiz gegenüber beruhigende Versicherungen zu geben, wie auf sein Ansuchen hin ein früheres Mal in einem ähnlichen Falle auch Herr Cavour im Parla ment eS gethan. In einer folgenden Audienz sagte der Ministerpräsident Rattazzi Herrn Tourte zu, daß die Interpellationen über dir allgemeine Politik, welche Sonn tag, den 20. d. M., im Parlamente geschehen werden, zu den verlangten Erklärungen benutzt werden sollen. Am 21. d. M. Vormittags erhielten wir nun von Hrn. Tourte folgende telegraphische Depesche: „Gestern Abend wieS der Minister in der Kammer jede Solidarität mit aggressiven Worten oder Absichten gegen die Schweiz zu rück. Er erklärte, daß, wenn unser Land bedroht würde, eS die Pflicht und das Interesse Italiens wär«, sich zu erheben und uns in unsrer Vertheidigung beizustehen." In einem heute eingrlangten Schreiben des Hrn. Tourte, datirt vom 21. d. M., bestätigt er diese Depesche mit folgenden Worten: „Wie ich Ihnen diesen Morgen telegraphisch angezeigt habe, hat gestern Abend der Herr Minister der auswärtigen Angelegenheiten in der Kam mer im Namen des Ministeriums die freundlichsten In tentionen bezüglich der Schweiz kundgcgrben. Ich werde Ihnen seine Rede zukommcn lassen, sobald sie in der osficiellen Zeitung erschienen ist." Auf die in beiden Räthen erfolgte Interpellation hin richteten wir an Hrn. Tourte auf telegraphischem Wege das Ansuchen, uns so fort auf nämlichem Wege den Inhalt der Rede des Mi nisters so genau als möglich mitzutheilen. Folgendes ist der Wortlaut der hierauf eingelaufenen Depesche des Hrn. Tourte: „Bundespräsident, Bern. Auszug aus der osficiellen Zeitung. Minister: Die Situation gegen die Schweiz sei ein wenig delicat wegen einer kürzlich im Parlamente gemachten Anspielung. Er wolle Niemand nennen, um Persönlichkeiten zu vermeiden. Birio: Ich halte meine Meinung aufrecht. Crispi: Ich bekämpfe sie. Minister behauptet: daß jeder Schritt, jeder Ver such, jede Aufmunterung, die unmittelbar oder mittelbar die Schweiz bedrohe, ein schwerer Jrrthum der italieni schen Politik sei (Bravo). In Zukunft müsse Italien sichere Allianzen bei den von italienfeindlichen Völ kern unabhängigen Zwischenstaaten suchen. Er müsse daher die hier lautgewordene Meinung verdammen. Nie werde er etwas thun, um ihre Bestrebungen zu ermuthigen. Selbst wenn die Schweizer die Annerion verlangten, müßte er diese Annerion als das Ende eines zur Un abhängigkeit hochnöthigen Bundes betrachten (Bravo). Wenn infolge von Ereignissen, dir man heutzutage nicht voraussehen könne, die jedoch beim Durcheinander (öou- levorsemenl) der Ereignisse möglich seien, es dahin käme, daß es convenabel oder nothwendig wäre, einen Theil des schweizer Gebiets seiner natürlichen Nationalität wieder anzuschließen, so werde er dahin streben, daß die Schweiz anderswo dergestalt entschädigt werde, daß sie nicht weniger mächtig, nicht weniger kräftig zu ihrem und Italiens Schutze werde (bene). Er lege einer Defensiv- Allianz mit der Schweiz große Wichtigkeit bei. Nur sei sie durch die derselben im Jahre 1815 auferlegte Neu tralität unmöglich. Diese würde (indeß?) die Maßregeln ergreifen, welche ihre thruersten Interessen erheischten (UravUmo)." Es muß anerkannt werden, daß die Er klärungen des Ministers für die Schweiz im Allgemeinen günstig lauten. Einzig die Stelle müssen wir bedauern, die auf die Möglichkeit von Ereignissen hinweist, welche eine Wiedervereinigung von schweizerischen Gebietstheilen mit ihrer natürlichen Nationalität nothwendig machen könnten, wogegen man der Schweiz anderweitige Kompen sationen zu verschaffen suchen würde. Eine solche Po litik verläugnet die Fundamente, auf welchen die nationale und staatliche Existenz der Schweiz beruht, und ist dem innersten Rechts- und Ehrgefühl der schweizerischen Station zuwider. Die Schweiz darf auch nicht den Schein aus sich laden, als würde sie zu einer solchen Politik Hand bieten, und deshalb proclamiren wir gegen jeneAeuße- rungen des italienischen Ministers vor Ihnen, vor dem Schweizervolk und vor ganz Europa eine feierliche Protestation. Zum Gegenstand einer diplomatischen Reclamation werden wir die Angelegen heit nicht machen. Genehmigen Sie, Herr Präsident, Herren National- und Ständeräthe, die erneuerte Ver sicherung vollkommenster Hochachtung. Im Namen des schweizerischenBundesraths.derBundespräsident: Stämpfli. Leichtigkeit wiedcrgiebt, ist in dem Muhr'schen Bilde an gestrebt; weniger glücklich ist der Maler im Eros, der wie unwillig übrigens auf das Verhältniß des schönen Weibes zur Amphora sich abzuwenden scheint. Wenigstens ist es nicht der Typus, welchen die vollendete griechische Kunst des 4. Jahrhunderts dem Eros verlieh und wel chen dir Folgezeit beibehalten hat. 0. l'.ls». 1° Theater. Aus Wien schreibt man: „Im Burg theater ist Mosenthal'S neues Schauspiel: „Die deutschen Komödianten" die erste Novität der bevorstehenden Saison. Dann wird die „Pentcsilea" von Heinrich Kleist vorbe reitet. — Das Carltheater wird am 1. September unter Brauer's Direction, über deren lange Dauer jedoch ge richtliche Zweifel schweben, mit einem zweimonatlichen Abonnement für September und October eröffnet. — Im Kaitheater wird Ofsenbach's neue Operette: „Schwätzer und Schwätzerin" zur Ausführung mit der neu engagir- ten Sängerin Limbach aus Darmstadt vorbereitet." 's In Hannover beging kürzlich ganz in der Stille seines Familienkreises der Sohn von Werther's Lotte, Archivrath Kestner, seine diamantene Hochzeit. * Zu den zahlreichen Schriften, welche die Fichte- Feier hervorgerufen, sind in jüngster Zeit noch Fest reden von I. E. Erdmann, K. A. Freiherr v. Reichlin- Meldegg und R. Schellwien gekommen, während H. Ahrens „Fichte's politische Lehre" zum Gegenstand der Darstel lung gewählt hat; von O. I. Dorneck und Schmidt- WeißenselS erschienen ebenfalls Abhandlungen über den gefeierten Philosophen. « Hermann Marggraff's „Balladenchronik" (erzählende Gedichte ernster und humoristischer Gattung) findet erfreulicherweise iu der Presse allenthalben die wohl verdiente Anerkennung. ES sei hierbei noch besonders auf den Umstand aufmerksam gemacht, daß die Samm lung eine Auswahl vortrefflicher DeclamationSstücke ent hält. Der Kanzler der Eidgenossenschaft:, Schieß.'". I» > National- wie im Ständeräthe wurde folgende Motion einstimmig zum Beschluß erhoben: „Die Bundesver sammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, voller Vertrauen auf die Wachsamkeit des Bundesraths, jeder Anmaßung, welche direkt oder indirekt einen Angriff auf die Integrität des schweizerischen Gebiet», sei es wo es wolle, wagen sollte, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln entgegen zu treten, beschließt: Tagesordnung." Im Nalionalrath« ward sie von Dapples auS dem Kan ton Waadt, im Ständerath von Bösst aus dem Kanton Tessin gestellt. Turin, 21. Juli. Wit bereits mehrfach erwähnt worden, hat in der zweiten piemontesischen Kammer der Abgeordnete Petrucelli den Minister des Aeußern über die auswärtige Politik der Regierung interpellirt. Im Wesentlichen richtete er folgende Fragen an die Re gierung: ob die Regierung bei der französische» Allianz zu beharren gedenke, obwohl diese leicht zu schädlichen Konsequenzen führen könne und zur Lösung der römi schen und venetianischen Frage nicht sonderlich beizutra- gen scheine; ob Schritte bei den deutschen Regierungen zur Verbesserung der gegenseitigen Beziehungen gemacht worden seien; ob das allgemein circulirende Gerücht von einer in letzter Zeit erfolgten Lockerung der Freundschafs bande mit England begründet sei, wie die Beziehungen zu Belgien, der Schweiz und Spanien beschaffen seien; welche Haltung die Regierung in Konstantinopel ange sichts der dort bevorstehenden ernsten Frage anzunehmen gedenke. Der Minister Durands erwiderte, er könne Herrn Petrucelli nicht überallhin folgen; sein Amt und die Kürze der Zeit verböten es ihm. Die englische Re gierung habe ihm nie Eröffnungen betreffs der römischen Frage gemacht. Bezüglich des unlängst veröffentlichten Briefes des Prinzen Murat habe er an die französische Regierung Bemerkungen gerichtet. Was die Anerken nung von Seite Rußlands angehe, so seien keine an dern 'Noten gewechselt und keine andern Verhandlungen gepflogen worden, als die der Kammer bereits bekann ten. Auf die Frage, ob die Regierung die Allianz mit Frankreich festhalte, entgegnete der Minister: Zwischen uns und Frankreich besteht kein Vertrag, nur eine mo ralische Allianz, eine Art gemeinsamer Verantwortlich keit. Diese aber kann und darf Italien nicht über ge wisse Grenzen fortreißen, die von seinen Interessen vor gezeichnet sind. Wir haben nie die Absicht gehabt, nach Merico zu gehen. Die Gerüchte von neuen Allianzen sind irrthümlich. Die englisch-französische Allianz besteht immer fort. Die Annäherung Rußlands ist eine wich tige Thatsache. Italien wird das Bindeglied zwischen den westlichen Mächten und jenen des Ostens sein; da rin besteht sein Beruf. Vor einem Jahre ungefähr seien, wie er glaube, Verhandlungen wegen Erlangung Vene tiens angeknüpft gewesen. Im gegenwärtigen Augen blicke könnten sie jedoch nicht wieder ausgenommen wer den. Mit den Regierungen Deutschlands sei verhandelt worden, doch sei er, der Minister, bis jetzt nicht im Stande, befriedigende Auskünfte zu geben, obwohl auch in Deutsch land die Sympathien der Völker für Italien täglich zu nehmen. Die Beziehungen mit Belgien seien freund schaftlich, und es werde eben ein Handelsvertrag in Be- rathung gezogen. (Den auf die Schweiz bezüglichen Pas- , sus s. oben unter Bern.) Schließlich sprach Durando auch von der römischen Frage, die er zwar nicht zu lösen, aber aus ihre wahre Bahn zu lenken hoffe. Religiöse Agitationen könne er nicht zulassen. Italien habe die Welt durch seinen Aufschwung, seine Eintracht in Er staunen gesetzt; es sei nur noch ein drittes Wunder nöthig: die Geduld! Wenn man diese übe, so werde man in nicht ferner Zeit nach Rom gelangen! Turin, 26. Juli. Die Symptome mehren sich, daß Garibaldi einen neuen Handstreich, und zwar dies mal gegen das römische Reich beabsichtige. Nach einer Depesche aus Toulon, welche ich soeben eingesehen, er hielten die Kriegsdampfer „Descartes" und „Gomes" Befehl, sich sofort zu bewaffnen und zum Auslaufen nach Civitavecchia bereit zu sein. Drei Avisodampfer unter dem Cvmmando des Kapitäns Pothau haben be reits den Hafen verlassen, um auf der Höhe Civitavec chias zu kreuzen. Diese Rüstungen sind gegen die Be wegungen Garibaldi s gerichtet, über welche die verschie denartigsten Gerüchte im Umlaufe sind. Depeschen aus Rom sprechen sogar schon von einer Landung des Frei- schaarenführers bei Civitavecchia und korneto, von einem Volksaufstand« in der Umgebung Roms, von der Pro- elamirung der Republik u. s. w. Jndeß sind bis jetzt noch keinerlei positive Nachrichten eingetrosfen, wodurch den Gerüchten der weiteste Spielraum gelassen wird. Gewiß ist es aber, daß die telegraphische Verbindung zwischen Rom und Civitavecchia wenigstens für den Pri- vatverkehr unterbrochen ist, da seit dem 22. d. keine von Rom nach Civitavecchia abgeschickte Depesche beantwortet ward. In Genua und 'Neapel giebt sich unter den dort zahlreich versammelten Garidaldinis eine sichtliche Aufregung kund, welche ihre republikanische Natur nicht verläugnet. Am verstossenen Sonntage ward in Genua auf der Promenade „Acqua Sola" von der National gardemusik die Garibaldihvmne verlangt und stürmisch beklatscht. Man rief: Nvviva Omibalcli ii Oueo ä'llalia! viva lilarrini! a Koma! a Veneria! u. s. w- Eine ganz ähnliche Demonstration, welche das Einverständniß der Mazzinisten beweist, fand in Neapel vor der Villa reale statt. Ein Haufe Tumultuanten verlangte dort die Garibaldihymne zum fünften Male, wobei der pie- montesische General L., welcher sich in Civilkleidern unter den Zuhörern befand, einem der ärgsten Schreier Ruhe gebot. Dieser antwortete mit einer drohenden Bewegung, wodurch sicb der General verleiten ließ, dem Menschen einen Stockstreich zu geben. Sofort zieht Letzterer einen Revolver aus der Tasche und hätte diesen auch unfehlbar auf den General abgefeuert, wenn dem Banditen nicht mehrere picmontesische Offiziere in den Arm gefallen wä ren. Man schrie nach der Wache, der Schuldige ward unter fürchterlichem Gebrüll geknebelt, und als ein« starke Cavaleriepatrouille anrückte, floh der ganze Menschen haufe unter großem Geheule, wobei mehrere Damen, Kinder und Greise halb erdrückt und mit Füßen getre ten wurden. — In Genua geht das Gerücht, daß Maz» zini mit Garibaldi in Palermo eine Zusammenkunft ge» babt, wobei Ersterer seinen ehemaligen Freund beschwo ren habe, sich von dem „faulen, ganz von Frankreich abhängigen, Königthume" loszusagen und die Republik auSzurufen. Man sagt zwar nicht, was Garibaldi ge antwortet, aber soviel steht fest, daß er sich von Stund« zu Stunde immer mehr von seinem frühern Wahlspruch „Italien und Victor Emanuel" entfernt und sich immer enger an die ActionSpartei, d. h. an die Mazzinisten anschließt, welche in Genua, Livorno, Rom und Neapel eine rastlos« Thätigkeit entfalten und dort so ziemlich- über die Mafien gebieten. Wir gehen als» nach alle« Anzeichen »ustm. tkreignifien und einem Partrikampse im Innern Italiens entgegen. AuS Rom vom 21. Juli, schreibt die „Allg. A.", erhalten wir eben Briefe von einem Korrespondenten, der selbst nach Civitavecchia gegangen war, um sich zu über zeugen, was an der Erzählung von Schiffen, die Gari» baldini'sche Freischärler zu Corueto hätten landen wollen, Wahre» sei. DaS Ganze erwies sich als rin^lakts Ge- rächt, welches durch dir Erscheinung kleiner piamonte- sischer Kriegsschiffe entstanden war, die dort kreuzten Und von den Einwohnern für -aribaldün'jche AuSsv»dl!ng« gehalten worden waren. Madrid. Die „Epoca" zeigt an, daß die Unter handlungen über einen Postvertrag zwischen Spa nien und Portugal zu Ende gelangt seien. Die Ra tification werde schon in einigen Tagen erfolgen. Dir Frankatur wird obligatorisch und das einfache Porto zwischen Madrid und Lissabon auf 20 Centimes herab gesetzt. * St. Petersburg. Der in Brüssel erscheinend« „Nord" denuncirt der russischen Regierung eine ungeheure Gefahr, viel schlimmer, als die neulichen Brandstiftungen (deren intellektuelle Urheber, die das rohe russisch« Volks- thum zu ihren ehrgeizigen Plänen ausdeuteten, mit einer Staatsunisorm zufrieden gestellt wären) — die Vin- centiuSvereine. Den Beweis soll ein Artikel Ar- senieff's in — der „Nordischen Post" liefern, welcher behauptet, sie u. der Jesuitenorden, der bekanntlich statt der Tinte und Feder Blut und Dolche gebrauche, seien Eins und Dasselbe! Vervollständigt werden dieselben durch die Mittheilungen eines Abonnenten des „Nord". In Polen hätten die Vincentiusvereine unter Suchosanct und Lambert sich eingenistet, Unter stützungen an die Armen ausgetheilt und gründeten nun Schulen, die nichts Anderes, als Pflanzschulen der Re volution wären. In St. Petersburg selbst hätten sie sich durch alle Klassen der Gesellschaft verbreitet, nament lich Frauen gewonnen. Der Abonnent des „Nord" malt alle Schrecken ihrer Thätigkeit aufs Lebhafteste aus. Wenn rin alleinstehender Mann krank wird, komme eine barmherzige Schwester und pflege ihn; hilflose Wai sen fänden unbekannte Beschützer, Arme Helfer mit offenen Börsen. Wenn der Kranke gesund geworden, der Arme seiner Noth enthoben sei, so werde sein leib licher Pfleger sein Seelenfreund rc. Wohin ziele das Alles? „Auf das Ziel des Jesuitismus: Unordnungen, Revolutionen, Königsmord, moralische Korruption und Verlotterung!!" Der „Nord" kann den Publicisten und Regierungen diese angeblichen wichtigen Enthüllungen nicht ernstlich genug ans Herz legen! — Das „Journal de St. Prtersbourg" theilt mit, unter welchen Bedingungen die aus den Vereinigten Staaten (?) auswandernden Tschechen sich am Amur niederlassen dürften. Cs sei ihnen eine unabhängige Verwaltung zugestanden. Einer ihrer Bevollmächtigten, ein junger Mann — sagt die „Nordische Post" —, ist Redacteur eines slawischen Journals, der andere, schon bejahrt, ein Bauer. Beide sind — Bayern. Man sieht, sie haben viel gelesen. Russisch sprechen sie sehr schlecht, suchen aber das Verständniß der russischen Sprache und einiger Bücher zu erlangen. Der Rrdacteur setze in Erstaunen durch seine republikanischen Manieren. Das gefällt der „Post" gar nicht. Es seien dies die ersten „Slawen", die uns zu sehen kommen (der Brief ist wahrscheinlich aus Ostsibirien) und um deswillen sei man so vernarrt in sie, daß man ihnen das Versprechen, dir Provinz mit Eisenbahnen zu bedecken, glaube, obwohl es dis dahin wohl noch gute Zeit habe. , Warschau, 26. Juli. (Warsch. Ztg.) Se. Majestät der Kaiser hat unterm 13. d. M. Befehl gegeben, Se. kais. Hoh. den Großfürsten WenzeslauS Konstantinowitsch in die Flottenstation der Garde cinzuschreiben. Konstantinopel, 17. Juli. Der „Allg. Ztg." schreibt man: Seit zwei Tagen wird hier viel von einem bevorstehenden Ministerwechsel gesprochen. So viel ist gewiß, daß im Schooße des Ministeriums Mei nungsverschiedenheiten bestehen über die in den slawischen Grenzprovinzen ferner zu verfolgende Politik. Fuad Pascha räth ein friedliches Vorgehen an und glaubt daß die neuesten Siegesnachrickten aus Montenegro einen Anhaltepunkt für eine versöhnliche Politik bieten, ohne die Süzeränetätsrechte der Pforte im Mindesten zu com- promittiren. Dagegen sind fast alle übrigen Minister der Ansicht, daß eine Nachgiebigkeit in diesem Augenblicke unzweckmäßiger als je sei. Man müsse die Begeisterung der Armee benützen; man müsse die momentanen Verle genheiten Rußlands im Innern seines Reiches auszu beuten verstehen, um diesmal energischer und ungehin derter als je den Ausstand überall, wo er wuchert oder keimt, niedrrzutreten; man müsse endlich Europa zeigen, daß man Herr in seinen eigenen Landen zu sein weiß. Die letztere soll die Ansicht des Sultans sein. Alle Welt glaubte damals und glaubt es vielleicht heute noch, der Pascha der Belgrader Festung habe aus eigner Macht vollkommenheit das Bombardement der Stadt angeordnet, und die Welt ist in tiefem Irrthume befangen. Belgrad ist auf ausdrücklichen telegraphischen Befehl des Sultans und gegen den bestimmten Protest Fuad Paschas dom- bardirt worden. Die unmittelbare Abberufung des Pa schas der Festung war nichts mehr als ein Scheinma- növer, um sich für alle Fälle zu decken. Belgrad. 24. Juli. (O. P.) Das heut« Morgen stattgehabte große und feierliche Requiem für die am 15. und 17. Juni gefallenen Serben, denen der Fürst und ein Theil der Garnison in voller Uniform beiwohnte, ging ohne Störung der öffentlichen Ruhe vor sich. — Gestern ging (wir bereits telegraphisch gemeldet) auS Konstantinopel ein Telegramm an sLmmtliche hier weilende Konsuln ein, worin dieselben aufgcfordcrt wur den, sich zum Fürsten Michael zu begeben, um ihn von Seiten der conferirenden Mächte aufzufordern, sein« ganze Autorität aufzubieten, damit während der Dauer der Konferenzen die letztern nicht durch einen zufälligen Ausbruch der Feindseligkeiten gestört und zwecklos ge macht würden. Die hohe Pforte hatte den versammelten Vertretern der europäischen Mächte die Zusicherung ge geben, daß von Seiten der Türken Leben und Eigenthum der Serben auf das Gewissenhafteste respectirt werde« würde. Di« Konsuln der Großmächte und Italien- be gaben sich zum Fürsten, der ihnen die Versicherung er- theiltr, daß dir Serben nach dem stipulirten Waffenstill stände immer bemüht gewesen wären, jeden Konflikt zn vermeideu, was nun um so mehr geschehen würde, da die Pforte sich den Großmächten gegenüber sich zu demselben Verhalten verpflichtet. Uebrigen» glaubt man in Ser bien trotz der Konferenzen nicht an eine Erhaltung de» Friedens, sondern rüstet mit allen Kräften auf den Krieg. Die Miliz der ersten und zweiten Klaffe ist «in- berufen und wird überall im taktischen Manöorire« ge übt. Die erste Klaffe der rlliiliz »mfatzl nur junge Leute von 17 bi» 20 Jahren, die zweit«. HlHss^Lgftte boW bis 40. Jede derselben ist 52,000 Mann stark. Die reguläre Armee ist nach serbischer Angabe (incl. der Re serven) 50,000 Mann stark, wa- zusammen eine Armee vßn 154,000 Mann ergeben würde^ Die Festung der Eirken ist mit größtenlhrilS schwerem Geschütz stark ar- mirt. Blos auf der der Stadt zugeweirdeteu Seite sind gegen 150 Geschütze. Die Besatzung besteht aus 2000 Dann regulärer und beinah« ebenso viel irregulärer Truppen, doch dürfte die Lage der türkischen Garnison »«Ntrch die große Menge von Weibern und Kindern, dir sich bei ihr befinden, nicht angenehmer gemacht werden. Der Fürst schenkte der Armee 200,000 Stück Duca- ten aus seiner Schatulle; außerdem 12 Millionen Oka Getreide; diesem Beispiele folgte die Fürstin, seine Ge mahlin, mit 6 Millionen Oka Getreide; außerdem eine Menge Städte und Private, deren Namen die serbischen Zeitungen bekannt geben, mit Geschenken von Geld, Reis, Wein, Salz, Weizen, Leinen, Hemden, Charpie rc. Aus Belgrad, 25. Juli, wird telegraphisch gemel det, Wefik Pascha und Garaschanin seien übexingekom- men, daß die türkische Armee sich auf 3 Stunden WegS von der serbischen Grenze entfernen solle, Omer Pascha aber habe, dieser Uebereinkunft zuwider, Ordre gegeben, daß die ganze türkische Armee sich der Grenze nähern solle. Aus Cettinje, 24. Juli, enthält die „Jnd." eine aus montenegrinischer Quelle stammende Depesche, nach welcher die Türken am 19. und 21. von Mirko geschla gen und mit starken Verlusten von Sagaratsch auf Spuz zurückgeganqen sein sollen. Ihre Befestigungen seien zer stört wordei, setzt ein Telegramm desselben Blattes aus Ragusa vom 27. hinzu. Ein anderes ebendaher und von demselben Tage meldet jedoch, daß die Türken am Donnerstag die Montenegriner bei Galitschin, Glarizza, Orzaluka u. Aagaron geschlagen hätten. Die Montene griner schreiben sich den Sieg zu. Athen. Aus Griechenland erhalten wir durch die „Triest. Ztg." Nachrichten, welche von ziemlich umfas senden Vorbereitungen sprechen, die daselbst getrof fen werden, um revolutionäre Bewegungen her vorzurufen. Die Hauptabsicht sei gegen die Türkei ge richtet; Hand in Hand damit gehen jedoch Einverständ nisse mit der jonischen Unionspartei und mit den Füh rern der italienischen Revolution. Herr Lrvitis, Redak teur der „Hoffnung", von dem es hieß, er habe sich nach Italien begeben, befindet sich gegenwärttg in Zante. New-Dort. In der Schlacht bei Richmond zeich nete sich, nach einer Mittheilung der „Zeitung für Nord deutschland", vor allen das 4. deutsche New-Aorker Steubenregiment, Oberst Georg v. sSchack, aus. Zur Division des General- Richardson gehörig, nahm es an mehrern Gefechten Theil und half die Schlacht am White-Oakswamp entscheiden. Als es hier fast alle seine Patronen verschossen hatte und di« Confödevirten unter dem Schuhe der eben cinbrechenden Dunkelheit sich inner halb eines Waldsaumes zum Angriff formirten, gab Oberst v. Schack den Befehl, mit den noch vorhandenen Patronen die Gewehre, so weit sie auSreichten, zn laden, mit dem Bemerken, er werde erst dann eine Salve geben lassen, wenn der Feind nur noch 10 Schritte von der Front entfernt sei, dann aber solle jeder Soldat, nachdem er sein Gewehr abgcfeucrt, mit dem Bavonnet auf den Feind stürzen. Dieser kam, die Salve wurde gegeben, in demselben Augenblicke erwidert, ein Hurrah de» Steu- benrcgimentS, und die feindlich« Brigade rannte nach dein Walde zurück. Dadurch wurde es möglich, neue Regi menter mit frischen Patronen und frischen Batterien in den Kampf zu bringen. Das Steubenregiment, welche» von seinen 1000 Mann — «S war das einzige vollzäh lige Korps — innerhalb dreier Tage an 250 verlor, erntete durch seine vortrefflich« Haltung und durch den Heldcnmuth, mit welchem es selbst bei der äußersten Er schöpfung kämpfte, den größten und einstimmigen Beifall der Generale, die dem Obersten Schack ihre Anerkennung mit wahrer Begeisterung anssprachrn. Außer dem Ma jor Gaibel sind von seinen zehn Hauptleuten sechs ver wundet. Herr v. Schack war früher Pnmier-Leutnänt im 1. preußischen Gardrregiment und ist der Sohn eines preußischen Generals; er kam ohne jede Blessur davon. — > f- -- --- -- Dresdner Nachrichten v»m 29. Juli. u t D Der „Verein sächsischer Lehrer zur Gewährung einer Pens ionSbeihilfe an Emeritt zählt gegegwärtig, wir der eben erschienene Bericht ans das VerrinSjahr vom 30. Mai 1861 bis dahin 1862 nachweist, 1V21> Mitglieder, nämlich 1854 steuerpflichtige und 67 emeri- tirte. Im siebenten Verwaltungsjahre sind diesem außer ordentlich nützlichen Institute 87 neue Mitglieder beigr- trrten, während in demselben Zeiträume 6 Mitglieder (meist wegen Uebergang in ein« Hilfslehrerstellung) ab- gingcn und 19 durch den Tod ausschieden. Die Summe der bis jetzt festgestellten jährlichen Pensionen beträgt bereit "3136 Thlr! , und die Collecte freiwilliger Gaben für solche hilfsbedürftige Emeriti, welche dem Vereine nicht angehören können, hat im letzten PereinSjahr 127 Thlr. eingetragen. Die Einnahme bestand in 4545 Thlr. (133 Thlr. Eintrittsgelder, 3578 Thlr. Jah ressteuer, 710 Thlr. Capitalzinsen rc.) Der Reserve fond ist auf 20,000 Thlr. angewachsen. Den Borstand des Emeritenvereins, welcher bereits manchem ähnlichen Unternehmen zum Vorbild gedient, bildet gegenwärtig Direktor Moritz Heger, Vorsitzender; Lehrer Gottfried Sckiffner, kasfirer; Oberlehrer Ernst Fischer, Protokol lant; Oberlehrer K. A. G. Naumann (sämmtlich in Dresden) und Rector «moe. k. Dietrich in Meißen. 8 Die hiesige Sophienkirche soll im Innern «ine Erneuerung erfahren und wird während der Dauer derselben eine Verlegung und theilweise Ein ziehung der in derselben in der Regel stattfindendrn Got tesdienste dadurch nöthig. Es wird daher vom 3. Aug. an der evangelische Hof-Vormittagsgottesdirnst halb 11 Uhr in der Frauenkirche, der SophienmittagsgotteSdienst um 12 Uhr in der Kreuzkirch«, der Montag-gotteSdienst früh halb 8 Uhr in der Frauenkirche (Woselbst derselbe bereit» gestern abgehalten wurde) «bgehaltrn werden, wäh rend der gewöhnliche MittagSzotteSdirnst in der Frauen kirche auf Nachmittag 2 Uhr verltgt wird. — Dem Verwaltung-rathe de» Verein» für- Leben sind vorgestern 5 Thlr. für die von ihm verwaltete vr. Seyffert'sche Kindrrgartenstiftung übergeben worden. 8 Eine bedeutende Wärme, welche gestern den ganzen Tag über herrschte — wir hatten Mittag» 25* * n. im Schatten —, mochte wohl zumeist die Veranlassung fein, daß die „Vogelwiese" weniger zahlreich besucht war; erst »rach Sonnenuntergang füllte sich der FrMatz. Wit benutzten daheu den Mangel von stäiltrm Andraua, um einigt der Schaubuden zu besuche«, so weit die Hitze es «n» selbst gestattete. Bekanntere und hier schon öfter