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eißeritz -MW > !v Verantwortlicher Redakteur: Carl Ahne in Dippoldiswalde. 51. Jahrgang Dienstag, den 21. Juli 1885 Nr. 85. m. die Klagen über das Unheil, welches auf den Fluren und an den Feldfrüchten vom Hagelschlag angerichtet worden ist. Hoffentlich werden auch die kleinbäuer lichen Besitzer daraus die Lehre ziehen, daß es gut ist, den Ertrag der Felder rechtzeitig gegen derartige Er eignisse sicher zu stellen. Bis jetzt war das leider nicht der Fall. Wohl bildete bei den größeren Grund besitzern die Versicherung gegen den Hagelschaden die Regel, aber die Bevölkerung verstand sich nur aus nahmsweise zu einer solchen Versicherung, und selbst wo die Noth und die eigene böse Erfahrung Verständ- niß für die Hagelversicherung erweckt hatte, genügten ein paar hagelfreie Jahre, um die Zahlung der Prä- mien für die Hagelversicherung als einen recht über flüssigen Luxus erscheinen zu lassen. Das ist eine bedauerliche Erscheinung, bedauerlich um so mehr, als unser Hagelversicherungswesen auf einer durchaus ge sunden und soliden Basis beruht. Nur in ganz ver einzelten Fällen sind den staatlichen Aufsichtsbehörden berechtigte Klagen gegen Versicherungsgesellschaften zu Gehör gekommen; und hier und da hat das Hagel versicherungswesen seinem Zwecke nicht zu entprechen vermocht, wo sich auf einen kleineren örtlichen Bezirk beschränkte Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitig keit gebildet hatten. — Während der jetzigen Kirschenzeit kann man es alltäglich sehen, daß viele Personen und namentlich Kinder die üble Gewohnheit haben, die Mehrzahl der Kirschkerne mit zu verschlucken. Es kann vor dieser leidigen Gewohnheit nicht genug gewarnt werden! Namentlich aber mögen diese Warnung alle Mütter und Kinderwärterinnen beherzigen. Kleinern Kindern gebe nian überhaupt nur ausgekernte Kirschen zu essen. Ein Erwachsener kann sehr oft eine große Anzahl Kerne mit verschluckt haben, ohne Nachtheil an seiner Gesundheit zu erleiden — und unter Umständen kann man durch einen einzigen Kern das Leben unter un säglichen Schmerzen einbüßen. Um wie viel eher können mehrere Kerne einem Kinde höchst gefährlich werden! — Dasselbe gilt bei sämmtlichem Steinobst, namentlich können verschluckte Pflaumenkerne todt- bringend werden. Durch die Festsetzung im Blind darm, bez. im Wurmfortsatz, wird eine schmerzhafte Bauchfellentzündung (Typhilis) hervorgerufen, die trotz der besten ärztlichen Hilfe nur gar zu häufig mit dem Tode endet. Dresden. Obwohl wir heute nur im Allgemeinen über den äußeren Schmuck der Feststadt, über den Empfang der fremden Turner, den Festabend am Sonnabend, sowie über den ersten Festtag (Sonntag) berichten können, ist doch schon zu sagen, daß ein in jeder Beziehung wohlgelungenes nationales Fest in Dresden gefeiert wird. — Der Schmuck der Stadt, namentlich derjenigen Plätze und Straßen, welche der Festzug berührte, ist reich und farbenprächtig, geschmack voll unv gediegen in Form und Ausführung. Be sonders zu erwähnen ist der Ausgangspunkt des Fest zuges, der Albertplatz, den 84 Masten von 12 Meter und 80 Nebenmasten von 8 Meter Länge schmücken, auf denen Fahnen wehen und zwischen denen Wappen schilder angebracht sind. Der Brückenschmuck enthält über 100 Masten mit Fahnen der deutschen und säch sischen Farben. Der Schloßplatz trägt reichen Fahnen schmuck; über dem Georgenthor prangt am königl. Schlöße der Altan in einer mit Gold verbrämten Sammetdraperie. Am Postplatz, besonders aber in der Wilsdruffer Straße, suchte man sich in der De koration fast einander zu überbieten. Der Altmarkt und das Rathhaus, die See-, Prager- und.Waisen- hausstraße waren überaus reich geschmückt, wie alle Straßen bis zum letzten Theil des Festweges, der Grnnaer Straße. — Der Empfang der Turner an den verschiedenen Bahnhöfen begann schon gegen Mittag; sie wurden mit Musik nach der Stadt geleitet. Gegen t> Uhr Abends kamen mit 2 Schiffen die Oester- Die Engländer im Sudan. Lord Salisbury scheint vorerst nicht gewillt zu sein, den pomphaften Versicherungen einer nunmehrigen energischen Politik Englands in Egypten und im Su dan, welche er bei seinem Amtsantritte und auch wiederholt nachher abgegeben hat, durch seine Thaten den gehörigen Nachdruck zu verleihen. Vielmehr ist erst jüngst der Welt die überraschende Kunde ge worden, daß das gegenwärtige englische Kabinet ge sonnen ist, an den Beschlüßen seines Vorgängers hin sichtlich der Räumung der Provinz Dongola seitens der englischen Truppen festzuhalten, und dieser Ent schluß wirkt allerdings um so verblüffender, als noch kurz vorher Lord Salisbury mit einer gewißen Energie erklärt hatte, daß seine Regierung die Wiederbesetzung Dongolas bis zu einem bestimmten Punkte „im Prin zip" beschloßen habe. Den unmittelbaren Anstoß zu dieser auffallenden Sinnesänderung hat ein Bericht General Bullers, des englischen Kommandanten von Dongola, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, gegeben, welcher die Wiederbesetzung derselben ohne eine ganz neue Expedition für unmöglich erklärt. Jntereßant ist dabei, daß diesem Bericht ein anderer des Oberst- komniandirenden der englischen Armee in Egypten, des soeben nach London zurückgekehrten Lord Wolseley, schnurstracks entgegensteht, in welchem Wolseley erklärt, daß sich die Wiederbesetzung Dongolas ohne besondere Schwierigkeiten ermöglichen laßen würde und in dem schließlich auch ein Herbstfeldzug gegen Khartum als leicht und erfolgversprechend hingestellt wird. Die englische Negierung ist aber offenbar der obenerwähnten Ansicht des Generals Buller gewesen, wahrscheinlich ist sie hierzu in erster Linie durch den Umstand be stimmt worden, daß es in der durch den langen Feld zug schon hart mitgenommenen Provinz demnächst schwierig, wenn nicht unmöglich sein wird, hinreichend Vieh, Getreide und sonstige Vorräthe aufzutreiben und daß die Verproviantirung der englischen Truppen von dem eigentlichen Egypten aus unverhältnißmäßige Kosten bereiten würde. Von diesem Stadtpunkte aus wäre also die Räumung Dongolas seitens der Engländer gerade nicht zu tadeln j wohl aber erscheint sie in militärischer wie in politischer Hinsicht bedenklich. In militärischer, weil die Provinz Dongola, zwischen Oberegypten und dem eigentlichen Sudan in der Mitte gelegen, eine vortreffliche Basis für Operationen nach beiden Seiten hin abgiebt, und die Sudanrebellen werden offenbar nicht zögern, in Dongola einzurücken, mm sich von hier aus zu dem vom Mahdi schon lange angekündigten Vormarsch gegen Oberegypten vorzu bereiten. Die Tartarennachricht vom Tode des Mahdi «findet, nebenbei gesagt, in Kairo nicht den mindesten Glauben, man glaubt vielmehr, daß sie von den Sudanesen selbst ausgesprengt worden ist, um die Engländer sicherer zu machen. In politischer Be ziehung aber kann die Räumung Dongolas nur dazu dienen, das ohnehin schon tief erschütterte Ansehen Englands am Nil noch mehr zu untergraben. Die Sendboten des Mahdi werden wohl bald genug in Oberegypten erscheinen und den englischen Rückzug aus Dongola als einen neuen Beweis für die Schwäche der Briten hinstellend, denselben für ihre Aufwiege- lungsversuche zu benützen wißen. — Wie man aber in militärischen Kreisen Englands über die Räumung Dongolas denkt, davon legt ein von einem englischen Stabsoffizier an die „Times" gerichteter Brief Zeug- »iß ab, deßen Schluß besonders charakteristisch lautet und der wohl keines Kommentars bedarf. Der Brief schließt nämlich mit folgenden Auslaßungen: „Ich möchte wissen, ob die englische Nation überhaupt ein Gewissen hat. Ich bezweifle dies. Soweit ich sehen kann, hat unsere Räumung nicht das mindeste Auf sehen irgend einer Art in der Heimath verursacht. Das Publikum hat es mit absoluter Gleichgiltigkeit chingenommen, daß 42700 unglückliche Flüchtlinge Knserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 16 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Naum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag.— Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile LOPfg. Die „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg.. zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- sriiimlikken Amtsgerichte und die Stadträthe für die Königliche Kmtshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Komgna-en u zu Dippoldiswalde und Irauenstein Dongola den Rücken gewendet haben, von denen jeder ruinirt ist und die Maße Hunger leiden wird, denn wenn man diese Leute von ihrem kleineren Flecken Landes am Flußufer mit ihrem Sakeljah und ihrer Kuh wegführt, besitzen sie keine anderen Existenznnttel. Als wir vorigen Herbst nach Dongola gingen, befand sich die ganze Provinz in leidlichem Wohlstände. Unsere Okkupation hat zur Folge gehabt, daß sie jetzt völlig ruinirt ist. Der ganze Platz ist verödet und die Stadt ist absolut leer. Nicht ein einziger Einge borener befindet sich in derselben, ausgenommen noch einige wenige, die von unserer Nachhut beschäftigt werden. Wir haben sämmtliche Einwohner, die vor her in ziemlich günstigen Umständen waren, in Wan derer und Bettler verwandelt und viele derselben werden zweifelsohne Hunger sterben; und Niemand in der Heimath, soweit ich aburtheilen kann, widmet all' dem einen Gedanken. Ich glaube nicht, daß irgend eine Nation jemals eine kaltblütigere, feigere, gott losere Handlung der Selbstsucht beging, als wir durch unsere Räumung von Dongola begangen haben." Lokales and Sächsisches. Dippoldiswalde, 20. Zulr. Um den aus allen Theilen Deutschlands zum Feste nach Dresden ge kommenen Turngenossen Gelegenheit zu geben, die nähere, und fernere Umgebung des schönen Elbflorenz kennen zu lernen, so sind von dem Preßausschuß in der von demselben herausgegebenen Festschrift mehrere Turnfahrten (XXI. Gruppen) vorgeschlagen, durch welche unsere Stadt auch mit berührt werden dürfte, indem als 14. Gruppe angegeben ist: Dippoldiswalde (Rast und Verpflegung), Luchberg, Wilisch (Aussichts punkt), Kreischa (Rast und Verpflegung), Lockwitz, Lugthurm (Rast und Verpflegung), Niedersedlitz. 400 Theilnehmer zulässig. 1 M. 30 Pf. — Die 10. Gruppe umfaßt Schmiedeberg, Pöbelthal, Pöbelknochen, Kips dorf (Rast und Verpflegung — mit der Mahnung: Proviant. 400 Theilnehmer zulässig. 1 M. 80 Pf. Merkwürdigerweise ist bei dieser Gruppe weder Fried- richshöhe, noch Tellkuppe — die lohnendsten Punkte der ganzen Parthie — mit erwähnt. Die 12. Gruppe ist dirigirt nach Seifersdorf, Barbarakapelle, Einsiedler stein, Luchberg, Maxen, event. Weesenstein, Lugthurm, Niedersedlitz. Etwas Proviant. 300 Theilnehmer zu lässig. 1 M. 80 Pf. — Merkwürdig ist bei dieser Gruppe die völlige Jgnorirung des unbedingt schönsten Aussichtspunktes: Lerchenberg, welcher sich recht gut, einschließlich Goldne Höhe, zu einer Fußtour von Dresden aus geeignet haben würde. Den Dippoldis- waldaer Turnverein trifft wegen dieser mangelhaften Aufstellung eine Schuld nicht, da er sich zur Zusammen stellung geeigneter Turnfahrten in unsere Gegend erboten, mit seinem Anerbieten, als angeblich für die Festschrift zu spät eingegangen, aber auch später die Aufnahme in die Festzeitung zurückgewiesen worden war, worüber derselbe, wie mir hören, nach dem Feste eine geeignete Erklärung erlaßen wird. Wer und wieviel Turner nun bei diesen Turnfahrten Dippoldiswalde berühren werden, wir können es nicht wißen, werden sie aber alle gern sehen und bei uns willkommen heißen. Nur soviel dürfte festlichen und mit Sicher heit zu erwarten sein, daß Mittwoch Abend 20 Cre- felder Turner als Begleitung unseres ehemaligen Turnlehrers Herrn Viktor Thurm hier eintreffen und übernachten werden, um am andern Morgen weiter ins Gebirge und über's Gebirge nach Böhmen zu wandern. Selbstverständlich werden Turnverein nnd Feuerwehr, zwei Milschöpfungen Thnrms, cs sich nicht nehmen laßen, den in ihren Kreisen Hochgeehrten zu empfangen, um sich des Beisammenseins mit ihm zu freuen. — Wohl selten ist in einem Jahre unser Land von so schweren Hagelwettern heimgesucht worden als im gegenwärtigen. Aus allen Gegenden kommen