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Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Die kurze Session, zu welcher der Reichstag in voriger Woche zusammengetreten war, liegt nun wieder hinter uns, nachdem sie im Ganzen fünf Plenarsitzungen in Anspruch genommen hat. Die Hauptfrucht dieses kurzen, aber arbeitsreichen Zu sammenseins unserer Neichsboten ist die beinahe ein stimmig erfolgte Annahme des deutsch-spanischen Han delsvertrages, womit nunmehr die Regelung unserer handelspolitischen Beziehungen zu Spanien eine durch aus sichere Nechtsbasis gewonnen hat, an welcher von , deutscher noch von spanischer Seite gerüttelt werden kann, und wird dies die betheiligten Geschäftskreise in Deutschland, welche so lebhaft auf die schleunige In kraftsetzung des Vertrages hindrängten, mit hoher Be friedigung erfüllt haben. — Auch die Mitglieder des Reichstags selbst können nur mit Gcnugthuung auf die außerordentliche Sommersession zurückblicken, denn, ganz abgesehen von den praktischen Ergebnissen der selben, so hat die Neichsregierung durch die Einberu fung des obersten Parlaments gHeigt, daß sie nicht geneigt ist, die regelrechten Bahnen der Verfassung zu verlassen, sondern sie hat durch diesen Schritt gezeigt, daß sie das Recht des Reichstages zu respektiren weiß, und dies ist wiederum von Letzterem anerkannt worden, indem er mit großer Majorität der Regierung die nachgesuchte Indemnität ertheilte. — Der deutsche Kronprinz ist von der Reise, die er behufs Jnspizirung verschiedener bayrischer Garnisonen unternommen hatte, wieder nach Berlin zurückgekehrt. Dem hohen Herrn ist allerorten, wo er auf seiner Reise weilte, der herz lichste Empfang zu Theil geworden, und überall hatten sich auch die Krieger- und Militärvereine aufgestellt, um ihn zu begrüßen. Unter ihren Mitgliedern giebt «s ja noch so viele Kämpfer aus dem Kriege von 1870, die unter der Führung des ritterlichen Erben des deutschen Kaiserthrones bei Weißenburg und Wörth .mitgestritten und mitgesiegt haben, und daß die Erin nerung an diese ruhmvollen Tage auch unter den alten bayrischen Soldaten noch lebendig ist, beweist der ju belnde Empfang, welchen sie ihrem ehemaligen Führer «Herwärts bereiteten. — Es ist recht bezeichnend für unsere Parteiverhältnisse, daß selbst ein so schmerzliches Ereigniß, wie die Steglitzer Eisenbahnkatastrophe, mit in das Gezänk der Parteien hineingezogen wird. Von links und rechts beschuldigt man sich förmlich gegen seitig, an jener Katastrophe mittelbar mit schuldig zu sein, und macht man im Speziellen die Majorität des Preußischen Abgeordnetenhauses, welche in der Sitzung vom 19. April d. I. das Regierungsprojekt bezüglich der Erweiterung des Steglitzer Bahnhofes zu theuer sand, mit verantwortlich. — Auf dem Gebiete der hohen Politik sind es noch immer die Salzburger Konferenzen zwischen Fürst Bismarck und Graf Kalnoky, welche die allgemeine Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Ueber das, was der deutsche Reichskanzler mit dem Leiter der auswärtigen Politik Oesterreich- Ungarns zu Salzburg verhandelt hat, ist natürlich nichts Positives bekannt; doch wird man nicht irren, wenn man annimmt, daß neben den deutsch-österrei chischen Beziehungen und anderen speziellen Fragen auch die allgemeine europäische Lage ein Gegenstand der Salzburger Konferenzen gewesen ist. Oesterreich-Ungarn. In der habsburgischen Doppelmonarchie beansprucht die ungarisch-kroatische Streitfrage noch immer das allgemeinste Interesse, welches selbst durch das freudige Familicnereigniß am Wiener Kaiserhofe — die Entbindung der Kronprin zessin Stephanie von einer Tochter — nicht abgeschwächt werden konnte. Es hat in Wien bezüglich der kroa tischen Angelegenheiten abermals ein gemeinsamer Ministerrath stattgefunden, in welchem die Entscheidung gegen Kroatien gefallen ist. Die Zügel der gesammten Regierungsgewalt in Kroatien sind in die Hände eines Militärs, des kommandirenden Generals Baron Nam- berg, gelegt worden, welcher bereits die Wiederanbrin gung der herabgerissenen ungarischen Wappen ange ordnet hat. Unter dem Drucke der Militär-Diktatur wird nun wohl die nationale Bewegung in Kroatien jetzt niedergehalten werden, vielleicht aber nur, um später desto mächtiger hervorzubrechen. Frankreich. Seit Montag ruhen die sterbliche» Ueberreste des Grafen Chambord in der Gruft der Klosterkirche in Görz, und hoffend richten sich nun die Blicke der französischen Royalisten auf seinen politischen Erben, den Grafen von Paris. Einen Moment schien es allerdings, als ob noch an dem Sarge des ver blichenen „rox" infolge einer bedeutungslosen Etikette frage eine plötzliche Kluft zwischen Orleanisten und Legitimisten einreißen sollte; die Gräfin Chambord hatte angeordnet, daß die orleanistischen Prinzen den Vorrang bei denTrauerseierlichkeiten einem der nächsten Anverwandten des Grafen Chambord überlasten sollten, was den Grafen von Paris und seine Begleiter ver anlaßte, nicht nur den Beisetzungsfeierlichkeiten in Görz fern zu bleiben, sondern auch sofort die Heim reise nach Frankreich anzutreten. Indessen liegen jetzt bereits Erklärungen der in Görz versammelt gewesenen Anhänger des Grafen Chambord vor, wonach sie den Grafen von Paris rückhaltslos als alleinigen Reprä sentanten des französischen Königthums anerkennen. Vorläufig wird sich derselbe aber hüten, seine Rechte auf den französischen Königsthron geltend zu machen, denn seine und der übrigen orleanistischen Prinzen Ausweisung aus Frankreich wäre die sofortige Folge dieses Schrittes. Dänemark. In der dänischen Hauptstadt wird gegenwärtig anscheinend ein großer fürstlicher Familien tag abgehalten. Den Mittelpunkt des glänzenden Kreises bildet das russische Kaiserpaar, um welches sich der König und die Königin von Griechenland, der englische Thronfolger, der Prinz von Wales nebst Gemahlin, sowie der Herzog und die Herzogin von Cambridge gruppiren. Der Aufenthalt Kaiser Alexan ders in Kopenhagen ist ungewöhnlich lange bemessen, da die Abreise des Kaisers, wie es heißt, erst am 15. September erfolgt; irgend einen politischen Zweck dürfte aber die Fürsten-Zusammenkunft in Kopenhagen schwerlich haben. Asien. Die Veränderungen, welche die Sunda- Straße infolge der in ihr stattgefundenen furchtbaren Eruptionen erlitten hat, haben die englische und die nordamerikanische Negierung veranlaßt, Kriegsschiffe nach der Sunda-Straße zu entsenden, um die dortige Lage zu prüfen. Amtliche Meldungen aus Batavia bestätigen, daß die Schifffahrt durch diese vielbefahrene Meerenge sehr gefährlich geworden ist, obwohl die Leuchtthürme von „Eerste Punt" und „Makke Hoek" noch aufrecht stehen. Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde, 5. Septbr. Aus dem nunmehr im Druck erschienenen Berichte der Handels- und Gewerbekammer zu Dresden auf 1881 und 1882 theilen wir nachstehend das Wichtigste über unfern Verwaltungsbezirk mit. Zwar ist die schmalspurige Sekundärbahn Hains berg-Schmiedeberg im Berichte erwähnt, aber da die Zeit seit der Eröffnung (bis Enve 1882) eine sehr kurze mar, so will sich der Bericht auf Grund zu sammelnder Erfahrungen erst das nächste Mal über die Betriebsverhältnisse gutachtlich äußern. Ein Zuschlag zur Einkommensteuer, wie er zur Deckung der Handels- und Gewerbekammerbedürfniste aller 3 Jahre ausgeschrieben wird, kommt 1883 nicht zur Erhebung. Die Vevölkcrungsziffer des Verwaltungsbezirks Dippoldiswalde betrug 1882 51399. Nach Abzug der Schuldzinsen betrug das Einkommen 13030585 Mk., nämlich aus Handel und Gewerbe 3511737 Mk., WHerih-IkitW -P Verantwortlicher Nedacteur: Carl Ikhnk in Dippoldiswalde. Sonnabend, den 8. September 1883 48. Jahrgang Nr. 105 W UW Ä' sandt, im redaktionellen Theil«, die Spaltenzeile 20 Pfg. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die SLadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein aus dem Grundbesitz 4697358 Mk., aus übrigen Quellen (Renten, Gehalte) 6399 334 Mk. — AuS der Tabelle über die Dividenden der im Bezirke vor kommenden Aktienunternehmungen geht hervor, daß Steinkohlenbauverein Hänichen 1881 wieder 2, und 1882 3»/» gezahlt hat, während von 1875 an ent weder keine oder höchstens 1878 1°/o, 1879 2«/a Divi dende gezahlt worden war; die Sächs. Holzindustrie gesellschaft Rabenau zahlte abermals keine Dividende, doch haben sich die Verhältnisse gebessert, daß für das nächste Mal Aussicht auf Dividende vorhanden ist. Interessant ist die Tabelle über die Lohnverhältniffe gewerblicher Hilfsarbeiter. In der landwirthschaftlichen Maschinenbaubranche betrug (Dippoldiswalde) der wöchentliche Arbeitsverdienst eines männlichen Arbeiters 11,8» — 17,i« Mk., also pro Jahr 618-892 Mk., beim Bergbau (Altenberg) 7,,« Mk. bez. 375 Mk., bei der Nechenmaschinenfabrikation 12—20, bez. 624 bis 1040 Mk., bei der Holzstofffabrikation 9,« —12, bez. 500—624, bei der Pappfabrikation 15—18, bez. 520—936 Mk.; traurig niedrig stehen die Preise für Strohflechterei, als höchster Verdienst gilt 104 Mk., von Altenberg ist als höchster Jahresverdienst einer geübten Flechterin 94 Mk. angegeben. An feststehenden Dampfmaschinen hatte der Bezirk 27 nlit 28 Kesseln und zusammen 592 Pferdekräften. Davon waren I I Maschinen beim Bergbau, 9 bei der Fabrikation von Nahrungs- und Genußmitteln, 3 bei der Industrie der Holz- und Schnitzstoffe, 1 bei der Papier-(Papp-) indnstrie, 4 bei gemischten Zwecken in Verwendung. ' Der Handel mit erzgebirgischer Butter und Käserei produkten wurde in nicht unerheblichem Umfange, namentlich nach der Residenz, betrieben und dadurch diesen Produkten regelmäßiger und lohnender Absatz gesichert. Der Kohlentransport (Hänichen 9136 Wagen ladungen ü 5000 kg) ist gegen die Vorjahre zurück gegangen. — Im tiefen Erbstolln zu Altenberg betrug bei eiuer Belegschaft von 27 Arbeitern das Ausbringen 242 Ztr. 90 Pfd. Zinn, 1 Ztr. 32 Pfd. Wismuth, und wurden per Zentner Zinn 104 Mk. 54 Pfg., per Pfund Wismuth 7 Mk. 17 Pfg. erzielt. Seit 1874 sind Ausbeuten an die Gewerken nicht zur Ver- theilung gekommen. (Schluß folgt.) — An vergangener Mittwoch mit dem Mittags zuge reisten neun Mitglieder der hiesigen freiwilligen Feuerwehr nach Chemnitz, um von dort aus den ver anstalteten Extrazug zum allgemeinen deutschen Feuer wehrtag nach Salzburg zu benutzen. — Der Besuch des Festes war durch eine bereits im Jahre 1880 ge gründete Reisekasse wesentlich unterstützt worden, zu der bei Gründung derselben 17 Mitglieder mit 19 An- theilen, ä 50 Pfg., traten. Als nun vor mehreren Tagen die Kaffe aetheilt wurde (mehrere Theilhaber waren in der Zwischenzeit ausgeschieden) kam die an sehnliche Summe von 1589 Mark 23 Pfg. zur Ver- theilung; der Betrag zerfällt in 1483 Mark 80 Pfg. Steuern, 85 Mark 83 Pfg. Zinsen und 19 Mark 60 Pfg. Strafgelder. Die eingezahlten Beträge er hielten die Steuernden selbstverständlich unverkürzt zurück, während die Zinsen und Strafgelder nur die erhielten, welche am Salzburger Feste theilnehmen. Dresden. Ihre Majestäten der König und die Königin sind am 5. September nach Zittau gereist und werden ihnen wahrscheinlich auch die Prinzessinnen Georg und Mathilde Nachreifen. — Die bei Ge legenheit des dortigen Manövers erbetene Parade- aufstellmig der Militärvereine des Bezirkes wird in den Mittagsstunden des Sonnabend stattfinden. — Aus Anlaß der in diesen Tagen erfolgten Fer tigstellung des 10000. Instruments in der rühmlichst bekannten Pianofortefabrik des Hofinstrumentenmachers Karl Rünsch Hierselbst gab derselbe am 5. September seinen, Comptoir- und Arbeiterpersonal (über 200) im Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des VlatteS eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit IO Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen- Me „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I<M. 26 Pfg., zweimonatlich «4 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Änzelne Nummern W Pfg. — All« Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an.