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DK .„Welßerltz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: DienStag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. 2K Pf-., zweimonatlich 8t Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - All« Postan italten, Postboten, sowie vie Agenten nehmen Be stellungen an. MeWH-ZeitW. Amtsblatt Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage deS Blattes eine sehr wirk same Berbreitunä finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Eiiige- sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche AmishaupLmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Cärl Ikhllk in Dippoldiswalde. Nr. 34. Dienstag, den 18. März 1884. 49. Jahrgang. Das Prätcndkntkulhulu in Frankreich. Es war vorauszusehen, daß in Frankreich alle die jenigen Prinzen, welche vermöge ihrer Blutsverwandt schaft mit den früheren Dynastien eine französische Kaiser- oder Königskrone zu erben hoffen, nicht ewig die ruhigen Zuschauer auf dem Gebiete der französi schen Republik spielen und offen oder geheim, je nach den Verhältnissen, ihre Prätendentenpolitik wieder herausstecken würden. Die früher viel genannten Prinzen von Orleans, der Herzog von Aumale und der Herzog von Chartres, beide bis vor Kurzem Of fiziere in hoher Stellung in der französischen Armee, und wegen ihrer Prätendentenschaft ihrer Stellen ent hoben, haben sich allerdings mit ihrer abwartenden Stellung begnügt, und führen bis dato ein tadelloses Leben als Privatleute bald in Paris, bald auf ibren ländlichen Besitzungen. Der Graf von Paris, Philipp von Orleans, und Chef der jetzt vereinigten Orleanisten und Legitimisten, hat es indessen nöthig erachtet, seine passive Nolle aufzugeben und wenigstens in einem kleinen, nach und nach zu erweiternden Kreise Propa ganda für sein Prätendententhum gemacht. Dazu kommt, daß die Orleans sehr reich sind, glänzende Salons in Paris halten und Gold in Hülle und Fülle sehen lassen, welcher Unistand natürlich eine gewaltige Anziehungskraft auf die höheren Schichten der Pariser Gesellschaft ausübt und allmählich dazu beitragen würde, den Grafen von Paris mit einem gewissen Nimbus zu umgeben. Aber die französischen Re publikaner von heute sind nicht die vertrauensseligen Bourgois zur Zeit der Napoleone, sondern sie sind jetzt sehr mißtrauisch und sehen sehr scharf auf alle die Gefahren, die ihrer Republik drohen. Außerdem wachen auch die Radikalen mit ganz besonderer wüthenden Wachsamkeit wie weiland der Höllenhund Cerberus am Eingänge der Unterwelt vor dem Capitol der Re publik und nöthigen die Negierung, fortwährend ein Auge auf die Prätendenten zu richten. So ist es denn geschehen, daß auf Antrieb des Chefs der öffentlichen Sicherheit in Frankreich neuerdings alle orleanistischen Prätendenten einer geheimen Inquisition unterworfen wurden, deren Zweck hauptsächlich darin gipfelt, zu erfahren, ob die Orleanisten seit dem Tode des Ober hauptes der Bourbonen, des Grafen Chambord, dessen politische Erbschaft sie angenommen haben, ihre Taktik geändert haben. Sollte die noch schwebende Unter suchung irgend etwas Bedenkliches darbieten, so steht Idem Grafen von Paris Gefängniß oder Verbannung in Aussicht, wie die republikanischen Blätter betonen. Eine solche Ausnahmemaßregel gegen einen französi schen Unterthanen bedarf allerdings der Zustimmung der Kammern, aber die republikanischen Zeitungen zweifeln nicht daran, daß Senat wie Deputirtenkammer ihre Zustimmung ertheilen werden, wenn ihnen der Beweis erbracht wird, daß der Graf von Paris mit der Organisation der monarchischen Elemente umgehe. Wahrscheinlich wird sich die Inquisition auch auf „Plon-Plon," den Prinz Louis Bonaparte erstrecken, der neuerdings wieder seine famosen Aufrufe und De klamationen an die Souveränität des französischen Volkes ertönen ließ und schlau wie der Wolf im Schafspelze ausrief: „Niemand dürfe das Volk ver gewaltigen," dieselbe Sprache, die einst Napoleon III. führte, bis er bald darauf die Volksvertreter einsperrte und sich zum Kaiser machte. olokates und Sächsisches. Dippoldiswalde. Bei der am 16. März statt gefundenen Ziehung des Legates der Kiebsch'schen Stiftung, das für dieses Jahr 722 Mark 76 Pfennig pro Person beträgt, wurden die Loose gezogen von Minna Therese Schelle, Marie Hedwig Bliemel, Caroline Ernestine Dietrich. — Das Concert zum Besten der Unterstützungs kasse der hiesigen freiwilligen Feuerwehr am gestrigen Abend erfreute sich eines äußerst zahlreichen Besuchs. Das Programm war ein sehr gut zusammengestelltes und wechselten in demselben Deklamationen, Gesangs und Musikstücke, lebende Bilder mit der Vorführung eines „Riesenorchestrions" ab und zwei kleine Theater stücke, eine Scene aus „Lumpazi Vagabundus" und die einaktige Posse „Monsieur Herkules" hielten die Lachmuskeln der Zuschauer in steter Bewegung. — Nächsten Freitag, am welchem Tage bekannt lich gegen Mitternacht ein Extrazug von Hainsberg nach Kipsdorf verkehren wird, wird im Dresdner Alt städter Hoftheater „Dorf und Stadt" gegeben, während das Theater in der Neustadt geschlossen bleibt. Dresden. Die erste Kammer berieth in ihrer Sitzung am 15. März die von der Staatsregierung gemachten Vorlagen, betreffend die Erbauung mehrerer Sekundärbahnen. Bezüglich des Projekts Geit- Hain-Lausigk-Leipzig wurde der Antrag der Majorität der 2. Deputation, dieses Projekt abzulehnen, nach 3'j» stündiger Diskussion mit 28 gegen 17 Stimmen angenommen. Das Projekt Potschappel - Wilsdruff fand gegen 4 Stimmen, die Projekte Mosel-Ortmanns- dorf und Wilischthal-Ehrenfriedersdorf nebst Zweigbahn Herold-Thum einstimmig die Genehmigung der Kammer. Dem Beschlüsse der zweiten Kammer, schon jetzt die Ausführung der Projekte Stollberg-Zwönitz und Schön feld-Schwarzenberg nebst Zweigbahnen für die nächste Finanzperiode zu bewilligen, stimmte die Kammer nicht zu, sie beschloß vielmehr auf Anrathen der Deputation, die Negierung zu ersuchen, die Erörterungen wegen Herstellung von Bahnverbindungen in diesen Landes- theilen fortzusetzen und das Resultat derselben der nächsten Ständeversammlung mitzutheilen. — Bei seiner Reise nach Berlin zum Geburtstag des Kaisers wird König Albert zum ersten Male vom Prinzen Friedrich August begleitet sein. — Rath und Stadtverordnete haben mit dem Stadt gutsbesitzer Lauterbach in Räcknitz einen Vertrag über das Moreau-Denkmal abgeschlossen, dahingehend, daß der Besitzer das Areal, auf dem das Denkmal steht, unentgeltlich an die Stadtgemeinde abtritt, diese dagegen den zum Denkmal führenden Weg in eigene Unterhaltung nimmt. Meißen. Das katholische Kapellenhaus auf der Burgstraße ist in Privatbesitz übergegangen ; mit dem dadurch nothwendig gewordenen Bau einer katho lischen Kirche iin Triebischthale soll deshalb ^baldigst begonnen werden. Pirna. Das vom Schwurgericht in Dresden über den Steinbrecher Kummer aus Zehista wegen Kindes mordes gefällte Todesurtheil ist vom König auf dem Gnadenwege in lebenslängliches Zuchthaus um- gewandelt worden. Königstein. Als Kommandant der Festung König stein ist der Oberstlieutenant von Lossow, Stabs offizier im Schützenregiment 108, ernannt worden. Löbau. Einen das städtische Anlagenfystem betreffenden, nicht unwichtigen Beschluß hat der Ge- meinderath von Löbau gefaßt. Infolge von Gesuchen einer größeren Anzahl Grundstücksbesitzer gelangte der städtische Anlagenausschuß zu dem Entschluß, die Ver anlagung des Einkommens getrennt nach Grundbesitz und dem sonstigen persönlichen Einkommen zu bewirken und die für jeden Theil ermittelten Steuersätze zu addiren, statt daß die Einkommensummen addirt und die darauf entfallende hohe Anlagenklasse erhoben wird. Tagesgeschichle. Berlin. Prinz Heinrich ist von seiner zwei jährigen Reise um die Erde mit dem Schiff „Olga" am 14. März, Nachmittags, in Berlin angekommen. Der deutsche Kronprinz und Prinz Wilhelm hatten denselben in Kiel empfangen und nach Berlin begleitet. — Der König von Italien trifft frühestens zur Frtthjahrsparade der Berliner Garnison, spätestens zum Königsmanöver des 7. und 8. Armeecorps in Berlin ein. — Im Reichstag nahm am 15. März bei Be- rathung des Unfallversicherungsgesetzes Fürst Bismarck das Wort. Die Bundesregierungen hätten sich bei dieser Vorlage Beschränkungen auferlegt. Um das Zustandekommen des Gesetzes zu erleichtern, sei die Regierung bereit, dasselbe auf weitere Arbeiterkategorien auszudehnen. Das Parlament dürfe der wohlwollenden Absicht der Negierungen die Mitwirkung nicht versagen. Die Zerrissenheit der Parteibestrebungen gefährde die wohlwollende Absicht der kaiserlichen Politik und die Festigkeit des Reiches, wir wollen vom Standpunkte des praktischen Christenthums Armen helfen. Die Re gierung sei ehrlich bemüht, den innern Frieden zwischen den Arbeitsgebern und Arbeitern zu festigen und er hoffe dabei die Mitwirkung des Reichstags. — Die Abgeordneten Ackermann, v. Kleist-Retzow, Leuschner (Eisleben), Lohren, vr. Moufang, vr.Windt- horst haben folgenden Antrag im Reichstage einge bracht: Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage ein Gesetz vorzulegen, durch welches aus dem gesammten Gewerbe stande, unter angemessener Betheiligung der Innungen, in den Bundesstaaten, wo sie noch nicht bestehen, Ge werbekammern eingeführt werden. Bremen. Die Arbeiten zu der Regulirung des Weserstromes, die der bremische Staat auf eigene Kosten aussühren läßt, um großen Schiffen die Fahrt bis Bremen zu ermöglichen, sind jetzt im vollen Gange und hofft man bei günstiger Witterung den Durchstich der sogenannten „langen Bucht" noch in diesem Sommer zum größten Theile zu vollenden. Bayern. Die bayrische Kammer der Abgeordneten hat die Regierungsvorlage, betreffend die Ausbesserung der Beamtengehälter mit 101 gegen 36 Stimmen abgelehnt. Ungarn. 36 Anarchisten, darunter 2 Redakteure, wurden am 15. März in Pest verhaftet und viele ver dächtige Korrespondenzen beschlagnahmt. Oesterreich. Die Mädchenmörder Hugo und Karl Schenk und Schlossarek wurden der ihnen zur Last gelegten Verbrechen für schuldig erkannt und zum Tode durch den Strang verurtheilt. Norwegen. In Christiania nimmt der Prozeß gegen das angeklagte norwegische Kabinet seinen Fort gang. In der letzten Sitzung des Reichsgerichts fand die Verhandlung gegen den Staatsminister Kierulf statt. Der Angeklagte war in Person erschienen, sein Vertheidiger legte ein Schreiben der Vereinigung der Mitglieder der Linken des Storthmg vor, in welchem dieselbe die Aushändigung ihres Verhandlungsprotokolls verweigert. Der Vertheidiger legte im Namen der Gerechtigkeit hiergegen Protest ein und verließ mit dem Angeklagten den Sitzungssaal. Der Ankläger bean tragte, zu beschließen, daß der Staatsininister Kierulf sein Amt als Staatsminister und als Mitglied des königlichen Ralhes verwirkt habe. Die Urtheilsfällung beginnt nächsten Montag. Tcnkin. Die französischen Truppen sind am 12. März Abends auf der nach Lang - Son führenden Straße in Bacninh eingerückt. Die durch die Um- gehungsbewcgungen entmuthigten Chinesen räumten alle Positionen und flohen auf der Straße nach Thainghuien. Der Feind erlitt große Verluste, die französischen Truppen hatten 70 Verwundete. In der Zitadelle wurden große Munitionsvorräthe und eine Batterie Krupp'scher Geschütze gefunden. Egypten. Ueber die „Schlacht" der Engländer und Sudanesen am 13. März werden jetzt die Einzel-