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WHmtz-ZkitW Die „Weißeritz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »ierteljührlich 1 M. 25 Psg., zweimonatlich 84 Pfg., eininonatlich 42 Pfg. Einzelne Äiuminern 10 Pfg. — All« Postan- Lalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine s«hr wirt- same Verbreitung finden, werden mit 1l> Psg. dir Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im reoaltionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Amtsblatt für die Königliche Umlshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und dre Stadträthe ' zu Dippoldiswalde und Irauenstem Verantwortlicher Redakteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde. Nr. 27. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Die siebzigste Wiederkehr des Tages, an welchem sich Kaiser Wilhelm im Kugelregen von Bar-sur-Aube (27. Februar 1814) durch außer ordentliche persönliche Bravour das Kreuz des russischen St. Georgsordens erwarb, hat bekanntlich Kaiser Alexander III. Anlaß gegeben, seinen greisen kaiser lichen Großoheim in besonderer Weise auszuzeichnen. Eine Deputation, bestehend aus Rittern aller Klassen des St. Georgordens und einer Abtheilung des Gre nadier-Regiments Kaluga, in dessen Reihen sich der damalige Prinz Wilhelm die erwähnte hohe Auszeich nung erwarb, ist am Dienstag Morgen zur Begrüßung des Kaisers in Berlin eingetroffen und wurde noch im Lause des Tages von dem Monarchen empfangen. Der Führer der Deputation ist Großfürst Michael, welcher die russischen Streitkräfte aus dem asiatischen Kriegsschauplätze während des letzten Krieges gegen die Türkei kommandicte. Ihn begleiten General Gurko, General-Gouverneur von Polen, bekannt durch seinen raschen, kühnen Uebergang über den Balkan und als Besieger Suleiman Pascha's, ferner General Graf Peter Schuwaloff, Kommandeur des russischen Garde korps, Oberst Fürst Obolenski, Kommandeur des Preo- bratschenski-Garde-Negiments und der Oberst des Ka luga-Regiments, v. Baranow; den Beschluß der De putation bilden vier Offiziere und Chargirte des letz teren Regiments. — Die zuständigen Ausschüsse des Bundesrathes haben in der ersten Hälfte dieser Woche die Berathung des Unfallversicherungsgesetzes beendigt und an demselben nur unwesentliche Abänderungen Vorgenommen. Da jedenfalls auch das Plenum noch im Laufe der Woche das Gesetz fertigstellen wird, so ist nicht zu bezweifeln, daß der Reichstag dasselbe bei seinem Zusammentritte am nächsten Donnerstag vor findet. Auch die Entwürfe über die Reform des Aktien wesens und die Novelle zu dem Gesetze, betreffend die eingeschriebenen Hilfskassen, sind im Bundesrathe sehr gefördert worden und dürften die betreffenden Vorlagen dem Reichstage ebenfalls in nächster Woche zugehen. — Die Deputation der sächsischen ersten Kammer hat den Beitritt zu dem vielgenannten Beschluß der zweiten Kammer empfohlen, die Regierung zur baldigsten Vor lage eines Gesetzes zu ersuchen, betreffend das Tanz stätten- und Schanklokal-Verbot für Abgabenrestanten. Oesterreich-Ungarn. In Ungarn macht sich be reits eine ziemlich hochgehende Wahlbewegung anläßlich der nächsten Reichstagswahlen bemerklich. Dieselben haben insofern eine besondere Bedeutung, als sich an ihren Ausfall die Existenz des gegenwärtigen liberalen Kabinets Tisza knüpft. Die Niederlage desselben im ungarischen Oberhause in Suchen des Mischehegesetzes hat bewiesen, daß in Ungarn eine mächtige konservativ klerikale Partei entstanden ist, welche durch alle Mittel auf den Sturz des Ministeriums Tisza hinsteucrt und falls es ihr gelingt, im Unterhause die jetzige liberale Majorität zu zersprengen, ist dieser Sturz unvermeidlich. Verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, daß die Koa- Ution der ungarischen Feudalen, hohen Geistlichen und Antisemiten, von Wien aus einen starken Rückhalt hat. Es heißt, daß zwischen dieser Koalition und der Oppo sition im Unterhause ein Bündniß zu Stande gekommen sei, was allerdings für Herrn Tisza und seine Partei ziemlich bedenkliche Aussichten eröffnen würde. Frankreich. Die französische Republik hat die wirthschaftliche Kalamität, in der sie gegenwärtig steckt, noch lange nicht überwunden. In den großen Kohlen grubendistrikten des französischen Nordens feiern Tau sende von Arbeitern und ebenso in St. Etienne, einer der bedeutendsten Industriestädte Frankreichs, und es unterliegt keinem Zweifel, daß man es hier mit einem neuen Ausfluß der wirthschaftlichen Krisis zu thun hat. Im Norden, namentlich aber im Distrikte von Anzin, nimmt die Arbeiterbewegung sogar durch das Auftreten der nie fehlenden anarchistischen und revolutionären Sonnabend, den 1. März 1884. Elemente einen bedenklichen Charakter an, so daß die Regierung an die dortigen Behörden die striktesten Be fehle'zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung erlassen hat. — Aus Tonkin sind noch immer keine Nachrichten über den beabsichtigten Vormarsch des fran zösischen Expeditionskorps gegen Bacninh eingetroffen. England. Während sich in Egypten die Situation für die Engländer immer drohender gestaltet, findet daheim das Parlament noch Zeit, sich ungeachtet des großen kritischen Moments mit allerhand Angelegen heiten zu befassen, die wahrhaftig zu einer anderen Stunde erledigt werden könnten. Das Oberhaus be schäftigte sich in den letzten Tagen vorwiegend mit der Vieheinfuhrbill, welche am Dienstag in dritter Lesung angenommen wurde. Das Unterhaus dagegen wurde wieder einmal durch die Bradlaugh-Affaire in Anspruch genommen; der Abgeordnete von Northampton wurde, obwohl ihn seine Wähler mit starker Majorität wieder gewählt hatten, trotzdem abermals von den Sitzungen ausgeschlossen, da er das demüthigende Versprechen nicht leisten wollte, im Hause keinen Skandal mehr zu machen — merkwürdige parlamentarische Zustände! Italien. Die Attentats - Affaire bei Corneto in Mittel-Italien ist zwar noch immer nicht vollständig aufgeklärt, doch steht soviel fest, daß es sich um keinen Attentatsversuch gegen König Humbert gehandelt hat. Rußland. Im Czarenreiche haben in letzter Zeit verschiedene große Betrugs - Affairen gespielt, welche nach wie vor das russische Beamtenthuni im bedenk lichsten Lichte erscheinen lassen. Verschiedene Kom missionen sind zur Untersuchung derselben eingesetzt worden und haben die merkwürdigsten, unglaublichsten Dinge zu Tage gefördert. Alle äußeren Fortschritte des russischen Niesenreiches, wie jüngst die Annexion von Merw, können diese innerlichen Schäden nicht wett machen. Spanien. In den Madrider politischen Kreisen bespricht man eifrig die Unterredung, welche Emilio Castelar, der Führer der spanischen Intransigenten, jüngst mit dem Ministerpräsidenten Canovas del Castillo gehabt hat. Man schließt hieraus, daß bei den bevor stehenden Neuwahlen zu den Cortes die Intransigenten das konservative Ministerium Castillo unterstützen würden, was allerdings sonderbar genug wäre. Egypten. Nach den neuesten Nachrichten aus Egypten steht der Entscheidungskampf zwischen den englischen Truppen und den Neiterschaaren Osman Digmas unmittelbar bevor. Derselbe wird vermnthlich bei demselben Orte El Teb, Halbwegs zwischen Trin- kitat und Tokar, stattfinden, wo Baker Pascha seine furchtbare Niederlage erlitten hat. Osman Digma soll hierbei mit 3500 Mann lagern und sind die Eng länder gegen ihn von Trinkitat aus im Anmarsch. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 28. Februar. Am gestrigen Abend, wenige Minuten nach y«8 Uhr, röthete sich im Süden unserer Stadt der Himmel in einer Weise, wie es hier wohl noch nie beobachtet worden ist. (Merkwürdiger Weise war mitten in dem Feuerschein ein hellerer, scharf abgegrenzter senkrechter Streifen sichtbar.) Trotzdem vom Thurme mit den Glocken „Feuer auf dem Lande" signalisirt wurde, versammelte sich doch ein Thcil der hiesigen freiwilligen Feuerwehr und rückte nebst der Landspritzen-Abtheilung nach dem benachbarten Ulberndorf ab, wo das Gut des Herrn Graupenmerksbesitzers E. Fischer in Dippoldiswalde in Hellen Flammen stand. Da das Gehöfte ult, hölzern und mit weicher Dachung versehen war, war an das Retten von Gegenständen kaum mehr zu denken und ist denn auch dem Nachtwächter Hofmann, der allein im Gehöfte wohnte, fast Alles verbrannt. Da der Wind sehr günstig stand, war Gefahr für die Nachbar güter nicht vorhanden und kamen die meisten der zahlreich erschienenen fremden Spritzen gar nicht in Thätigkeit. Herrn Fischer sind außer mehreren land- 49. Jahrgang. wirthschaftlichen Maschinen alle Futtervorräthe mit verbrannt. — Die Versammlung des Gebirgs-Vereins Dippoldiswalde am 28. Februar war leider nicht so zahlreich besucht, wie man das von denselben bisher gewohnt war. Nach Mittheilung der verschiedenen Eingänge, wurden aus der Kasse für die Bibliothek, sowie zur Anschaffung von Wegweisern je 25 Mark bewilligt, und wurde zugleich eine Kommission gewählt, die die beste Ausstellung der letzteren zu überwachen hat. Den Schluß bildete ein Vortrag des Schrift führers über eine im August 1881 ausgeführte Be steigung der 3561 Meter hohen Presanella in Süd- tyrol über den Nordostgrad, der den Besteigern ganz außergewöhnliche Schwierigkeiten bot, aber endlich glücklich zu Ende geführt wurde. — Nächsten Sonntag, den 2. März, von Vor mittags I I Uhr ab, haben sich im Sitzungszimmer des hiesigen Rathhauses bei dem dort versammelten Stadt rath unter Vorzeigung ihres Geburts- und Taufzeug nisses diejenigen Jungfrauen anzumelden, welche wün schen unter die 12 Wahljungfrauen mit ausgenommen zu werden, aus welchen durch Loos diejenigen 3 Jung frauen bestimmt werden, unter welchen die Ausstat tungsgelder der Kiebsch'schen Stiftung auf das Rechnungsjahr vom 16. März 1883 bis dahin 1884 vertheilt werden (dieselben betrugen am letzten Mal 2042 M. 47 Pf., so daß für jede der 3 ausgeloosten Jungfrauen 690 M. 82 Pf. bei der hiesigen Sparkasse zinsbar angelegt werden konnten). Die Verloosung findet alljährlich den Sonntag nach dem Sterbetage des Amtschirurg Kiebsch bez. an diesem selbst, d. i. den 16. März, nach dem Vormittagsgottesdienste auf dem Rathhause statt, diesmal also am Sonntag, den 16. März. Hierbei können nur solche Jungfrauen be rücksichtigt werden, die wenigstens zur Zeit der Ver loosung ihren wesentlichen Aufenthalt im Weichbild der Stadt Dippoldiswalde haben, indeß sind Mädchen, welche von Dippoldiswalde gebürtig sind, oder deren Eltern daselbst leben, welche aber auswärts in Diensten stehen oder sonst vorübergehend sich auswärts auf halten, für die Wahl zulässig; sodann müssen sie Töchter hiesiger distinguirter Einwohner bürgerlichen Standes sein, als geistliche und andere Gelehrten, königliche und Raths-Beamten, mit Ausnahme der Aufwärter, Boten und Visitatoren, ferner von Künstlern und Professionisten, welche letztere jedoch Bürger und Meister hier sein müssen; alle übrigen Jungfrauen, insbesondere auch die Töchter von Handarbeitern, sind durch das Testament ausgeschlossen. Außerdem muß jede der sich anmeldeuden Jungfrauen am Verloosungs- tage in dem Alter vom erfüllten 18. bis erfüllten 30. Lebensjahre stehen. Daß der Vater noch lebt, ist nicht erforderlich, dagegen kann eine Jungfrau, welche bereits selbst ein Vermögen von mehr als 600 Mark besitzt, oder deren Vater ein wohlbemittelter Mann ist, nicht zur Verloosung zugelassen werden. — Die diesjährigen Frühjahrs-Kontrol-Ver sammlungen der I. Bataillons „Pirna" vom 3. Landwehr-Regiment Nr. 102 finden in nachfolgender Weise statt: Dienstag, am 15. April d. I., Vorm. 9 und bez. I I Uhr in Dippoldiswalde (Schießhaus); Mittwoch, am 16. April d. I., Vormittag 9 Uhr in Frauenstein (Rathhausgarten) und Donnerstag, den 17. April d. I., in Lauenstein (Schießhaus). — Nach dem am 1. Januar 1884 in Kraft ge tretenen Gesetz betreffs des Gewerbebetriebes im UmH erzieh en ist das Hausiren mit Taschenuhren und Gold- und Silberwaaren verboten. Hierzu ist auch das gewerbmäßige Anbieten von Taschenuhren, goldenen und silbernen Schmuckgegenständen, Edel steinen, Perlen, Kameen und Korallen zu rechnen, welches bisher von Händlern und Personen, die sich angeblich in Noth befinden, in Restaurationen, Bahn-