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WeWH-MiW Amtsblatt für die Königliche Amishauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 1l) Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und coniplicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Eiirge- sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Die „Weißerth. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis Vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Verantwortlicher Redacteur: Earl Ahne in Dippoldiswalde. Sonnabend, den 21. November 1885. Nr. 138. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Die Nachrichten über das Be finden Kaiser Wilhelms lauten auch heute durchaus beruhigend. Die Heiserkeit, welche sich infolge einer leichten Erkältung bei dem hohen Herrn zeigte, ist fast gänzlich wieder geschwunden und wenn der Kaiser auch noch einige Tage das Zimmer wird hüten muffen, so ist dies eben nur eine einfache Vorsichtsmaßregel. Der Monarch hat denn auch in der Entgegennahme der gewohnten Vorträge keinerlei Unterbrechung ein treten lassen und namentlich ist es der Staatssekretär des Aeußeren, Graf Herbert Bismarck, welcher dem Kaiser täglich Vorträge hält. Man nimmt wohl nicht mit Unrecht an, daß es sich hierbei in erster Linie nm »den serbisch-bulgarischen Krieg handelt; selbstverständ lich herrscht aber bezüglich aller Schritte, welche Deutschland zur Beschwörung der sich immer ernster gestaltenden Krisis auf der Balkanhalbinsel etwa schon 'Unternommen hat oder noch zu thun gedenkt, absolutes Schweigen. Was die Rückkehr des Reichskanzlers von Friedrichsruhe nach Berlin anbelangt, so ist hierüber „zur Stunde noch nichts Definitives bekannt, doch kann man mit Rücksicht aus die gespannte politische Lage dem Eintreffen des Fürsten Bismarck in der Reichs haupt mit jedem Tag entgegensetzen. — Die Eröff nung der Reichstagssession stellt den Reichstag und leine Verhandlungen wieder für geraume Zeit voll ständig in den Mittelpunkt der inneren Angelegen heiten und das Interesse, welches man der neuen Session entgegenträgt, ist durch die wichtigen Vorlagen, welche das erste deutsche Parlament auch diesmal be schäftigen werden, nur gerechtfertigt. Die ersten Wochen nach seinem Zusammentritte wird der Reichstag in der Hauptsache jedenfalls durch den Etat in Anspruch ge nommen werden, bezüglich dessen der Bundesrath schon tüchtig vorgearbeit hat, denn derselbe ertheilte noch in der Plenarsitzung vom Dienstag den Etats des Reichs heeres, des Reichsinvalidenfonds, des Auswärtigen Amtes, des Reichsschatzamtes, des Reichsamtes des Innern, der Reichsschuld, ferner dem Gesetzentwurf über Feststellung des Reichshaushaltsetats für 1886/87 und dem Gesetzentwürfe, betr. die Ausnahme einer Anleihe für die Zwecke des Reichsheeres, der Marine und der Reichseisenbahnen seine Zustimmung. Ihren Höhepunkt wird indessen die am Donnerstag eröffnete Reichstagssession — wie dies schon mehrfach betont worden ist — erst nach Weihnachten erreichen, wo sich das Parlament mit den bestimmt zu erwartenden Vor lagen über die Erneuerung des Militärseptennats und die Verlängerung des am 30. September ablaufenden Sozialistengesetzes zu befassen haben wird. Begreif licherweise legt die Neichsregierung auf die Annahme beider Vorlagen den größten Werth, die Zustimmung des Reichstags zu demselben ist aber noch durchaus ungewiß, so daß eine Auflösung des Reichstages im Falle der Ablehnung der genannten Vorlagen gerade nicht unwahrscheinlich sein würde. Oesterreich-Ungarn. In Wien ist am Mittwoch der formelle Schluß der österreichisch-ungarischen De legationssession nach im Allgemeinen sehr glatt ver laufenen Verhandlungen erfolgt. Die österreichische Delegation hielt ihre letzte offizielle Sitzung bereits am Dienstag ab, da ihre Beschlüsse sich mit denen der ungarischen Delegation in keiner Weise kreuzen; Grat Kalnoky, der Minister des Auswärtigen, sprach den üblichen Dank des Kaisers für die Arbeitsfreudigkeit der Delegation aus. Daneben gab der Minister noch seinem persönlichen Danke in Würdigung der patrio tischen Beweggründe Ausdruck, welche die Delegation veranlaßt haben, Angesichts der Ereignisse im Orient von einer Erörterung der auswärtigen Politik abzu sehen. In seiner Schlußrede sprach der Präsident Graf Falkenhayn die Hoffnung auf eine Lokalisirung des ser bisch-bulgarischen Konfliktes aus und gab dann den her kömmlichen Ueberblick über die Thätigkeit der Delegation. Frankreich. Die politische und parlamentarische Lage in Frankreich stellt sich heute, nachdem schon über eine Woche seit Eröffnung der neuen Deputirten- kammer vergangen ist, noch immer als in hohem Grade unsicher und schwankend dar. Es charakterisirt sich dies dadurch, daß die Erklärung, welche das Ministerium Brisson-Freycinet in der Montagssitzung der Depu- tirtenkammer über sein Negierungsprogramm abge geben hat, eigentlich gar keine Partei befriedigt. Namentlich die Radikalen sind geradezu wüthend über die ministerielle Erklärung, einmal, weil letztere betont — entgegen den Forderungen der Radikalen — daß die Negierung ihre Kolonialpolitik aufrecht erhalten werde, und dann, weil das Programm des Kabinets kein Wort von der radikalerseits gewünschten Amnestie für politische Verbrecher enthält. Die Radikalen haben daher einen selbstständigen Antrag auf Erlaß einer Amnestie eingebracht, von dessen Ablehnung oder An nahme seitens der Kammer das Schicksal des gegen wärtigen Ministeriums abhängen würde. In parla mentarischen Kreisen verlautet allerdings, jede Dis kussion, die eine Ministerkrisis herbeiführen könnte, solle bis nach der Präsidentenwahl verschoben werden, und hoffe man letztere dadurch zu beschleunigen, daß der Kongreß bereits zum 30. d. M. zusammenberufen wird. — In die Operationen des französischen Expe ditionskorps in Tonkin gegen die Schwarzflaggen und Piraten ist endlich ein kräftiger Zug gekommen. Eine Depesche Courcy's meldet, daß die Piraten gänzlich umzingelt und viele derselben getödtet oder gefangen seien. Die Depesche hebt ferner hervor, daß die Aktion der Truppen von den Eingeborenen unterstützt würde. Rußland. Die afghanische Grenzfrage ist mitten unter den Lärm der kriegerischen Ereignisse auf der Balkanhalbinsel wieder einmal aufgetaucht. Erfreu licherweise sind aber die hierüber in Petersburg ein gelaufenen Nachrichten nur befriedigender Natur. Den selben zufolge trafen die Delegirten der russischen und der englischen Grenzregulirungskommisffon am 10. d. Mts. in Zulfikar ein und begannen schon am 12. d. die Regulirungsarbeiten. Der erste Grenzpfahl wurde 2 Werst nördlich von Zulfikar errichtet. Voraussicht lich bleibt die Kommission etwa 2 Wochen in Zulfikar und begiebt sich dann nach Kuschk. Balkanhalbinsel. Die kriegerischen Ereignisse auf der Balkanhalbinsel haben vor Allem die Frage nahe gelegt, wie sich die Großmächte zu demselben stellen werden, aber es ist zur Zeit vollständig unmög lich, hierüber auch nur ein annäherndes Urtheil ab zugeben. Zwar liegen aus den europäischen Haupt städten schon eine ganze Anzahl offiziöser Kund gebungen zu dem serbisch-bulgarischen Konflikt vor, welche sich vorwiegend gegen das provokatorische Vor gehen Serbiens richten, aber in Bezug auf die Stimmung der Kabinete selbst bieten diese Preß- äußernngen durchaus keinen zuverlässigen Anhalt dar. Nur über die Haltung der Pforte bekommt man jetzt einigermaßen eine Aufklärung, indem Konstantinopeler Meldungen versichern, die Pforte sei trotz des bul garischen Hülfegesuchs nicht gesonnen, feinvlich gegen Serbien aufzutreten. Die Türkei thut hieran sehr wohl, denn die Rüstungen Griechenlands dauern fort und auch Montenegro zeigt eine verdächtige Haltung, eine militärische Einmischung der Türkei in den ser bisch-bulgarischen Konflikt würde also höchst wahr scheinlich Griechenland und Montenegro zum Los schlagen animiren. — Unterdessen sind die Serben durch eine fortgesetzte energische Offensive bemüht, so viel wie möglich von der ungewissen Situation zu profitiren. Nach einem harten Kampfe ist das erste ihnen entgegenstehende bulgarische Bollwerk auf dem Wege nach Sofia, Dragoman, am Sonntag in die Hände gefallen und am nächsten Tage sind von ihnen auch die Positionen der Bulgaren bei Trn genommen worden. Ueber die beiderseitigen Verluste bei diesen Kämpfen ist noch immer nichts Zuverlässiges bekannt. 51. Jahrgang. jedenfalls sind sie aber bei den Serben wie bei den Bulgaren schon beträchtlich; auch haben letztere zahl reiche Gefangene eingebüßt. Die bulgarischen Truppen, bei denen jetzt Fürst Alexander selbst eingetroffen ist, sind nunmehr um und in Stivintza konzentrirt, gegen welches sich der weitere serbische Angriff richten wird. Derselbe ist denn auch am Dienstag erfolgt, die Bul garen wiesen indessen die Serben zurück, ergriffen hierauf die Offensive und verfolgten die Serben fünf Kilometer weit unter großen Verlusten für dieselben. Diese Siegesnachricht stammt freilich aus bulgarischer Quelle und es bleibt demnach ihre Bestätigung von anderer Seite noch abzuwarten. Im nördlichen Theile des bulgarischen Kriegsschauplatzes, in der Gegend von Widdin, soll der serbische General Leschjanin die Bul garen geschlagen und ihnen dabei mehr als 1000 Ge fangene abgenommen haben. Auch diese Nachricht be darf noch der Bestätigung. — Die Antwort der Pforte auf das hilfeheischende Telegramm des Fürsten von Bulgarien ist jetzt bekannt geworden. Die Pforte weist hierin die Verantwortung für die jetzigen Vor gänge den Urhebern des rumelischen Aufstandes zu. Wenn der Fürst den status guo wiederherstellte, werde die Pforte sein Hilfegesuch erwägen. Serbien gegen über sprach die Pforte über die serbische Erklärung, vaß Serbien keine feindseligen Absichten gegen die Türkei hege, ihre Befriedigung aus. Ein türkisches Rundschreiben an die Mächte ersucht, die Berathungen der Konferenz zu beschleunigen. Das „Journal de St. Petersburg" ertheilt dem Fürsten Alexander den Rath, sich deni von der Pforte erhaltenen Bescheide zu fügen und Ostrumelien zu räumen. Lokales und Sächsisches. Glashütte. Der von der hiesigen Schützengesell schaft vergangenen Sonntag arrangirte Theater abend war sehr gut besucht. Die vorgeführten Stücke: „Der gerade Weg der beste" und „Die Zer streuten", beide von v. Kotzebue, und dann „Ein Zimmer mit zwei Betten" von Drost, wurden sehr gut durchgeführt. Der unvermeidliche Ball beschloß die Feier. — Die Unterschlagungen und Fälschungen des Buchhalters (eigentlich nur Schreibers) P. Steyer der Uhrenfabrik von A. Lange L Söhne stellen sich immer größer heraus und sind so rasfinirt ausgeführt, daß jedenfalls noch einige Zeit vergehen wird, ehe die Untersuchung abgeschlossen ist. Steyer ist am Frei tag durch den hiesigen Gendarm an das Amtsgericht Lauenstein eingeliefert worden. Gegenüber verschie denen Auslassungen in Zeitungen muß noch bemerkt werden, daß viele Familienväter in ähnlichen Stel lungen mit ebensoviel Gehalt (65 M. pro Monat oder per Woche 15 M.) auskommen müssen; daß aber Je mand, der alle Vergnügungen mitmacht, Champagner trinkt rc., auch mit einem größeren Gehalt nicht aus kommt, ist wohl klar, heutzutage muß man sich eben nach der Decke strecken können. — Nächsten Montag hält auch der Handwerkerverein seinen alljährlichen Ball ab. Dresden. In der Sitzung der 2. Kammer am 18. November theilte der Finanzminister v. Könneritz bei der Vorberathung des Finanzgesetzes mit, daß in der gegenwärtigen Finanzperiode ein Ueber schuß von 8 bis 9 Millionen Mark zu erwarten sei. — Das Königl. Ministerium des Innern wünscht, wie aus den Landtagsvorlagen zu ersehen ist, die außerordentliche Unterstützung von jährlich 300 M., welche dem Landesausschusse für die sächsi schen Feuerwehren aus den Mitteln des Feuer wehrfonds bisher gewährt worden sind, auf geschehenes und von der Brandversicherungs-Kommission befür wortetes Ansuchen des ersteren, auf jährlich 1000 M. bis auf Weiteres zu erhöhen. Der Landesausschuß beabsichtigt nämlich, seine Thätigkeit nicht unwesentlich zu erweitern (durch eine Prüfungsstation für Geräthe und Ausrüstungsgegenstände auf dem Gebiete des