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für die Königliche Kmtshauptmannschaft Verantwortlicher Redaeteur: Carl Irhnc in Dippoldiswalde, u!'n u:,i> Nr. 124. 49. Jahrgang. «SSM i! -r W Inserate, welche bet der bedeutenden Auflage bei Blatte« eine sehr wirk- 4 Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20Pfg. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Aus Baden-Baden kommen fortgesetzt die günstigsten Nachrichten über das Be finden der kaiserlichen Majestäten, auf welches die stürmische und rauhe Witterung der letzten Tage ohne Einfluß geblieben ist. — Kronprinz Rudolf von Oester reich ist am Mittwoch Mittag in Berlin eingetroffen, und am Bahnhofe vom Prinzen Wilhelm von Preußen in herzlichster Weise empfangen worden. Noch am Abend des gedachten Tages haben sich beide Prinzen nach Iben horst in Ostpreußen begeben, um hier der Jagd auf Elchwild obzuliegen. — Die Wahlbewegung naht sich ihrem abschließenden Stadium, da nunmehr wohl überall die Kandidaten aufgestellt sind. In dem Verhältnisse der einzelnen Parteien zu einander ist eine wesentliche Veränderung nicht eingetreten, höchstens, daß jetzt, wo der Wahltermin vor der Thüre steht, die deutsch-freisinnige Partei und das Centrum ihrem gemeinschaftlichen Haffe gegen die Mittelparteien, gegen die National-Liberalen und die Gemäßigt-Konservativen, einen wo möglich noch schärferen Ausdruck als bisher verleihen. Es dürfte dieser Umstand indessen nur dazu beitragen, alle gemäßigten Elemente von links wie von rechts nur noch enger zusammenznschließen, was um so mehr erleichtert wird, als sich die Mittel parteien über die positiven Aufgaben, welche zunächst der Gesetzgebung des Reiches obliegen, sowohl unter einander, als auch nnt der Neichsregierung im Wesent lichen in Einklang befinden. Sie vertreten in allen großen Fragen, von deren Lösung die kräftige Ent wickelung des Reiches bedingt ist, das lebendig-schöp ferische, fortschreitende Prinzip, während die Gegner ihre Sache theils auf die unfruchtbarste Kritik und geistlose Verneinung gestellt haben, theils ihre Stel- lungsnahme von der Gewährung unerfüllbarer For derungen abhängig machen. — Noch vor dem Tage der Neichstagswahlen soll der preußische Staatsrath zusammentreten und zivar wird jetzt als Tag seines Zusammentrittes der 25. Oktober mit Bestimmtheit bezeichnet. Seine erste Sitzung wird im Königlichen Schlöffe zu Berlin unter dem Vorsitze des deutschen Kronprinzen stattfinden, welcher bis zu dem genanntem Zeitpunkte von seiner Tyroler Reise wieder zurückge kehrt sein wird. Ob jedoch auch die andern Sitzungen des Staatsrathes im Königlichen Schlöffe abgehalten werden, ist zur Zeit noch nicht bestimmt. — Die be kannte Affaire der Frau v. Kolemine beginnt noch einmal die öffentliche Meinung zu beschäftige»). Mn Fräulein Anny Wothe hat eine Broschüre veröffentlicht, welche eine Menge, Frau v. Kolemine verdächtigende Schlüffe enthält, wogegen wiederum letztere öffentlich protestirt. Inzwischen ist wiederum von der „Franks. Ztg." das Urtheil des Ober-Landesgcrichts zu Darm stadt in Sachen des Großherzogs von Hessen, gegen die Gräfin von Hutten-Czapska (Frau v. Kolemine), Ehescheidung betreffend, veröffentlicht worden. Aus dem Inhalte desselben erhellt, daß der Großherzog so wohl durch seine fürstlichen Verwandten, als auch in folge der Stimmung seines Landes zur Auflösung der Ehe mit Frau v. Kolemine gedrängt worden ist, mit welchem Schritte sich letztere einverstanden erklärt hat, in der gewonnenen Ueberzeugung, daß diese Ehe nicht zu beiderseitigem Glücke ausschlagen könne und in dem Bewußtsein, daß sie dieses Opfer bringen müsse. Die Ehetrennung ist bekanntlich bald darapf/ Ausgesprochen worden und dürfte diese Affaire nunmehr wohl ihre Erledigung gefunden haben. — Auf dem Gebiete der auswärtigen Politik tritt die für Ende Oktober signa- lisirte Kongo-Konferenz mehr und mehr in den Vorder grund. Ueber die Vorgeschichte derselben giebt das am Dienstag den französischen Kammern bei deren Wiederzusammentritt vorgelegte Gelbbuch genügenden Ausschluß. Aus demselben geht hervor, daß die An- regung zu einer definitiven Regelung der westafrika nischen Fragen von Dentschland mittelst einer Note tt'rölk? ..Wrlßeritz.Zeltung" «scheint wöchentlich drei- LWM - S Sb Pfg., zweimonatlich , . 84 Pfg-, einmonatlich 42 ) Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - All« Posten- ktaltin, Postboten, sowie die Agenten nahmen Be- , Sonnabend, den 18. Oktober 1884. M ichck'Amtsgerichte Md die Stadträthe des Fürsten Bismarck, datirt vom 13. September, an den französischen Botschafter in Berlin ausgegangen ist. Die Note bezeichnet als Ziel Deutschlands in Westafrika, hier dein deutschen Handel in solchen Ge genden freien Zutritt iu verschaffen, die von euro päischer Herrschaft noch unabhängig sind. Die Note konstatirt ferner das völlige Einvernehmen zwischen Deutschland und Frankreich über die wichtigsten Prin zipien des afrikanischen Handels, beide Staaten seien von dem Wunsche geleitet, die auf der unteren Donau bereits zur Anwendung gelangten Prinzipien auch auf den Kongo und den Niger zu übertragen. Schließlich spricht Fürst Bismarck desi Wunsch aus, die beider seitigen Negierungen möchten sich durch einen Noten austausch über die schwebenden Gesichtspunkte ver ständigen. Diesem Wunsche ist,, .witz^us dem Gelbbuch ° weiter ersichtlich, vom Pariser KahistetMyrt entsprochen worden , und hat der folgende Notenwechsel das voll ständige Einverständniß Deutschlands und Frankreichs über die westasrikanischen Angelegenheiten konstatirt. Es sind hierauf die Einladungen zur Konsererlz an England, Holland, Belgien, Spanien, Portugal und die Vereinigten Staaten von Nordamerika ergangen, zu welcher überdies auch die übrigen Großmächte, sowie die skandinavischen Staaten eingeladen werden Men. Oesterreich-Ungarn. Oesterreich hat soeben von Montenegro einen Beweis aufrichtiger sreundnachbar- licher Gesinnung erhalten. Von der Negierung des Fürsten Nikita ist der Befehl erlassen worden, sänimt- liche, nach Montenegro geflüchtete Insurgenten aus Bosnien, Herzegowina und der Crivoscie in demjenigen Theile des Fürstenthums zu interniren, welcher von der österreichischen Grenze am entferntesten liegt. Gleichzeitig wird bekannt gemacht, daß Jeder, der an der Grenze Montenegros und der von Oesterreich ver walteten Gebiete bei einer aufrührerischen Handlung betroffen werde, unnachsichtlich den österreichischen Be hörden ausgeliefert werden würde. Die Vermuthung liegt sehr nahe, daß Montenegro, der alte Störenfried auf der Balkanhalbinsel, durch die Dreikaiserzusammen kunft von Skierniewice zu einer bei ihm so über raschenden loyalen' Handlung bewogen worden ist. Frankreich. In Frankreich hat am Dienstag die Wiedereröffnung der parlamentarischen Session ohne -wWer^ Feierlichkeiten stattgefundan. Den Kammern M?das schon oben erwähnte Gelbbüch vorgelegt worden. ^Außerdem brachte in der Deputirtenkammer der Ma rineminister Peyro» eine nette Kreditforderung für Tomin im Betrage von 11 Mill. Fr. ein, und der Kriegsminister Campenon legte den Gesetzentwurf, be treffend die Organisation von Kvloniältruppen, vor. Die Berathung der vom Deputaten des Roys einge brachten Interpellation über die Wirthschastspolitik der Negierung findet nächsten Sonnabend statt. Recht unangenehm muß es dem Ministerpräsidenten Ferry sein, daß gerade am Tage der Kammern-Eröffnung die Nachricht von einer Schlapve eingetroffen ist, die die Franzosen auf Formosa erlnten haben, indem sie bei einem Angriffe auf Tamsui nach vierstündigein Gefecht gezwungen wurden, sich zurückzuziehen. Eben sowenig ist bisher die Besetzung von Keelung gelungen, und da auch in Tonkin die Wirkungen des von dem Expeditionskorps unter General Nögrier bei Kep er rungenen Sieges noch auf sich warten kaffen, so kann man nicht sagen, daß die Eröffnung der Kammern unter besonders günstigen Auspicien für das Kabinet Ferry vor sich gegangen ist, so weit es sich um Ost- asien handelt. England. Jenseits des Kanals läßt die heran nahende parlamentarische Campagne den Gegensatz der Parteien in einer, dem englischen Phlegma bisher fremden Weise hervortreten. In Birmingham ist es zu argen Ruhestörungen von Seiten der Liberalen ge kommen, welche unter großem Tumulte eine konserva tive Versammlung sprengten. Es entwickelte sich ein förmliches Handgemenge, in welchem die mitanwesen den konservativen Führer, Northcote und Lord Churhill, von ihren Freunden nur mit Mühe vor den Bruta litäten der Gegner geschützt werden konnten. Dem Kabinet Gladstone kann diese Art und Weise, in der seine Airhänger für die liberale Sache eintreten, sehr schwerlich erfreulich sein. Rußland. Das russische Kaiserpaar ist am Mon tage von seiner Sommerresidenz Gatschina nach Peters burg übergesiedelt. Die Gerüchte von bevorstehenden Veränderungen in höheren russischen Staatsämtern, namentlich im Kriegsministerium und im General- göüdevnement von Warschau, werden als unbegründet > -iry - Gllypten. In der egyptischen Finanzfrage ist wtüig Mbues zu verzeichnen. Am 20. Oktober nimmt Vör Prozeß der Kommissäre der StaatsschuldentilgungS- käffe gegen die egyptische Regierung seinen Anfang; es wird dies aber eine sehr langwierige Affaire wer den, da man annimmt, daß der Prozeß nicht unter sechs Monaten zum Abschluß gelangen wird. Von der Abdankung des Kabinets Nubar Pascha ist an scheinend nicht mehr die Rede. Südamerika. In Peru herrscht wieder der Bürgerkrieg. General Caceres strebt nach dem gegen wärtig von dem General Iglesias okkupirten Präsi dentschaftsposten und findet im Süden und Centrum der Republik eifrige Unterstützung. Zwar haben die Regierungstruppen nach lebhaftem Kampfe die Stadt Trugillo genommen, indessen muß noch abgewartet werden, ob dieser Erfolg für die Negierung ein durch schlagender oder nur ein momentaner ist. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Am 15. Oktober Abends fuhr der Knecht Schwenke, bedienstet beim Gutsbesitzer Pretzschner in Obercarsdorf, mit einem Handwagen nach Hause, als ihm in der Nähe des Stadtgutes ein Geschirr entgegenkam, dein er ausweichen wollte. Beide wichen aber gleichzeitig nach derselben Seite aus, und so kam es, daß Schwenke überfahren ward, wobei er eine nicht unbedeutende Fleischwunde am Kopfe erhielt, die im hiesigen Krankenhause, wohin er gebracht wurde, zugenäht werden mußte. — 16. Oktober. Die gestrige Exkursion des Gewerbevereins, begünstigt von heiterem, ruhigem Wetter, war sicher den Theilnehmern, deren Anzahl freilich noch größer hätte sein können, in doppelter Hinsicht interessant; einmal der Sache selbst wegen, dann aber auch besonders darum, weil die besuchten Etablissements von dem rüstigen Borwärtsstreben zweier unserer Mitbürger das rühmlichste Zeugniß ablegen. In der Rathsmühle wurden zunächst unter persönlicher Führung des Herrn Heise die durchgängig nach den neuesten und besten Systemen hergestellten Mahlein richtungen (Walzen, Griesputzerei rc.) einzeln und in ihrem Zusammenhänge in Thätigkeit besichtigt, wobei selbst von Fachgenossen unumwunden ausgesprochen wurde, daß die durch dieselben hergestellten Produkte sich ven besten ihrer Art getrost an die Seite stellen können. Erstaunen erregend für den Laien war be sonders die Wahrnehmung, welche Unmassen von Staub, Spreu, Eisentheilen und anderem Unrath durch die gründliche, nochmalige Reinigung des Getreides aus geschieden werden müssen, ehe an den eigentlichen Schrotungs-, bez. Mahlprozeß gegangen werden kann. Nachdem die Besucher Herrn Heise in von ihm selbst gebotenem Nebengolde ein dankbares Hoch ausgebracht hatten, galt der weitere Besuch einem ähnlichen Etab lissement, der Stadtmühle, bei welcher besonders der Oelschlägerei und -rasfinerie, sowie de» neuen Ein richtungen zur Brotbäckerei Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Allseitig befriedigt begab mau sich von da in das Bahnhofsrestaurant, wo Herr Heise noch durch freundliche Details über die Verbesserungen des Mahl prozesses, die veränderte Produktionsart der Mehl-