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Verantwortlicher Redactenr: Carl Ikhnc in Dippoldiswalde Nr. 93 Donnerstag, den 7. August 1884. 49. Jahrgang ist mitzutheilen, daß trotz der, dem Wachsthume eigent- lich sehr günstigen Witterung, Heuer nur sehr wenige wachsen. — Den Sammlern von Himbeeren sei hier der Rath gegeben, diese Frucht, namentlich wenn sie den Kaufleuten angeboten wird, nicht in Blechge fäßen, sondern in Thontöpfen zu bewahren, da sie in ersteren einen unangenehmen, metallischen Geschmack annehmen und eine blauschwarze Farbe erhalten. > — Während des ungemein heftig aufgetretenen Gewitters ani Montag Nachmittag schlug der Blitz in das Scheunengebäude des Gutsbesitzers Friedr. Schreiber in Börnchen bei Lauenstein, ohne zu zünden. Der Strahl hat eine gegen 4 Meter hohe Schieferdachfläche abgedeckt und verschiedene Sparren zerstört, weitere Schäden aber nicht verursacht. — Der Wirthschaftsbesitzer Herr Traug. Schneider in Reinholdshain hat am 5. August eine seiner Kühe wegen plötzlicher Erkrankung schlachten müssen, und hat sich bei der, noch an demselben Tage durch Herrn Bezirksthierarzt Lehnert vorgenommenen Sektion des Kadavers ergeben, daß die Kuh mit Milzbrand be haftet gewesen ist. Mit Rücksicht hierauf sind sämmt- liche Theile der letzteren reichlich mit Petroleum über gossen, auf Anordnung, bez. unter Aufsicht des Ge meindevorstandes Herrn Lotze vergraben und auch alle sonstigen Vorsichtsmaßregeln, wie Reinigung und Des infektion des Stalles rc. nach Anweisung des königl. Bezirksthierarztes in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise getroffen und zur Ausführung gebracht worden. — Unter den verdächtigen Erscheinungen der Rotz - krankheit ist neuerdings ein Pferd des Herrn Guts besitzers Preußler in Hermsdorf bez. Frauenstein um gestanden. Dieser Verdacht hat sich glücklicher Weise nicht bestätigt; das Thier ist vielmehr, wie Herr Bezirksthierarzt Lehnert bei Obduktion des Kadavers am 4. August konstatirt hat, an Brustfellentzündung verendet. — Für das rechtzeitige Erscheinen am Brandplatze und erfolgreiche Löschthätigkeit bei dem am 5. vor. M. beim Wirthschaftsbesitzer Weinhold in Ruppendorf ent standenen Brande hat die königl. Brandversicherungs kommission der Spritze der Gemeinde Höckendorf 30 M., und der Gemeindespritze von Obercunners dorf 25 M. außerordentliche Prämien verwilligt. Altenberg, 5. August. Gestern Nachmittag 4 Uhr entlud sich über hiesige Stadt unter strömendem Regen, welcher mit Schloßen vermischt war, ein sehr starkes Gewitter; circa eine halbe Stunde lang folgte Blitz auf Blitz und Schlag auf Schlag, so daß selbst be herzten Gemüthern etwas bange wurde. Nach dem Wetter stellte es sich heraus, daß der Blitz an zwei Stellen und zwar in die zwei letzten Häuser der linken Seite der Dippoldiswalderstraße, ohne wesentlichen Schaden anzurichten, und in den Gartenzaun des kgl. Amtsgerichts, von dem es einen Theil vollständig zer trümmerte, eingeschlagen hatte. — Dem Vernehmen nach trat das Unwetter noch besonders heftig in der Teplitzer Pflege, namentlich in Eichwald, Weißkirchlitz bis hinüber nach Turn auf. In Turn ist die große Meierei infolge Blitzschlags abgebrannt und in Zuck mantel sollen drei Menschen vom Blitz getroffen sein. Altenberg. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat Juli d. I. l4O Einlagen im Betrage von 17,040 M. 36 Pf. gemacht, dagegen erfolgten 98 Rückzahlungen im Betrage von 15,029 M. 99 Pf. — Das diesjährige Bergfest mit Kirchenparade der Knappschaft und Festgottesdienst wird Sonnabend, den 16. August, abgehalten werden. Frauenstein, 4. August. Unser Sänger fest, vom hiesigen Gesangverein „Liedertafel" arran- girt, wird am nächsten Sonntag, 10. Aug., stattsinden. Ein Weckruf leitet um 5 Uhr dasselbe ein; von 10 bis 12 Uhr werden die ankommende» Vereine em pfangen und ihnen die Festkarten, Programme u. s. w. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Wie nunmehr bestimmt ist, wird die diesjährige Generalversammlung des Erz- gebirgsvereins am 28. September in unserer Stadt abgehalten werden. — Die Ephoralkonferenz am 30. Juli war eine sehr belebte. Pastor Helm-Johnsbach hielt eine, durch geistreiche Sentenzen bewährter Zungen gewürzte An sprache voll Ernst und Eindringlichkeit. Pastor Böttcher- Pretzschendorf referirte über die ihm, nach sorgfältigem Studium, nöthig erschienenen Aenderungen in Bezug auf die, einer Revision zn unterwerfende, Luther'sche Bibelübersetzung des Alten Testaments, während Sup. Opitz verschiedene Stellen aus dem Neuen Testamente der Prüfung unterzog. Die sprachlichen Untersuchungen führten aber nicht zu einem gemeinsamen Resultate; manche der vorgeschlagenen Aenderungen erschienen nicht nothwendig, andere undurchführbar; ernste Stim men traten auch für möglichste Beibehaltung des jetzt im deutschen Volke lebendigen Bibeltextes ein. All seitig wurde aber anerkannt, auf welchen sorgfältigen Arbeiten die Aenderungsvorschläge beruhten, sowie, daß ein fortgesetztes Vergleichen des Urtextes der Bibel und der Luther'schen Uebersetzung angezeigt sei, wäh rend die Einführung der also gewonnenen sprachlichen Resultate in die kirchlich gütige Uebersetzung ander- weiter Erwägung, von Fall zu Fall, unterliege. Auch ergäb sich wieder, daß die Uebersetzung Luthers ein wahrer Volks- und Kirchenschatz sei, und daß dieselbe in allen eigentlichen Glaubens-, Lehr- und Sitten stücken eine unantastbare Nichtigkeit und Vollständigkeit in sich schließe. — An die Konferenz schloß sich ein rührender Akt der Pietät und Charität, indem die Ephoralgeistlichen dem Ephorus, der im Monat Juli 25 Jahre seines ständigen geistlichen Dienstes vollendet hat, Glückwünsche und ehrerbietige Ansprache durch den Mund ihres Seniors darbrachten und diesen Zeit abschnitt dem Gefeierten durch sinnige und erfreuende Gaben bezeichneten. Der Ephorus war sichtlich erfreut und gerührt und dankte mit warmen Worten. Der anwesende Vertreter des Landeskonsistoriums fügte Glückwünsche dieser vorgesetzten hohen Behörde bei. — Am Dienstag Nachmittag gegen 3 Uhr sind Ihre Maj. der König und die Königin, begleitet von der zum Besuch in Pillnitz weilenden Prinzessin Therese von Bayern, mit der Bahn durch Dippoldis walde gekommen; sie fuhren bis Kipsdorf, um von dort nach Nehefeld sich zu begeben, wo der Geburts tag der Königin im engsten Kreise gefeiert wurde. Die Rückkehr Ihrer Majestäten erfolgte am Mittwoch von Kipsdorf aus um 12 Uhr 5 Min. Mittags. — Bei der Jagd, welche Se. Maj. in voriger Woche abhielt, wurden 11 Hirsche geschossen, und zwar 4 auf Altenberger, 2 ans Nehefelder und 5 auf Nas sauer Revier. — Der am vergangenen Montag Nachts von Hainsberg nach Kipsdorf abgegangene Extrazug, von dessen Veranstaltung Niemand etwas erfahren, war denn auch von nur 3 Personen frequentirt. Ein Extrazug am vergangenen Freitag, zum Feuerwerk der Dresdner Vogelwiese, wäre jedenfalls sehr gut besetzt gewesen. — Das am nächsten Sonntag in unserer Stadt kirche stattfindende Geistliche Concer t, welches Herr Töpfer aus London, ein renommirter Pianist und Komponist, sowie vorzüglicher Orgelspieler, geben wird, verdient wohl eine Erwähnung an dieser Stelle und Aufforderung zum Besuche desselben. Des Concert- gebers „Orgel-Recitals" sollen in London mit zu den besuchtesten Concerten der Riesenstadt gehören, und das weitere Programm (s. den Jnseratentheil) ist ein so interessantes, daß auch dem minder musikalisch ver ständigen Zuhörer ein seltener Genuß bevorsteht. — Zum Leidwesen Aller, welche gern Pilze essen. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirk same Verbreit«»« finden, werden mit iv Psa. die Spaltenzeile oder oer« Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im reoaktionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Neue Enthüllungen über die ruUche Nevolulionspartri. Der jüngste, gegen den Kaiser von Rußland in Warschau geplante Mordversuch hat wieder seltsame Enthüllungen über die Nihilisten und Verschwörer an das Tageslicht gebracht. Früher nahm man immer mit guten Gründen an, daß das geistige Proletariat in Rußland, verlumpte Studenten, verkannte Genies, entlassene Beamte und heruntergekommene Offiziere, die Nihilisten bilde, und bei dem in Warschau entdeckten Attentatsplane hielt man es außerdem für höchst wahr scheinlich, daß polnische Verschwörer in die Affaire ver wickelt seien. Beide Annahmen sind aber durchaus unzutreffend; das geistige Proletariat bildet wohl einen Theil der Nihilisten, aber lange nicht die Gefährlichsten, die gerade in hohen, einflußreichen Stellungen sich be finden und mit verwegener Raffinirtheit revolutionäre Pläne schmieden. Am allerwenigsten hat aber der Nihilismus und sein jüngster Verbrecherplan in War schau mit einer polnisch-revolutionären Bewegung etwas zu schaffen, er ist und bleibt eine spezielle und originelle russische Erfindung, seine Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen durch die absolute Vernichtung dieser Verhältnisse und maßgebenden Per sonen kund zu geben. Der von dem Warschauer Bardowski geleitete revolutionäre Club in Warschau, zu welchem zahlreiche Beamte, Militärs, Studenten, Frauen rc. gehörten, und der mit Dynamitbomben, Dolchen und Revolvern auf das Reichlichste versehen war, hat ausschließlich aus Russen bestanden und mit polnisch-nationalen Bestrebungen nichts gemein gehabt. Ganz dasselbe mar mit der im vorigen Jahre entdeckten revolutionären Filiale der Fall gewesen, die in dem errichteten adeligen Mädchen-Institut zur Erhaltung der russischen Nationalität und der orthodoxen Religion im Königreich Polen ihr Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Damals wie jetzt leiteten die aufgefundenen Fäden weder nach Lemberg, noch Krakau oder Paris, sondern nach Petersburg, und stellte sich heraus, daß der Slavismus die Firma gewesen war, unter welcher das Heranwachsende Geschlecht mit revolutionär-nihi listischen und atheistischen Gesinnungen zu versehen versucht hatte. — Entdeckungen verwandter Art waren kurz zuvor in Finnland und Livland gemacht worden. Im Herbste 1882 wurde in dem livländischen Kirch spiele Sesswegen ein revolutionäres Nest ausgenommen, das zur Zeit der Verwaltung Jgnatiew's angelegt worden war, und dessen Jnsassenschaft aus russischen Seminaristen bestand, die die lettische Jugend syste matisch in die Mysterien der Tscheregtschewsky-Baku- nin'schen Lehren entweihten; die Sache erregte so großes Aufsehen, daß auf Betrieb der Gendarmerie Nieder schlagung derselben angeordnet und dadurch eine öffent liche Preisgebung der jungrussischen Emissäre vermie den wurde. Der merkwürdigste Fall ereignete sich aber in Finnland. Nasch hintereinander wurden der Professor der russischen Sprache an der schwedischen Universität Helsingsors, verschiedene Beamte der dor tigen russischen Militär-Garnison und schließlich die Lehrer einer finnisch-russischen Landschule gefänglich cingezogen. — Dem Helsingforser Senat wurde von der einheimischen Presse der dringende Rath ertheilt, den finnländischen Staatssekretär in St. Petersburg niit einem förmlichen Anträge auf Schließung sämmt- licher, in den östlichen Provinzen des Großfürstenthums bestehender russischer Schulen zu betrauen und dabei hervorzuheben, daß die Lehrer derselben ihre Haupt aufgabe notorisch in der Verbreitung von in Finnland sonst unbekannten revolutionären und nihilistischen Ideen sähen. In so hohem Grade bedenklich sieht es gerade in gewissen, gebildeten Kreisen Rußlands aus, und man sollte meinen, daß die Hauptursache des Nihilismus doch nur die versumpften russische» Zu stände sind, denen sammt dem Nihilismus durch weise Reformen ein Ende bereitet werden könnte. Die „Weißeritz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnadend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern Iv Pfg. — All« Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehnien Be stellungen a«. Dchmtz-AitW Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Kmisgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein