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Wchmh-ZeitW Verantwortlicher Redacteur: Citri Jehne in Dippoldiswalde 51. Jahrgang Donnerstag, den 12. März 1885. Nr. 31 allgemeine deutsche neulich erwähnten mehrerer Lehrlinge gleicher Zeit die Bauausführung einem der genannten Prämiirten überwiesen werden soll, wurde noch offen gelassen. , — In 3 Dresdner Turnvereinen sind, sowohl aus Vereins- als auch Privatmitteln, bis jetzt 20000 Mark zum Garantiefond für das Turnfest gezeichnet worden. Zittau. Die Schreiber der Drohbriefe sind in der Person ermittelt worden. Leipzig. Der Kaufmann Janssens, der am ver gangenen Sonnabend vom Reichsgericht wegen Landes- verrath verurtheilt wurde (s. l. N.), war ein geborener Belgier, früher Schriftsteller und Redakteur mehrerer Zeitungen, lebte von 1878 bis 1882 in der Rhein provinz, hauptsächlich in Köln, als Generalagent des französischen Kriegsministcriums, um militärische Ge heimnisse in Deutschland auszukundschaften, zu welchem Behufs er sich der Beihilfe einer Anzahl von Unter agenten, darunter seiner beiden Söhne bediente, die ihren Aufenthalt in Wesel, Köln, Koblenz, München hatten. In Deutz machte er die Bekanntschaft des Unteroffiziers Mester beim Bezirks-Kommando, durch den er sich eine Abschrift der Mobilmachungs-Instruk tion für das 8. Armee-Korps verschaffte. Mester empfing von Janssens dafür etwa 80 Mark. Weiter machte Janssens die Bekanntschaft deS Sergeanten Schneider in Düsseldorf und wußte diesen gegen ein Geschenk von 500 Mark zu bestimmen, ihm die Bei lagen zur Mobilmachungs-Instruktion des 7. Armee- Korps zu liefern. Die betreffenden Aktenstücke wurden während der Abwesenheit des Divisions-Generals mittelst nachgemachter Schlüssel, die Schneider von Janssens geliefert wurden, aus den Schränken ent wendet. Andere Agenten hatten von Janssens Auf trag, Abzeichnungen von Festungsplänen, sowie die Mobilmachungungspläne des 5. und 11. Armee-Korps und des bayerischen Heeres zu beschaffen. Einer der Agenten, Namens van Esse, theilte seine Kenntniß von den Umtrieben Janssens dem Berliner Polizei-Präsi dium mit. Als Janssens hinter den Verkehr van Esse's mit der Berliner Polizei kam, offerirte er selbst der . letzteren die Namen der von ihm Verführten, die falschen Schlüssel und andere Beweismittel zum festen Preise von 1200 Franks. In Betreff des Angeklagten Knipper hat nicht als bewiesen angesehen werden können, daß er von dem beabsichtigten Verkauf der Schriftstücke an die französische Negierung und von der erfolgten Bestechung der Soldaten gewußt habe. Frankenberfi. Die hiesige freiwillige Turner feuerwehr feierte am 7. März das Fest ihres 25 jährigen Bestehens unter allgemeinster Betheiligung der Einwohner und der Feuerwehren der Stadt und Umgegend. 14 Feuerwehrleute, von denen 4 seit der Gründung der Feuerwehr angehörten, erhielten feiten der Stadt Medaillen und zivar die Gründer silberne, die übrigen aber bronzene. Plauen. Der hiesige Stadtgemeinderath hat in - seiner letzten Sitzung nach dem Vorschläge seines Finanzausschusses! ohne Debatte einstimmig beschlossen, zur Befriedigung der gegenwärtig und in den nächsten Jahren an die Stadt herantretenden Bedürfnisse bei dem Neichsinvalidenfond eine Anleihe zu einer Million Mark zu 4 Proz. zu bewirken. Die in den nächsten Jahren bevorstehenden Bedürfnisse sind auf 1557 728 Mark veranschlagt worden. Es sind nämlich zur Aus führung vorgeschlagen: die Beschleußung bez. Ueber- deckung der Syra rc. 40000 M., die Herstellung der Thalbahnhofstraßen uno Brücken, bez. die Elsterver legung in der oberen Aue 200000 M., die Ver breiterung der großen Elsterbrücke 20 000 M., die Er richtung eines Schlacht- und Viehhofes 450000 M., die Errichtung eines Stadtkrankenhauses 300000 M., Anbau an das Schulhaus am Neundorferthorplatze 60 000 M., die Vergrößerung der I. und 2. Bürger- Inserate, welche dei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Psa. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und compltcirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, nn redaktionell« Theile, die Spaltenzetle 20 Pfg. Die afghanische Frage. Die so zu sagen rückgratlose auswärtige Politik des gegenwärtigen englischen Kabinets, durch welche das britische Jnselreich aus einer Verlegenheit in die andere gestürzt worden ist, trägt jetzt anscheinend ihre Früchte auch an einem Punkte, der als der verwundbarste des englischen Riesenreiches betrachtet werden muß. Dies ist aber nicht mehr Egypten, wie Napoleon Bonaparte meinte, sondern Indien, das mit seinen unermeßlichen Schätzen und Hilfsquellen aller Art für England zur melkenden Kuh geworden ist, durch deren Euter seit mehr als einem Jahrhundert Hunderte und aberhun- derte von Millionen nach dem Mutterlands geflossen sind. Längst schon hat Rußland seinen begehrlichen Blick auf dieses weite herrliche Land, dessen Norden der schneebedeckte Himalaya abschließt, mährend seine südliche Spitze von den lauen Wellen des indischen Ozeans umspielt wird, gerichtet, und langsam, aber stetig hat es seine centralasiatischen Besitznngen nach Osten, den Grenzen Indiens zu, ausgedehnt, bis es durch die Anexion der Oase von Merw nur noch durch Afghanistan von Indien getrennt ward. Bislang sah man in England diesem Vorwärts dringen des russischen Kolosses mit verschränkten Armen zu, man schien hier zu glauben, daß die Gebirgswälle Afghanistans sür den russischen Bären ein unüber- steigliches Hinderniß seien und wenn man sich ja ein mal auf englischer Seite beunruhigt fühlte, nachdem Rußland wieder ein Stück Centralasien hinunter ge schluckt, so ließ man sich in London durch die fried lichen Betheuerungen der russischen Regierung immer wieder einschläfern. Jetzt hat aber der Schreckensruf von dem Vormarsch der Russen auf Herat, dem Schlüssel Indiens, von welchem Punkte aus tue Er oberer Indiens schon in alten Zeiten zu den gesegneten Ebenen des Ganges und des Indus niedergestiegen find, Endland gar plötzlich aus seinem indischen Schlafe aufgeweckt. Schon ist im englischen Oberhause sogar das ominöse Wort von einem englisch-russischen Kriege gefallen. Diese Aeußerung, so meint die „N. Fr. Pr." — wie man denn überhaupt in Wien die russisch englischen Verwickelungen für sehr ernst und bedenk lich hält —, scheint uns charakteristisch, vielmehr darf man sie sogar prophetisch nennen; denn an der Grenze Afghanistans stehen bereits die Vorposten der Russen unter Oberst Glikhanoff, und, wie Lord Granville mit- Iheilte, hat es die russische Regierung in einer Note vom 24. Febr. abgelehnt, ihre Truppen von Saryiazi und dem Zulsikarpaß zurückzuziehen. Sie hat zwar die Befehlshaber angewiesen, einen Zusammenstoß mit den Afghanen zu vermeiden, aber wenn diese angreifen sollten, so ist der Konflikt fertig. Der englische Kom missar Bunden hat den Afghanen jeden Angriff wiver- rathen; da aber Niemand weiß, wo die Grenzen Afghanistans liegen, ist der Kasus schwierig. Daß es sich um einen Vormarsch der Russen auf Herat handelt, mußte jüngst auch von Seiten der englischen Negierung zugegeben werden. Das Bemerkenswertheste an der neulich« Sitzung des Oberhauses ist aber der Wunsch Granvilles, es möchte über die Frage ob durch einen Zusammenstoß zwischen den russischen und afghanischen Vorposten ein russisch-englischer Krieg entstehen könnte, eine Interpellation eingebracht werden. Die englische Regierung will sich also über diese Frage aussprechen, legt ihr eine große Bedeutung bei, und daraus ersieht man, wie empfindlich der russische Vormarsch, den man bis in die letzte Zeit zu leugnen suchte, in London berührt. — Inzwischen hat das Petersburger Kabinet wieder das alte Manöver des Abwiegelns in Scene gesetzt; in einer längeren Unterredung mit Herrn Gladstone theilte der russische Botschafter in London, v. Staal, dem englischen Premier Depeschen seiner Regierung mit, die, wie der „Standard" zu berichten weiß, den aufrichtigen Wunsch der russischen Regierung nach einer freundschaftlichen Verständigung mit Eng - Dl« „Weißerttz.geitnn," erscheint wöchentlich drei- mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2K Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postau- fialten, Postboten, sowie die Ageiüen nehmen Be- , , ^llngean AMtsblatt für die Königliche WlüshaupLmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadtrathe ' zu Dippoldiswalde und Irauenstem land ausdrücken. Die russischen Befehlshaber in Cen tralasien seien angewiesen, von weiterem Vorgehen ab zustehen, es bestehe nur die Besorgniß, ob sich die Turkmenen unter hinreichender Kontrole befänden, um einen Zusammenstoß mit den afghanischen Vorposten zn verhindern. Diese Besorgniß charakterisirt hin länglich die unklare Situation an der afghanisch-turk menischen Grenze und ein unbedeutender Zusammen stoß zwischen einem turkmenischen und einem afgha nischen Reitertrupp kann für die Russen den äußeren Vorwand abgeben, den jetzt anscheinend sistirten Vor marsch auf Herat fortzusetzen und wenn die russische Fahne erst einmal auf den Wällen Herats flattert, dann ist die letzte Barriere gefallen, welche das anglo indische Kaiserreich von dem Czarenreiche trennt. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Wie aus einer Bekanntmachung der hiesigen Bahnverwaltung hervorgeht, wird vom Monat April an der monatliche Extrazug nicht mehr am 4., sondern am 8. jeden Monats auf unsrer Bahn verkehren. — Das am 8. März vom Bürgerverein veran staltete Theater hat einen Reinertrag von genau 128 Mark ergeben, welcher für 2 Unglückliche aus unserer Stadt theils als Beitrag zu den Kosten ihrer Unterbringung, theils zu Wohlthaten, die ihnen direkt zugehen, verwendet werden soll. Allen, die hierzu freundlich beigetragen haben, sei auch hierdurch herzlich gedankt. — Bei den in hiesiger Stadt errichteten 12 Sammel stellen für die Bismarckspende sind von 341 Gebern 159 M. 73 Pf. eingegangen. — Die diesjährigen Frühjahrs-Kontrol-Ver- sammlungen des I. Bataillons des 3. Landwehr- Regiments Nr. 102 finden im Bezirke Dippoldiswalde in nachfolgender Weise statt: Dienstag, am 14. April Vormittags 9 Uhr im Schießhaus Dippoldiswalde, Mittwoch, den 15. April Vormittags 9 Uhr im Rath hausgarten zu Frauenstein und Donnerstag, den 16. April Vormittags 9 Uhr im Schießhaus zu Lauenstein. — Im vergangenen Monat ist in der Amtshaupt mannschaft Dippoldiswalde von ansteckenden Thi er krankst eiten nur der Milzbrand in Niederreichstädt vorgekommen, wo in einem Gehöfte ein Thierbestand von 2 Rindern gefährdet war, von denen eins ver endete. Possendorf. Vergangenen Sonntag Abend fand im hiesigen Starke'schen Saale der Vortrag des Lieder- cyklus „Eine Sängerfahrt auf dem Rheine" mit ver bindender Deklamation gedichtet von Löhrmann, kom- ponirt von Tschirch durch den hiesigen Männerge sangverein „Liederwald", unter Direktion des Lieder meisters Herrn Lehrer Töpfer und Orchesterbegleitung durch die Kapelle des Schützenregiments statt. Die sehr ansprechende, mitunter schwierige Komposition ward sowohl von den Sängern, als auch von dem Orchester wacker ausgeführt und Dirigent und Aus übende werden in dem reichgefüllten Saal und dem gespendeten Beifall Anerkennung und Lohn für die nicht unbedeutenden Anstrengungen und Opfer ge funden haben. Dresden. Am 8. März geschah die Zuerkennung der Preise für die besten Entwürfe zu der Turn fest Halle. Das von dem Centralausschuß für das 6. deutsche Turnfest niedergesetzte Preisrichterkollegium, bestehend aus den Herren Baurath Professor Lipsius, Baurath Prof. Heyn, Stadtbaurath Friedrich und Osterlandbaumeister Canzler, sowie des Architekten Haltenhof, der durch das Fehlen eines der genannten Herren Preisrichter kooptirt worden war, entschied sich dahin, daß es den ersten Preis Herrn Architekten Adam, den zweiten und dritten aber der Dresdner Zimmerinnung überwies. Die Frage, ob damit zu