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NWlitz-IckilW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ahne in Dippoldiswalde. Inserate, welche bet der bedeutenden Auflage d«S Blattes eine sehr wiri- sanie Verbreitung finden, werden mit IO Pfg. die Spaltenzeil« oder veren Siauin berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im revaktionellm Theil«, die Spaltenzeil« WPfg. Die „Wei-eritz - Zeitung" erscheint wöchentlich drei ¬ mal: Dienstag, Donners ¬ tag und Sonnabend. — Preis »ierteljiihrlich 1 M. 8V Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- Italien, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte nnd die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Nr. 19. Donnerstag, den 12. Februar 1885. 51. Jahrgang. Dlluklc Wolken am politischen Horizonte. Das heitere, klare Friedensbild, welches. Dank der Weisheit und Mäßigung der tonangebenden Groß mächte, sich in der hohen Politik entwickelt hatte, ist urplötzlich von einigen recht düsteren Wolken umflort worden. Im fernen Südosten zuckende Kriegsblitze, der Fall der sudanesischen Hauptstadt Chartum in die Hände des Mahdi, noch ehe der englische General Wilson vor den Thoren dieser Stadt erschien, die wahr scheinliche Gefangennahme Gordon's und das erneute Scheitern des englisch-egyptischen Heeres, den Aufstand im Sudan zu beschwichtigen, finden ihre Nachwirkung nicht nur in Kairo, sondern auch in London, Paris und allen übrigen europäischen Hauptstädten. Eng land steckt ganz gefährlich in der egyptischen Klemme, und das in Egypten von England dreist verdrängte Frankreich reibt sich schadenfroh die Hände, zumal die englische Seemacht jetzt in Folge ihrer Ueberhebungs- politik so gut wie allein in Europa dasteht. In Lon don fühlt man diese Lage mit peinlichem Unbehagen und sucht einen Bundesgenoffen in Italien. England will den Italienern einen Theil der sudanesischen Küste und vielleicht auch Tripolis schenken, wenn sie sich auf Seite der isolirten Albion stellen. Italien, welches als politischer Fuchs schon oft eine feine Spürnase gezeigt hat und bekanntlich durch eine Jntriguen- und Schaukelpolitik groß geworden ist, scheint die englischen Vorschläge recht annehmbar zu finden; nur fragt es sich, ob jetzt, wo Chartum gefallen ist und der Mahdi mit wenigstens 30 000 Mann siegreichen Arabern und Sudanesen im Sudan steht, dem italienischen Fuchse die Trauben nicht „sauer" vorkommen. Mit dem britischen Löwen ist übrigens schlecht jagen: Italien könnte von ihm unter Umständen auch als Esel oder Karnickel heimgeschickt werden. Jedenfalls befindet sich die egüptisch-sudanesische Frage jetzt in einer sehr kritischen Lage, da England unter keinen Umständen die Niederlage im Sudan ruhig hinnehmen kann und die Scharte bald auswetzen muß. — Aber nicht nur von dieser Seite her haben sich Wolken am politischen Horizonte aufgethürmt, es wetterleuchtet auch auf dem Gebiete der internationalen Kolonialpolitik. Die Kongofrage ist durch die Hartnäckigkeit Portugals und wahrscheinlich auch in Folge einiger versteckter Jntri guen Englands noch immer nicht gelüst; alle betref fenden internationalen Abmachungen sind noch provi sorisch und drohen an den Anmaßungen Portugals zu scheitern, so daß schon der Vorschlag gemacht wor den ist, eine Panzerflotte der Großmächte möge vor Lissabon auffahren, um die Zustimmung Portugals zu den Vereinbarungen der übrigen Seemächte bezüg lich der Kongoländer zu erzwingen. — Endlich darf auch nicht unerwähnt bleiben, daß in Folge der per fiden Politik Englands, die mit der linken Hand das immer wieder wegzuwischen sucht, was sie mit der rechten gewährt, auch das deutsch-englische Verhältniß ein recht gespanntes geworden ist. In den kolonialen Fragen existiren zwischen England und Deutschland bekanntlich auch Differenzen wegen Neu-Guinea. Die deutsche Regierung hatte im August erklärt, daß sie Ansprüche auf Nord-Guinea mache, daß England nur Besitzungen in Süd Guinea habe, und der nördliche Theil so gut wie ohne Besitzer sei. England suchte nun rasch auch Besitzrechte im Norden von Guinea geltend zu machen, Deutschland wies diese aber zurück, und der englische Geschäftsträger in Berlin, Mr. Skott, erklärte schließlich im September ausdrücklich, daß England nur Besitzrechte auf Süd-Guinea erhebe. Im Dezember bat aber die englische Regierung, angeblich gedrängt durch die öffentliche Meinung, dennoch den Befehl zur Annexion Nord-Guinea's ertheilt, Deutsch land erkennt/dieselbe aber nicht an, und hat in Lon don die Zurücknahme des Annexionsbefehles verlangt und dürfte Lnit Entschiedenheit darauf bestehen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Der hiesige Vorschußverein hat im vorigen Jahre I'/» Million Mark Umsatz ge habt. Die Spareinlagen hat der Verein seinen Mit gliedern mit 4 Prozent verzinst und den Hypothek schuldnern den Zinsfuß um '/» Prozent ermäßigt. Demungeachtet sind 4678 M. Reingewinn erzielt worden, wovon der Reservefond 500 M. erhielt, während der Rest als 13'/» prozentige Dividende an die Mitglieder vertheilt wird. Die Generalversamm lung wird, wie aus heutigem Inserat hervorgeht, am 21. Februar abgehalten werden. Mitgliederzahl 605. Der Reservefond beträgt zur Zeit 21802 M. — Wir machen darauf aufmerksam, daß nach § 1 der Verordnung vom I I. April 1874, die Beobachtung der geschlossenen Zeiten in polizeilicher Hinsicht betreffend, Tanzbelustigungen an öffentlichen Orten und Privatbälle, auch wenn dieselben in Privathäusern oder in Lokalen geschloffener Gesellschaften abgehalten werden, in der Zeit vom Montage nach dem Sonn tage Lätare bis zu und mit dem I. Osterfeiertag nicht abgehalten werden dürfen und daß daher, da in diesem Jahre der Sonntag Lätare gegen im vergangenen Jahre 8 Tage früher, und zwar auf den 15. März fällt, Tanzbelustigungen aller Art in der Zeit vor Ostern nur bis mit 15. März abgehalten werden dür fen. Gleichzeitig sei daran erinnert, daß Maskenbälle, Kostümbälle, Kappenabende und sonstige Maskenscherze nur bis mit Fastnachtsdienstag, in diesem Jahre also bis mit 17. Februar, stattfinden dürfen. — Von ansteckenden Thierkrankheiten ist in der Amtshauptmannschast Dippoldiswalde im Monat Januar nur der Milzbrand in Reichstädt aufgetreten, und zwar erkrankte hier in einem Gehöfte von einem Thierbestande von 15 Rindern ein Stück, das auch verendete. — Demnächst wird König Albert auf einige Täge Aufenthalt im Jagdschlösse Rehefeld nehmen und sich über Freiberg und Bienenmühle dahin begeben. — Das königl. sächs. Ministerium hat in einer Verordnung vom 15. v. M. ausdrücklich anerkannt, daß zu den „jugendlichen Arbeitern", welche in Fabriken oder in stehenden Gewerbebetrieben (z. B. in der Hausindustrie) beschäftigt werden und dem Kranken- Versicherungszwange unterliegen, auch Kinder von 12 bis 14 Jahren zu rechnen seien. Erforderlich ist da bei, daß dieselben gegen Lohn — worunter auch Naturalbezug zu verstehen ist — arbeiten und ihre Beschäftigung eine regelmäßige ist. Es ist aber auch ferner als zulässig erachtet worden, daß für diese Kategorie jugendlicher Arbeiter eine besondere, ihren durchschnittlichen Lohnverhältniffen entsprechende Kranken-Unterstützungskaffe errichtet werde. Endlich ist auch die Frage, wer als Arbeitgeber zu betrachten sei, dahin entschieden worden, daß bei der Hausin dustrie der Hausindustrielle, in Fabriken aber der Fabrikherr als solcher zu betrachten sei, wenn er auch diese Kinder nicht selbst in Arbeit genommen hat und ihnen nicht selbst den Lohn auszahlt, da der Betriebs unternehmer allein für alle in seinem Betriebe be schäftigten Arbeiter haftbar ist. v Dresden. Am 10. Februar gegen 7 Uhr Abends wurde wieder eine in der Seestraße in Dresden wohn hafte Wittwe durch 3 tödtliche Stiche, die Lunge, Magen und Hals durchbohrten, ermordet. Sie hatte noch so viel Kraft, den Mörder aus der 4. bis in die 3. Etage zu verfolgen, brach hier aber zusammen und konnte den Mörder nicht näher beschreiben, der leider eutkommen ist. Auf dem Orte der That wurde ein großes Fleischermeffer gefunden. — Der Kreisausschuß hält am 13. Februar in den Räumen der Königl. Kreishauptmannschaft in Dresden eine Sitzung ab. — In Sachen der Militärmusik ist dem Ver nehmen nach infolge des Drängens der Civilmusikere und zwar besonders des Allgemeinen Musikervereins zu Dresden, von Seiten des Kriegsministeriums da hingehend beschlossen worden, daß den Militärkorps nur ausschließlich das Concertiren in größeren sogen. Regiments- oder Corps - Concerten „in Uniform" ge stattet bleiben soll. Alle anderen musikalischen Leistungen, wie z. B. Spielen von Tanzmusik und Begleitungs musiken bei Aufführungen in Vereinen rc., dürfen vom 1. April d. I. an nur noch in Civil erfolgen. Wie nun verlautet, sollen einzelne Etablissements-Inhaber den Plan gefaßt haben, eigene Garderobe in altdeut schem Stil anzuschaffen, um dadurch auch ihren Musikern vom Militär, die ihnen gut gedient haben, das Um kleiden zu erleichtern und nicht die Kosten eigener Kleiderbeschaffung anzusinnen. Ob diese Metamor phose im Sinne des zu erwartenden Generalbefehls anzusehen sein dürfte, welcher für „Cioilkleidung" spricht, wird die Folge lehren. Jedenfalls ist dem Wunsche der Civilmusiker schon ein gut Theil Rech nung getragen, obschon diese die Hoffnung hegten, daß ein Verbot des Tanzmusik- und Gesellschaftsspiels bet der Armee zu erreichen sein werde. — In der Oekonomischen Gesellschaft im König reiche Sachsen wird am 13. Februar, Nachmittags, Oekonomieralh Steiger einen Vortrag über Schaf zucht, insbesondere Merinowolfschafzucht hakten, zu dem auch Gäste zugelassen sind. Freiberg. Der Disziplinarhof zu Dresden hat am 9. Februar das auf Dienstentlassung lautende Ur- theil der Disziplinarkammer vom 22 November vor. Jahres in Sachen des hiesigen Stadtrath Müller bestätigt. Sächsische Schweiz. Die in Papstdorf und Klein hennersdorf s. Z. ins Leben gerufenen Strohflecht schulen sind bereits wieder eingegangen, da einerseits die Betheiligung der Kinder eine sehr schwache war, anderntheils aber auch die Lehrerin die Lust und Liebe zur Sache verloren hatte. Zittau. Hier hat man eine Reform der Lehrer- Gehalte vorgenommen. Innerhalb der bisher stehen den 10 Gehaltsklaffen war das Avancement nur lang sam durch Todesfälle, Emeritirungen, Versetzung mög lich. Die Stadtverordneten haben nun einstimmig beschlossen: Die ständigen Stellen werden auf 10 Klaffen gleichmäßig vertheilt. Neu zu errichtende Stellen wer den von oben nach unten angereiht. Die Gehalts sätze sind folgende: 1. Kl. 2700 M., 2. Kl. 2400 M., 3. Kl. 2200 M., 4. Kl. 2100 M., 5. Kl. 1900 M., 6. Kl. 1800 M., 7. Kl. 1650 M., 8. Kl. 1500 M., 9. Kl. 1350 M., 10. Kl. 1200 M. Leipzig. Am 7. Februar Abends wurde der hiesige katholische Pfarrer zu einem Kranken gerufen. Er begab sich zunächst mit der Frau des Küsters in die katholische Kirche, um die Abendmahlsgefäße zu holen und Beide bemerkten, als sie in die Nähe des Altars gekommen waren, daß dort mancherlei in Un ordnung gebracht worden war. Wegen der Dunkel heit war wenig zu sehen, plötzlich aber hörten sie Tritte im Schiff der Kirche und gewahrten einen Mann, der sich eiligst aus der Kirche entfernen wollte. Sie eilten ihm nach und im selbigen Augenblicke kam auch der Küster selbst zum Portal herein, dem der fremde Mensch geradezu in die Arme lief. Der Letztere wurde fest gehalten und der Polizei übergebe». Dabei stellte sich heraus, daß der Unbekannte außer zwei Kelchen auch ein Weihgeschenk, eine Vase mit einer Lilie in getrie benem Silber, entwendet und in eine gleichfalls ent wendete Decke verpackt hatte. Die Erörterungen er gaben, daß der Dieb ein bereits wegen versuchten Todtschlags und schweren Diebstahls mit zwölf Jahren Zuchthaus bestrafter Handarbeiter aus Stollberg a. H. ist, der erst im letzten Oktober aus dem Zuchthause in Waldheim entlassen worden war. Er machte kein Hehl daraus, daß er sich in der Kirche hatte einschließen