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ch- Mchmtz-MW 51. Jahrgang. Sonnabend, den 19. September 1885 Rr. 111. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage deS Blattes eine sehr wirk» same Verbreitung finden, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und coinplicirte Inserate mit entsprechen» dem Ausschlag. — Eiiige- sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die wohlwollende Förderung adzustatten, welche die Kongo-Frage seitens der deutschen Regierung er fahren hat. , . , Italien. Wie nn vorigen Jahre, so hat auch Heuer die Cholera von Südfrankreich aus, wo sie jetzt dem Erlöschen nahe ist, die Alpen überschritten und sich in Ober-Italien eingebürgert. Doch scheint der Hauptherd der Seuche die Insel Sizilien zu sein, wo sie vermuthlich von einem aus Marseille oder Toulon kommenden Schiffe eingeschleppt worden ist; von Sizilien aus hat die Cholera auch bereits die benach barten italienischen Provinzen ergriffen. Das offizielle Cholerabulletin vom Dienstag besagt, daß vom 13. d. M. Mitternacht bis zum 14. d. Mitternacht in der Provinz Parma 12 Choleraerkrankungen und 8 Cholera todesfälle, in Reggio-Emilia 2 Erkrankungen und in der Provinz Palermo 13 Erkrankungen und 4 Todes fälle vorgekommen sind. Diese Ziffern sind allerdings sehr niedrige, es bleibt aber abzuwarten, ob hier nicht wieder eine Schönfärberei vorliegt, wip sie die italie nischen Behörden schon im vorigen Jahre liebten. Rußland. Aus Rußland kommt die wenig er freuliche Nachricht von einer abermaligen bevorstehen den Zollerhöhung, die sich in erster Linie gegen Deutschland richten würde. Die russische Regierung soll nämlich beabsichtigen, den Zoll für Roheisen, Guß eisen und Erze noch weiter zu erhöhen, angeblich, weil sich die letzte Zollerhöhung der ausländischen Kon kurrenz gegenüber als nicht genügend wirksam er wiesen hat. Spanien. In der Karolinen - Affaire ist endlich mit der Uebergabe der spanischen Antwort auf die be kannten Darlegungen Deutschlands in Berlin ein erheblicher Schritt nach vorwärts geschehen. Ihr In halt ist noch nicht allgemein bekannt, doch verlautet, daß derselbe in zwei Theile zerfalle; der erstere ent halte die Entschuldigung Spaniens wegen der dem deutschen Gesandten in Madrid zugefügten Unbill, der zweite Theil verbreite sich sehr eingehend über die spanischen Rechtsansprüche auf die Karolinen. Seitens des spanischen Gesandten soll einstweilen nur der erste Abschnitt der Antwortsnote im Berliner Auswärtigen Amte verlesen worden sein, während vom zweiten erst eine authentische Uebersetzung angefertigt wird. In Verhandlungen über diesen zweiten Abschnitt, welcher die materielle Seite des deutsch - spanischen Konfliktes behandelt, dürfte erst nach Erledigung der formellen Frage bezüglich der von Spanien zu leistenden Ge- nugthuung eingetreten werden. «Lokales «nd Sächsisches. Dippoldiswalde.- Mittwoch, den 16. September, fand im hiesigen Rathhaussaale die Diöcesanver- sammlung statt. Nach dem Gesänge des Liedes: „Herr Jesu Christ, Dich zu uns wend'" und einem Gebete, gesprochen von Herrn?. Hoffmann-Reinhards- griinma, begrüßte der Herr Vorsitzende, Sup. Opitz- Dippoldiswalde, die zahlreich erschienenen Herren Geist lichen, Kirchenvorstände, Kirchschullehrer und Gäste, Daran schloffen sich Erläuterungen seitens des Herrn Vorsitzenden zu den von ihm selbst aufgestellten Thesen: „Glaubens- und Sittenspiegel der Gemeinden". Wegen der beschränkten Zeit war eine eingehende Debatte nicht möglich, nur einige Herren Geistliche sprachen sich über einzelne Punkte aus. Die Versammlung zollte für die durch den Vortrag erhaltene Anregung dem Herrn Ephorus ihren Dank durch Erheben von den Sitzen. — Der 2. Punkt der Tagesordnung war das Referat des Herrn k. Ino. tksol. Zimmermann-Seifersdorf: „Drei Glaubenswerke der Kirche". Der Herr Refe rent führte aus, daß dem in der Liebe thätigen Glauben drei Kreise seiner Wirksamkeit gezogen sind. Den ersten Kreis bilden die unglücklichen Glaubensgenossen unseres Vaterlandes, die Gesunkenen beiderlei Geschlechts, die Kinder ohne mütterliche Aufsicht, die arbeitslosen Wanderer rc. Diesen Unglücklichen zu helfen, ist die Die „Kketßerltz. Zeitung" «-scheint wöchentlich drei mal: Dienstag. Donners tag und Sonnabend. Preis vierteljährlich I M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- «alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Den glänzenden Kaisertagen in Baden sind nun mehrere gleich erhebende, durch die Anwesenheit des Kaisers und der ihn begleitenden Fürstlichkeiten und sonstigen hervorragenden Persön lichkeiten ausgezeichnete Tage für das württembergische Nachbarland gefolgt. Nach den bekannt gewordenen Dispositionen war die Ankunft des Kaisers in Stutt gart auf diesen Freitag Mittags I Uhr festgesetzt; der hohe Herr gedenkt daselbst bis Mittwoch, den 23. d. M., zu verweilen und noch am Nachmittag des ge nannten Tages nach Baden-Baden abzureisen. Das Befinden des greisen Monarchen ist trotz der großen Anstrengungen, welche die letzten Tage für ihn mit sich brachten, ein durchaus erfreuliches. — Der Bun desrath hat sich in seiner am Dienstag abgehaltenen Plenarsitzung außer mit den Ausführungsbestimmungen zum Börsensteuergesetz auch mit einigen Vorlagen be züglich des Unsallversicherungsgesetzes, sowie mit der Verlängerung des über Berlin und Hamburg nebst Umgegend verhängten kleinen Belagerungszustandes beschäftigt. Bezüglich des ersteren Punktes wird ge meldet, daß der Bundesrath den Anträgen des Aus schusses zu den Ausführungsbestimmungen des Börsen steuergesetzes einhellig zugestimmt hat. Die Plenar- berathung derselben ist also durchaus nicht, entgegen vielfach gehegten Annahmen, auf besondere Schwierig keiten gestoßen. Die Eingabe, betr. die Novelle zu dem erwähnten Gesetz, wurde durch den Bundesraths beschluß vom 21. Mai für erledigt erachtet. — Dqs Interesse an den Vorgängen in der inneren Politik konzentrirt sich allgemach auf die preußischen Land tagswahlen, nachdem es als gewiß zu betrachten ist, daß die Urwahlen zum preußischen Abgeordnetenhause am 5. November, die Wahlen der Abgeordneten selbst eine Woche später, am 12. November, vor sich gehen werden. Allerdings liegt auch jetzt noch keine offizielle Bestätigung dieser übereinstimmend von allen Blättern gebrachten Notiz vor; da sie indessen bei den offiziösen Blättern auch keinen Widerspruch findet, so darf man wohl den genannten Termin als endgültig feststehend betrachten. So recht in Fluß will die Agitation aber noch nicht kommen, wenngleich sich die größeren Ver sammlungen der einzelnen Parteien mehren, denn zu gleicher Zeit mit dem deutschfreisinnigen Parteitag in Breslau tagte in Neumünster der konservative Verein für Schleswig-Holstein, und die hannoverschen National liberalen beabsichtigen demnächst in Hannover einen Parteitag abzuhalten. Der Hauptgrund für den lauen Charakter der Wahlbewegung ist jedenfalls darin zu suchen, daß es an einem geeigneten Agitationsstoff, an einem ergiebigen Thema für Wahlreden fehlt; erst wenn die Negierung mit bestimmten Vorschlägen für die neue Landtagssession hervorgetreten sein wird, dürfte hier wohl auch ein geeignetes Material zu Wahlreden pro und contra gegeben sein. — Während sich so die preußischen Wähler auf die Wahlen erst langsam vorbereiten, hat die Landtagswahlkampagne im Königreich Sachsen am Dienstag ihren Abschluß gefunden. Soweit sich das Resultat übersehen läßt, haben die Ergänzungswahlcn zur zweiten sächsischen Kammer, von denen 18 ländliche und 15 städtische Wahlkreise betroffen wurden, in den gegenseitigen Stärkeverhältniffen der Parteien und in dem vor wiegend konservativen Charakter der Kammer nicht viel geändert. Das Schwergewicht der Wahlbewegung lag in dem starken Hervortreten der Sozialdemokraten, welche mit 12 Kandidaten auf dem Plane erschienen waren. Die Umsturzpartei kann sich auch. Dank der in den betreffenden Wahlkreisen herrschenden Zer fahrenheit der Ordnungsparteien, zweier nicht zu unter schätzender Erfolge rühmen, denn in Dresden-Neustadt und in Chemnitz-Land, welche beiden Wahlkreise bis her in den Händen der Konservativen waren, wurden die sozialdemokratischen Kandidaten gewählt; auch in Zwickau-Land siegte der sozialdemokratische Kandidat. Dagegen gelang es, die Stadt Chemnitz den Sozial demokraten wieder abzunehmen und auch in Leipzig- Land scheint der bisherige sozialdemokratische Vertreter unterlegen zu sein. Bemerkenswerth ist ferner die Niederlage des langjährigen fortschrittlichen Vertreters für Dresden-Altstadt, des Kaufmanns Walter, welcher einem Konservativen weichen mußte. Im Allgemeinen kann man indessen sagen, daß in den meisten Wahl kreisen der bisherige Besitzstand gewahrt worden ist. — Die internationale Telegraphen-Konferenz in Berlin ist in dieser Woche geschloffen worden, nachdem ihr Hauptzweck, die Herstellung eines einheitlichen Tarif systems, erreicht worden ist. Frankreich. Die französische Republik steht unter dem Zeichen der Wahlreden und Wahlbanketts und fast jeder Tag bringt eine auf die bevorstehenden Wahlen bezügliche Kundgebung dieser und jener her vorragenden politischen Persönlichkeit. Am Sonntag hielt Herr Clemenceau in Draguignan eine Rede, welche einen einzigen heftigen Ausfall gegen die Oppor tunisten bildete, die der Führer der Radikalen als „Possenreißer" charakterisirte. Am folgenden Tage entwickelte der Minister des Innern, Allain-Targö, sein Wahlprogramm auf einem zu Paris stattgesun- denen Wahlbankett; die Rede Allain-Targö's war im Wesentlichen eigentlich nur eine Wiederholung der be kannten Wahlrede des Ministerpräsidenten" Brisson. Selbstverständlich versicherte der Minister seine Soli darität mit Brisson, plaidirte des Weiteren für Trennung der Kirche vom Staate und bezeichnete als eine be sonders dringliche Frage die bessere Vertheilung der Steuerlasten. Ferner erklärte Allain-Targö, daß man aus den gegenwärtig in Frankreichs Besitz befindlichen Kolonien möglichsten Nutzen ziehen müsse; entschieden sprach er sich gegen eine Politik der Eroberung aus. Der Minister schloß mit der Hoffnung, daß die freien Wahlen eine regierungsfreundliche demokratische Majo rität ergeben würden. — Aus Anam ist als wichtigstes Ereigniß die unter französischer „Protektion" erfolgte Einsetzung eines neuen Königs zu verzeichnen. Der selbe heißt Chauluong und ist ein Adoptivsohn des früheren Herrschers Tuduc. Chauluong hat am Diens tag seinen feierlichen Einzug in die Residenz Hue ge halten, begleitet von den anamitischen Prinzen von Geblüt, dem höchsten Rathe und dem Hofe. Fran zösische und anamitische Truppen bildeten Spalier und die Flaggen Frankreichs und Anams wehten über dem königlichen Palais. Natürlich versicherte der junge König — er ist erst 23 Jahre alt — seine tiefste An hänglichkeit an Frankreich und man hat es wohl als ein Zeichen der Erkenntlichkeit der Franzosen für diese Gesinnung zu betrachten, daß dem König Chauluong alle Kunstschätze, welche jene bei der Eroberung Hues in Beschlag genommen hatten, ausgeliefert worden sind. Ob die Einsetzung eines neuen Herrschers den in Anam herrschenden Unruhen ein Ende machen wird, ist sehr zu bezweifeln, vorläufig ruht der Thron Chauluongs lediglich auf den französischen Bajonetten. Belgien. Die Antwerpener Weltausstellung, welche als in allen ihren Theilen gelungen bezeichnet werden muß, ist am Montag geschloffen worden. Nach der feierlichen Verkündigung der Namen der prämirten Aussteller besuchte das belgische Königspaar die Aus stellung und verweilte namentlich längere Zeit bei der dänischen Baracke, welche den Preis der deutschen Kaiserin erhalten hatte. — Es wird jetzt mit Bestimmt heit versichert, daß König Leopold seinen Besuch am Berliner Hofe, der für dieses Frühjahr angekündigt war, aber wegen der Erkrankung des Kaisers ver schoben wurde, noch im Laufe dieses Herbstes aus führen werde und zwar alsbald nach der Rückkehr des Kaisers aus Süddeutschland. Der Besuch des bel gischen Herrschers in Berlin ist mit keinerlei politischen Fragen in Verbindung zu bringen, König Leopold wünscht lediglich dem Kaiser seinen persönlichen Dank für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ithne in Dippoldiswalde.