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' > Wkißkkitz-Ieitmz Verantwortlicher Redacteur: Cärl Ichllt in Dippoldiswalde Nr. 29 Sonnabend, den 7. März 1885 51. Jahrgang heilige Vater seine Betrübniß darüber, bei vielen Nationen das Wirken der Kirche verkannt zu sehen, während doch eigentlich von der Kirche nur die Rettung der gegenwärtigen Gesellschaft abhänge, klagte dann über die Beschränkung seiner Freiheit und wies zuletzt auf die Angelegenheit der.Propaganda, auf die Ver zögerung in der Besetzung vakanter Bischofsstühle und auf die Unmöglichkeit hin, auch nur Nom gegen die einbrechende Ketzerei abzusperren. England. In England bleibt zwar vorläufig das Kabinet Gladstone am Ruder, aber die Ab stimmungen in beiden Häusern des Parlaments über die konservativen Tadelsanträge haben gezeigt, wie sehr der Boden unter dem Kabinet Gladstone schwankt. Zu welchen Entschlüssen es vornehmlich be züglich Egyptens und des Sudans kommen wird, bleibt abzuwarten; doch deutet die angeordnete ärzt liche Untersuchung fast des gesammten Mannschafts bestandes der Garnisonen in England darauf hin, daß die Negierung die unverzügliche Felddienstverwendung weiterer Truppentheile ernstlich ins Auge faßt. In zwischen ist aus dem Sudan eine Meldung eingegangen, welche darauf hindeutet, daß sich der englische Ober befehlshaber, Lord Wolseley, nach langem Zögern doch zu einer Konzentration seiner Truppen entschlossen hat. General Brackenbury ist, nachdem seine Kolonne den Monassir-Stamm wegen der Ermordung des Obersten Stewart gezüchtigt, beordert worden, den Vormarsch auf Abuhamed aufzugeben und nach Merawi.'zurück zukehren. Da diese Kolonne, um von Merawi bis in die Nähe Abuhameds zu gelangen, den Januar und saft den ganzen Februar gebraucht hat, so wird der Rückmarsch nach Merawi kaum weniger viel Zeit in Anspruch nehmen, und während derselben kann sich noch Manches ereignen, um den Rückmarsch Bracken- bury's auszuhalten, wenn nicht unmöglich zu machen. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Die zweite Lesung des Nach tragsetats für Kamerun rc., welche den Reichstag am Montag beschäftigte, bot einmal das seltene Schauspiel dar, daß alle Parteien — mit alleiniger Ausnahme der Sozialdemokraten — einmüthig zur Negierung standen. Gegenüber der Schärfe, mit welcher sonst die Parteigegensätze inner- und außerhalb der Parla mente aufzutreten pflegen, wirkte es zwiefach angenehm, daß sich am Montag die Redner aller Parteien in der Versicherung begegneten, daß, wenn es sich darum handelte, die Macht unv das Ansehen Deutschlands nach außen zu wahren, alle Parteistreitigkeiten ver gessen seien; nicht nur von den Sprechern der Kon servativen und der Nationalliberalen, sondern auch der Freisinnigen und des Zentrums wurde dies ver sichert und hierbei zugleich allseitig das Vertrauen des Parlaments in die auswärtige Politik des Fürsten Bismarck betont. Offenbar trug zu dieser günstigen Stimmung die Rede des Kanzlers das ihre bei; der Kamerun-Etat spielte in ihr nur eine sehr untergeord nete Rolle; dagegen gestaltete sie sich durch die Dar legung der deutsch-englischen Beziehungen zu ciner hoch wichtigen staatsmännische» Auslassung. Mit wenigen, aber markigen Zügen zeichnete Fürst Bismarck ein Bild von den diplomatischen Gepflogenheiten des eng lischen Kabinets namentlich Deutschland gegenüber, von den Indiskretionen der englischen Staatsmänner und ließ deutlich durchblicken, wie unangenehm die britischen Rücksichtslosigkeiten an leitender Stelle in Berlin be rührt haben. Außerdem gestalteten sich die Aus führungen des Fürsten Bismarck aber auch zu einer hochbedeutsamen politischen Kundgebung durch seine Bemerkungen über die egyptische Frage, aus deneü hervorging, wie wenig sich das Londoner Kabinet dazu entschließen vermochte, den Rath des Fürsten Bismarck, sich unter der Oberhoheit des Sultans in Egypten sestzusetzen, zu befolgen. Jedenfalls bedeutete diese Rede des Kanzlers auch eine Antwort für England, aus der man dort entnehmen mag, daß es Mr. Glad stone immer noch nicht verstanden hat, sich in ein für ahn doch so nothwendiges freundschaftliches Einver nehmen mit Deutschland zu setzen. Uebrigens ließ Fürst Bismarck die Gelegenheit nicht vorübergehen, üm auf eine eventuelle Auflösung des Reichstages hinzudeuten, falls die Majorität desselben die Ne gierung in ihrer Kolonialpolitik fortgesetzt so zögernd unterstütze; ja, er deutete sogar die Möglichkeit an, daß diese Politik ganz fallen gelassen werden würde. Schließlich wurden die für die deutschen Schutzbezirke Kamerun, Togo und Angra - Pequena in Form eines Pauschquantums geforderten Summen unverkürzt be willigt. — Die Dienstagssitzung bot nichts Bemerkens- werthes dar, zumal sich über sie hinweg das Interesse auf die Mittwochssitzung richtete, in welcher der so Derühmt gewordene zweite Direktorposte» im Auswär tigen Amte mit auf der Tagesordnung stand. Am Dienstag genehmigte der Reichstag definitiv die Vor lage, betreffend den Beitrag des Reiches zu den Kosten des Zollanschlusses von Bremen, sowie in etwas ab geänderter Form die Novelle zum Tabakssteuergesetz, .erledigte hierauf Wahlprüfungen und nahm sodann noch die Gesetzentwürfe, betreffend die Abänderung des Reichsmilitärgesetzes und des Neichsbeamtengesetzes in zweiter, resp. erster Lesung an. — Das preußische Ab geordnetenhaus führte am Dienstag die Spezialbe- rathung des Kultusetats zu Ende, wobei sämmtliche Positionen des Extraordinariums dieses Etats bewilligt wurden. Die einmaligen und außerordentlichen Aus gaben des Etats des Kriegsministerium fanden gleich falls unbeanstandet die Zustimmung des Hauses und wurde schließlich der Gesetzentwurf über die Abstellung von Berechtigungen zum Hauen oder Stechen von Haide u. s. w. für die Provinz Hannover an die zu verstärkende Argrarkommission verwiesen. Die Mitt ¬ wochssitzung fiel unter Hinblick auf die an demselben Tage im Reichstage stattfindende wichtige Sitzung aus. — Bezüglich des Standes der braunschweigischen Erb- folgesrage schwirrt es jetzt wieder einmal von aller hand Gerüchten und Meldungen. Auch von öster reichischer Seite soll zu Gunsten des Herzogs von Cumberland in Berlin gewirkt worden sein, wobei man sich des Großherzogs von Weimar — welcher bekanntlich kürzlich mehrere Tage am Wiener Hofe weilte — als Mittelsperson bedient hätte. Außerdem soll der Erbgroßherzog von Oldenburg dem Kaiser Wilhelm im Auftrage des Herzogs von Cumberland einen schriftlichen Vertrag überreicht haben. Die Be mühungen, den Welfenherzog zum braunschweigischen Throne zu verhelfen, scheinen demnach mit verstärktem Nachdruck geführt zu werden, ob sie aber von Erfolg gekrönt werden, ist trotz der sich hierbei geltend machen den mächtigen Einflüsse einstweilen noch vollständig ungewiß. Oesterreich-Ungarn. Die General-Debatte über das Budget, welche das österreichische Abgeordneten haus seit voriger Woche beschäftigt, hat sich zu einer interessanten Erörterung der gesammten Parteiverhält nisse Cisleithaniens gestaltet. Wenn man den Ver sicherungen des Finanzministers Dunajewski, welcher am Montag das Wort zur Abwehr der non der Linken gegen die Negierung gerichteten Angriffe ergriff, Glauben schenken darf, so hat das Kabinet Taaffe während seines nun sechsjährigen Wirkens keinen Volks stamm und keine Partei ausschließlich bevorzugt, son dern allen Parteien und Nationalitäten gleiches Wohl wollen entgegengebracht. Man braucht aber nur einen Blick auf die politische Umgestaltung, welche sich im Kaiserstaate unter der Versöhnungs - Aera des Grafen Taaffe vollzogen hat, zu werfen, um sich über den Werth dieser kühnen Behauptung zu vergewissern. Das Licht ist ausschließlich auf die slavischen Stämme vertheilt worden, der Schatten ruht auf den Deutschen oder sind etwa z. B. den Deutschen in Böhmen und Mähren nur Halbwegs solche Vergünstigungen zu Theil geworden, wie etwa den Polen in Galizien? Im Uebrigen hoffte Herr Dunajewski, daß die bevorstehen den Neuwahlen zum Reichsrathe die jetzige slavisch- feudal-klerikale Negierungsmajorität verstärken werden, und daß die Ereignisse diese Zuversicht rechtfertigen werden, daran ist kaum zu zweifeln. Frankreich. Die französische Aktion im Norden Tonkins ist jetzt wieder energisch ausgenommen worden. General Briöre de l'Jsle meldet vom 28. v.-M., daß er Phudoan verlassen habe und auf Tuyenquan mar- schire. Die chinesische Armee in Mnnan habe ihm den Weg versperrt, aber er werde sich durch sie in seinem Marsche nicht aushalten lassen. Weiter meldet Briöre de l'Jsle, daß die französische Besatzung Tuyenquans einen Angriff der Feinde zurückgeschlagen und daß General Negrier die Chinesen in der Gegend von Langson nach heftigen Kämpfen zur Flucht ge zwungen habe. Es geht aus diesen Meldungen nicht mit Bestimmtheit hervor, ob die Franzosen einen Vorstoß nach der chinesischen Grenzprovinz Mnnan beabsich tigen, es scheint dies aber der Fall zu sein. Was Admiral Courbet anbelangt, so hat derselbe den weiteren Angriff ans Keelung auf Formosa verschoben und widmet jetzt seine Thätigkeit der Blokade der chinesischen Küstenflüsse, um die Reisaussuhr zu verhindern. Seine Kreuzerflotte liegt gegenwärtig vor der Mündung des Dangtsekiang, hinter welche sich die chinesische Flotte geflüchtet hat. Italien. Papst Leo XIII. hielt am Montag an das ihn anläßlich seines Geburtstages beglückwünschende Kardinals-Kollegium eine Ansprache, in welcher er seinem tiefen Bedauern über die angeblich bedrängte Lage des päpstlichen Stuhles wiederum Ausdruck ver lieh. Er betonte hierbei, daß, wie unerträglich auch diese Verhältnisse seien, weder er noch seine Nachfolger sich ihnen jemals fügen würden. Weiter äußerte der Amtsblatt für die Königliche Amlshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein 31336 Mark 21 Pf. Summa der Ausgabe. — Der hiesige „Bürgerverein" hat am 26.Febr. das Lustspiel „Das Gefängniß" von Benedix mit großem Beifall aufgesührt. Auf eine an ihn ergangene Bitte hin hat sich nun der genannte Verein bereit willigst dazu verstanden, dasselbe noch einmal (Sonn tag, den 8. März) zur Aufführung zu bringen, zum Besten zweier schon seit Jahren in unsrer Stadt auf hältlich gewesener Kranken, von denen der Eine nun mehr in eine Heilanstalt untergebracht worden ist. Der Erlös jener Aufführung soll zur Bestreitung des Unter halts beider Kranken verwendet werden; und so tritt Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat Februar 587 Einzahlungen im Be trage von 50436 Mk. 62 Pfg. gemacht, dagegen er folgten 435 Rückzahlungen im Betrage von 53576 Mk. 33 Pfg. — Sparmarken ä 5 Pfg. sind 650 Stück verkauft worden. — Geschäfts-Bericht des Vorschußvereins für Dippoldiswalde u. Umgegend auf Monat Februar. Einnahme: Ansrratc, welche bei der bedeutenden Auflage de- Blatted eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Epaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« »0 Pfg. Weißrrttz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 26 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer» IO Pfg- — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. 11421 Mark 34 Pf. Kassenbestand vom vor. Monat. 100 s - Stamm-Einlagen. 16 - 20 - Eintrittsgelder und Bücher. 9055 - 7 - eingezahlte Spar-Einlagen. 13609 s - zurückgezahlte Vorschüsse. D 296 - 27 - Provision von Vorschüssen. 869 - 93 - Zinsen von Vorschüssen. 35367 Mark 81 Pf. Summa der Einnahme. Ausgabe: 16233 Mark - Pf. gegebene Vorschüsse. 1610 r — - aufgenommenes Darlehen. 11782 - 41 - zurückgezahlte Spareinlagen. 6 - 81 - Zinsen auf Darlehen. 1564 - 50 - zurückgezahlte Stammeinlagen. 139 - 49 - Negieaufwand.