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NWntz -Zeitung In,ernte, welche bei der bedeutenden Auslage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, ««dm mit 1« Pfg. dir Spalten-eile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redattionmrn »heil«, di« Spalten-eilr 20 Pfg. Die „Wti-eritz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »iertelsiihrlich 1 M. , 25 Pfg., zweimonatlich 81 Pfg., «inmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern jo Pfg. - Alle Post»»- Kalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ithnc in Dippol-iSwal-e. Nr. 133. Dienstag, den 10. November 1885. 51. Jahrgang. Eine europäische Krifis. Es ist nicht zu leugnen, daß Europa, dessen Friedens bedürftigkeit wiederholt anerkannt und besiegelt wurde, in eine schwere politische Krisis gerathen ist. Die bul garische Revolution hat den ganzen europäischen Orient in Unruhe versetzt und auch drei Großmächte, Ruß land, England und Oesterreich, sind in hohem Maße daran interessirt, wie die gegenwärtige orientalische Verwickelung gelöst wird; deshalb hat dieselbe ihre Nachwirkungen auf die gesammte europäische Lage. Zum Glück hat sich auch in dieser Krisis das Einver- fiändniß Rußlands, Oesterreichs und Deutschlands trotz mancher zn überwindenden Schwierigkeiten bewährt, wie erst vor Kurzem der österreichisch - ungarische Minister des Auswärtigen, Graf Kalnoky, vor den Pärlamentsausschüssen erklärt hat und da außerdem keine einzige europäische Macht das Vorgehen der Bulgaren billigt und alle die Aufrechterhaltung der bisherigen Verträge wünschen, so sind ja zweifel los bedeutsame Unterpfänder dafür vorhanden, daß die gegenwärtige Krisis gütlich beigelegt wird. Aber mit dem Vorhandensein einer großen politischen Spannung, vor deren Wendepunkt man jetzt angelangt ist, muß immerhin gerechnet werden. Die Botschafter- Konferenz ist in Konstantinopel behufs Lösung der bulgarischen Frage an der Arbeit und wenn man auch auf eine einmüthige Aktion der Großmächte durch Konferenzbeschluß rechnen zu können glaubt, so steht doch nicht ohne Weiteres fest, daß die Bulgaren die Konferenzbeschlüsse ausführen und Ostrumelien wieder herausgeben werden. Um die bulgarische Einigungs bewegung gütlich rückgängig zu machen, müßten den Bulgaren einige goldene Brücken gebaut werden, in dem mau ihnen irgend welche andere Zugeständnisse macht; denn die Hauptsache bleibt die Fernhaltung eines blutigen Zusammenstoßes zwischen den Bulgaren, Serben, Türken und Griechen, die alle aus der bul garischen Frage Kapital schlagen wollen. Sind aber im Orient einmal die Schwerter wieder gezogen, dann ist es vorbei mit dem Werthe von Konferenzbeschlüssen und auch vorbei mit dem europäischen Frieden. Aus diesen Umständen erhellt die Schwierigkeit der gegen wärtigen politischen Krisis und die große Spannung, welche die Konferenzbeschlüsie der Großmächte in Kon stantinopel begleiten. Von der Einmüthigkeit der Großmächte darf man sich in dieser Krisis auch keine kindlichen Vorstellungen machen. Die Einmüthigkeit besteht, zumal bei den Kaisermächten, im Prinzip, aber die Praxis der Politik führt zu manchen Differenzen und Schwierigkeiten, die nur durch große Geschicklich keit der leitenden Staatsmänner überwunden werden können. Alle Mächte wollen auf den früheren Zu stand im Orient nach dem Berliner Vertrage hergestellt sehen, aber Rußland möchte den Fürsten Alexander von Bulgarien nebst seinen ersten Nathgebern als die Urheber des Vertragsbruchs beseitigt wissen, während England gerade den Fürsten Alexander auf dem bul garischen Throne erhalten möchte. Offenbar sind da bei spezifisch russische und englische Interessen im Spiele. Ebenso neigt Oesterreich zu einer den Serben und Griechen freundlichen Haltung, die in dem Sinne von Rußland nicht getheilt wird. Dagegen ist Deutschland in dem Maße weder für, noch gegin Bulgarien, Serbien und Griechenland interessirt und kann daher eine uneigennützige Vermittlerrolle spielen, die man als einen wahren Hoffnungsstern in dieser Krisis be trachten kann. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 9. November. Zwei Mitglieder des Kirchenvorstandes zu Fürstenau, Herr Gemeinde vorstand Kadner und Herr Florian Dietrich, ersuchen uns um Ausnahme einer Entgegnung auf einen in Nr. 127 der „Weißeritz-Zeitung" enthaltenen Aussatz, die wir hiermit unverkürzt folgen lassen: „In Nr. 187 der „Weißeritz-Zeitung" vom Diens tag, den 27. Oktober, ist unter der Rubrik „Kirch liches" ein Aufsatz über den Ausbau der neuen Kirche zu Fürstenau und speziell von der Wiedereinverleibung der Marienfigur am Altarplatz, und zwar in einer Weise die Rede, die doch einiger Widerlegungen und Berichtigungen bedarf, und da mehrere Mitglieder des Kirchenvorstandes zu Fürstenau von der geehrten Re daktion erhoffen, daß dieselben ebenso bereitwillige Aufnahme finden werden, als obengedachter Aufsatz. Wir vermögen zwar nicht mit vollster Bestimmtheit zu beweisen, wie und wenn gedachtes Marienbild in unsere Kirche gekommen, allein eine im Pfarr-Archive zu Graupen befindliche Nachricht sagt, daß die Kapelle zu Fürstenaw eine b'ilia von der Hauptkirche zu Graupen war, die den Namen „zur unbefleckten Empfängniß Mariä" führte und im Jahr 1424 mit einer Glocke beschenkt wurde. Nach verschiedenen Kriegen und Religionsstreitigkeiten ist sie in eine evangelische Kirche umgewandelt worden und die Prozessionen am Tage Mariä Heimsuchung dahin, sind geblieben, ohne daß unsere Voreltern noch wir dagegen uns auflehnten, sondern in christlicher Duldsamkeit und um des nach barlichen lieben Friedens mit unseren katholischen Nachbarn in Böhmen willen, ihnen alljährlich an diesem Tage unsere Kirche zu diesem Zwecke geöffnet ließen. Daß Herr S., der Verfasser des Aussatzes in Nr. 127 d. Bl., deswegen die Fürstenauer gern zu Freunden und Förderern des Ultramontanismus stempeln möchte, Ist doch etwas stark. Nein, von dem Herrn Verfasser wäre eher eine Ermahnung an uns, in christlicher Milde und Geduld auch in Zukunft zu verharren, zu erwarten; denn wir glauben an eine Schädling unserer Kirche nicht, wenn Andersgläubige auch jährlich ein mal ihre Andacht darinnen suchen. Herr S. kann fest überzeugt sein, daß wir Fürstenauer auch den Gottes mann Luther und sein Wirken kennen, daß wir aber auch gleichzeitig wissen, was derselbe gegen seinen Freund vr. Karlstadt, — als derselbe eines Tages in der Wittenberger Schlosskirche die Bilder zerschlug, — sagte und predigte. Wir können getrost versichern, daß wir unfern evangelischen Glauben nie verleugnen werden, und wir hierüber an unserem Seelenhirten einen treuen Wächter haben, so daß die Beihilfe An derer völlig überflüssig ist. Wenn Herr S. ferner sagt, daß der Bau unserer Kirche „nur durch die ge meinsame liebesthätige Betheiligung sämmtlicher Ge meinden ermöglicht worden ist," — so sieht das aus, als ob die Bewohner unserer Kirchengemeinde nichts geleistet hätten. Wir erkennen diese werkthätige Liebe gewiß hocherfreut an, können aber in Wahrheit ver sichern, daß auch die Glieder der Kirchengemeinde das Ihre redlich gethan und noch thun, und daß die all gemeine Kirchenkollekte nicht die einzige Quelle war, aus der wir Geld entnahmen, sondern daß wir uns derer mehrerer erfreuten; — dagegen aber, daß Herr S. nun daraus folgert, daß Jeder, — und wenn es auch nur Einer aus ihrer Mitte wäre, gegen solchen Gebrauch sein Bedenken äußern, — und also, weil er auch ein Scherflein zur Kollekte beigesteuert, — sich als Bauherr unserer Kirche betrachten möchte, müssen wir doch ernstlich protestiren, weil sonst die Eintracht vollends abhanden kommen möchte. Hinzuzufügen, daß Niemand von uns so „unevangelisch denkt", die Prozessionen zu Mariä Heimsuchung zu dulden, weil bei dieser Gelegenheit einige Cigarren und Töpfchen Bier oder Gläschen Schnaps im Ort verkauft werden, woraus ein kleiner materieller Gewinn ersprießeu könnte, ist einfach undenkbar. (Verstehen wir nicht. Die Redaktion.) — Schließlich noch die Erwähnung, daß gedachtes Marienbild nicht eine rohgeschnitzte Holz figur, sondern eine gar nicht übel und reich vergoldete Arbeit ist, welche den Besuch der Maria bei Elisabeth vorstellt und ferner die Erscheinung der 3 Weisen des Morgenlandes und Christi Geburt im Gefolge hat, welche Bilder sämmtlich, nach unserem Verständnis;, den Charakter biblischer Bilder an sich tragen." Je größer und allgemeiner der Beifall gewesen ist, mit welchem man den mit 8. unterzeichneten Aufsatz in Nr. 127 ausgenommen hat, je mehr es der Ver fasser vermieden hat, irgendwie persönlich zu werden, un; so mehr muß es uns wundern, wenn die Ein sender obiger Entgegnung in dem betreffenden Aufsatze einen speziellen Angriff gegen die „Fürstenauer" zu finden vermeinen. Der Vorwurf, ein bewußter oder unbewußter Freund und Förderer des Ultramon tanismus zu sein, ist gegen Jeden gerichtet, wer er sei, der dergleichen Abnormitäten („daß eine neuge baute evangelische Kirche dem oberflächlichsten und ge dankenlosesten Marienkultus für aus dem Auslande zuströmende Wallfahrer zugerüstet und dann jährlich einmal zum Gebrauche nach römisch-katholischer Art geöffnet werden soll") gut heißt oder gar fördert. „Um des nachbarlichen lieben Friedens willen," zur Duldsamkeit und zum Fortbestehen des alten Miß brauchs zu ermahnen, wie es die Entgegnung dem Verfasser des Aufsatzes ansinnen möchte, wäre eine tadelnswerthe Schwachheit und vollständig unevange lisch; denn nicht um jeden Preis soll der Christ den Frieden wahren, sondern nur „ist es möglich, soviel an euch ist, habt mit allen Menschen Friede," Röm. 12, 18. — Die Heranziehung vr. Karlstadt's, gegen dessen Zerstörungseifer Luther gepredigt hat, geschieht sehr am unrechten Orte, da Luther nicht die Be seitigung der Heiligenbilder an sich, sondern nur die tolle Ueberstürzung. tadelt, mit der die „Bilderstürmer" auftraten, ganz abgesehen davon, daß der Streit mit Karlstadt von noch ganz andern tieferen Gründen ver anlaßt wurde. — Wenn die Entgegnung betont, daß die Gemeindeglieder von Fürstenau zum Neubau ihrer Kirche das Ihre redlich gethan hätten und noch thäten, so hat dies Niemand in Zweifel gezogen; daß aber der Neubau nur durch allseitige werkthätige Liede hat bewerkstelligt werden können, gesteht ja die Entgeg nung selbst zu. Die Protestation dagegen, daß Man sich, wenn man ein Scherflein zum Baue der Fürstenauer Kirche beigetragen habe, nicht als Bauherr derselben betrachten möchte, hätte sich die Entgegnung ersparen können; der Verfasser des Aufsatzes in Nr. 127 wie jeder An dere, der gegen die Beibehaltung der in Fürstenau ein zig dastehenden Abnormität sich erklärt, nimmt die Berechtigung dazu nicht daher, daß er zufällig ein paar Pfennige zum Ausbau derselben beigetragen hat, son dern von seiner Zugehörigkeit zur evangelischen Kitche, die die Benutzung einer Kirche in einem ihrem Glaubensstande völlig fremden Sinne nicht dulden kann, umsoweniger aber, als sie allgemein zur Mit hilfe bei dem Aufbau des betreffenden Gotteshauses aufgefordert worden ist. Daß es an unserm Protest gegen die fernere Anbetung des betr. Marienbildes nichts ändern kann, wenn dasselbe sich in den Augen der Einsender der Entgegnung als eine „gar nicht Übel und reich vergoldete Arbeit" darstellt, brauchen wir wohl kaum besonders hervorzuheben. Die Redaktion. — Im amtlichen Theile unserer heutigen Num mer veröffentlichen die Kgl. Amtshauptmannschaft und der hiesige Stadtrath eine den Fährverkehr be treffende Bekanntmachung, auf die wir auch an dieser Stelle Hinweisen wollen. Pretzschendorf. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat Oktober 27 Einzahlungen im Betrage von 3888 M. 50 Pf. gemacht; dagegen erfolgten 5 Rückzahlungen im Betrage von 1061 M. 23 Pf. Glashütte. Vor einigen Tagen kam hier ein Fall von Blutvergiftung vor. Der Zimmermann Herklotz hatte bei seiner Arbeit mit irgend einer giftigen Substanz zu thun gehabt, ist aber jedenfalls nicht mit der nöthigen Vorsicht umgegangen. Durch eine kleine Schnittwunde am Finger ist das Gift ins Blut übergetreten, bald war der Finger und der Arm angeschwollen, später trat Gehirnlähmung ein. Der Tod erlöste den Bedauernswerthen am andern Tage. Er hinterläßt eine kranke Wittwe mit 2 unerzogenen Kindern.