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Di» „Wel-erttz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis Vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einnionatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — All« Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmtz-Mmg. Amtsblatt Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder oeren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im reoaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche Umishauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Siadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redakteur: Carl IthNk in Dippoldiswalde. Nr. 73. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Die zweite Plenarberathung des Unfallversicherungsgesetzes im Reichstage hat unter ziemlich günstigen Auspicien begonnen. Die drei ersten Paragraphen wurden unter Ablehnung fast sämmtlicher hierzu gestellten Gegen- und Abänderungsanträge nach den Kommissionsanträgen angenommen, die sich im Wesentlichen mit den bezüglichen Vorschlägen der Re gierung decken. Einzig der Antrag Buhl, durch wel chen auch die Schornsteinfeger in den Kreis der Ver sicherungspflichtigen eingereiht werden, fand außerdem die Zustimmung des Hauses. Das Hauptinteresse be anspruchte die Debatte über § 5 (Gegenstand der Ver sicherung und Umfang der Entschädigung), welche sich um die wichtige Frage der Dauer der Karenzzeit drehte. Die einschneidensten Amendements waren hierzu gestellt worden. Bei der Abstimmung wurden indeß sämmt- liche Anträge abgelehnt und § 5 durchaus in der Komnüssionsfassung angenommen. Fürst Bismarck war in beiden Sitzungen kurze Zeit anwesend, ohne jedoch das Wort zu ergreifen. — Der Senioren-Kon- vent des Reichstages dürfte noch im Laufe dieser Woche zusammengetreten sein, um über den Termin für den Schluß der Session seine Entscheidung — natürlich möglichst im Einverständnisse mit der Reichs regierung — zu treffen. Nach Lage der Dinge ist jetzt auch die Erledigung der Aktiengesetz-Novelle wieder fraglich geworden, und die Zolltarif-Novelle wie das Zuckersteuergesetz werden schwerlich mehr als die erste Lesung passiren, während der Stempelsteuer-Entwurf überhaupt nicht mehr zur Verhandlung gelangen dürfte. — Die Mittheilung über ein in Wiesbaden geplant gewesenes Dynamitattentat, infolge dessen der Kaiser feine Reise nach Wiesbaden aufgegeben habe, wird von der „Nordd. Allg. Ztg." als in allen wesentlichen Punkten erfunden bezeichnet. — Die Ernennungen zu Mitgliedern des preußischen Staatsrathes in der Zahl von 71 sind nunmehr sämmtlich erfolgt. Interessant ist, daß unter den in den Staatsrath berufenen Per sönlichkeiten sich Vertreter aller größeren parlamen tarischen Parteien befinden und daß bezeichnender Weise nur die deutschfrcisinnige Partei ausgeschloffen erscheint. Die leitenden militärischen Kreise finden ihre Vertretung im Staatsrathe u. A. auch durch den Generalquarliermeister Grasen Waldersee. Oesterreich - Ungarn. Unter den Zeitereignissen in der Habsburgischen Doppelmonarchie interessiren am meisten die Reichstagswahlen in Ungarn und der große Anarchistenprozeß in Graz. Für letzteren ist der Um stand charakteristisch, daß sämmtliche Angeklagte mit Entrüstung die ihnen zugeschriebenen hochverrätherischen Pläne und verbrecherischen Absichten auf das Leben des Kaisers Franz Josef zurückweisen, und daß aus ihren Aeußerungen vielmehr die größte Liebe zu dem Monarchen und sein ganzes Haus spricht. Ob sie hiermit den Richtern nur eine Komödie vorführen, läßt sich bisher noch nicht ersehen. Frankreich. In der inneren französische» Politik dominirt seit acht Tagen die Rekrutirungsvorlage, welche die Deputirtenkammer schon seit voriger Woche in Anspruch nimmt. Bis heute hat die Debatte über diesen Gegenstand ein geradezu verblüffendes Schau spiel von Verwirrung der Geister und eine unglaubliche Zerfahrenheit der Meinungen gezeigt. Was die Kam mer den einen Tag votirt, lehnt sie den andern Tag wieder ab, wie es z. B. Anläßlich der Berathung des Amendements Laneffan geschah, und dieses immer währende Schwanken macht das Schicksal der Vorlage wieder von Neuem ungewiß. England. In England beherrscht das Abkommen mit Frankreich die politischen Kreise in ungleich höherem Grade, als es diesbezüglich der Ereignisse im Sudan der Fall ist. Nach den neuesten Meldungen aus Lon don haben England und Frankreich den Mächten nun mehr übereinstimmende Mmheilungen über die zwischen Sonnabend, den 21. Juni 1884. ihnen bezüglich Egyptens getroffene Vereinbarung ge macht. Es deutet dies darauf hin, daß die beide», hauptsächlich am Nil konkurrirenden Staaten sich endlich in gegenseitig befriedigender Weise auseinandergesetzt haben, und da nicht daran zu zweifeln ist, daß die übrigen Mächte dem englisch-französischen Arrangement zustimmen werden, so kann man die Vorfragen zur Konferenz endlich als erledigt betrachten. Belgien. Nach mancherlei Schwankungen steht endlich die Liste des neuen belgischen Kabinets fest. Es wird versichert, daß die klerikale Partei ihren Wahl sieg mit großer Mäßigung auszunützen gedenke und daher auch nicht beabsichtige, die Auflösung des liberal gesinnten Senats herbeizuführen. — Durch königl. Dekret ist der belgische Senat aufgelöst und sind die Neuwahlen auf den 8. Juli d. I. anberaumt ivorden. An demselben Tage werden auch die neu ernannten Minister sich der Neuwahl unterziehen. Türkei. Das Fünkchen, welches der serbisch-bul garische Konflikt repräsentirt, wird glücklicherweise weder die Balkanhalbinsel und noch weniger ganz Europa in Brand setzen. Die Großmächte haben den Strei tenden ihre guten Dienste zur Vermittelung angeboten, die von Serbien bereits dankend acceptirt worden ist, und so dürfte sich dieser Sturm im Glase Wasser wieder ohne weitere Folgen legen, zumal die Nachrichten über die Mobilisirung der serbischen Armee und über die Konzentrirung bulgarischer Truppen an der ser bischen Grenze sich jetzt als erfunden Herausstellen. Egypten. Mit dem Falle von Berber ist die Sudar-Rebellion um eine neue Etappe nach dem eigent lichen Egypten zu vorgerückt. Wadi-Half«, Korosko, Assuan, die drei hauptsächlichsten Garnisonen Ober egyptens, sind nunmehr von den siegreichen Heer- schaaren des Mahdi fast direkt bedroht, denn zwischen ihnen und den siegreichen Belagerern von Berber be findet sich nur noch das schlecht befestigte Dongola, gegen welches ebenfalls 35,000 Araber im Anmarsche sind. Die egyptische Regierung ist gesonnen, alle dis ponibel« Truppen nach Oberegypten zu dirigiren. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 19. Juni. Wie aus unserer Mittheilung in letzter Nummer hervorgeht, wird ge legentlich der Versammlung des Sächsischen Forstver eins, Montag, den 23. Juni, Nachmittags von 5 Uhr an, im hiesigen Schiebhause (bei günstigem Wetter im Freien) Concert und darauf Ball stattfinden. Wie aus dem Einladungsprogramm hervorgeht, sind die Quartierwirthe und deren Frauen und Töchter hierzu freundlichst eingeladen und wird, wie wir ermächtigt sind, zu erklären, eine besondere Einladung nicht er folgen. Ebenso sind wir aber auch zu der Erklärung ermächtigt, daß zu den Quartierwirthen auch diejenigen Familien zu zählen sind, die, obschon ihnen ein Gast nicht zugewiesen werden kann, ihre Bereitwilligkeit zur Aufnahme eines solchen einem Mitglieds des Einquar- tierungskomitee seinerzeit erklärt habe». — Zu Ehren der nächsten Sonntag bei uns ein treffenden Mitglieder des Sächsischen Forst- vereins wird an demselben Tage, Abends 6 Uhr, in der Nikolaikirche eine, wenn auch nur kurze, geist liche Musik-Aufführung stattfinden, zu welcher vor Allem die zu erwartenden Gäste mit ihren Quartier wirthen, sodann aber auch alle sonstigen Zuhörer — soweit der Platz reicht — willkommen sind und freien Zutritt haben. — Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatze und erfolgreiche Thätigkeit beim Löschen des am 15. Mai infolge von Blitzschlag in Brand gerathenen Wohngebäudes des Gutsbesitzers Wolf in Nassau hat die königliche Brandversicherungs-Kommission der frei willigen Feuerwehr zu Frauen st ein 20 M. Prämie bewilligt. 49. Jahrgang. — Wegen aufgetretener Masern unter den Schul kindern in Fürstenau ist auf Anordnung der königl. Bezirksschulinspektion die Schule daselbst auf die Dauer der nächsten drei Wochen geschloffen worden. In gleichen ist, da gedachte Epidemie auch unter den Schulkindern in Rehefeld-Zaunhaus noch nicht erloschen ist, der dreiwöchige Schulschluß daselbst noch um weitere acht Tage, und zwar bis mit Sonnabend, den 28. d. Mts., verlängert worden. Seifersdorf. Das Kirchenfest in der Barbara- Kapelle verlief am vergangenen Sonntag in würdiger und anziehender Weise. Nachdem ein kurzes Weihe wort die alte Andachtsstätte wieder in den Dienst des Evangeliums genommen, gab die ernste eindringliche Predigt eine bewegliche Schilderung der Doppelpflicht unserer evangelisch-lutherischen Kirche, die Glaubens genossen in der Diaspora kirchlich zu unterstützen und an der Heidenmission treulich mit fortzuarbeiten. Die Posaunen und Gesänge erschollen feierlich durch den Wald. Eine sehr zahlreiche Zuhörerschaft feierte das Fest mit sichtlicher Theilnahme und Freude. Reinhardtsgrimma. Am vorigen Montage be ging die hiesige Schulgemeinde die Weihe ihrer von Herrn Baumeister Röllig erbauten neuen Schule. Die Feier war durch die Anwesenheit der Mitglieder der königlichen Bezirksschulinspektion (für Herrn Amts hauptmann von Keßinger in Vertretung Herr Re gierungs-Assessor vou Einsiedel) und die des Herm Superintendent Opitz ausgezeichnet, und begann Vor mittags Uhr mit einem Aktus in der alten Schule, bei welchem Herr Kantor Quaas herzliche Abschiedsworte sprach. Von da bewegte sich der Festzug, welcher aus den eben genannten Herren, den Schul vorstandsmitgliedern, einheimischen und auswärtigen Gästen, sowie den vier hiesigen Schulklaffen zusammen gesetzt war, unter Glockengeläute und den Klängen eines Musikkorps nach der neuen Schule, woselbst zu nächst Aufstellung genommen und ein Liedervers an gestimmt wurde. Hierauf überreichte Herr Regierungs- Assessor von Einsiedel unter Segenswünschen Herrn Nitzsche auf Reinhardtsgrimma den Schlüffe! zur neuen Schule mit dem Ersuchen, sie zu öffnen, welchem der selbe wiederum mit entsprechendem Spruche nachkam. Nunmehr zog man unter Gesang in das neue Haus, und hielt Herr Bezirksschulinspektor Mushacke, nach dem Alles Platz gefunden, in einem der beiden Un terrichtszimmer vor zahlreicher Zuhörerschaft die Weih rede, in schwunghaften und nachdrücklichen Worten das weise Streben und echte Leben in der Schule schildernd, und die Schule selbst, der die Feier galt, ihrer heiligen Bestimmung übergebend. Den Schluß der Feier bildete erneuter gemeinschaftlicher Gesang und ein Gebet des Ortsgeistlichen. Nachher wurden den Schulkinder» ini Gasthause zum goldenen Hirsch noch einige Ergötzlichkeiten gereicht, während sich die Festtheilnehmer im Erbgericht zu einem Mittagsmahle vereinigten. Möge die neue Schule, welche eine Zierde des hiesigen Orts bildet und mit nicht geringen Opfern feiten der Schulgemeinde erbaut worden ist, ihr auch reichen Segen bringen bis in die fernsten Zeiten. S Frauenstein. (Königl. Schöffengericht.) Hauptverhandlung vom 10. Juni. Der taubstumme Schuhmacher Joh. Gottlob Braune in Oberpretzschen- dorf hat im Herbste 1883 von Christiane Friedericke verehel. Baumgart geb. Richter daselbst unter Vor zeigung eines Geldbetrags 1 Brod verlangt und ist, nachdem er dasselbe in Empfang genommen, ohne Be zahlung sortgelausen, indem er schließlich das Geld wieder eingesteckt und dabei zu verstehen gegeben hat, daß er andern Tages zahlen wolle. Im Februar dieses Jahres hat Braune aus der unverschlossenen Werkstatt des Klempners Böhme in Pretzschendorf eine demselben gehörige Tabakspfeife entwendet. Der An geklagte wird wegen Diebstahls und Betrugs zu einer Gefängnißstrafe von 1 Woche verurtheilt, wegen eines