Volltext Seite (XML)
Verantwortlicher Redacteur: Citri Jehne in Dippoldiswalde. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden nut 10 Psg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen den, Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile M Psg. Die „Weißeritz. Zeitung" «-scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis Vierteljährlich 1 M. 26 Psg., zweimonatlich 84 Psg-, einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Psg. - All« Postan. «alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mchmh-MW Amtsblatt für die Königliche Umlshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Iranenstein Nr. 61. - » Donnerstag, den 22. Mai 1884. 49. Jahrgang. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 21. Mai. Das herrliche Früh lingswetter der letzten Tage lockt die Reiselust mächtig hervor, nnd so war denn besonders der letzte Sonntag zu Ausflügen in die im üppigsten Lenzschmucke pran gende Natur eine unwiderstehliche Aufforderung. Der Abendzug nach Dresden fuhr von Rabenau mit 26 vollständig gefüllten Wagen. Der mit gestern, den 20. Mai, in's Leben getretene neue Fahrplan kommt dem Verlangen nach freiem Naturgenuß, besonders für unsere Gegend, fördernd entgegen, und so waren denn auch sämmtliche Züge gut besetzt. Die technische Sektion des Handwerkervereins zu Chemnitz, eigentlich der Chemnitzer Gewerbeverein im engeren Sinne, benutzte gleich am ersten Tage die günstigere Verbindung, um dem Weißeritzthale einen Besuch zu machen. Nachdem dieselbe, 52 Personen stark, früh 8 Uhr in der Rabenauer Mühle eingetroffen war, wurde nach der nöthigen Erfrischung der Holzindustrie fabrik daselbst ein längerer Besuch gewidmet und mit dem Mittagszuge die Exkursion bis hierher fortgesetzt. Nachdem die Chemnitzer Vereinsgenoffen um 1 Uhr 50 Min. hier eingetroffen waren, nahmen dieselben im Nathskeller ein gemeinschaftliches Mittagsmahl ein und besichtigten dann unter Führung der Herren Schul direktor Engelmann und Stadtrath Teicher das schöne Rathssessionszimmer, die Stadt- und die Nikolaikirche, in welch' letzterer Herr Kantor Hellriegel die Cottage orgel zu Gehör brachte, und dampften mit dem Zuge 4 Uhr 41 Min. wieder ab. Der beabsichtigte Besuch der Strohhutfabrik von Reichel mußte der Kürze der Zeit halber leider unterbleiben. Die Exkursioner, denen sich auch eine Dame angeschloffen hatte, waren, wie sie mehrfach aussprachen, von den gewonnenen Eindrücken außerordentlich befriedigt. — Ueber vie am gestrigen Tage hier abgehaltene Fohlenschau mit Prämiirung werden wir aus führlich in nächster Nummer berichten. — Vom 20. Mai ab werden abgefertigt: die zweite Privat-Personensahrt von Bienenmühle nach Sayda 5,ss Nachmittags; die Privat-Personenfahrten zwischen Kipsdorf und Altenberg: aus Kipsdorf 10 Vorm., 2,o» Nachm., 10 Abends, aus Altenberg 3,«s früh, 8,«o Vorm., 6,4» Nachm.; die zweite Privat- Personenfahrt von Klingenberg-Kolmnitz (Bahnhof) nach Frauenstein 8,»4 Abends; die Personenpost von Geising nach Mügeln 3,s» Nachm. — Bisher wurden im Publikum vielfach mißbräuch lich die Bezeichnungen der Meter, der Liter rc. ange wendet. Es sei darum, nachdem durch die neuerlich revidirte Maß- und Gewichtsordnung alle alten Be nennungen gesetzlich in Wegfall gebracht sind, aus drücklich darauf hingewiesen, daß alle jetzt gebräuch lichen Maße und Gewichte sächlichen Geschlechts sind. Es heißt also das Meter, das Liter, das Ar, ebenso das Kilometer, das Hektar. Dresden. Der König und die Königin sind am Montag Abend wohlbehalten in Ems angekommen. — Die Aussichten der juristischen Karriörc sind nicht gerade glänzende. Nach der Uebersicht, welche in der jüngsten Nummer des Justizministerialblattes veröffentlicht ist, hat die Zahl der Prüfungsaufträge der Justiz-Prüfungs-Kommission im Jahre 1883 674, gegen 709, 705, 597, 545, 470, 403 in den Vor jahren bis 1877 betragen. Es hat sich also, während vom Jahre 1877 an die Zahl der Kandidaten zum Assessoren-Examen stetig bedeutend gewachsen ist, im letzten Jahre bereits eine kleine Abnahme gezeigt. Mit den aus den Vorjahren verbliebenen Kandidaten betrug die Gesammtzahl im Jahre 1883 1221, von denen 163 zum zweiten und letzten Male sich der Prüfung unterziehen. Von diesen 1221 Kandidaten sind 25 vorweg ausgeschieden und von den: Neste von 1196 haben 559 bestanden, 111 nicht bestanden, und für das Jahr 1884 ist ein Bestand von 670 Kandi daten zurückgeblieben. Die Quote von Durchgefallenen beträgt danach etwa 10 Prozent. — Wenn diese Ueber sicht im Vergleich zu denen der letzten Jahre die Aus sichten für die jüngeren Juristen etwas günstiger stellt, so sprechen die großen Zahlen doch deutlich genug, um sich der Ueberzeugung nicht verschließen zu können, daß für die nächsten zwei Dezennien ein Mangel an Juristen nicht eintreten kann nnd deshalb die Er greifung der juristischen Laufbahn für minder Be mittelte noch auf lange Zeit nicht rathsam scheint. — Die diesjährigen Wollmärkte in Sachsen werden in Kamenz am 12., in Bautzen am 13., in Dresden am 14. und in Leipzig am 16. und 17. Juni abgehalten. Freiberg. Zur Renovation der von der Witterung stark lädirten goldenen Pforte am hiesigen Dom hat der Kirchenvorstand beschlossen, vom kirchlichen Einkommen jährlich 500 M. aufzuwenden. Chemnitz. Am Freitag gegen Abend begaben sich in Reich en brand die Rekruten, von der Stellung zurückgekehrt, nach der Pelzmühle, wo sich einige auf denr dortigen Teiche durch Gondelfahren belustigten. Einer derselben, Albin Robert Buschmann, hatte das Unglück, in's Wasser zu fallen und zu ertrinken. Ein Verschulden andererseits ist nicht vorgekommen, da der Verunglückte allein im Kahne fuhr, während des Fahrens aber nach der ihm entfallenen Nuderstange griff, wobei er das Gleichgewicht verloren hat und mit dem Kahne umgestürzt ist. Vor 8 Jahren wurde derselbe bei Ermordung seiner Mutter und erwachsenen Schwester ebenfalls von dem Mörder, welcher trotz eifrig angestellter Recherchen bis heute noch nicht ent deckt ist, schwer verletzt, war aber von den Verletzungen wieder genesen. Obwohl damals schon 12 Jahre alt, konnte er doch keine Auskunft über die Person des Mörders geben, da er uncer der Zudecke gesteckt hatte und von den wuchtigen Hieben des Mörders sofort betäubt gewesen ist. Leipzig. Am 19. Mai Nachmittags wurde das Urtheil des Reichsgerichts in dem Landesverraths- prozesse gegen den Schriftsteller I)r. von Kraszewski und den Hauptmann a. D. Hentsch verkündet. Hentsch wurden 9 Jahre Zuchthaus, v. Kraszewski 3 Jahre 6 Monate Festungshaft zuerkannt. Ersterer blieb in Haft, letzterer wurde gegen Kaution vorläufig auf freien Fuß gesetzt. — Während der mit Sonnabend beendeten Leip ziger Ost ermesse wurden beim dortigen Polizciamte im Ganzen 20 978 Fremde angemeldet, und zwar 11 284 aus Gasthäusern und 9699 aus Privatwoh nungen; Anmeldescheine wurden 7371 ausgefertigt, einschließlich 276 an Personen, welche Dienst oder sonstiges Unterkommen dort suchten. In der Michaelis messe 1883 betrug die Gesammtzahl der Fremden - Anmeldungen 25156 und die Zahl der ausgestellten Anmeldescheine 6830, während in der Ostermcsse des selben Jahres 19390 Fremde zur Anmeldung kamen und 8600 für einen längeren als dreitägigen Aufent halt Anmeldescheine erhielten. Tagesgeschichte. Berlin. Der preußische Landtag ist am 19. Mai in gemeinschaftlicher Sitzung beider Häuser mit einem Hoch auf den König geschloffen worden. — Das Abgeordnetenhaus beschloß, die Negierung um definitive Ueberlaffung des Reichstagsgebändes nach dessen Frei werden als Geschäftshaus für die Abgeordneten zu bitten. — Am Berliner Hofe spricht man von der Ver lobung des in Berlin öfters anwesenden jungen Fürsten von Thurn und Taxis mit einer Tochter des preußischen Königshauses. Es handelt sich um die 18 jährige Prinzessin Victoria, die zweite Tochter des Kronprinzen. Der junge Fürst gehört unzweifelhaft zu den reichsten Männern Europas. Allein in der Provinz Posen besitzt er in der Herrschaft Krotoschin ein Areal von mindestens 150,000 Morgen. Nur die konfessionelle Frage macht noch Schwierigkeiten, da auf keinen Fall daran zu denken ist, daß die streng katholische Familie der Thurn und Taxis in eine evangelische Kindererziehung willigt. — In Roßbach bei Naumburg a. S. ist der Sattler geselle Nupsch unter dem Verdachte verhaftet worden, an dem sogen. Niederwaldattentate betheiligt zu sein. Derselbe soll nun ein bezügliches umfassendes Geständnis; abgelegt haben, welches im Wesentlichen das geplante Verbrechen jo hinstellt, wie es in der Sozialistengesetzkommission mitgetheilt worden ist. — Die Paßpflicht, welche bekanntlich als Folge des sog. „kleinen Belagerungszustandes" für Berlin zu Recht besteht, bisher aber in sehr milder Form praktisch seitens der polizeilichen Organe gehandhabt wurde, soll neuester Anweisung zufolge einer strengeren Kontrole unterzogen werden. Von allen zeitweise in Berlin sich aushaltenden Personen, namentlich Aus ländern, soll ausnahmslos die Beibringung eines Paffes verlangt, event. die Erlaubniß, sich daselbst aushalten zu dürfen, von der Vorzeigung des Paffes abhängig gemacht werden. — Bei einer Hebung des Eisenbahnregiments am 19. Mai stürzte eine eiserne 10 Meter hohe Brücke mit 16 Meter Spannweite ein und wurden 19 Sol daten dabei schwer und eine größere Anzahl leicht verwundet. Hessen-Darmstadt. Die morganatische Ehe des Großherzogs ist bereits thalsächlich getrennt und wird in naher Zeit auch rechtlich aufgelöst werden. Holland. Die Stadt Amsterdam erfreut sich gegenwärtig der Anwesenheit der Kaiserin von Oester reich, der Königin von Schweden, des Herzogs von Nassau und der Fürstin zu Wied, welche sämmtlich in der Behandlung des vr. Mezger Genesung ihrer Leiden suchen. Zu gleichem Zwecke steht für Anfang Juni der Besuch der Prinzessin Marie Elisabeth von Sachsen- Meiningen in Aussicht. Zu den fast täglichen Aus flügen der hohen Herrschaften gehört das nahe Nord seebad Zandvoort, wo die Kaiserin Stallungen ge- miethet hat, um an dem herrlichen Strande größere Ausflüge zu Pferde unternehmen zu können. Frankreich. Trotz des Friedens mit China hält der französische Ministerrath daran fest, von den Kam mern dreißig Millionen Franks für Tonkin zu verlangen. In dieser Summe sind die Ausgaben für die Herstellung des neuen Schiffsmaterials, das zur Erforschung des Delta uothwendig ist, mitinbegriffen. Für Madagaskar soll, wie neuerlich verlautet, ein Kredit von 4'/« Mill, gefordert werden. Zunächst er wächst also den französischen Finanzen aus dem Frie densschluß von Tientsin kein Vortheil, dafür erwarten aber die Franzosen von demselben einen großen Auf schwung ihres überseeischen Handels. Der jetzt in Paris verweilende chinesische Gesandte Li-Fong-Pao ist nach China zurückberufen, um dort eine hohe Stellung in der Negierung zu übernehmen. An die Stelle des Abberufenen tritt ein anderer Würdenträger, der in Berlin, Paris, London und Wien akkreditirt werden soll und als dessen regelmäßiger Wohnsitz Berlin in Aussicht genommen ist. Italien. Der Jcsuitengeneral I'. Beckx hat wegen seines hohen Alters sein Amt niedergelegt. I'. Beckx steht ini 90. Lebensjahre. Bereits am 24. Sept. vor. Js. hat die Generalkongregation der Ge sellschaft Jesu auf Antrag des greisen Generals unter Genehmigung des Papstes einen Vikar des Generals mit dem Rechte der Nachfolge gewählt, und zwar den k. Antonius Anderledy. Derselbe, in der deutschen Schweiz, in Brieg, Kanton Wallis, am 3. Juni 1819 geboren, ist nunmehr der General der Gesellschaft Jesu.