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Dir „Mei-eritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Lk Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1V Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mchmtz-MiW. Amtsblatt Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage deS Blattes eine sehr ntirk- same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder vcren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate nut entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen 'Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde. Nr. 83. Die Parteiverhältnisse in Oesterreich nach den Wahlen. Im Laufe des kommenden Herbstes wird das durch die letzten Neichsrathswahlen neugewählte österreichische Abgeordnetenhaus zum ersten Male zusammentreten und sieht man seinem Zusammentritt diesmal mit be sonderem Interesse entgegen, da unverkennbar die letzten Wahlen in dem politischen Parteileben Oester reichs einschneidende Veränderungen hervorgerufen haben. Den Anstoß zu letzteren hat zumeist das neue Wahlgesetz gegeben, welches auch den sogen. Fünf- Gulden-Männern das Wahlrecht ertheilt und da die neuen Wähler von ihrem Rechte ziemlich umfassend Gebrauch machten, so wurden hierdurch ost ganz über raschende Wahlresultate erzielt; außerdem traten in der jüngst verflossenen Wahlbewegung verschiedene spezielle Parteifragen hervor, welche schließlich eben falls die veränderten Parteiverhältnisse herbeisühren half. Wenig verändert haben sich allerdings die gegen seitigen Stärkeverhältnisse der beiden großen Parteien des österreichischen Abgeordnetenhauses, der ministeriellen Rechten und der oppositionellen Linken, die anderthalb Dutzend Mandate etwa, welche diese an jene verloren hat, wollen im Grunde genommen nicht viel besagen, dagegen haben sich innerhalb der Parteien selbst andere Gruppirungen vollzogen und dies gilt hauptsächlich von der Vereinigten Linken, welche bisher alle liberalen deutschen Abgeordneten umfaßte. Dieselbe hat sich in zwei Gruppen gespalten, von denen die größere die deutsch-liberalen, die kleinere die deutsch-nationalen Ab geordneten umfaßt und welch' letztere hauptsächlich aus dein nördlichen Böhmen entsendet worden sind. Die Deutsch-Nationalen sind die Männer der „schär feren Tonart", welche künftig von den Vertretern des liberalen Deutschthums gegen die Negierung des Grafen Taaffe angeschlagen werden soll und die Frage, ob eine schärfere oppositionelle Haltung unter den gegen wärtig obwaltenden Umständen am Platze sei, hat den ersten Grund zu der beklagenswerthen Spaltung unter den liberalen Deutsch-Oesterreichern gelegt. Auf deut scher Seite sind aber infolge der jüngsten Wahlen noch zwei neue Parteien aufgetaucht, die sich im Ab geordnetenhause vorläufig allerdings nur durch ein paar Vertreter bemerklich machen, die aber bei den jetzigen Zwistigkeiten im deutschen Lager leicht zu erhöhter parlamentarischer Bedeutung gelangen können, die Antisemiten und die Demokraten. Beive Parteien haben ihre Wahlsiege lediglich auf Kosten der Ver einigten Linken errungen, welcher sie allein in der Haupt- und Residenzstadt Wien vier Mandate ab nahmen. Welche Stellung die Antisemiten und Demo kraten im Abgeordnetenhause einnehmen werden, bleibt noch abzuwarten, wie denn überhaupt ihr Programm noch mancher Klärung bedarf. Es ist indessen anzu nehmen, daß die antisemitischen und demokratischen Abgeordneten in solchen Fragen, bei denen es sich um Wahrung rein deutscher Interessen handelt, mit den beiden liberalen Gruppen stimmen werden; freilich werden sie denselben in anderen Fragen, z. B. in wirthschastliche», wiederum entgegentreten und in solchen dürfte die Negierung wohl unbedingt auf die Unter stützung der antisemitischen und demokratischen Ab geordneten zählen. Es ist begreiflich, daß diese Spal tungen auf der Linken von den Preßstimmen ver Rechten schadenfroh besprochen werden, dabei vergessen diese aber, daß au chim eigenen Lager kaum übertünchte Zwistigkeiten bestehen. Thatsache ist, daß die ver schiedenen Klubs, welche bislang die Rechte bildeten, sich noch immer nicht zu einer festgeschloffenen Majorität, wie dem Grafen Taaffe seither zur Verfügung stand, zusammenfügen wolle». Die Slovenen, dreizehn an der Zahl, wollen nur „mitthun", wenn ihren mannich- fachen Forderungen, wie Errichtung eines selbststän digen Verwaltungsgebietes für Kcain, die Südsteier mark und einen Theil Kärnthens, vollständige Slove- Donnerstag, den 16. Juli 1885. nisirung verschiedener höherer Unterrichtsanstalten in Krain und Kärnthen rc. von der Negierung nach gegeben wird. Weiter bestehen zwischen den beiden klerikalen Klubs, dem Lichtenstein-Klub und dem Hohen wart-Klub, Eifersüchteleien, welche schon zum Austritte einzelner Mitglieder geführt haben. Die Czechen ihrer seits verlangen vom Grafen Taaffe Garantien für die Erfüllung nationaler Forderungen und ebenso machen die Polen ihren Wiedereintritt in den „eisernen Ring" der Neichsrathsmajorität von der Erfüllung neuer Forderungen für Galizien abhängig. — Man sieht, es ist auf der Rechten mit der Einigkeit nicht am Besten bestellt uno im Hinblick auf die unklare parlamentarische Situation darf man daher den Ver handlungen des neuen österreichischen Abgeordneten hauses mit Interesse entgegen sehen. Ob ihnen die Gruppen der Linken auch mit Hoffnung entgegenblicken dürfen, ist allerdings sehr fraglich, denn Graf Taaffe hat es bis dato immer noch verstanden, durch die ver schiedensten Zugeständnisse die Fraktionen der Rechten seinen Zwecken dienstbar zu machen und es ist trotz der augenblicklichen Uneinigkeit auf der Rechten kaum zu bezweifeln, daß es ihm schließlich auch diesmal gelingen wird, eine Regierungsmehrheit zusammen- zuschweißen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, IS. Juli. Wie mir bereits in voriger Nummer aus dem Bericht der Handels und Gewerbe kämm er zu Dresden auf das Jahr 1884 Mittheilungen über die unfern Bezirk berühren den Bahnprojekte gebracht haben, so tragen wir heute andere Einzelheiten jenes Berichts über die Städte des amtshauptmannschaftlichen Bezirks nach. Zunächst ist anzumerken, daß das Ergebniß der Einkommen steuer-Einschätzung im Bezirk wiederum, gegen 1882, günstig ausgefallen ist, indem dasselbe ein nach Ab zug der Schuldzinsen verbleibendes Gesammteinkommen von 13 705 362 M., gegen 13030 585 im Jahre 1882, und ein Normalsteuersoll von 107895 M. 75 Pf. gegen 99 525 M. 50 Pf. im Jahre 1883 ergab. — Weder der Hänichener Steinkohlenbau-Verein in Dres den, noch die sächs. Holz-Jndustriegesellschaft in Rabenau (Rabenau gehört zwar zur Amtshauptmannschaft Dresden, ist aber, durch die Eisenbahn mit uns ver bunden, von besonderem Interesse) zahlen Dividenden, doch zeigten die Aktien eine Tendenz zum Steigen. Bei der Altenberger Zwitterstocksgewerksschaft mit 1640,« Centner Zinnproduktion machte sich, da der Centner gegen 1883 von 95 M. 86 Pf. auf 75 M. zurück ging, die Inanspruchnahme der gewerkschaftlichen Hauptkasse und des Reservefonds zusammen im Be trage von 18000 M. erforderlich. In der Glashütrer Taschenuhrenfabrikation machte sich in der 2. Hälfte des Jahres ein bedeutender Stillstand in der Nach frage fühlbar, infolgedessen die Produktion hinter der von 1883 zurückblieb. Außer durch mehrere andere Ursachen ist dieser Stillstand durch den bevorstehenden erhöhten Eingangszoll herbeigeführt worden, indem Schweizer Fabrikanten den deutschen Markt mit ihren Fabrikaten noch vor Thorschluß förmlich überschüttet haben. Erst später darf von der geplanten Zoll erhöhung (3, bez. I M. 50 Pf. pro Stück) der an gestrebte Schutz erwartet werden. Besser war der Um satz in Präzisionspendeluhren und mechanischen Appa raten. Von Dippoldiswalde wird berichtet, daß sich der Umsatz von Flüssigkeitsmeßapparaten zufrieden stellend erhalten habe. — Die Berichte über den Ge schäftsgang der Lohgerberei, auch aus Dippoldiswalde, stimmen darin überein, daß derselbe dem des Vor jahres im Wesentlichen gleich gewesen ist, daß fertige Waare stetig gesucht war auch zu theilweise höheren Preisen, wenn dieselben auch nicht ganz dem Hinauf gehen des Rohmaterials entsprachen. Der Wunsch, daß die Forstverwalrung auf vermehrte Erzeugung von Eichenrinde im Jnlande ihre Aufmerksamkeit lenken 51. Jahrgang. möge, wurde auch von hier aus getheilt. — Während die Holzkastflechterei einen weiteren Rückgang erlitten hat und als nicht mehr lohnend bezeichnet wird, ist in der Lage der Strohflechterei im Ganzen und Großen eine Wendung zum Bessern eingetreten. Feiner Doppel halm und gespaltene weiße Siebenhalmgeflechte hatten bessere Nachfrage. Sehr wird darüber geklagt, daß der Strohflechter nur zu häufig den Absatz seiner Ar beit durch Untermaß derselben, .anderntheils durch seinen Wiederstand gegen die Einführung neuer Ge flechtsorten erschwere. Für die Strohhutfabrikation wird das Jahr 1884 gleichfalls als befriedigend be zeichnet; eine Vermehrung des Exports nach Holland und Skandinavien wird berichtet. — Was den Ver kehr auf der schmalspurigen Sekundärbahn Hainsberg- Kipsdorf anlangt so. liegt für 1883 (Schmiedeberg- Kipsdorf wurde erst am 3. September 1883 eröffnet) folgender Bericht vor. Der Güterverkehr ergab eine Gesammteinnahme von 23913 M., der Personenver kehr von 184409 M. Postamt Altenberg hatte etat mäßige Einnahme von 5399 M., einschl. 223 M. Tele grammgebühren, Bärenstein 1800 M., bez. 200 M., Dippoldiswalde 22 023, bez. 795 M., Frauenstein 8222, bez. 238 M., Geising 2996, bez. 167 M., Glashütte 12 442, bez. 401 M., Lauenstein 4929, bez. 160 M., Rabenau 7380, bez. 216 M., Schmiede berg 6305, bez. 201 M. — Mit heute ist die Beschälstation Dippoldiswalde aufgehoben und sind die betreffenden Hengste wieder nach Moritzburg abgegangen. — Bei dem am Dienstag Nachmittag über unsere Stadt ziehenden Gewitter hat ein kalter Schlag den Giebel einer zum Rittergut Berreuth gehörenden Scheune getroffen, hat aber außer einigen zersplitterten Brettern und Balken keinen weiteren Schaden ver ursacht. — Außer dem Feuer in Sadisdorf (s. d. Notiz von dort) konnte man noch flußabwärts ein Feuer beobachten, wo dasselbe aber gewesen, konnten wir bis jetzt nicht in Erfahrung bringen. Sadisdorf. Am 14. Juli, Nachmittags gegen vier Uhr, ist das dem hiesigen Gemeindevorstand, Herrn Gutsbesitzer Berger gehörige Wohngebäude Nr. 31 des Brandkatasters in Folge Blitzschlags total eingeäschert worden. Das nicht versicherte Mobiliar des Kalamitosen ist nur theilweise gerettet worden. Von auswärts waren 5 Spritzen auf der Brandstelle erschienen. — Während des in den Nachmittagsstunde» des 11. Juli über Hartmannsdorf bei Frauenstein lagern den Gewitters schlug der Blitz in die dem dangen Erbgerichtsbesitzer, Herrn Karl Samuel Richter ge hörige neuerbaute Scheune. Der Strahl zündete zwar nicht, richtete aber am fraglichen Gebäude verschiedene namhafte Schäden an. Dresden. Nachdem das Königspaar nächsten Sonntag vom Balkon des königlichen Schlosses den Turnerfestzug in Augenschein genommen haben wird, wird dasselbe den Festplatz besuchen und während der allgemeinen Freiübungen auf demselben verweilen. — Das kgl. Kriegsministerium hat an den land- wirthschaftlichen Kreisverein folgende Verordnung erlassen: „Dem geehrten Direktorium theilt das unter zeichnete Kricgsministerium auf das gefällige Schreiben vom 13. Juni d. I., betreffend die Beurlaubung von Soldaten des aktiven Dienststandes zu Aushilfsleistungen während der Erntcarbeiten ergebens! mit, daß das kgl. General-Kommando nach einer in dieser Angelegenheit abgegebenen Aeußerung, wie in früheren Fällen so auch jetzt geneigt sein würde, den Truppcntheilen Er mächtigung zu erlheilen, derartigen Gesuchen, soweit die dienstlichen Verhältnisse es gestatten und bis zum Beginn der Regiments-Uebungen — Anfang August — durch kürzere Beurlaubung von Mannschaften zu entsprechen."