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L-"L SS Pfg.. . 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — All« Postan italten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Melßeritz-Zeitung" scheint wöchentlich drei- " 'WK MMtch 1 M. zweimonatlich Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage dcS Blattes eine sehr wirk- sanre PerbreitWtA Anden, Lokales «ad Sächsisches. Dippoldiswalde, 27. Oktober: Wir stehen am Vorabende der Reichstagswahl. Morgen, Diens tag, den 38. Oktober, werden wieder einmal die Par teien an d?r Wahlurne ihre Kräfte messen. Möchte Niemand die Ausübung des wichtigsten staatsbürger lichen Rechtes, des Wahlrechtes, versäumen! In der Zeit von früh 10 bis Abends 6 Uhr muß sich ein Stündchen erübrigen lassen, um den Wahlzettel aus zufüllen und abzugeben. Nur möchten wir rathen, dies so früh als möglich zu thun. Im Laufe des Tages könnte so manche unvorhergesehene Abhaltung kommen und die Stimme ginge verloren. „Na, da rauf wird es wohl nicht ankommen!" hören wir er widern. Allerdings kann es darauf sehr ankommen; denn die erwähnte Einrede wird leider dicht nur von einer, sondern erfahrungsgemäß von vielen Seiten ge hört, und das Wahlresultat inuß nothwendig ein ganz anderes werden, wenn so und soviel Stimmen fehlen. Denn es ist bekannt, daß die sozialdemokratische Partei bet Wahlen alle ihre Kräfte anspannt, den Sieg zu erringen, daß sie mit eiserner Disziplin alle ihre Glie der ins Treffen führt, und es ist'ihr dadurch schon in vielen Bezirken gelungen, die vertrauensseligen Gegner zu schlagen. Wenn nun auch in unserem Wahlbezirke, d. h. Dippoldiswalde und näherer Um gegend, die sozialdemokratische Partei nicht die herr schende zu sein scheint, so wird doch das Verhältniß ein wesentlich anderes durch den Plauenschen Grund. Da gilt es bei uns ein Gegengewicht zu schaffen. Bei der letzten Reichstagswahl 1881 erhielt Hr. Geh. Hofrath Ackermann 7307 Stimmen, Schriftsteller von Vollmar, der Kandidat der Sozialdemokraten, 3789 und vr. Hermann, Kandidat der Fortschrittspartei, 1808 Stimmen. Hatte nun auch Ackermann 830 Stimmen über die nöthige Zahl, so ist das immerhin eine Majorität, die bei größerer Rührigkeit der Fort schrittler und Sozialdemokraten leicht ein anderes Re sultat hätte ergeben können, und ständen sich bei uns nur die Kandidaten der Konservativen und Sozial demokraten gegenüber, so läge die Sache freilich ein facher, so aber hat die deutsch-freisinnige Partei (die ehemaligen Fortschrittler) durch den Aufruf für Prof, vr. Virchow in Berlin, trotz vielfacher Abmahnung und trotz ursprünglicher Absicht, von der Aufstellung eines eigenen Kandidaten in unserm Bezirke abzusehen, noch in letzter Stunde es unternommen, dem konser vativen Kandidaten eine Anzahl Stimmen zu entziehen, die nur dem Sozialdemokraten zu Gute kommen können, ohne daß sie Hoffnung hegen kann, ihren eigenen Kandidaten durchzubringen. Wir bedauern diese Zer splitterung, weil sie der betreffenden Partei eine vor auszusehende, unnöthige Niederlage bereitet und mög licherweise eine Stichwahl zwischen dem konservativen und sozialdemokratischen Kandidaten herbeiführen kann. Damit es aber dazu nicht komme, so trete Jeder, der nicht von einem vaterlandslosen, deutschfeindlichen Sozialdemokraten vertreten sein will, morgen Dienstag, den 28. Oktober, mit einem Stimmzettel an die Wahl urne, auf dem deutlich geschrieben steht: Geheimer Hofrath Ackermann in Dresden. — 26. Oktober. Kalte Windstöße, Sprühregen und wässerige Schneeflocken, dabei noch grüne oder bunte Baumkronen, weiße Felder, Wiesen und Gärten und ein blaugrauer Himmel, das war gestern die Physiognomie von Dippoldiswalde und Umgegend. Heute Morgen lag noch zum Theil Schnee. Es wird Zeit, die Winterfenster einzusetzen und die Kohlenvor- räthe zu revidiren: der Winter hat seine Visitenkarte abgegeben, und wenn er heute wieder verschwunden zu sein scheint, so wird er wohl in nicht zu langer Zeit mit Sack und Pack einziehen. Nun, er soll uns auch willkommen sein; bringt er doch Schuhmachern, in Filz und Leder, Schneidern, Kürschnern und vielen Andern Arbeit und Brod und Allen gemüthliche ge sellige Stunden am trauten Herde mit! — Zum dritten Male innerhalb 12 Tagen kam auf unserer Bahn am gestrigen Sonntag eine Entglei sung vor. Infolge Schienenbruchs gerieth von dem 8;«» von Hainsberg in Dippoldiswalde ankommenden Zug die Lokomotive nebst zwei Gepäckwagen unmittel bar vor der vierten Brücke unterhalb Rabenau aus den Schienen, die Lokomotive (Nr. 1) bohrte sich tief in die Böschung ein und würde unfehlbar in die Weißeritz gestürzt sein, wenn sie nicht an einem stei nernen Pfeiler der Brücke einen Stützpunkt gefunden hätte. Nur diesem Umstande dürfte es zu danken sein, daß Niemand vom Betriebspersonale verunglückte; die Passagiere, die erst um 12 Uhr Dippoldiswalde er reichten, kamen mit dem bloßen Schreck davon. Die übrigen Züge verkehrten, wenn auch mit mehrstündiger Verspätungbis zur Unglücksstelle und mußten hier die Passagiere Umsteigen. Außerdem erlitt der Nach mittag- und Abendzug von Kipsdorf noch unfreiwilligen Aufenthalt daselbst wegen — Kohlenmangel! — Am gestrigen Sonntage vollendete der General feldmarschall Graf Moltke sein 84. Lebensjahr. — Mit dem 1. Dezember d. I. tritt das Gesetz, betreffend die Zwangsversteigerung und die Zwängsvetwaltung unbeweglicher Sachen, vom 15. August 1884, in Kraft, und damit werden auch prä- cise Bestimmungen darüber geschaffen, wie z. B. ge genüber den Miethern von Wohnungen in einem Hause, das zur nothwendigen gerichtlichen Versteigerung ge langt, zu verfahren ist. Es haben gerade darüber im Publikum sich mancherlei Meinungen verbreitet, insbesondere was die vor der Versteigerung bereits nach dem bezüglichen Pacht- oder Miethvertrage be wirkte Vorausbezahlung der Pacht- oder Miethzinsen anlangt. Nach Z 176, 3 des neuen Gesetzes befreit die bewirkte vertragsmäßige Vorausbezahlung dieser Zinsen den Pachter oder Miether dem Ersteher gegen über von nochmaliger Zahlung, in Ansehung des auf die Zeit bis zum nächsten gesetzlichen Zahlungstermin zu rechnenden Betrags. — Die diesjährigen Herbst - Kontrol - Ver sammlungen, zu welchen sämmtliche Reservisten, Dispofitionsurlauber und zur Disposition der Ersatz behörden Beurlaubte zu erscheinen haben, finden, wie wir nochmals erwähnen wollen,, im Landwehrbezirk Pirna in der Zeit vom 3. bis mit 8. November statt und zwar bei der 4. Bezirks-Kompagnie, in: Dippol diswalde, Montag den 3. November Vorm. 9 Uhr, Frauenstein, Dienstag den 4. November Vorm. 9 Uhr und Lauenstein, Mittwoch den 5. November Vorm. 9 Uhr. — Spezielle Gestellungsordres zu den Kontrol-Versammlungen werden von dem Königl. Landwehr-Bezirkskommando nicht ausgegeben. Es liegt im Jnreresse der hierbei betheiligten Mannschaften, daß sich dieselben pünktlich auf den Kontrolplätzen einsinden, da das Nichterscheinen der Kontrolversamm- lung ebenso streng bestraft wird, als die Nichtbefolgung einer Einberufungsordre zur Uebung. — Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatze und erfolgreiche Löschthätigkeit gelegentlich des Brandes beim Fuhrwerksbesitzer Kolbe in Nassau, am 26. vor. Mts., hat die Königl. Brandversicherungskommission der Spritze der Spritze der Gemeinde Nechenberg 30 Mk. und der Spritze der freiwilligen Feuerwehr in Frauenstein 25 Mk. Prämie bewilligt. — Wir ersuchen sämmtliche Herren Wahlvorsteher Die braunschweigische Frage. Durch das Hinscheiden des Herzogs Wilhelm, des letzten Welfensprosses aus der älteren Linie Braun schweig-Lüneburg und des letzten direkten Nachkommens Heinrich's des Löwen, ist die Erbfolgefrage in Braun schweig in ein akutes Stadium getreten und die Reichs regierung, resp. der Kaiser und der Bundesrath haben sich mit der baldigen Lösung derselben zu beschäftigen. Eine Unzahl von Gerüchten und Meinungen über die Art der Lösung dieser Erbfolgefrage ist nun aufge taucht, während praktisch der Konflikt wegen dieser Frage sich doch nur um zwei Punkte drehen kann: um die Loyalität und das Reichsinteresse. Unter ge wöhnlichen Umständen und dem herkömmlichen dyna stischen Nechtsbrauche folgend würde die jüngere Welsen linie, der Stamm Braunschweig-Hannover, also der Sohn des ehemaligen Königs von Hannover, der Herzog von Cumberland, den braunschweigischen Her zogshut erben; aber das Neichsinteresse und die Reichs verfassung dürfen diese Lösung nicht zulassen, weil der Herzog von Cumberland die deutlichsten Beweise dafür gegeben hat, daß er weder den deutschen Kaiser, noch die Reichsverfassung anerkennt, und etn solcher Prinz kann doch unmöglich Regent in einem, zum deutschen Reiche gehörigen Lande werden. Der braun schweigische Erbfragekonflikt vereinfacht sich daher da hin, daß lediglich vom Standpunkte der Reichsverfassung und des Neichsintereffes die braunschweigische Erbfrage geregelt wird. Es wird zu untersuchen sein, ob außer dem Herzoge von Cumberland noch andere erbberechtigte Fürsten oder Dynastien vorhanden sind und ob es das Reichsinteresse erlaubt, eventuell einen solchen Prätendenten für das braunschweigische Herzogthum anzuerkennen. Dabei kommen aber nicht nur ver wandtschaftliche Verhältnisse in Betracht, sondern auch Erb- und Staatsverträge, und nach einem solchen könnte auch die preußische Krone Rechte geltend machen, denn der Erbvertrag Braunschweigs mit Hannover wurde seiner Zeit zu dem Zwecke abgeschlossen, um im Falle des Aussterbens einer Welfendynastie Braun schweig und Hannover zu vereinigen; in Hannover herrscht aber jetzt Preußen, und wenn Preußen sich als Rechtsnachfolger bezüglich der hannöverschen Staats verträge ansehen muß, so hat es auch ein Recht, zu verlangen, daß Braunschweig mit Hannover vereinigt würde, natürlich nur nach darüber vom Bundesrathe und dem Reichstage ertheilter Zustimmung, da die Einverleibung Braunschweigs in das stammverwandte Hannover eine Aenderung der NeichsverfassUng be züglich der Zusammensetzung des Bundesrathes noth wendig machen würde. Läßt sich nun aber die Erb- folgesrage bezüglich Braunschweigs nicht in der vor gedachten Weise regeln, so muß nothwendigec Weise doch das Reich das Herzogthum erben und Braun schweig würde wie Elsaß-Lothringen Reichsland wer den, eine Lösung, von der man wohl behaupten kann, daß sie die günstigste für die braunschweigische Erb frage wäre, denn auf diese Weise würden die Empfind lichkeiten der betheiligten Dynastien in der verwickelten Erbaffaire geschont, Braunschweig bliebe selbstständig, und es wäre auch keine Aenderung der Reichsverfassung, beziehentlich des Bundesrathes nöthig, die durch den Wegfall der beiden braunschweigischen Stimmen gar nicht so unbedenklich sein dürfte. Noch erwähnen wir, daß bei der Erbfrage das vielbesprochene, braunschwei gische Regentschaftsgesetz nur die provisorische Regelung der Regierungsverhältnisse Braunschweigs bezweckt, so lange der Kaiser und die Reichsgewalt die Erbfrage nicht definitiv geregelt haben. LSKalttiMK Sd« deren Naum berechnet. — Ta« ' hellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Eilige« sandt, im redaktionellen Theile, die Spalten»«!» SO Pfg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldi-Wstl! der Amtshauptmannschafl Dippoldiswalde, uns das Resultat der Reichstagswahl nach Auszählen der Stim men am 28. Oktober mittelst Korrespondenzkarte oder Telegramm umgehend mittheilen zu wollen, dainil wir noch in der Mitlwochsnummer darüber berichten kön nen. Telegramme erhalten wir noch am Dienstag Abend, da an diesem Tage ausnahmsweise sämmtliche Telegraphenämter im deutschen Reiche bis Abends 10 Uhr geöffnet bleiben. Auslagen werden umgebend zurückerstattet.