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>» Tagesgeschichte. Berlin. Die für den 2. Januar nächsten Jahres bevorstehende Feier des fünfundzwanzigjährigen Regierungsjubiläums Sr. Majestät des Kaisers wird großartige Formen annehmen. Der Festzug der Mitkämpfer der drei letzten Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 wird nach den getroffenen Borbereitungen viele Tausend Theilnehmer aus allen Theilen des deutschen Reiches nach Berlin führen. Die Sonderung des Zuges soll dabei, wie verlautet, nach den einzel nen Provinzen und Bundesländern erfolgen, und werden, in Wagen vorauffahrend, die noch lebenden Veteranen der Befreiungskriege denselben eröffnen. Schon einmal, am 17. März 1863, dem fünfzig jährigen Gedächtnißtage der Errichtung der Landwehr, hat in Berlin ein ähnlicher Festzug stattgesunden, zu dem sich damals noch etwa 4000 Mitkämpfer der Feldzüge von 1813 bis 1815 eingestellt hatten, wo gegen deren Zahl diesmal schwerlich noch einige Hun dert überschreiten dürfte. Es ist entschieden der ruhm vollste Zeitabschnitt der preußischen und deutschen Ge schichte, der in dem Vierteljahrhundert, das dies Ne gierungsjubiläum umfaßt, sich abgerollt hat, und zweifelsohne wird die Feier desselben sich, außer diesem Festzuge, auch noch auf die Armee, die seitdem that- fächlich erst geschaffene deutsche Kriegsflotte und die weitesten Gesellschaftskreise ausdehnen, wozu sich die Veranstalter bereits in eifriger Vorbereitung begriffen finden sollen. — Das Ergebniß der Urwahlen zum preußischen Landtage läßt sich immer noch nicht ganz übersehen; die meisten Parteien scheinen ihren Besitzstand gewahrt zu haben; Verluste an Mandaten haben bis jetzt nur die Deutschfreistnnigen. — Die französische Kolonie in Berlin feierte am 28. und 29. Oktober unter Theilnahme des Hofes und der weitesten Bevölkerungskreise das 200jährige Jubiläum ihrer Gründung. Als Ludwig XIV. im Jahre 1685 durch die Aufhebung des Ediktes von Nantes und die für die Neformirten in Frankreich abermals beginnende Verfolgungsepoche eine große Anzahl von Hugenotten aus dem Lande trieb, fanden sie namentlich in Preußen, oder vielmehr im damaligen Kurfürstenthum Brandenburg, das zu dieser Zeit unter dem segensreichen Scepter des großen Kurfürsten land, die liebreichste Aufnahme. Auf Anordnung des Kurfürsten wurden die französischen Flüchtlinge in der Mark, hauptsächlich aber in der Residenz Berlin selbst angesiedelt. Ihre Aufnahme erwies sich als ein wahrer Segen für das brandenburgische Land, denn die aus ihrer Heimath vertriebenen Hugenotten hatten dort zu den tüchtigsten, gewerbthätigsten und intelli gentesten Einwohnern gehört und diese Eigenschaften entwickelten sie unter der kräftigen Regierung des Großen Kurfürsten in ihrer neuen Heimath nur noch weiter, zum Segen derselben. Dankbar ist dies nicht nur von Friedrich Wilhelm, sondern auch von allen späteren Regenten Brandenburgs und Preußens an erkannt morden und die französische Kolonie im mär kischen Sande ist daher kräftig weilergediehen, da sie den tolerantesten Schutz der Hohenzollern genoß. Da für sind aber auch die französischen Hugenotten ebenso loyale und ihrem Herrscherhause treuergebene Unter- lhanen geworden, als die Märker selbst, und in allen Kriegen Preußens haben jene mit ihr Blut für das neue Vaterland verspritzt. Bei dem Festgottesdienst am 29. Oktober im französischen Dome in Berlin erschienen denn u. A. der deutsche Kronprinz und seine Gemahlin, und man darf dies als einen sichtbaren Ausdruck der Gunst und Theilnahme betrachten, welche das Kaisethaus der französischen Kolonie fortgesetzt zuwendet. Braunschweig. In der Sitzung des Landtags am 31. Oktober wurde der Etat der Hofstaatskasse (Civilliste) für die Zeit vom 18. Oktober 1884 bis 1. November 1885 vorgelegt. Der Etat, aus welchen der Reaentschaftsrath gemäß des Regentschaftsgesetzcs die laufenden Verpflichtungen deckte, weist eine Ein nahme von 834,366 Mark und eine Ausgabe von 703,268 M., mithin einen Ueberschuß von 131,098 Mark auf. Das Staatsministerium schlug vor, daraus einen Fond von 60,000 Mark zur Verwendung bei die Präsidien der beiden Kammern des Landtags ab gegeben worden, so daß die Bewilligung des Baues in der nächsten Session des Landtags bevorsteht und dann die Entscheidung über die Ausführung der Linie getroffen werden kann. Bautzen. Die hiesige Bäckerinnung hat beschlossen, von Neujahr ab eine Fachschule für das Bäckerge werbe ins Leben zu rufen. Das Unternehmen wird aber zunächst nur als ein Versuch betrachtet. Oschatz. Bei einer in vergangener Woche auf Bornaer und den angrenzenden Revieren abgehaltenen Jagd wurden 1315 Hasen zur Strecke gebracht; ein Resultat wie es bisher noch nie erreicht worden ist. Roßwein. Unsere Stadt hat seit 1878, in welchem Jahre der verhängnißvolle Krach des Vorschußvereins erfolgte, kein öffentliches Geldinstitut mehr, das deren gewerblichen und merkantilen Interessen dienen könnte. Auf vielen Seiten wird dieser Mangel bitter empfunden. Von verschiedenen Seiten wird daher die Gründung einer Darlehns- und Sparbank (aber ohne Haft pflicht für die Mitglieder) angeregt, und es scheint gute Aussicht auf Errichtung eines derartigen Instituts vorhanden zu sein. Taucha. Bei dem diesjährigen hiesigen Schützen feste war vom Kommandant Fröhlich für König Albert der beste Schuß, und zwar ein Nagelschuß, abgegeben worden. Nachdem derselbe die Königswürde ange nommen, auch den genannten Kommandant mit der Stellvertretung beehrt hatte, geruhte der König Ende September an die Schützengesellschaft eine werthvolle goldene Medaille als Andenken an den Königs schuß gnädigst zu verleihen. Diese Medaille hat die Größe eines silbernen Fünfmarkstückes und zeigt der Avers das herrlich in hocheryabener Arbeit ausgeführte Brustbild des Königs mit der Umschrift: „Albertus vei Oratia liox Laxouiao", während der Revers fol gende Widmung enthält: „Seine Majestät der König Albert von Sachsen der Bürgerschützen-Gesellschaft zu Taucha aus Anlaß des vom Mühlenbesitzer C. Fröhlich als Kommandant am 25. Juni 1885 für Se. Maje stät abgegebenen Königsschusses." Nach königlicher Ver fügung wird die goldene Medaille an einem grün weißen seidenen Bande von dem jeweiligen Schützen könig während des stattfindenden Festschießens, sowie bei anderen solennen Gelegenheiten der Bürgerschützen- Gesellschast, auf der Brust getragen. Leipzig. Inhalts der Rechnung über das Grassi sche Vermächtniß auf das Jahr 1884 sind ver ausgabt morden: 400,000 M. zum Neubau des Con- certhauses, 4,900 M. für das Grassi'sche Grabmonu ment, 258,000 M. zum Erweiterungsbau des Museums, ferner Unterstützungen für das Völkermuseum, den zoologischen Garten rc. Der Bestand zu Ende des Jahres 1884 belief sich nominell auf 1,776,361 M., dem Kourswerthe nach aber auf 1,860,000 M. Zwickau. Am 1. November ward die schmal spurige Sekundärbahn Mosel-Ortmannsdorf dem Ver kehr übergeben. Der Festzug hatte aber dabei eine Verspätung von nahezu 2 Stunden, da in Mülsen St. Niklas 6 Wagen entgleist waren. Simbach. Um bei den Trauungsfeierlich keiten in hiesiger Kirche größere Ruhe und Ordnung zu erzielen, hat der Kirchenvorstand in seiner Sitzung am 27. Oktober beschlossen, dem betreffenden Braut paare anheimzugeben, ob cs Zuschauer bei seiner Trauung ganz ausschließen, oder ob es solche ohne Beschränkung zulassen, oder endlich ob es denselben blos gegen Abgabe der Karten der Familie des Braut paares den Zutritt zur Kirche gestatten wolle. Kinder sind in jedem Falle schlechterdings ausgeschlossen. Wer bei einer Trauung Blumen streuen läßt, ist gehalten, den Kirchner für die ihm durch Entfernung der Blu men erwachsende Mehrarbeit mit 1 M. 50 Pf. zu honoriren. An Parochialanlagen sind für das Jahr 1886, wie im laufenden Jahre, 6000 M. erforderlich. In nächster Sitzung wird sich der Kirchenvorstand mit der Frage beschäftigen, ob das Kantoratgebäude noch einmal reparirt oder ob es abgebrochen werden soll. « Aue. Die Gewerbe vereine des erzgebirgischen Gauverbandes, die Städte Zwickau, Aue, Crimmit schau, Werdau, Gößnitz, Meerane, Waldenburg, Penig, Hohenstein-Ernstthal und Glauchau umfassend, errichten auch Heuer, wie im vorigen Jahre, gemein schaftliche Lehrlingsvermittelungsstellen. Man will da durch jungen Leuten gute Lehrstätten und den Lehr meistern oder Lehrherren gut empfohlene, brauchbare Lehrlinge zuweisen. Besonderer Werth wird darauf gelegt, die jungen Leute thunlichst auswärts unter zubringen und solchen Meistern zuzuweisen, welche ge wissenhaft mit den Lehrlingen umgehen. Die Unter stützung der Einrichtung seitens der Direktoren und Lehrer wird hoffentlich auch in diesem Jahre erfolgen. Die Vermittelung geschieht stets kostenfrei. Annaberg. Die Kosten für diejenigen Arbeiten, welche behufs des Barbara Uttmann-Denkmals Vorschuß-Verein zu Dippoldiswalde. (Kassircr: Hr. Kaufm. R. Lincke.) Täglich (mit Ausnahme des Sonntags und Mittwoch) von Vorm. 9 bis 1t Uhr und Nachmittags 2 bis 5 Uhr. Pensionirungen und zur Unterstützung der jetzigen Hofdienerschaft zu bilden. Dieser Fond soll dem Prinzen Albrecht zur Verfügung gestellt werden. Der Rest von 71,093 M. soll der Hofstaatskaffe für nöthige bauliche Veränderungen rc. überwiesen werden. Die Anträge gelangten zur Annahme. Elsaß-Lothringen. Das am 30. Oktober ver kündigte Urtheil der Kammer für Handelssachen beim Landgericht in Sachen der Tabakmanufaktur gegen Schalter und Bergmann besagt, daß die Klägerin das ausschließliche Recht auf das am 6. Oktober einge tragene Waarenzeichen, eine „Hand" zustehe und daß die Beklagten gehalten seien, innerhalb einer Woche die von ihnen gemachte Eintragung löschen zu lassen. Ein Dritttheil der Kosten trägt die Klägerin, zwei Drittel tragen die Beklagten. Das Urtheil stützt sich auf Artikel 1382 des eocko eivilo und ist gegen eine Kaution von 10,000 M. sofort vollziehbar. Oesterreich. Jetzt, wo der Winter in nächster Nähe ist, mehren sich in den Braunkohlenbezirken die Anforderungen an die Transportmittel zur Beförde rung der Kohlen. In Brüx, Station der Aussig- Teplitzer Bahn, müssen Tag für Tag 300 Wagen bereitgehalten werden. — In den letzten Tagen erregte der Sprudel in Karlsbad wegen der bedeutenven Wassermengen, welche er zu Tage förderte, die allgemeine Aufmerk samkeit. Die mehrere Meter emporsteigende zischende und dampfende Wassersäule bot einen gewaltigen An blick. Aus Sicherheitsrücksichten sah man sich genöthigt, den Sprudelkranz abzuheben und mit den üblichen Bohrungen zu beginnen, um etwagen Ausdehnungs gelüsten des Sprudels vorzubeugen. Belgien. König Leopold II. von Belgien hat ersichtlich die Wirthschaft seines ultramontanen Kabinets satt bekommen und steht auf dem Punkte, demselben ein „Bis hierher und nicht weiter!" zuzu rufen, ja in einem speziellen Falle hat er dies bereits gethan. Als die Klerikalen an das Ruder kamen, war es bekanntlich ihre erste Sorge, die von dem liberalen Ministerium geschaffenen Gemeindeschulen zu beseitigen und den Unterricht der Jugend wiever dem Klerus zu überliefern. Anläßlich der Unterzeichnung eines neuen Dekrets, durch welches wiederum 50 Ge meinden ermächtigt wurden, ihre Gemeindeschulen auf zuheben, erklärte König Leopold, er werde kein der artiges Dekret mehr unterzeichnen. Frankreich. Der Name und die Person des Attentäters (stehe vor. Nr.) sind noch unermittelt. Derselbe wird jetzt für einen Korsen gehalten. Er gestand ein, mit Vorbedacht gehandelt zu haben, kannte übrigens Freycinet nur nach der Photographie. Er erwartete denselben auf der Konkordien - Brücke und wußte, daß er dieselbe passiren müsse. Er haßte Frey cinet, weil ihn derselbe angeblich an Ehre und Ver mögen schädigte. Weiteres werde er nur im Beisein seines Advokaten aussagen. England. Der Niesendampfer „Great Eastern" wurde am 28. Oktober bei Lloyds für 26,200 Pfund Sterl. dem Meistbietenden zugeschlagen. Der „Great Eastern" wurde 1860 auf der unteren Themse von Scott Rüssel erbaut, sollte zwischen England und Australien mit einer Fahrdauer von 34 Tagen im besten Falle, ohne Kohlen einnehmen zu brauchen, fahren und kostete 25 Mill. Frcs. Die Hoffnungen, die man auf das Riesenschiff setzte, erfüllten sich be kanntlich gar nicht, mußte man ja z. B. allein 10,000 Tonnen Kohlen für eine Fahrt laden, so daß nur für 5540 Tonnen Nutzfracht Raum verblieb. — Der Staatssekretär Gras v.Hatzfeldt wird sich in einigen Tage» nach London begeben, um den dor tigen ihm übertragenen Botschafterposten zu über nehmen. Als seinen Nachfolger als Staatssekretär nennt man den Grafen Herbert Bismarck, den Sohn des Reichskanzlers. Bulgarien. Nach einer von amtlicher Seite ver breiteten Nachricht haben die Bulgaren überall die Grenze abgesperrt und angeordnet, jeden von Serbien aus die Grenze Ueberschreitenden zu tödten. Demzu- olge sind die serbischen Truppen angewiesen worden, entschieden und ohne speziellen Befehl auf ein derartiges Verhalten mit den Waffen zu antworten. Die bul garischen Freiwilligenschaaren haben bereits begonnen, die serbischen Grenzorte durch Ueberfälle zu beun ruhigen. Sparkasse zu Dippoldiswalde. (Im RathhauS, Parterre.) ErpeditionS-Stunden: Sonntags von V»3 bis 5 Uhr, Mittwochs und Sonnabends von 9 bis 1 Uhr. — 574 — von der hiesigen Stadt auszuführen sind, beziffern sich auf 6625 Mark. Hiervon ist abzuziehen der bei der Sparkasse vorhandene Denkmalfond von 1229 Mar! 56 Pf., sodaß der von der Stadtgemeinde zn leistende Zuschuß sich auf 5395 M. 44 Pf. abmindert. Der Stadtrath hat beschlossen, hiervon 2395 M. 44 Pf. auf die Oberwaldgutkasse zu übernehmen, den Nest von 3000 M. aber durch Einstellung in den nächst jährigen Haushaltplan zu bewilligen. Das Stadtver ordnetenkollegium trat dem genannten Rathsbeschlufse bei und nahm auch Kenntlich davon, daß die Brunnen statue der Barbara Uttmann aus den Mitteln des sächsischen Kunstfond hergestellt wirb.