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Mntzmtz-ZeltW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. 51. Jahrgang Donnerstag, dm 20. August 1885 Nr. 98. -M-i >er- n c tner >or- ld ter Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 19. August. Wie die Jahr märkte nach und nach immer mehr zurückgehen, kann man an dem unfern unschwer bemerken. Selbst wer nur einige Jahre Gelegenheit gehabt hat, die hiesigen Jahrmärkte zu beobachten, der wird bei einem Ver gleiche bestätigen müssen, daß der Besuch sowohl an Verkäufern als an Käufern sichtbar abgenommen hat. Während noch vor etwa 10 Jahren die Schuh- und obere Herrengasse mit Schuhmacherfländen dicht besetzt waren, haben jetzt sämmtliche Verkäufer auf dem Markt platze überreichlich Platz, und es bleibt noch ein Drittel desselben völlig leer, ganz abgesehen von den zahlreichen Lücken in den einzelnen Budenreihen. Schon längst finden sich weder fremde Musikanten, noch Bänkelsänger und Schaustellungen nur ganz vereinzelt ein, höchstens daß ein Karroussel nothdürftigen Zu spruch hat. Die Gründe liegen auf der Hand. Die Käufer kommen zu der Einsicht, daß, was man sonst nur auf Jahrmärkten kaufen zu können meinte, am Orte ebenso gut, ja bester und zu denselben Preisen, ja oft billiger zu haben ist; die Marktfiranten begreifen gleichfalls, daß der Marktverdienst oft nicht im min desten im Verhältnisse steht zu den Transport- und Reisespesen, die sie aufwenden müssen und daß das Umherziehen und Feilhalten bei Wind und Wetter der Gesundheit oft erheblichen Schaden bringt. Der letzte, am Montag und Dienstag bei uns abgehaltene Markt dürfte wohl als einer der dürftigsten dastehen und manchem noch erschienenen Händler das Wiederkommen zum nächsten Male ganz verleiden. Könnte man die Ueberzeugung hegen, daß der Mehrzahl der Gewerb- treibenden an der Beibehaltung des Marktes etwas gelegen sei, so wären wohl längst seitens der städtischen Behörden Veranstaltungen getroffen worden, das In teresse zu beleben und den Zuzug zu vermehren. Tüchtige Arbeit findet aber auch ohne Märkte aus wärtige, dauernde Kundschaft, wozu es auch bei uns erfreulicherweise nicht an Beispielen fehlt. — Bezüglich der Notiz in letzter Nummer dieses Blattes, betr. die vom nächsten Bezirkstag vorzu nehmende Wahl zu Ergänzung des Bezirksaus schusses, ist zu bemerken, daß außer den daselbst genannten fünf Herren auch Herr Erbrichter Mende zu Dittersdorf dem Bezirksausschuß gegenwärtig an gehört und daß des Letzteren Name in dieser Notiz, sowie in der für den Bezirkstag aufgestellten Tages ordnung nur aus einem Uebersehen unerwähnt ge blieben ist. — Die Witterung ist in der letzten Zeit eine recht unfreundliche, schon fast herbstliche geworden, die Temperatur ist besonders des Nachts tief gesunken, an wenig geschützten Stellen sogar bis auf 4« 0. — Im Voigtlande, bei Bienenmühle, Nassau, Hellen dorf rc. ist sogar die Luftwärme bis auf den Null- Die französischen Wahlen. Am 4. Oktober finden in Frankreich die Neu wahlen zur Deputirtenkammer und zwar zum ersten Male auf Grund des Systems der Listenwahl, nicht mehr, wie bisher, nach den einzelnen Arrondissements, statt. Kaum sechs Wochen beträgt demnach noch der Zeitraum bis zu dem genannten Tage und die Wahl bewegung ist denn nun auch allseitig im vollsten Gange, besonders, nachdem durch den Schluß der Parlamentssession das Feld für die Wahlagitation vollständig frei geworden ist. Der Ausgang der Wahlen vom 4. Oktober ist diesmal von besonderer Wichtigkeit, einmal, weil sich durch ihn erweisen muß, ob die Listenwahl, auf welche die herrschende republi kanische Partei so große Hoffnungen gesetzt, wirklich diesen Hoffnungen entspricht, zum Anderen, weil der selbe im Wesentlichen bestimmend für die Richtung ist, in welcher sich die innere Politik der französischen Republik für die nächste Zukunft bewegen wird. Ebenso dürften aber auch die Wahlen in ihrem Ausfall nicht ohne Einfluß auf den künftigen Gang der auswärtigen Politik der französischen Republik sein und sie sind daruin auch für das Ausland — und nicht zum min desten für uns Deutsche — von Interesse. In den Anhängen der gegenwärtigen Wahlbewegung hatte es einen Augenblick den Anschein gehabt, als ob sich die republikanischen Parteien auf den Boden eines gemeinsamen Programms zusummenfinden würden und hierdurch hätte sich der Wahlkampf natürlich sehr ver einfacht. Es war der Versuch gemacht worden, die verschiedenen Fraktionen der ehemaligen Mehrheit der Kammer, also die Opportunisten, die gemäßigten Re publikaner und einen Theil der radikalen Linken, zu einem gemeinsamen Vorgehen zu vereinigen, aber dieser Versuch scheiterte an den Gegensätzen, die unter den Republikanern vorherrschen und welche sich nicht beseitigen ließen. Die gemäßigten Republikaner konnten sich mit den Opportunisten (den ehemaligen Gam- bettisten) über verschiedene Punkte nicht einigen und ' diese werden wiederum von einem Theile der Radi kalen, sowie von den Ultraradikalen und Intransigenten, den „Röthesten der Rothen" in heftigster Weise an gefeindet und es werden demnach die verschiedenen republikanischen Armeen getrennt marschiren und nicht nur die Monarchisten, sondern auch einander selbst bekämpfen. . Einen sichern Beweis hierfür liefert die Aufnahme, welche die große Programmrede Ferry's, die er jüngst zu Lyon gehalten hat, in der republikanischen Presse findet. Den Grundton dieser Rede bilden neben der nochmaligen Vertheidigung der Ferry'schen Colonial politik die Versicherung, daß die Opportunisten nach wie vor bereit seien, mit den Radikalen zu gehen, daß sie aber die Ultraradikalen energisch bekämpfen würden. Dies hat dem früheren Ministerpräsidenten natürlich wiederum die heftigsten Angriffe der intransigenten Presse, ja selbst radikaler Blätter zugezogen, während anderseits die gemäßigten Organe, Ferry wegen seiner Neigung zu einem Wahlbündniß mit den Radikalen scharf tadeln, und hieraus kann man sich schon einen Vers daraus machen, wie es mit der Einigkeit im republikanischen Lager bestellt sein mag. Daß die Monarchisten und Bonapartisten aus diesem Zwiespalt in den republikanischen Reihen großen Vortheil ziehen sollten, ist indessen nicht anzunehmen. Es fehlt ihnen — und zwar den Parteigängern des Kaiserreichs wie den Anhängern des Köuigthums — an einem geschickten und begabten Führer, der die Masse mit sich fort zureißen und der auch zugleich die feindlichen Blößen auszubeuten weiß, überdies bietet das Listenwahlsystem den Monarchisten aus verschiedenen Gründen gerade nicht viel Boden. Jedenfalls wird sich der Haupt kampf zwischen den Opportunisten unter der Führung Ferrys und den links-radikalen Elementen unter Füh rung Clemenceaus entspinnen, letzteren gilt es in erster punkt gesunken und sind Kartoffelkraut, Kürbisse, Astern rc. durch die kalte Temperatur völlig vernichtet worden. — Dem „Pirn. Anz." entnehmen wir Folgendes: „Das Bedürsniß der Schaffung einer Eisenbahn verbindung zwischen dem oberen Müglitzthale und dem großen Eisenbahnnetz findet durch die immer wieder hervorkommenden Wünsche der bezüglichen Be völkerungskreise fortgesetzt neue Erhärtung. Es ist über dieses Thema bekanntlich schon viel gesprochen und geschrieben worden; ganz besondere Beachtung werth erscheint uns aber nun ein neuerdings aufge tauchtes Projekt, daß gewiß auch für Pirna die günstigste Nachwirkung haben würde. Wegen der schwer (?) zu überwindenden Terrainverhältniffe (?) im unteren Müglitzthal — so schreibt man uns dabei — bringt man jetzt die Ueberführung der Bahnlinie bei Schlottwitz aus dem Müglitzthal in das Kreischaer Thal in Vorschlag; es ist aber nun noch eine andere Linie denkbar, welche vielleicht noch weniger Schwierig keiten bietet, als die vorerwähnte, und die auch wesen- lich kürzer bis zum Anschluß an die Linie Dresden- Bodenbach sein dürfte. Die gedachte Linie würde laufen: Von Geising im Thals abwärts bis zu; Herrenmühle (Oberschlottwitz), von da rechts abbiegen in das Trebnitzthal, Unterführung des sehr schmalen Höhenzuges zwischen diesem Thals und dem Seide witzthal, bei Liebstadt Einmündurg in das Letztere und endlich in demselben bis Pirna. Es repräsentiren die nächsten Ortschaften oberhalb Liebstadt, diese Stadt selbst und die zu beiden Seiten des Seidewitzthales gelegenen Orte bis Pirna die Zahl von ca. 10,400 Einwohnern, welche alle auf den Verkehr nach Pirna angewiesen sind und die Bahnstrecke Liebstadt-Pirna zu ihrem Fortkommen benutzen würden. Sodann dürfte aber auch durch den Transport von Holz, Ge treide, Düngemittel, Kohlen, Straßensteinmaterial, sowie Kalk und Brennmaterial für die Kalkwerke in Biensdorf, Nenntmannsdorf, Borna und Friedrichs walde ein reger Güterverkehr zu erwarten sein. Rechnet man hierzu den Personenverkehr von Altenberg ab wärts bis Schlottwitz aus den am Müglitzthal und in dessen Umgebung gelegenen Orten, die ca. 12,900 Einwohner aufweisen, sowie den Güterverkehr für diese Orte mit ihren bedeutenden Fabriken, so dürfte wohl die Rentabilität der Linie Geising-Schlottwitz-Liebstadt- Pirna als sicher angenommen werden können." Ob mit einer solchen Linie dem oberen Müglitzthale, das eine möglichst direkte Verbindung mit Dresden wünscht, gedient wäre, möchten wir allerdings bezweifeln. — Eine Entlastung des Soldaten von drückenden militärischen Strapazen, falls sie vermieden werden können, ist gewiß mit Genugthuung zu be grüßen. Während der deutsche Infanterist früher beim Marsche, auf Posten rc. stets gezwungen war, sein Gewehr auf der Schulter zu tragen, ist es seit Einführung des für gewöhnlich bajonnetlosen Jn- fanteriegewehres Modell 71 auch gestattet, das Ge wehr auf Märschen auch unter dem Arme zu tragen. In neuerer Zeit macht man zur Entlastung des Sol daten, dessen Kräfte, besonders Armkräfte, durch das Tragen des Gewehres auf der Schulter oder unter dem Arme in erheblicher Weise absorbirt werden, den Vorschlag, auch das Tragen deS Gewehres am Ge wehrriemen zu gestatten. Der Gewehrriemen spielt in der deutschen Armee eine sehr nebensächliche Rolle; er wird nie in Gebrauch genommen, und es wird nur, da ein Schlottern desselben das Auge des Musternden verletzt und den Soldat zu Fehlgriffen veranlaßt, darauf gehalten, daß der Riemen stets so straff wie möglich angespannt wird. Wollte man es gestatten, daß das Gewehr unter Umständen auch am Riemen getragen wird, so müßte, wie ein Artikel des „Milit.- Wochenbl." hervorhebt, der Riemen für Schulexer zieren, Paraden rc. ganz abgelegt und zur feldmarsch mäßigen Adjustirung gerechnet werden. Bei unseren Inserat«, welch« bei d« bedeutenden Auflage bei Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder oeren Raum berechnete — Ta bellarische und contplicirle Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzelle LV Pfg. Linie, die in Frankreich noch immer vorherrschende Partei des früheren Diktator mehr und mehr aus ihren Stellungen zu drängen, und hierzu muß diesmal Clemenceau und seinen politischen Freunden die Ferry'sche Kolonialpolitik mit allen ihren Fehlern und Ueberstürzungen behilflich sein. Ob dieses Vorgehen den Radikalen große Vortheile bringen wird, läßt sich zur Zeit noch nicht ermessen, sollten indessen die be vorstehenden Wahlen die Verschiebung des allgemeinen politischen Standpunktes in Frankreich noch weiter nach Links ergeben, so würde speziell Deutschland ein derartiges Resultat nicht mit Gleichgültigkeit auf nehmen können, die Gründe hierzu liegen auf der Hand. Hoffentlich wird indessen der Ausgang der jetzigen Wahlbewegung beweisen, daß die französische Nation in ihre»! überwiegenden Theile fest zur Fahne des gemäßigten Republikanismus steht, andernfalls würden Frankreich schwere innere Krisen und vielleicht auch auswärtige Verwickelungen nicht erspart bleiben. M« Weißeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »ierteljährlich 1 M. LS Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1V Pfg. — Alle Postan- statten, Postboten, sowie sie Agenten nehmen Be stellungen an.