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WeWH-MNg Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Sonnabend, den 5. April 1884. 49. Jahrgang Nr. 42 entsetzung und zu Geldstrafen, die andern 4 lediglich zu Geldstrafen. Die Frage der Neubesetzung der vacant gewordenen Ministerposten dürfte aber noch manche Schwierigkeiten verursachen. am Mittwoch Commissionsberichte und Petitionen; auch beschäftigte es sich mit dem Anträge Stöcker auf Be seitigung der kirchlichen Nothstände in den großen Städten. Oesterreich-Ungarn. Ueber die Action der öster reichischen Anarchisten, welche mit dem Attentat auf Merstallinger im Jahre 1882 begann und sich bis in die neueste Zeit hinein durch die Ermordung Blöch's, Hlubek's und Eiferns bemerklich machte, enthalten die Wiener Zeitungen eingehende Berichte. Es geht hier aus hervor, daß die österreichische Anarchistenpartei mit den social-revolutionären Elementen anderer Länder in enger Fühlung stand und namentlich zu dem Most'schen Central-Comitee in New-Dork nahe Beziehungen unter hielt. Auch liegen schwerwiegende Jndicien vor, daß die österreichischen Anarchisten an der Ermordung des Musketiers Adels und des Apothekers Lienhardt in Straßburg, sowie an dem Naubmordversuch bei Heil bronner in Stuttgart betheiligt gewesen sind. Es scheint überhaupt ein förmliches Complott auf anar chistischer Seite bestanden zu haben, nach Art der Fenier mißliebige Polizei-Organe zu beseitigen und sich zu gleich durch verwegene Einbrüche in Bankhäuser u. s. w. die nöthigen Geldmittel zur Förderung der dunkeln Pläne der Anarchisten zu verschaffen. Da das Material noch immer wächst, so dürsten aber noch Monate ver gehen, ehe das Wiener Landgericht, vor welchem der Proceß gegen die in Wien und Pest verhafteten Anar chisten spielen wird, die Anklage formulirt haben wird. Frankreich. In Frankreich ist plötzlich das Listen- scrutinium, dieser Lieblingsgedanke Gambetta's, wieder auf die politische Tagesordnung gesetzt worden. Das Listenscrutinium dürfte vorerst im Kleinen zur Anwen dung gelangen, nämlich bei den Pariser Gemeinde rathswahlen. In der Deputirtenkammer ist von den radikalen Abgeordneten, welche die Vertreter der Haupt stadt im Parlainente sind, der Antrag gestellt worden, die Neuwahlen im Listenscrutinium — und zwar jedes der zwanzig Arrondissements für sich — zu vollziehen. Nach heftigen Debatten, in denen die Rechte diesen Vorschlag energisch bekämpfte, ist von der Deputirten kammer der erwähnte Antrag in Erwägung gezogen worden. Es werden also wohl die achtzig Municipal- räthe von Paris das nächste Mal durch das Listen- scrutinum gewählt werden und von dem Ausfall der Probe dürfte die Uebertragung dieser Wahlform auf die Neuwahlen zur Deputirtenkammer abhängen. England. Die egyptische Frage spielt fast in alle Debatten des englischen Parlaments hinein. Auch am Montag war dies der Fall, indem im Unterhause Northcote, der Oppositionsführer, eine Interpellation bezüglich Egyptens ankündigte, deren Beantwortung indessen der Kriegsminister Hartington bis nach den Osterferien hinausgeschoben wissen wollte; Hartington theilte sodann die bekannten Nachrichten über das Mißlingen des Ausfalles Gordon's aus Chartum mit. Auch jetzt wußte aber der Minister noch nichts davon zu berichten, was die englische Regierung für die Rettung Gordon's zu thun gedenke, und wenn sich Gordon nicht selbst zu helfen vermag, so ist schwer zu ersehen, woher ihm noch Rettung werden soll. Uebrigens ist es Gordon gelungen, noch vor der Ein schließung Chartums durch die Aufständischen, mehrere Caravanen von Flüchtlingen von der Stadt abgehen zu lassen, welche sich auch glücklich nach Korosko ge rettet haben. Im Ostsudan fährt Osman Digma fort, den Ueberall und Nirgends zu spielen. Dreimal sind seine Schaaren von den Engländern zersprengt worden, aber wieder bedroht er mit einem neuen Heere Suakin und General Graham wird sich daher zu einer neuen Expedition gegen den kühnen Rebellenführer entschließen müssen. Norwegen. Die Aburtheilungen der norwegischen Minister durch das Reichsgericht zu Christiania sind jetzt zu Ende. Im Ganzen sind 11 Minister und Staatsräthe verurtheilt worden, davon 7 zur Aints- Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Ein pflichttreuer, gewissenhafter und zuverlässiger Beamter unserer Stadt, Herr Spar- kaffen-Kassirer K. Kunzmann, feierte am 2. April d. I. sein 25jähriges Jubiläum. Frühmorgens brachten ihm der Kirchenchor und der Männergesang verein, dessen Mitglied er ist, ein Ständchen dar; später erschienen Freunde desselben, dann die Spar kassen-Deputations-Mitglieder, sowie seine Kollegen (städtische Beamte) u. A., um ihm mit herzlichen Glückwünschen auch paffende und werthvolle Geschenke als Erinnerung an den frohen Jubeltag zu überreichen. In der Mittagsstunde, bis zu welcher er im Amte thätig war, begaben sich Mitglieder des Stadtrathes und Stadtverordneten - Kollegiums in die Wohnung des Jubilars, wo Herr Bürgermeister Voigt demselben mit herzlichen Worten Glückwünsche darbrachte und als Anerkennung für seine stets bewiesene Treue, seinen eisernen Fleiß, sein humanes Benehmen gegen das im Amte mit ihm verkehrende Publikum, ihm die Mit theilung machte, daß die städtischen Behörden ihm von jetzt an eine jährliche Gehaltserhöhung von 500 Mark bewilligt hätten, und schloß der Redner mit den besten Wünschen für bleibende Gesundheit, die ihn zu fernerem Wirken bei uns tüchtig bleiben lasse. Hocherfreut und gerührt dankte Herr Kunzmann für die ihm gewordnen Wünsche und Auszeichnungen und versicherte seine stete Lust und Liebe zum Antte und fernere treueste Erfüllung seiner Pflichten. — Es fand hierauf im Restaurant zum „Rathskeller" ein von Mitgliedern der städtischen Behörden improvisirtes Festmahl statt, bei dem verschiedene Toaste auf das Wohl des Jubilars, seiner Familie rc. gebracht wurden. — Herr Kunz mann trat, von Wolkenstein hierher kommend, am 2. April 1859 als Raths-Registrator in den städtischen Dienst und verwaltet das Amt des Sparkassen-Kassirers seit 1. Oktober 1874. — Auch in diesem Jahre wird bei uns wieder der guten Sitte, den Charfreitag durch eine geistliche Musitanfführung auszuzeichnen, gehuldigt werden. Der vermehrte Zuspruch, den diese seit Ostern 1870 regelmäßig stattgefundenen Aufführungen von Jahr zu Jahr genommen haben, ist ein erfreuliches Zeichen dafür, daß dieselben gewissermaßen Bedürsniß geworden sind und ihrem Zwecke, die kirchlichen Feste der Gegen wart mitzufeiern, entsprochen haben. Wir wollen nicht verfehlen, auch an dieser Stelle den Besuch der dies jährigen Aufführung, in welchem außer einem Orgel vortrage das „^guuo voi" aus der 8-üur-Meffe von Haydn, sowie der „Lobgesang" von Mendelssohn zum Vortrag kommen wird, warm zu empfehlen. Noch sei erwähnt, daß mit diesen Ausführungen bekanntermaßen nicht etwa ein Reingewinn erzjelt werden soll, daß aber freiwillige Gaben zur Deckung der gar nicht un bedeutenden Kosten entgegengenommen werden. — Hoffen und wünschen wir, daß sich auch die diesjäh rige Aufführung den in den vergangenen Jahren statt gefundenen und so wohl gelungenen würdig anreihe! — Eine Zuschrift aus Zinnwald bestätigt die in letzter Nummer enthaltene Notiz über den Ausbruch des Typhus in einigen Familien in ihrem ganzen Unifange und fügt noch hinzu, daß in der Familie Schelle nunmehr auch die Mutter krank darniederliegt. — Aus Frauenstein wird uns geschrieben: Das Künstler-Co ncert, das am Montag im Rohland- schen Saale vom Kapellmeister Fr. Wagner, unter Mitwirkung verschiedener Tonkünstler, gegeben wurde, war zahlreich besucht; das reichhaltige und gewählte Programm wurde in allen Theilen künstlerisch durch geführt. Der Löwenantheil gebührt dem Unternehmer, Amtsblatt für die Königliche Umishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Umtsgerichle und die Stadträihe zu Dippoldiswalde und Frauenstein Anseratr, welche bei de« bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Thcile, die Spaltenzeile 20 Pfg- Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Dem Reichskanzler Fürsten Bismarck sind anläßlich seines 69. Geburtstages, dessen Feier er am Dienstag beging, wiederum von allen Seiten die zahlreichsten Beweise von Theilnahme und Hochachtung zugegangen, zum Theil aus weiter Ferne. Der Kaiser ließ seinem treuen Diener durch einen Flügeladjutanten die Glückwünsche abstatten. Der Kronprinz, Prinz Heinrich und Prinz Alexander gratu- lirten persönlich. Die Minister, viele Generäle und andere höhere Militärs, zahlreiche Herren und Damen, sowie Notabilitäten aus allen Kreisen brachten ebenfalls persönlich ihre Glückwünsche dar. — Der angeblich bevorstehende Austritt des Fürsten Bismarck aus dem preußischen Staatsministerium ist ein Gegenstand, auf welchen sich natürlich alle Erörterungen über die innere Politik concentriren. Allseitig "wird zugegeben, daß es sich diesmal nicht um eines der gewöhnlichen Gerüchte von seiner Amtsniederlegung handelt, sondern daß der leitende Staatsmann die ermähnte Absicht ernstlich hegt, und bringt man die lange Conferenz, zu welcher er am Montag vom Kaiser empfangen wurde, mit dieser Angelegenheit zusammen. Fürst Bismarck kündigt indessen diesmal nicht seinen Rücktritt von allen Funk tionen an, vielmehr will er Reichskanzler bleiben und nur seine preußischen Portefeuilles als Ministerpräsi dent, Minister des Aeußern und Handelsminister zurück lege», da ihm die Last derselben zu viel wird. Ob der Kaiser mit diesem Plane einverstanden ist, entzieht sich noch jeder Beurtheilung; jedenfalls liegt aber für ängstliche Gemüther, welche in der partiellen Amts niederlegung des Fürsten Bismarck bereits allerhand Gefahren für Preußen und Deutschland entstehen sehen, eine gewisse Garantie in dem Umstande, daß er seine Reichskanzlerwürde beibehält, und als erster Beamter des Reiches kann er, wie sich auch die nächste Zukunft des Reiches gestalten möge, immer den maßgebenden Einfluß auf die inneren und auswärtigen deutschen Angelegenheiten ausüben. Was die sonstigen, sich hier anknüpfenden Gerüchte anbelangt, namentlich die Besetzung der durch den eventuellen Rücktritt Bismarck's vacant werdenden Aemter, so werden hierüber wohl die nächsten Wochen Klärung bringen. In dieses Gebiet gehört auch die angeregte Absicht von der Be gründung verantwortlicher Neichsministerien. Wie es scheint, ist auch die Initiative des Fürsten Bismarck selbst für diese Angelegenheit von der sächsischen Re gierung im Bundesrathe zur Sprache gebracht worden, in Anknüpfung an die frühere Behandlung ver Frage. Die Berathung über diesen Gegenstand soll der Bundes rath zunächst in vertraulicher Weise vorgenommen haben und ist demnach das Weitere abzuwarten; ein gewisser Zusammenhang der Angelegenheit mit den Bismarck'schen Rücktrittsgerüchten läßt sich aber un schwer erkennen. — In der kirchenpolitischen Frage verdient die vom Cultusminister v. Goßler in der Montagssitzuna des preußischen Abgeordnetenhauses obgegebene Erklärung — als Antwort auf eine be zügliche, von polnisch-klerikaler Seite eingebrachte, Interpellation — registrirt zu werden, daß die Ne gierung nicht gesonnen sei, für Posen-Gnesen die ein gestellten Staatsleistungen wieder auszunehmen. Herr v. Goßler lehnte es ab, die Gründe für dieses Ver halten darzulegen, welcher Bescheid auf den Polen bänken und im Centrum große Entrüstung hervorrief und Herr Windthorst drohte sogar mit Repressalien im Reichstage, was sich offenbar auf die Socialisten- vorlage bezog; ernst sind aber diese Drohungen wohl schwerlich zu nehmen. — Das Abgeordnetenhaus er ledigte außerdem an genanntem Taae die zweite Be rathung der Jagd-Ordnung und nahm auch den Rest der Vorlage, gleich den vorhergehenden Bestimmungen, fast durchgängig nach den Commissionsvorschlägen an. Am Dienstag befaßte sich das Haus nur mit An gelegenheiten minder wichtiger Natur und erledigte „Wei-end-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »ierteljährlich 1 M. L6 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern IO Pfg. — All« Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an.