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Mchmtz-MiW Verantwortlicher Redacteur: Citri Ikhne in Dippoldiswalde. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden nut 10 Pfg. die Spaltenzeile oder oeren Raum berechnet. — Ta bellarische und coinplicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im revaltionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Die „Wei-eritz-Zeitung" «scheint «üchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis merteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — All« Postan- ltalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Nr. 65. Sonnabend, den 31. Mai 1884. 49. Jahrgang. Pfin Heut' ward vor Zeiten ausgegvfsen der Geist des Herrn auf jene Schaar, Die selbst der Meister auserkoren, sein Wort zu lehren rein und wahr; Mit tausendfält'gen Zungen sollten verkünden sie das Heil der Welt, Das Heil, das einst nach schweren Kämpfen errungen ihr der Gottesheld. Begeistert sind sie ausgezogen, die Jünger Christi, um sein Wort In allen Landen auszustreuen, zu pflanzen es an jedem Ort, Damit der reinen Wahrheit Lehren dereinst auf diesem Erdenkreis In ew'ger Helle strahlen sollten zu ihres Stifters Ruhm und Preis. Wohl, herrlich ist sie aufgrgangen, die Saat, die einst ward ausgestreut — Es wuchs das unscheinbare Pflänzchen zum Riesenbaume groß und weit; Wird nicht von Millionen Lippen jetzt Christi Name laut genannt, - Drang nicht die reine Gotteslehre selbst bis in das entferntste Land? g st e n. Ja, siegreich hat sich durchgerungen aus Nacht zum Licht auf Erdenrund, Was einst in hehren Flammenzeichen den Jüngern ward zu Zion kund — Und siegreich wird eS ferner herrschen, bis dann erfüllt das Bibelwort: Es soll auf Erden nur ein Hirte und eine Herde sein hinfort! Durch Nacht zum Licht — wohl sei uns Allen dies eine frohe Botschaft heut', Die ja in sichtbarlichen Zeichen sich aller Orten dar sich beut, Denn überall ein herrlich Grünen jetzt nach deS Winters langer Nacht — So freudig grüßt Natur unS Alle in ihrer vollsten Frühlingspracht! O Herz, laß fahren d rum die Sorgen, wirf ab, was dich bedrückt und quält, Und öffne dich der Frühlingswonne, die Alles ja auf's Reu' beseelt! Nun ziehe ein, du fröhlich Pflingsten, sei uns willkommen tausend Mal Und gieße deinen lichten Schimmer verklärend über Berg und Thal! Pfingsten. Unter den günstigsten Auspizien feiern wir in diesem Jahre das liebliche Pfingsten, das Fest wonniglichen Friedens und erhabener Begeisterung. In der Welt und innerhalb aller christlichen Länder herrscht tiefer Frieden, und Fürsten und Völker scheinen sich mehr als je die christliche Heilsbotschaft zu Herzen genommen zu haben: „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen". Daneben machen sich auch in den meisten Kulturstaaten Bestrebungen geltend, welche neben der äußeren Ruhe auch den inneren Frieden und die Wohlfahrt auf diesem Gebiete noch weiter zu erhöhen suchen. Herrlich prangt auch wiederum die Natur in ihrem Festkleide und verkündet Wonne und reichen Segen, wie alle Welt es zur Pfingstzeit wünscht. Die höchste und edelste Bedeutung des Pfingstfestes liegt jedoch trotzdem nicht auf den erwähnten Gebieten und wenn wir auch mit Freude und Befriedigung auf dieselben blicken können. Pfingsten ist das hohe Triumphfest des christlich gesinnten Herzens, welches jene erhaltene Begeisterung in sich aufzunehmen und zu christlichen Großthaten anzufeuern vermag, wie wir sie bei der kleinen Schaar der ursprünglichen Anhänger der Christuslehre für immer bewundern müssen. Wo her war sie denn gekommen, jene wunderbare Macht, die einem Häuflein armer Fischer und Handwerker eine Weltreligion gründen und verbreiten ließ?! — Bis zum Tode des Stifters der christlichen Religion war dieselbe doch fast nur das Geheimniß und Ver mächtnis des kleinen Jünger- und Freundeskreises ge blieben, den Christus um sich gebildet hatte, und nach dem Opfertode desselben galt es, noch eine große ge waltige Mission mit heiliger Begeisterung zu erfüllen und dem hehren Gedächtniß dieser herrlich erfüllten Mission ist das Pfingstfest geweiht. Zur rechten Wür digung der Bedeutung des Pfingstfestes gelangt aber nur ein christliches Herz, welches im Geiste nachzu empfinden vermag, welche heilige Macht des höchsten Wesens die Jünger an jenem ersten Pfingstfeste zu ihren späteren Großthaten, zur Verbreitung und Be gründung der christlichen Religion in allen den Jüngern erre chbaren Ländern begeisterte. Dieser erhabenen Begeisterung hat auch der Dichter ein Denkmal gesetzt in den Worten: Ein Kern des Lichts fließt aus in hundert Strahlen, Die gottentflammte Abkunft zu bewähren, Begeisterung ist die Sonne, die das Leben Befruchtet, tränkt und reist in allen Sphären! In welchem Spiegel sich ihr Bild mag malen, Mag sie im Liede kühn die Flügel heben. Mag Herz zu Herz sie streben. Sie sucht das Höchste stets, wie sie's erkennet! Längst im Gemeinen wär' die Welt zerfallen, Längst wären ohne sie zerstäubt die Hallen Des Tempels, wo die Himmelsflamme brennet; Sie ist der Born, der ew'ges Leben quillet, Vom Leben stammt, allein mit Leben füllet. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Der außerordentlich glänzende Kreis fürstlicher Gäste, welcher anläßlich der Ver mählung des Erbprinzen von Anhalt mit Prinzessin Elisabeth von Hessen-Philippsthal in Schloß Philipps- ruhe bei Hanau versammelt war, hat diesem festlichen Ereignis; ein besonderes Relief verliehen. Die Be deutung der Feier gipfelte besonders darin, daß ihr in dem deutschen Kronprinzen, der Kaiserin von Ruß land, der Königin von Dänemark und der Prinzessin von Wales Repräsentanten der mächtigsten und an gesehensten Herrscherfamilien Europas beiwohnten und deren Begegnung und herzlicher Verkehr wird sicherlich dazu beitragen, die gegenseitigen Beziehungen der durch mannigfache Familienbande miteinander verbundenen Höfe von Berlin, Petersburg, London und Kopenhagen noch inniger zu gestalten. Kaiser Wilhelm, Kaiser Alexander und Königin Victoria übersandten dem neu vermählten Paare telegraphisch ihre Glückwünsche. — Kaiser Wilhelm gedenkt nach den bisherigen Disposi tionen am 10. Juni nach Bad Ems abzureisen und hier seine gewohnte Frühjahrskur abzuhalten, nachdem diesmal seine Vorkur in Wiesbaden durch das Zu sammentreffen verschiedener Umstände verhindert wor den war. Am Tage vor der Abreise des Kaisers wird in seiner Gegenwart die feierliche Grundstein legung zum neuen Reichstagsgebäude stattfinden. — Das wonnigliche Pfingstfest ist im vollsten Frühlings glanze wieder herangekommen und unter seinem Ein flüsse treten die großen und kleinen Tagesfragen der Politik einstiveilen in den Hintergrund und eine wohl- thuende, wenn anch nur kurze Pause unterbricht somit den ewigen Streit der Gegensätze, der sich gerade auf politischem Gebiete so bemerklich macht. Erfreulicher weise läßt sich in Bezug auf die allgemeine europäische Lage konstatiren, daß dieselbe durchaus die Erwartung rechtfertigt: Europa werde auch für die nächste Zukunft ungestört die Segnungen des Friedens genießen können. Diese Zuversicht wird noch durch den Umstand ver mehrt, daß die einzige Frage von internationaler Be deutung, welche gegenwärtig einigen Anlaß zu Be sorgnissen geben könnte, die egyptische, durch die glück- Wendung, welche jetzt die Londoner Vorverhandlungen über die Konferenz genommen haben, eine entschieden friedliche Lösung verspricht. — Was unsere innere Politik anlangt, so ist nun die parlamentarische Psingst- pause eine vollständige geworden, indem sich am Diens tage auch die Aktiengesetzkommission des Reichstages vertagt hat. Die Kommission für das Unfallver sicherungsgesetz hat bekanntlich ihre Arbeiten bereits in voriger Woche beendigt und die Vorlagen gegen die Stimmen der Deutsch-Freisinnigen in der Schluß abstimmung — welcher übrigens recht unerfreuliche Auseinandersetzungen zwischen der Majorität und der Minorität der Kommission folgten — angenommen. Durch die zweite Lesung in der Kommission ist die Unfallversicherungsvorlage fast ganz in der früheren Regierungsfassung wieder hergestellt worden und er scheint als einzige wesentliche von der Kommission be schlossene Aenderung die Einrichtung von Landes-Ver sicherungsämtern, was als ein Zugeständniß der Kon servativen an das Centrum zu betrachten ist. Die Kommission für das Aktiengesetz hat an dem schon ge nannten Tage die erste Lesung der Vorlage beendigt und hierbei die einzelnen Paragraphen im Wesentlichen nach den Regierungsvorschlägen genehmigt; die zweite Lesung nimmt am 9. Juni ihren Anfang. Am fol genden Tage — nicht, wie ursprünglich gemeldet, am 9. Juni — tritt auch das Plenum des Reichstages wieder zusammen; es scheint jedoch noch nicht ent schieden zu sein, ob dann die zweite Lesung des Un fallversicherungsgesetzes sofort in Angriff genommen werden wird. Ob die neue Börsensteuer-Vorlage in dem letzten Abschnitt der Reichstagssession noch zu Stande kommt, begegnet mehrseitig Zweifeln, dagegen glaubt man dies bestimmt bezüglich der Vorlage über vie Errichtung von Postdampferlinien nach Ostasien und Australien. — Prinz Wilhelm von Preußen ist am Mittwoch früh von seiner Reise nach Petersburg und Moskau wieder iu Berlin eingetroffen. Oesterreich-Ungarn. In Wien ist am Montag ein überaus heftiger Wahlkampf ausgefochten worden, wie einen solchen die österreichische Hauptstadt noch nie gesehen hat. Es handelte sich um die Neuwahl je eines Abgeordneten zum Reichsrath für den ersten und sechsten (Mariahilf-) Wahlbezirk, welche durch die Mandatsniederleguug l)r. Kopp's, resp. das Ableben des Abgeordneten vr. Kuranda nothwendig geworden war. Die Wahl des liberalen Kandidaten vr. Kopp im ersten Wahlbezirk, welcher mit einer Majorität von 1937 Stimmen gegenüber dem Prälaten Kostersitz siegte, erschien von Anfang au zweifellos. Dagegen hatte im Mariahilfer Bezirk die antisemitische Partei Alles daran gesetzt, um ihren Kandidaten, vr. Pattai, durchzubringen, infolge dessen auch die Liberalen für ihren Kandidaten, Kaufmann Neuber, alle Kräfte in's Feld führten. Die ganze wüste Agitation der Anti semiten vermochte indeß den Sieg Neuber's nicht zu hindern, welcher mit einer Majorität von 224 Stimmen gewählt wurde. Au die Verkündigung des Wahl resultates knüpften sich aber, provozirt durch die An hänger Pattai's, gar arge Scenen, und erst die späte Nacht machte dem skandalösen Treiben ein Ende, das, wie sich ein Wiener Blatt ausdrückte, ein Stück un garischer Wahlromantik in Wien repräsentirte. Frankreich. Die Psingstferien des französischen Parlamentes werden wahrscheinlich nur von kurzer Dauer sein, da erstlich die Osterferien so lange ge dauert haben und dann auch noch wichtige Vorlagen zu erledigen sind. Zu letzteren gehören vor Allem die Nckrntirungsvorlage und der Verfassungsrevisionsent wurf, und dürste die erste Lesung des Rekrutirungs- gesetzes vielleicht noch iu dieser Woche von der Depu- tirtenkammer zu Ende geführt werden. Letztere hat am Dienstag bereits Artikel 1 und 2 des Entwurfs angenommen. Artikel 1 bestimmt, daß alle Franzose» im Alter von 20 bis 40 Jahren zum Militärdienst verpflichtet sind; Artikel 2 macht die Militärpflicht für Alle zu einer gleichen und obligatorischen. Sämmtliche