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O Wkißmh-IeitMS Amtsblatt Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde. 48. Jahrgang. Nr. 108. Sonnabend, den 15. September 1883. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage deS Blattes eine sehr wirk same Berbreitiinä finden, «erden mit 1V Pfg. d» Spaltenzeile oder derer» Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionelle« Theile, die Spaltenzeile M Pfg. Die „Welßeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- fialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. für die Königliche Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm hat in dieser Woche in bester Gesundheit seine Manöverreisen an getreten, welche ihn zuerst nach Halle und Merseburg geführt haben, in welcher das vierte Armeekorps ma- növrirte. Am 20. September bezieht sich der allerhöchste Kriegsherr nach Homburg v. d. H., um den Manöoern des elften Armeekorps beizuwohnen, wo sich der den Kaiser umgebende glänzende Kreis von Fürstlichkeiten noch durch die Könige von Spanien, Sachsen und Serbien, den Prinzen von Wales, den Kronprinzen von Portugal rc., vermehren wird. Den erhebenden Schluß der Homburger Kaiser-Manöver wird die am 28. September stattfindende feierliche Einweihung des Nationaldenkmals auf dem Niederwald bilden, zu deren würdiger Begehung schon jetzt die umfassendsten Vor bereitungen im Gange sind. — Seit dem Schluß der viertägigen außerordentlichen Reichstags-Session ist auf dem Gebiete der inneren Politik kein bemerkenswerthes Ereigniß zu verzeichnen gewesen, und auch die Hoch- sluth von Betrachtungen und Kommentaren, welche in der Presse durch die parlamentarische Sommerkampagne hervorgerusen worden war, hat sich jetzt wieder ver laufen. Auch von den kirchenpolitischen Angelegen heiten, die doch sonst immer eine Nolle spielen, ist es ganz still geworden, und dürften wohl auch auf diesem Gebiete in nächster Zeit keine größeren Aktionen zu erwarten sein. Fern von allen Geschäften, hält Fürst Bismarck in Bad Gastein seine Nachkur ab, welche vor Ende September kaum beendigt sein wird. Das parlamentarische Leben wird schon in den nächsten Wochen durch die im September resp. Oktober bevor stehende Einberufung der Landtage von Bayern, Sachsen, Baden und verschiedener kleinerer Bundes staaten einen regeren Impuls erhalten. In Sachsen wie in Baden geht der Session die theilweise oder gänzliche Erneuerung des Landtages voraus; in Sachsen yaben die Ergänzungswahlen zur zweiten Kammer Feine wesentlichen Veränderungen in den Fraktions verhältnissen zur Folge gehabt. — In Düffeldorf tagte vom 10. bis mit 13. September die 30. Generalver sammlung der Katholiken Deutschlands, welcher auch der Abgeordnete vr. Windthorst beiwohnte. Derselbe hielt am Eröffnungstage eine Rede, in welcher er unter lebhafter Zustimmung zum Festhalten an der katholischen Sache aufsorderte. Oesterreich-Ungarn. Im österreichischen Kaiser staate wurde die kroatisch-ungarische Streitfrage in dieser Woche durch die Erinnerungsfeier einer welt historischen Thal einen Augenblick bei Seite gedrängt. Am 12. September sind 200 Jahre vergangen, seit Wien von der hartnäckigen Belagerung durch die Türken von dem vereinigten Heere der Oesterreicher, Polen, Bayern, Sachsen, Badenser rc. in einer blutigen Schlacht befreit wurde. Die Befreiungsschlacht am Kahlenberg setzte dem Vordringen des Osmanenthums in Europa für immer ein Ziel, sie bewahrte Oesterreich und das ganze Abendland vor dem drohenden Schick sal, sich unter den Halbmond beugen zu müssen, und darum wird der Befreiungskampf vor Wien am 12. September 1683 stets eine Stelle in den Ent scheidungsschlachten der Weltgeschichte einnehmen. In Wien wurde die Feier durch die am Dienstag statt gefundene Enthüllung und Einweihung der auf dem Kahlenberg errichteten Gedenktafel eingeleitet, welchem Akte der Wiener Gemeinderath, Vertreter der Armee und der Wiener Behörden, Nachkommen der Kämpfer von 1683, viele Künstler und Schriftsteller, sowie eine Anzahl Gesangvereine beiwohnten. In Krakau fand am gleichen Tage für den König Sobieski ein Trauer gottesdienst statt, worauf am Sarge Sobieskis zahl reiche Kränze und Blumen von polnischen Deputationen niedergelegt wurden. — In Pest fand im Palais des Ministerpräsidenten Tisza am Dienstag eine Minister- berathung über die kroatische Frage statt, an welcher auch die kroatischen Mitglieder des ungarischen Mi nisteriums theilnahmen. Der Ministerpräsident legte seine Ansichten über die Frage dar und forderte auch die Kroaten auf, ihre Meinung zu äußern. Nachdem dies geschehen war, ersuchte Tisza die Anwesenden, darauf hin zu wirken, daß die Angelegenheit unter Mitwirkung des Reichstages recht bald eine befriedi gende Lösung finde; die Anwesenden erklärten sich hierzu bereit, womit die Konferenz beendet war. Frankreich. Die Lösung der Tonkinfrage nimmt noch immer die Thätigkeit der leitenden französischen Politiker im vollsten Maße in Anspruch. Augenblicklich ruht der Schwerpunkt des französisch-chinesischen Streit falles wegen Annam in den Verhandlungen, welche in Paris zwischen dem Minister des Auswärtigen und dem chinesischen Botschafter geführt werden. Die fran zösische Negierung ist geneigt, die Souzeränetätsansprüche Chinas auf Annam bis zu einem gewissen Grade zu respekliren, dabei will sie sich aber ihre Aktionsfreiheit in Tonkin durchaus nicht einschränken lassen und die Vermittelung zwischen den Ansprüchen Frankreichs und Chinas ist daher eine sehr schwierige. Die Verhand lungen dürften durch den Umstand nicht gefördert werden, daß in Canton bereits Ausschreitungen des chinesischen Pöbels gegen Europäer vorgekommen sind, indem die Häuser mehrerer Ausländer in Brand ge steckt wurden; alle Europäer flüchteten auf die un Hafen liegenden Kriegsschiffe. Chinesische Soldaten stellten schließlich die Ruhe wieder her und von Hongkong langten zum Schutze der Ausländer drei Kanonenboote in Canton an. Was die militärischen Operationen in Tonkin anbelangt, so sind dieselben infolge eingetretener Ueberschwemmungen und schlechten Welters vorläufig eingestellt worden. England. In England macht gegenwärtig eine verdächtige Bewegung in den fenisch-irischen Kreisen der Regierung wieder Sorgen. Worauf diese Bewegung eigentlich abzielt, ist noch unbekannt; aber bei dem verzweifelten Charakter der irischen Verschwörer ist ihnen jede Unternehmung zuzutrauen, und die eng lischen Polizeibehörden haben daher Befehl erhalten, alle Schritte der als besonders verdächtig bezeichneten Personen genau zu überwachen. Dänemark. Der fürstliche Familientag in Kopen hagen nähert sich seinem Ende. Noch in dieser Woche gedenkt das russische Kaiserpaar nach Peterhof zurück zukehren, auch das griechische Königspaar wird dann die Heimreise antreten, während die englischen Prinzen vor ihrer Heimkehr noch den Kaiser-Manöver» bei Homburg v. d. H. beiwohnen werden. Ein Gerücht will wissen, daß während der Anwesenheit des Czaren in Kopenhagen auch die Angelegenheit des Herzogs von Cumberland, des hannoverschen Thronprätendenten, zur Sprache gekommen sei, Kaiser Alexander habe den dringenden Wunsch ausgesprochen, der Herzog von Cumberland möge durch Annahme der Millionen des Welfenfonds seine Erbansprüche aufgeben; doch ist dieses Gerücht noch durch nichts bestätigt worden. Egypten. Die Cholera wird für Egypten nun mehr bald ein überwundener Standpunkt sein. In Unter-Egypten behauptet sich die Seuche nur noch in Alexandrien, doch auch hier ist die Zahl ihrer täglichen Opfer auf das denkbar geringste Minimum herabge sunken und auch in Ober-Egypten ist die Cholera stark im Abnehmen begriffen. Fürst Bismarck und die Franzosen. In Bezug auf das „delikate" Verhältniß, welches zwischen Frankreich und Deutschland bestehl Und wel ches erst neulich durch eine hitzige Zeitnngsfehde eine grelle Beleuchtung fand, ist offenbar nichts mehr zu wünschen, als daß sich die Franzosen über die Deut schen, das deutsche Reich und den staatsmännischen Be gründer desselben richtige Begriffe bilden. Denn die Unterschiebung aller möglichen, das Deutschthum in H einem gehässigen Lichte zeigenden Eigenschaften seitens der Franzosen ist ja bekanntlich eine der Hauptürsachen, daß bisher eine wirkliche Versöhnung zwischen Deutsch land und Frankreich nicht vollzogen werden konnte. Den Franzosen selbst können wir Deutsche über diesen Punkt aber leider bei dem besten Willen keine Wahr heitsprediger sein, weil man in Frankreich alles Das, was aus deutschem Munde über die beiden Nachbar staaten gesagt wird, für falsch hält. Eine Aufklärung über Deutschland und seine staatliche Stellung zu Frankreich kann daher für die Franzosen mit Erfolg H nur von Franzosen selbst kommen und zwar von solchen, die sich einmal ihrer gehässigen Vorurtheile entledigen und mit Unparteilichkeit über deutsch französische Ver hältnisse reden. — Mit einer, wenn auch noch schüch- Z lernen Freude müssen wir da nun eines Artikels Er- H wähnung thun, den die „liepudligue kransniso", eine der bedeutendsten französischen Zeitungen, unter der Ueberschrift „Der Plan Bismarcks" kürzlich veröffent licht hat. Der Artikel betont zunächst, daß seit 13 Jahren der Nanre Bismarck bei allen Franzosen ver haßt sei, aber dieser Haß gebe nur Zeugniß von der furchtbaren Macht des Reichskanzlers und sei sein Ruhmestitel in Frankreich. Die Franzosen begriffen H vollständig, welch ein Uebergewicht der Kanzler besitze und könnten sich nur darüber wundern, daß ein Mann, dem sein Vaterland soviel verdanke und der sich noch H täglich neue Verdienste erwerbe, im Reichstage keine M feste Mehrheit besitze. Wolle man in Frankreich den Kanzler richtig beurtheilen, so müsse man den patrio tischen Groll ablegen und wie ein Historiker ruhig urtheilen. Man dürfe nur vor allen Dingen in Frankreich nicht glauben, daß Fürst Bismarck wie ein glücklicher und kühner Spieler das deutsche Reich ge gründet habe, und solle nicht die kindliche Vorstellung haben, daß das staatsmännische Werk Bismarcks so zusammenbrechen werde, wie die unnatürlichen napo leonischen Kaiserreiche. Es könnte in Deutschland wohl H einmal eine partikularistische Strömung eintreten, aber es gebe daselbst keine preußische, bayerische, sächsische oder württembergische Nation mehr, sondern eine deutsche, die fest an ihrer Einigkeit halte. Und wenn man in Deutschland auch wisse, daß die Einigkeit die Steuern vermehrt habe, so wisse man doch auch, daß die Einigkeit die nationale Kraft verhundertfachte und das Werk Bismarcks werde die Jahrhunderte über dauern. Es werde dies dadurch bewirkt, daß Bismarck der Natur der Verhältnisse und der Neigungen der deutschen Völker entsprochen habe. Wie das Kaiserreich der Napoleons ein Unding gewesen wäre und im Wider spruche mit der Geschichte gestanden habe, so sei grade das deutsche Kaiserreich ein Produkt des deutschen Kulturfortschritts des gegenwärtigen Jahrhunderts. ß Bismarck habe, wie die Veröffentlichungen seiner diplo matischen Korrespondenz erwiesen, auch schon im Jahre 1858 die Möglichkeit und Nothwendigkeit der Einigung Deutschlands durch Preußen erkannt und schon damals gesagt, es sei sein Ehrgeiz, die preußische Disziplin triumphiren zu sehen und damit den Beweis geliefert, -M daß er ein Genie sei, was sich bereits seinen großen H Plan lange vorher entwarf und ihn dann glänzend H aussührte. Zum Schluß führt der Artikel aus, daß > H die Große Preußens und dann Deutschlands lediglich H auf der eigenartigen Stellung der preußischen Monarchie und dann auf dem hohen Pflichtgefühle der deutschen Offiziere und Beamten beruhe, welche ein Heer und einen staatlichen Organismus von ungeheuerer Kraft bei einfacher und sparsamer Funktion geschaffen hätten. — Das wäre also einmal ein richtiges Urtheil der Fran zosen über Deutschland und seinen großen Staatsmann. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Im Berichte der Handels- und Ä Gcwerbekammer Dresden 1881 und 1882 ist auf Seite