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MWH-MW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde, Nr. 99 51. Jahrgang. Sonnabend, den 22. August 1885 ß Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Das Erntefest in hiesiger Parochie wird, wie wir hören, am 6. September ge feiert werden. — Die Verwaltung der hiesigen Volksbiblio thek hat zu dem im Laufe der Zeit unvollständig ge wordenen Katalog ihrer Bücher einen Nachtrag heraus gegeben, aus dem ersichtlich ist, in welch reicher Weise alle Fächer des Instituts innerhalb der letzten Jahre bereichert worden sind. Der Katalog nebst Nachtrag ist während der Bibliothekzeit beim Bibliothekar käuflich. —, Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatze und erfolgreiche Thätigkeit gelegentlich des Brandes beim Gutsbesitzer Her,». Jul. Holfert in Dittersdorf am 14. vor. Mts. hat die kgl. Brandversicherungs- Kommission der Spritze der Gemeinde Börnchen bei Lauenstein und der Spritze der freiwilligen Feuerwehr zu Glashütte außerordentliche Prämien nach Höhe von 30 und 25 Mark gewährt. Reinhardtsgrimma. Der Missionsverein unter den Heiden wird Sonntag, den 30. August, in hiesiger Kirche ein Missionsfest abhalten. Glashütte. Trotz der sehr frischen Tage und für diese Jahreszeit sehr kalten Nächte (den 16. früh 4>/»° R., den 17. sogar nur 4° lt. Wärme) findet sich in Oberjohnsbach eine für unser Gebirge große Seltenheit, und zwar zeigt ein unterhalb der Gärtner- schen,Restauration befindlicher Apfelbaum neben halb- Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die SLadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm hat wieder ein mal dieser Tage ein glänzendes Zeugniß seines hohen Pflichtgefühls und seiner Dankbarkeit und Pietät für die Gründer des preußischen Staates abgelegt. Der Kaiser Hal seinen« großen Ahnherrn, dem König Fried rich Wilhelm I. im Lustgarten zu Potsdam ein Denk mal setzen und dasselbe am 18. August, dem blutigen Ehrentage der preußischen Garde bei Gravelotte, ent hüllen lassen. Niemand im deutschen Vaterlande als Kaiser Wilhelm weiß wohl besser die Verdienste Fried rich Wilhelm I. zu schätzen, der als einer der ersten Gründer des preußischen Staates anzusehen ist, eine gewaltige Armee schuf, ihr strenge Manneszucht ein flößte, der den preußischen Beamten Gerechtigkeit und Uneigennützigkeit als oberste Pflicht lehrte und weise Sparsamkeit im Finanzwesen einführte. — Nach neueren Nachrichten soll die Annahme der Vorschläge Deutschlands in der in Berlin tagenden internationalen Telegraphen-Konferenz nicht so aussichtslos sein, wie man befürchtete. Die deutschen Vorschläge gipfeln in einer einheitlichen Regelung der Telegraphen-Tarife für den europäischen Verkehr und hatte zuinal der Vertreter Englands bisher den Vorschlägen Deutsch lands große Schwierigkeiten verursacht, welche Dank der Autorität des Staatssekretärs v. Stephan vielleicht doch noch gehoben werden und so auf dem Gebiete der Telegraphie, die ja vorzugsweise auf den inter nationalen Verkehr angewiesen ist, ein namhafter Fort schritt erzielt wird. — Der in Hamburg am Dienstag zusammengetretene und von fast allen Staaten be schickte Kongreß für die Reform des Völkerrechts wurde Mittag durch den Bürgermeister Weber namens des Senats begrüßt. Sir Travers Twiß dankte im Namen der Versammlung, worauf vr.Liveking die diesjährigen Ausgaben des Kongresses darlegte. Zu Vizepräsidenten wurden gewählt H. H. Meyer (Bremen), Richter Prabody (New-Aork), Sir Travers Twiß (London), vr. Wendt (London) und vr. Wolffson (Hamburg). Der Kongreß beschäftigt sich hauptsächlich mit Streit fragen im internationalen Schifffahrtsverkehr. — Bei der am Dienstag im ersten Nassauischen Wahlkreise (Homburg) stattgehabten anderiveiten Wahl eines Reichstagsabgeordnetei« ist nach den bisherigen Er mittelungen der Kandidat der Deutsch-Freisinnigen, Körner, mit circa 7000 Stimmen gewählt worden; ca. 3500 Stimmen fielen auf den sozialistischen Kan didaten Fleischmann. — Die Ausweisungen aus der Provinz Posen beginnen größere Dimensionen anzu nehmen. Aus dem Kreise Sanier allein sollen 80 Personen auswandern. Als Ausgewiesene werden u. A. die seit einer Reihe von Jahren ansässigen Großgrundbesitzer Graf Gotthard Turno, von Czorba auf Krajewice und Heinrich von Potworowski auf Sielei genannt, letzterer ist preußischer Artilleriereserve offizier. Die Bestätigung dieser Einzelheiten bleibt allerdings abzuwarten. Oesterreich. Aus Wien wird von der glänzenden Geburtstagsfeier des Kaisers Franz Josef berichtet, welche am 18. August stattfand und aufs Neue die Ergebenheit der Wiener Bevölkerung und des öster reichischen Volkes überhaupt an den angestammten Monarchei« dokumentirte. — Ueber den Aufenthalt und die Rückkehr der österreichischen Sänger aus der deutschen Hauptstadt Berlin schreibt das Wiener „Fremdenblatt", welches bekanntlich den leitenden Kreisen nahe steht. Folgendes: Die Wiener Sänger kehren mit Ehren reich beladen heim. Die Hauptstadt Oesterreichs wird den ihren Söhnen in Berlin zu Theil gewordenen Empfang als ein Unterpfand der freundschaftlichen Gefühle der beiden Residenzen gegen einander stets in angenehmer Einnerung behalten. Frankreich. In Frankreich ist seit Beginn der Woche die Sommersession der Generalräthe eröffnet. Ganz abgesehen von dem gewöhnlichen Arbeitspro- gramme, welches diese Körperschaften zu erledigen haben, gewinnt die diesjährige Session derselben durch die Nähe der allgemeinen Wahlen an Bedeutung. Von den 514 Deputirten gehören 225 den General- räthen an, und sie werden gewiß die Gelegenheit be nützen, um sich mit ihren Wählern in Verbindung zu setzen. Auch das Kabinet ist durch vier seiner Mit glieder, nämlich durch die Minister Pierre Legrand, Sadi-Carnot, Sarrieu und Goblet, in den General- räthen vertreten. England. Der afghanische Streitfall scheint sich seiner Lösung langsam zu nähern und zwar dadurch, daß der Streit um den Zulfikarpaß geschlichtet wird. — Wie der Standard meldet, ist eine wichtige Mit theilung des russischen Kabinets in der Zulfikarsrage in einigen Tagen zu erwarten. Der Detailbericht über den streitigen Distrikt sei dem russischen Kabinet nunmehr zugegangen, welcher neues Licht verbreite und das russische Kabinet befähige, seine Vorschläge so zu modifiziren, daß hoffentlich die schleunige Lösung erfolgt. — Eine Brüsseler Depesche des Journal des Döbats dsmentirt auch entschieden die angebliche Be setzung der Insel Quelpart durch die Ruffen. Die selbe sei gänzlich von Felsen umgeben und besitze keinen genügend geräumigen und geschützten Hafen. Rußland habe eher ein Auge auf den koreanischen Hafen Port-Lazarew, welcher südlich vom Grenzflüsse Turnen gelegen ist. Rußland. Von russischer Seite wird die Monar chenzusammenkunft in Kremsier so glanzvoll wie mög lich sich gestaltet. Neben den leitenden Staatsmännern und ersten Generälen wird im Gefolge des Kaisers Alexander auch dessen Bruder, der Großfürst Wladi mir in Kremsier erscheinen. — In Rußland wird zum Herbst eine Reform vorbereitet, die in Beamtenkreisen viel Aufsehen machen wird: die Abschaffung der bis herigen Rangordnung nämlich, in der man mit Leichtig keit zum Titel „Exellenz" und zum erblichen Adel kam, was Beides dec Rang eines Wirklichen Staats- rathes ohne Weiteres verleiht, ohne daß es hierzu noch einer besonderen kaiserlichen Bestätigung bedürfte. Für die herrschende russische Beamtenwelt wird die Abschaffung der Rangordnung ein schwerer Schlag sein, dagegen hoffentlich für die Hebung des russischen Beamtenthums und für die Heranbildung eines thätigen Beamtenstandes von großem Nutzen sein. Afrika. In Lissabon ist telegraphischen Nach richten englischer Blätter zufolge die Nachricht von einer Massenermordung vor« Weißen an der Westküste voi« Afrika eingegangen. Berichte aus St. Paul de Loando besagen, daß der König von Coanhama Huilla plötzlich starb, und die Eingeborenen, das Hinscheiden des Königs wie üblich der Zauberkraft der Weißen zuschreibend, organisirten eine Metzelei. Sie über fielen die Europäer und tödteten 20 derselben, darunter drei Patres der Mission Huilla. Mr. Victor Gerard, ein Engländer, entkam mit seiner Tochter, aber zwei seiner Kinder wurden ermordet. Die französischen Priester hatten sich nach Coanhama begeben, ohne die portugiesischen Behörden davon in Kenntnis! zu setzen. Die Aufgabe der deutschen Industrie. In immer weitere Kreise dringt die Ueberzeugung, daß die wirthschaftlichen Fortschritte Deutschlands vor zugsweise von der Stellung der deutschen Industrie auf dem Weltmarkt abhängen. Eine blühende In dustrie beschäftigt nicht nur lohnend Millionen von Arbeitern, sondern sie ist auch, sei es in der Fabri kation, sei es in der Versorgung der Arbeiter, die sicherste und zahlungsfähigste Käuferin der landwirth- schaftlichen und industriellen Produkte. Darin liegt aber auch der Hebel für den Handel und so kann eben nur eine blühende Industrie den wirthschaftlichen Kreislauf recht günstig gestalten und erhalten. Welche Mittel müssen nun aber vorzügsweise angewandt werden, um Inserat«, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes ein« sehr wirk» siime Verbreitung finden, «erden mit 10 Pf«, dis Spaltenzeile oder deren Raum berechnet: — Ta» bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, un redaktionellen Theile, die Epaltrnzeile SOPfg. der deutschen Industrie den gebührenden Platz auf dem Weltmärkte zu geben? — Wer hier mit einem Schlagworte ins Feld rücken oder der Industrie durch gesetzliche Maßregeln auf die Beine helfen wollte, würde sich in einem großen Jrrthum befinden. Recht anerkennenswerth sind ja gesunde, ehrliche Urtheile über die deutsche Industrie, auch wenn sie nicht immer deren Lob singen, hoch zu achten sind auch die Stützen, welche die deutsche Industrie an der geeinten Macht des Vaterlandes, an der Kriegs- und Handelsflotte besitzt und dankend erkennt man auch in allen in dustriellen Kreisen die Fürsorge an, welche Regierungen und Parlamente ihrem Gedeihen widmen, der wahre Hebel für die Industrie liegt aber auf allen diesen Gebieten nicht. Sehen wir uns nur auf dem Markte um, welche Waare siegt. Das Gute, das Dauerhafte, das möglichst Vollkommene, das wirklich Schöne wird bei angemessener Preisstellung doch immer die schwindel hafte, die billige und schlechte Waare aus dem Felde schlagen und sich dauernde Kundschaft erwerben, von der allein der wirthschaftliche Erfolg abhängen kann. Die Qualität der Jndustrieprodukte häng! nun aber offenbar in der Hauptsache nur von dem Fabrikanten ab, also sind die Fortschritte und Leistungsfähigkeit der Industrie auch nur in die Selbsthülfe der Fabri kanten zu legen. Fachvereine zur Hebung gemeinsamer Interessen mögen sich allerdings bilden, zumal können auch kostspielige Vertretungen im Auslande und Studien der ausländischen Industrie-Verhältnisse durch Ver einigung entsprechender Groß- oder Klein-Industriellen stattfinden, aber die Hauptstütze lege jeder Industrielle in die eigene Kraft. Jeder Einzelne suche auf seinem Gebiete und mit seinen Mitteln und Kräften das möglichst Beste zu leisten, dann kommt der allgemeine Fortschritt auf industriellem Gebiete von selbst. Nur vor zwei Jrrthümern wäre dabei noch zu warnen. Wer einen Fortschritt errungen hat, halte sein Er- zeugniß nicht in eitler Selbstüberhebung für das Beste, sondern strebe immer nach weiterer Vervollkommnung. Desgleichen stelle aber auch Niemand, der etwas Tüchtiges leistet, sein Licht unter den Scheffel und arbeite nur für enge Kreise. Das Ausland zumal muß ein stärkerer Abnehmer für gute, deutsche Jn dustrieprodukte werden und behufs Eroberung aus ländischer Abnehmer dürfen die deutschen Industriellen weder Mühen noch Kosten scheuen. Dl» „Weißerih. Zeitung" ^scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »ierteljührlich 1 M. SS Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- ftalten, Postboten, sowie vie Agenten nehmen Be stellungen an.