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D Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde 49. Jahrgang Dienstag, den 17. Juni 1884. Nr. 71 Dienste und Beiträge erwirbt — das angestrebte Ziel bilden, und somit die Pension einer Prämie für un genügende Amtsführung gleichkommen. — Es gäbe dann Gemeinden, die auf diese Weise bis sechs lebenden früheren Gemeindevorständen lebenslängliche Pensionen zu gewähren und dafür mehr wie für alle übrigen Gemeindelasten aufzubringen hätten; daß aber jetzt schon, auch ohne 8 86, eine Wiederwahl die Regel ist, beweisen eine ganze Anzahl der Petenten selbst, da sie schon zum zweiten oder dritten Male gewählt seien, und eine ganze Reihe von Gemeindevorständen, welche das 25 jährige Amtsjubiläum gefeiert hätten. — Das Jnslebentreten des Z 86 würde zudem der Selbst ständigkeit der Gemeinden vollständig ein Ende machen und ein folgenschwerer Rückschritt sein. — Es erhellt schon aus diesen wenigen Andeutungen, welche Lebens interessen einer jeden Gemeinde hier auf dem Spiele stehen, und es müssen bald und von recht vielen Ge meinden Proteste an die Regierung gerichtet werden, um die Gefahr zu beseitigen, von der wir bedroht werden. Erheben sich nicht zahlreiche Stimmen da gegen, so kann die Negierung leicht zu der Ansicht kommen, daß der Standpunkt der Petenten auch der der Gemeinden ist, und aus Gemeinde-Interesse dem selben entsprochen werden müsse. j Frauenstein. (Königl. Schöffengericht.) Hauptoerhandlung vom 27. Mai 1884. Der Lohn müller Clemens Thienel in Frauenstein ist angeklagt, am 17. Juni 1883 ihm von dem Dienstknechte Lohse aus Reichenau zur Ablieferung an den Mühlenpächter Namm in der Rathsmühle zu Frauenstein übergebene und von ihm zu diesem Zwecke angenommene 23 M. an Namm nicht abgegeben, vielmehr rechtswidrig sich zugeeignet zu haben. Da jedoch die Zeugenaussagen nicht hinreichend sind, das königl. Schöffengericht von der Schuld des Angeklagte» zu überzeugen, wird Letzterer freigesprochen. — Der Brauergeselle Jakob Sztachecki aus poln. Olbersdorf und der Müller und Bäckergeselle Gustav Emil Köhler aus Zwönitz werden Jeder wegen Landstreichens und Bettelns mit einer Haftstrafe von 14 Tagen belegt. — Die in Clausnitz geborene Dienstmagd Anna Pauline Men de hat im Monat März 1884 ihrem damaligen Dienst herrn Curt Hermann Protze nach und nach 13 Hühner eier, 1 Gänseei, 2 Leberwürste, einige Stücken Talg, Seife, Butter u. dergl. mehr entwendet und einzelne Gegenstände davon ihrer Mutter, Christiane Concordie verw. Mende in Nassau übergeben, welche dieselbe auch angenommen hat. Anna Pauline Mende wird wegen Diebstahls zu einer Gefängnißstrafe von 14 Tagen und die Wittwe Mende wegen Hehlerei zu einer Gefängnißstrafe von 1 Woche verurtheilt. Dresden. Die Kommission des Sächsischen Wein bauvereins hat am Donnerstag die von der Reblaus insicirten Weinberge in Weinböhla bei Meißen einer sachkundigen Untersuchung unterworfen und Folgendes konstatirt: „Aeußerlich zeichneten sich die als krankhaft erkannten Rebstöcke durch verkümmerte Blattbildung, Moderstellen und eigenartige Farbe aus. Die in den Gerinnen liegenden Nebwurzeln fand man an einigen Stellen modrig und besetzt mit Blattläusen bekannter Arten und mit Schildläusen behaftet vor. Die Saug wurzeln waren behaftet mit vielen kleinen fadenförmigen fast farblosen Würmern. Ausgebildete oder unaus gebildete kliMoxeru ist nicht bemerkt worden. Die Meinung ging nun dahin, daß in Verbindung mit unaufgelöstem Dünger die eigenthümliche Bodenbe schaffenheit, Sand mit Thonadern auf Plänergrund, die vorgefundenen Schmarotzerinsekten rc. allein im Stande sein dürften, die vor Augen liegenden Neb- stockkrankheiten zu veranlassen. Diese Krankheitser- fcheinung soll hierorts übrigens bereits früher bemerkt worden sein, sich aber ohne weiteres Zuthun von selbst behoben haben. Ebenso sollen die früheren Erhebungen das Vorkommen der Reblaus nicht haben feststellen Ein Mrksicm für das deutsche Volk. Weithin in allen deutschen Gauen hat man die erhebende Kunde von der glänzenden und würdigen Feier der Grundsteinlegung für das Neichstagsgebäude in Berlin vernommen und erfahren, wie in der kaiser lichen, bei der Feier vom Reichskanzler verlesenen und in den Grundstein gelegten Urkunde der Kaiser vem deutschen Volke verkündet, daß unter der begeisterten Hingabe der Nation und dem gegenseitigen Vertrauen der Bundesfürsten das Reich in Macht und Glanz er standen ist und die Pflege seiner Wohlfahrt in die eigne Hand genommen hat; daß, wie bisher bei der gemeinsamen Arbeit des Bundesrathes und der Volks vertretung für die nationale Wohlfahrt, auch in dem neuen Reichstagsgebäude, dessen Grundstein gelegt worden ist, der Ordnung, der Freiheit, der Gerechtig keit und Liebe für alle Volkskreise diese Arbeit im Reichstage gewidmet ist. Im gleichen Sinne und Geiste sprachen auch ihre Segenswünsche bei der feier lichen Grundsteinlegung und der Darreichung von Kelle, Mörtel und Hammer an den Kaiser Namens des Bundesraths der bayerische Bevollmächtigte Graf v. Lerchenfeld und Namens des Reichstags der Neichs- tagspräsident v. Levetzow aus, und mit beredtem Munde fügte der Oderhofprediger vr. Kögel dem Neichstagsbau den Segenswunsch zu, dem er die Ehre Gottes, die Liebe zu Kaiser und Reich und die Einig keit von Deutschlands Fürsten und Stämmen nach drei Bibelsprüchen zu Grunde legte. — Soll nun aber der Grundstein des bedeutsamen Reichstagsbaues ein dauernder Merkstein im Herzen des deutschen Volkes werden, so gilt es, die Beklommenheit und Alltäglichkeit, aber auch die Kleinlichkeit und Haderlust, mit der unser öffentliches Leben nur zu oft durchtränkt ist, abzustreifen und sich zurttckzuversetzen in die großen Tage, welche bereits vor 20 Jahren für Deutschlands politisches Glück begannen. Der Stein, der am 9. Juni 1884 als Symbol der deutschen Einheit und Kraft in den Grund gesenkt wurde, er wurde schon in's Rollen gebracht, als 1864 preußische Truppen die große dänische Zwingburg Düppel eroberten und der Welt verkündeten, daß auf deutschem Boden kein fremder Fürst mehr herrschen könne. Dann stockte die Weiterführung des Steines der Einheit an dem un glückseligen Dualismus Preußens und Oesterreichs im deutschen Bunde, und leider gab es schließlich kein an deres Mittel, als die Auseinandersetzung durch das Schwert, die Preußen, den größten und mächtigsten deutschen Staat in das natürliche Recht einsetzte: der führende Staat im neuen Bunde zu sein. Und wer noch daran zweifelte, daß der neue Bund und die neue deutsche Einigkeit unter Preußens Führung das Rechte, das Segensreiche für das deutsche Vaterland waren, der konnte seinen Jrrthum erfahren, 1870—71, wo die unter Preußen geeinigten Stämme Abrechnung mit dem alten französischen Widersacher hielten, All deutschlands Unantastbarkeit aller Welt verkündeten, alte Stammländer dem neuen Reiche beifügten und die stolze deutsche Kaiserkrone im helleren Glanze als es je der Fall war, wieder errichteten. Und der er habene Träger der deutschen Kaiserkone, er hat feilt kaiserliches Wort von 1871 erfüllt: ein Schirmer und Mehrer des Reiches zu sein, nicht an kriegerischem Ruhme, sondern auf friedlichem Gebiete. Große Fort schritte hat Deutschlands innere Wohlfahrt seit 1871 gemacht und das deutsche Reich steht als ein von allen Staaten respektirtes Bollwerk des Friedens, als ein Förderer der eigenen Wohlfahrt wie der gesammten Äulturwelt da. Daran mahnt der Grund- und Eck stein des neuen Reichstagsgebäudes die deutsche Nation und ihre späteren Geschlechter! -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Wir wollen nicht verfehlen, auch an dieser Stelle darauf aufmerksam zu machen, daß nächsten Freitag, den 20. Juni, Nachts, ein Extrazug von Hainsberg nach Kipsdorf verkehren wird. Im Altstädter Hoftheater wird an diesem Abend „der Richter von Zalamea" gespielt, für das Theater in der Neustadt ist das Nepertoir noch nicht bestimmt. — Am Sonntag Abend ist hier am Gasthof zur Sonne der Sohn des Fuhrwerksbesitzers Wolf aus Schmiedeberg, der von seinem mit Brettern beladenen Wagen absprang, zum Fallen gekommen, wobei ihm ein Rad über den rechten Unterschenkel ging und ihn schwer beschädigte. Er wurde in das Krankenhaus gebracht. — Die Gerichtsferien dauern vom 15. Juli bis 15. September. Termine werden in dieser Zeit nur in sogenannten Feriensachen abgehalten und diese sind folgende: Strafsachen, Arrestsachen und die eine einseitige Verfügung betreffenden Sachen, Meß- und Marktsachen, Streitigkeiten zwischen Vermiethern und Miethern von Wohnungs- und andern Räumen wegen Zurückhaltung der vom Miether in die Miethsräume eingebrachten Sachen, Wechselsachen und Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird. Es können jedoch auf Antrag auch andere Sachen, wenn sie einer besonderen Beschleuni gung bedürfen, vom Gerichte als Feriensachen bezeichnet werden. Das Mahnverfahren, das Zwangsvollstreckungs verfahren und das Konkursrerfahren wird durch die Gerichtskerien nicht unterbrochen. Auch sind die Ge richtsferien auf die Angelegenheiten der nicht streitigen Gerichtsbarkeit ohne Einfluß. Soweit das Bedürfniß einer Beschleunigung nicht vorhanden ist, kann jedoch die Bearbeitung der Vormundssachen, Nachlaßsachen, Lehns-, Fideikommis- und Stistungssachen unterbleiben. Durch die Gerichtsferien werden auch, ausgenommen in den Ferien- und als solche bezeichnete Sachen, die Einlassungs- und Ladungsfristen unterbrochen. Diese Fristen laufen dann erst nach den Ferien weiter. — Die Bürgermeister und Gemeindevorstände vieler Orte Sachsens richteten an die Ständeversammlung eine Petition, den 8 86 der revidirten Städteordnung in allen Gemeinden Sachsens in Wirksamkeit treten zu lassen. Dieser Paragraph bestimmt, daß die besol deten Nathsmitglieder, also in Zukunft alle Bürger meister und Gemeindevorstände lebenslänglich oder mindestens auf 6 oder 12 Jahre angestellt, im Falle der Nichtwiederwahl aber mit der Hälfte ihres Dienst einkommens lebenslänglich pensionirt werden sollen. — Namentlich im Plauenschen Grund regte man sich leb haft gegen eine solche Bestimmung, und bereits am 26. April beschloß eine Versammlung in Tharandt, eine Gegenpetition an die Staatsregierung abgehen zu lassen. Der Inhalt derselben ist ungefähr folgender: Es wird zunächst klar gestellt, daß, wie auch schon die Petitionskommission der ersten Kammer hervorgehoben hat, den Mißständen in einigen Gemeinden, auf welche sich die Petenten berufen und stützen, durch die Aus dehnung des Z 86 auf alle Gemeinden durchaus nicht abgeholfen werde, es aber eine nicht zu rechtfertigende Maßregel wäre, wegen der nur in einigen wenigen Gemeinden behaupteten Uebelstände den ca. 3700 Ge meinden Sachsens die schweren Opfer, welche der Z 86 für dieselben im Gefolge haben würde, aufzuerlegen. — Es wird ferner bewiesen, daß die Beseitigung dieser Uebelstände auch gar nicht das von den Petenten an gestrebte Ziel sei, dieses Ziel wäre vielmehr lediglich die nach 8 86 eintretende Wahl, und noch mehr die bei Nichtwiederwahl zu gewährende Pension auf Lebens zeit. — Es wird weiter dargelegt, daß der 8 86 ge rade das Gegentheil von dem bewirken würde, was die Petenten behaupten; während nämlich jetzt eine Wiederwahl nur durch eine musterhafte Amtsführung angestrebt und erreicht werden könne, würde in Zu kunft wohl die Nichtwiederwahl und die dann sogar schon nach 6 Jahren cintretende lebenslängliche Pen sion — die der Staatsdiener erst durch langjährige Mr „Weißrri--Zeitung" erscheint wöchentlich drei« mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »ierteljährlich 1 M. Sb Psg., zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — All- Postan- stalten, Postboten, sowie vie Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de- Blattes eine sehr wirk» same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Epaltenzeile oder deren Raum berechnet. Ta bellarische und complicirte Inserate nut entsprechen dem Aufschlag. — Eiiiae- sandt, un redaktionellen Theil«, die Epaltenzeile 20 Pfg. Wkitzmh-MiW Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein