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Wchnih -Minz Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. 48. Jahrgang. Dienstag, den 9. Oktober 1883. Nr. 118. Die „Welßrrth-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie vie Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bei d bedeutenden Auslage deS Blattes eine sehr wirk- same Verbreitung finden, werden mit 1V Psg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Amtsblatt für die Königliche Amtshauxtmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Eine Blamage Frankreichs. Jetzt, nachdem sich die große Nation der Franzosen durch die in Paris stattgehabte skandalöse Demonstra tion gegen den König von Spanien blamirt sicht, — werden jene Vorgänge, das Pfeifen, Zischen, Pereat- rufen und die Steinwürfe bei der Fahrt des Königs Alfons vom Bahnhofe nach dem Palaste des spanischen Gesandten in Paris einfach als bedeutungslose Kund gebungen von Pöbelhaufen hingestellt, mit denen weder Paris noch Frankreich identisch sei. Daß es Pöbel und Flegel, wenn auch zum großen Theile solche in Glayö-Handschuhen waren, welche den König von Spanien mit frechen und beleidigenden Zurufen in dem Augenblicke empfingen, als er der von der fran zösischen Regierung eingeladene Gast Frankreichs und der Stadt Paris war, glaubt gewiß die ganze gebil dete Welt, aber wer hat denn nicht nur jene Pöbel- excesse, sondern sogar die nationale Wuth, die natürlich bei dem Pariser hohen und niedrigen Pöbel zuerst Feuer fangen mußte, angeregt und entzündet? — Man braucht da nur die französischen Zeitungen aller Par teien von voriger Woche zu lesen und man weiß, wie sich Frankreichs Politiker und Preßhelden moralisch an jenen skandalösen Vorgängen engagirt hatten. Ja, die Zeitungen aller Parteien sind es gewesen, welche es dem König von Spanien höchst übel nahmen, daß er vom deutschen Kaiser die Verleihung eines Ulanen regiments und die Ernennung zum preußischen Obersten acceptirt hatte. Was liegt doch in dieser Insinuation nicht für eine ungeheuerliche Portion französischer Un verschämtheit und Impertinenz! Der König von Spa nien ist Gast des deutschen Kaisers und soll sich nach den Antipathien der Franzosen richten, ob er einen Beweis der Freundschaft und Kourtoisie, wie er unter Monarchen Sitte ist, vom Kaiser Wilhelm annehmen soll oder nicht. — Was muß man in Paris doch für eine wahnwitzige Vorstellung von der Würde fremder Staaten und ihrer Monarchen haben, und was würde Frankreich der Welt nicht Alles zamuthen, wenn es ihm noch möglich wäre, wie vor 1870, die anderen Staaten zu Spielbällen seines Ehrgeizes zu benutzen. Frankreich selbst hat sich durch jenen Skandal bla mirt, denn die Pariser Presse verhöhnte und verspottete ja tagelang den König von Spanien als „preußischen Ulanenobersten" und rief dadurch bei allen Volksklassen einen ebenso lächerlichen als verhängnißvollen Haß gegen den spanischen König hervor und dieser Haß, diese Aufstachelung mußte bei der Leidenschaftlichkeit der Franzosen seine schlimmen Früchte tragen. Fanden es doch selbst die französischen Regierungsblätter für taktlos, daß der König von Spanien die Ernennung zum preußischen Ulanenobersten angenommen babe, und wie hat darüber erst die radikale Presse gewüthet. Nicht die verhetzten und verleiteten Pariser Volksmassen, sondern Diejenigen, welche die Hetzereien betrieben und duldeten, sind daher für die Beleidigungen ver- ,antwortlich, welche dem König Alfons in Paris zuge- sügt wurden. Um keinen vollständigen Riß in die Beziehungen zu Spanien zu bringen und auch, um der Tücke der Opposition zu entgehen, ist es allerdings dem Präsidenten der französischen Republik gelungen, durch eine Art Abbitte die Entrüstung des Königs Alfons zu beschwichtigen und ihn zu bewegen, die Ein ladung zum offiziellen Diner anzunehmen. Der König blieb aber statt der bestimmten drei Tage nur einen Tag in Paris, und hat nach seinem eigenen Ausspruche nicht gewagt, seine in der Nähe von Paris wohnende Kousine, die Gräfin von Paris, zu besuchen, um die Wuth der Pariser nicht auf's Neue zu entfachen. Das sind die Zustände im freien Frankreich und im stolzen Paris! Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die vom hiesigen Bezirks-Obst bau-Verein veranstaltete Ausstellung wird in den Tagen vom 20.—22. Oktober im Rathhaussaale statt finden, und verweisen wir wegen des Näheren auf die Bekanntmachung in dieser Nummer. — Der Erzgebirgs-Verein hielt am gestrigen Sonntag in Marienberg seine 6. ordentliche General versammlung ab, mit der auch eine kleine aber ge wählte Ausstellung von Photographien, Neisebüchern, Touristenandenken, Spielwaaren und sonstigen Ge werbe-Erzeugnissen verknüpft war. Der Erledigung des geschäftlichen Theiles folgte ein Vortrag über die Geschichte Marienbergs. Als Ort der im Jahre 1884 abzuhaltenden General-Versammlung wurde nahezu einstimmig Dippoldiswalde gewählt. — Der zeitige Schneefall, von dem wir schon in vor. Nr. berichteten, ist viel bedeutender in Alten berg gewesen, von wo aus gemeldet wurde, daß auch das ganze Gebirge mit Schnee bedeckt war. — Aus dem oberen Erzgebirge schreibt man, daß in der Gegend von Oberwiesenthal, Scheibenberg und Johann georgenstadt die Schneedecke eine sehr dichte war, gleich wie in tiefer gelegenen Gebieten, wie Zwönitz rc. — Für die Verunglückten der Insel Ischia sind bei der hiesigen kgl. Amtshauptmannschaft im Ganzen 49 M. 40 Pf. gesammelt und an die Reichshauptbank zu Berlin abgesendet worden, und vertheilen sich diese Beträge wie folgt: 5 M. 30 Pf. von der Stadtge meinde Geising, 3 M. 25 Pf. von der Gemeinde Börnchen bei Glashütte, 12 M. von der Gemeinde Breitenau, 13 M. 75 Pf. von der Gemeinde Liebenau, 6 M. von der Gemeinde Obercunnersdorf, 4 M. 24 Pf. von der Gemeinde Seyde bei Frauenstein und 4 M. 86 Pf. von der Gemeinde Ulberndorf. — Dem Vernehmen nach soll vom 15. d. M. ab auch auf der bis jetzt nur für den Personenverkehr eröffneten Sekundärbahn Schmiedeberg-Kipsdorf der regelrechte Güterverkehr eingeführt werden. Da diese Strecke theilweise die größte Steigung hat, welche es überhaupt auf den sächsischen Bahnen giebt, und zwar 1 : 33, so können die daselbst verkehrenden Züge auch nur geringere Lasten, und zwar bis zu 50000 Kilogramm, bergauf fortbewegen. Es ist dies doch immerhin schon eine hübsche, annehmbare Last für diese kleinen Sekundärmaschinen. An Güterverfrach tung dürfte es ebenso wie bei der übrigen Strecke gewiß nicht fehlen, da man schon lange mit Sehnsucht den Tag der Gütereröffnung erwartet hat, um die massenhaft anlagernden Holz-Vorräthe endlich znm Transport bringen zu können. Die Gesammteinnahme dieser Linie ist bis jetzt eine sehr ergiebige gewesen. Hainsberg. Die Thode'sche Papierfabrik zu Hainsberg hat in der 1882/83er Geschäftsperiode 4 163876 leg oder 940 Papier weniger als im Vorjahre im Fakturenwerthe von 2005669 Mk. oder 33173 Mk. weniger als 1881/82 produzirt. Der Bruttogewinn beträgt 521601 Mk. oder 75 947 Mk. mehr. Alls Abschreibungen entfällt der Betrag von 131053 Mk. und ergiebt sich ein Ueberschuß von 390 548 Mk., welcher die Verwendung von 324 000 Mk. zur Vertheilung einer Dividende von I2»,a — 36 Mk. pro Aktie gestattet. Der erhöhte Fabrikations gewinn rührt vorwiegend aus der vortheilbaften Be schaffung der Materialien und aus der Ausnutzung der neuen Fabrikationseinrichtungen her. Rabenau. Der Aussichtsrath der Sächsischen Holz-Jndustrie-Gesellschaft in Rabenau hat beschlossen, der am 20. Oktober zusammentretenden Generalversammlung vorzuschlagcn, den im Geschäfts jahr 1882/83 erzielten Reingewinn von 20076 Mk. 30 Pfg. auf neue Rechnung vorzutragen. Die Ab schreibungen im vergangenen Jahre betragen 33 625 Mk. 14 Pfg. Franenstein, 7. Oktober. In die hiesige städtische Sparkasse wurden im Monat September 23760 M. 78 Pfg. in 162 Kasienposten eingelegt und 13278 M. 57 Pfg. in 74 Kaffenposten zurückgezahlt. Die Gesammteinnahme belief sich auf 26153 M. 72 Pfg. in 105 Kassenposten. Mithin betrug der Ge- sammtumsatz 58588 M. 96 Pfg. in 315 Posten. — Herr Theaterdirektor Uh le, welcher seit drei Wochen mit seiner 16 Mann starken Truppe hier weilt, ergötzt durch sehr gutes Spiel und feine Garderobe das die vortrefflichen Leistungen durch regen und zahlreichen Besuch anerkennende Publikum hiesiger Stadt und Um gegend. Noch keine hier gastirende Theatergesellschaft hat sich eines solchen fortdauernden fleißigen Besuchs der Vorstellungen zu erfreuen gehabt, wie die des Hrn. Uhle. Lauten, heftigen Unwillen im Theaterpublikum rief es hervor, als vergangenen Donnerstag zwei an ständig gekleidete Herren (frühere Tharandter Akade- misten, darunter ein Herr v. Sch.) sich den übel an gebrachten Spaß erlaubten, die Schauspielerinnen durch fortgesetztes Lachen, Zischeln und fade Witze zu stören. Die erwähnten Herren mußten es sich gefallen lassen, wegen ihres ungezieinenden Verhaltens aus dem Saale gewiesen zu werden. — Einen erfreulichen Zuwachs hat die hiesige Stadt- und Schulbibliothek dadurch er fahren, daß Herr Kirchenrath Hasse bei seinem Fort zuge von hier, derselben eine stattliche Anzahl lehr reicher Bücher schenkte. Herzlicher Dank sei ihm dafür nochmals dargebracht. Dresden. Ueber die kaiserliche Hofjagd, an welcher unser König Albert bekanntlich hervorragenden Antheil nimmt, wird aus Mürzzuschlag berichtet, daß das Wetter am ersten Jagdtage sehr schön und der Himmel klar gewesen, und daß 4 Zwölfer, 2 Zehner, 2 Sechser und 39 Gemsen zur Stecke kamen. Der Kaiser erlegte einen Zwölferhirsch, der König von Sach sen 2 Zwölfer, einen Zehnerhirsch und 6 Gemsen. — Ueber den Stand der künstlichen Fisch zucht im Königreich Sachsen bis zum Jahre 1882 ist von Herrn vr. Nitsche, Professor der Zoologie an der königlichen Forstakademie Tharandt, im Auftrage des königl. Ministeriums des Innern ein äußerst interessanter und sorgfältig bearbeiteter Bericht er schienen, nach welchem bis zu dem erwähnten Zeit punkte in Sachsen überhaupt 73 Forellenzucht-Anstalten bestehen, von denen 13 auch als Handels-Anstalten gelten können. Die größte Zahl dieser Zuchtanstalten kommt auf die Amtshauptmannschastsbezirke Pirna (13), Dippoldiswalde (7), Freiberg (7), Schwarzenberg (6), Bautzen, Chemnitz und Marienberg (je 5), Auerbach und Oelsnitz (je 4). Der Bericht enthält weiter noch ausführliche Mittheilungen über die Erfolge, welche hinsichtlich der Hebung der Lachssischerei erzielt wor den sind. — In Negierungskreisen ist die Nachricht von dem Rücktritt des französischen Kriegsministers General Thibaudin mit einiger Genugthuung begrüßt worden. Wenn man auch seiner Zeil davon Abstand nahm, gegen die Ernennung des weiland wortbrüchigen deutschen Kriegsgefangenen zum französischen Kriegs minister Einsprache zu erheben, so sieht man es doch nicht ungern, daß dieser Günstling des Pariser Radi kalismus nun endlich vom Schauplatze der öffentlichen Thätigkeit zurücktritt und unsere diplomatische Vertretung in Paris künftighin nicht mehr gezwungen ist, in per sönliche Beziehung zu einem ehrenwortbrüchigen Offizier zu treten. — Am 6. Oktober beging der kgl. Bezirksschul inspektor Schulrath Berthelt sein 50jähriges Lehrer- Jubiläum. Er hat dem Dresdner, wie überhaupt dem ganzen vaterländischen Volksschulwesen gar viel des Guten geleistet, und sei nnr des trefflichen Lesebuches, der „Lebensbilder", die er mit Jäkel, Petermann und Thomas herauSgab, hier gedacht. Kinder der Bürger- schnle, deren langjähriger Direktor er war, brachten ihm einen Morgengesang und Blumen, seine Kollegen Über gaben ihm eine ansehnliche Geldsumme zu einer Ber thelt-Stiftung; Rath und Stadtverordneten beglück-