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DK „Wel-erih-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donner?- lag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 R. SS Pfg., zweimonatlich V4 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzeln« Nummern jv Pfg. — Alle Postan kalten, Postboten, sowie di» Agenten nehmen Be stellungen an. W Witz -Zitmz. Amtsblatt Inserat«, welch« bei der bedeutenden Auflage des Blatter eine sehr wirk same Verbreitung^ finden, werde« mit 1V Pfg. di« Spaltenzeile oder oerea Raum berrchnct. — Ta bellarische und complic'.rt« Inserate mit «ntsprechen- dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile W Pfg. für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Iranenstein Veranttvortlicher Redacteur: Carl JehNk in Dippoldiswalde. Nr. 96. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. . Kaiser Wilhelm widmet sich seit der Rückkehr von seinen Badereisen wieder in regelmäßigster Weise den Regierungsgeschäften; das Befinden des hohen Herrn ist fortdauernd ein äußerst günstiges, so daß er auch täglich die gewohnten Aus fahrten unternehmen kann. Jeden Tag stattet die Kaiserin ihrem erlauchten Gemahl auf Schloß Babels berg einen längeren Besuch ab, von welchem sie erst gegen Abend nach dem Stadtschlosse zurückzukehren pflegt. — Das Zentral-Komitee für die Opfer Ischias hat nach Aufforderung des Kronprinzenpaares einen Aufruf zur Bildung von Lokal-Komitees in ganz Deutschland erlassen, behufs Veranstaltung von Samm lungen. Alle Reichspoststellen und Neichsbankstellen sind zur Annahme von Beträgen ermächtigt, welche an die Neichsbank gehen. Unter den Unterzeichnern des Aufrufs befinden sich die Minister Graf Hatzseldt, Maybach, Staatssekretär Stephan, Neichsbankpräsident v. Dechend, Oberbürgermeister v. Forkenbeck, Prof. Du Bois-Neymond rc. — Die Monotonie, welche der Hochsommer in unsere innere Politik gebracht hat, wird durch eine aus Kissingen kommende Nachricht in überraschender Weise unterbrochen. Dort ist bereits in voriger Woche der Kardinal Edward Howard ein getroffen und schon am folgenden Tage vom Fürsten Bismarck zur Tafel gezogen worden. Wenn man diese Nachricht mit der anderweitigen Meldung in Verbindung bringt, daß man in diesen Tagen auch den Besuch des preußischen Kultusministers v. Goßler in dem fränkischen Badeorte erwartet, so lassen sich hieraus sehr naheliegende Schlußfolgerungen ziehen. Zwar meint die „Germania", daß der Kardinal Howard keinen diplomatischen Auftrag habe, aber diese Aus fassung möchten wir denn doch bezweifeln. In Kissingen sind schon mehr als einmal während der Anwesenheit des Reichskanzlers die zerrissenen Fäden der Verhand lungen zwischen Preußen und dem Vatikan wieder an geknüpft worden, und es liegt deshalb die Annahme nahe, daß Kardinal Howard als ein außerordentlicher Unterhändler seitens der römischen Kurie zu betrachten ist. Im Uebrigen zeigt sich hierbei die Unzuverlässigkeit der offiziösen Berichte über den Aufenthalt des Reichs kanzlers in Kissingen, denen zufolge der Kanzler sich von allen Geschäften und von jedem persönlichen Ver kehr fern halten sollte, womit der Besuch des genannten Kirchensürsten beini Fürsten Bismarck denn doch einiger maßen in Widerspruch steht. — Die Polizeiverordnung des Ober-Präsidenten der Provinz Sachsen, Herrn v. Wolff, über die strengere Heilighaltung der Sonn- und Festtage, ist, nachdem sie über ein halbes Jahr bestanden, nunmehr definitiv zurückgezogen worden. Die Verordnung, welche durch die Bestimmung, daß am Sonntag nach l Uhr alle Läden geschlossen sein sollten, so empfindlich in das Verkehrsleben eingriff, hat in der Provinz Sachsen bekanntlich große Erregung hervorgerufen, wie sie andererseits auch zahlreiche ge richtliche Verhandlungen zur Folge hatte. Schließlich gelangte die Frage an das Kammergericht in Berlin, welche als Nevisionsinstanz einen freisprechenden Aus spruch abgegeben und hierdurch Herrn v. Wolff zur Zurücknahme seiner allerseits vielgehaßten Verordnung bewogen hat. — Die günstigen Erfahrungen, welche die chinesische Negierung mit der deutschen Schiffsbau kunst bei Erbauung des „Ting Duen" gemacht hat, bewegen China augenscheinlich zu weiteren Bestellungen in Deutschland. Auf der Howaldt'schen Werst in Kiel wird demnächst der Bau zweier großer, besonders schneller Dampf-Korvetten für die chinesische Regierung in Angriff genommen werden. Die chinesische Ne gierung soll einen bekannten höheren deutschen Marine offizier außer Dienst mit der Leitung des Baues be auftragt haben. Oesterreich-Ungarn. An leitender Stelle in Wien scheint man doch zu der Erkenntniß gelangt zu sein. Sonnabend, den 18. August 1883. daß es nothwendig ist, die üppig wuchernden Ranken des österreichischen Polenthums etwas zu beschneiden. Für diese Annahme spricht wenigstens der Umstand, daß an Stelle des bisherigen, jetzt aber zurückgetretenen Statthalters von Galizien, Grafen Potocki, welcher der extremen Richtung der polnischen Partei in Oester reich angehörte, Hofrath Zaleski mit der galizischen Statthalterwürde bekleidet worden ist. Zaleski vertritt, obwohl Pole, durchaus gemäßigte Anschauungen und ist weniger Politiker als vielmehr ein erfahrener Ver waltungsbeamter, so daß er jedenfalls nicht mehr und nicht weniger als ein tüchtiger Administrator an der Spitze der galizischen Statthalterei sein wird. Unter Potocki hat sich Galizien so selbstständig entwickelt, daß es mit dem österreichischen Gesammt-Staat durch wenig mehr als durch Personal-Union verbunden er scheint ; hoffentlich wird durch die Ernennung Zaleskis den weiteren föderalistischen Bestrebungen der polnischen Partei ein Riegel vorgeschoben. Frankreich. Die französische Republik hat durch den Ausfall der jüngsten Generalrathswahlen eine weitere Kräftigung erfahren. Im Ganzen haben die Republikaner aller Schattirungen ca. 110 Sitze ge wonnen, doch ist noch nicht bekannt, in welcher Weise die einzelnen republikanischen Gruppen an dem Gewinn betheiligt sind. Dieser Wahlsieg eröffnet auch für die bevorstehenden Erneuerungswahlen zum Senat für die republikanische Sache eine günstige Perspektive, denn die Mitglieder der Generalrätye üben auf jene Ge- meinde-Delegirten in den Kollegien, durch welche die Senatoren gewählt werden, einen großen moralischen Einfluß aus, und dieser wird natürlich hauptsächlich den republikanischen Delegirten zu Gute kommen. An demselben Tage, an welchem die Generalrathswahlen stattfanden, am 12. August, vollzog sich auch in Paris die Einweihung des Denkmals, welches zur Erinnerung an die Vertheidigung von Paris im Kriege 1870/71 errichtet worden ist. Die Feier verlief in durchaus würdiger Weise und enthielten sich die Festredner in taktvoller Weife aller Angriffe auf Deutschland. Was die auswärtige französische Politik anbelangt, so tritt hier nur die Tonkin-Affaire hervor, die durch den be vorstehenden Sturm der Franzosen auf Hue, die Haupt stadt von Annam, vorläufig zu einer entscheidenden Wendung gebracht werdcn dürste. — Nach den jüngsten Mittheilungen aus Frohsdorf ist an der baldigen Auf lösung des Grafen Chambord, der sich in einem Zu stande der äußersten Schwäche befindet, kaum mehr zu zweifeln. Spanien. Der Ausstand in Spanien ist, wenn man den offiziösen Depeschen der spanischen Negierung Glauben schenken soll, nun wirklich und wahrhaftig unterdrückt. Private Meldungen wissen freilich zu be richten, daß die Kämpfe auf verschiedenen Punkten Spaniens noch fortdauern und daß in gewissen Pro vinzen noch große Erregung herrsche. Am Hofe von Madrid scheint man aber in der That der Meinung zu sein, daß der Ausstand als niedergeworfen zu be trachten ist, denn König Alfonso wird nach einer Nund- reise durch das nördliche Spanien nun doch seine pro- jektirte Reise nach Deutschland und Oesterreich antreten und sich zu diesem Zwecke in Coruna nach Havre ein schiffen. Zur Lage in Spanien. Die republikanische Schilderhebung in Spanien, welche von Badajoz ausgehend sich als eine Kette von Pronunciamentos, von Militärputschen, darstellte, deren Glieder sich von der portugiesischen Grenze bis an die Pyrenäen, bis nach Seo d'Urgel und Barcelona er streckten, ist noch immer nicht gänzlich unterdrückt. Wenn auch an verschiedenen Punkten die aufständischen Regimenter von den treu gebliebenen Truppen theils gefangen genommen, theils zersprengt worden sind, so erheben dafür wieder andere Garnisonen die Fahne 48. Jahrgang. des Aufruhrs, wie Gerona und Figueras, und die Aufregung im Lande, welche durch die ebenfalls hervor tretenden karlistischen Emissäre nur noch vermehrt wird, dauert fort. In mehreren größeren Städten, wie in Barcelona, mußte das Kriegsrecht verkündigt werden und über die Provinzen und Landschaften Estremadura, Legrono und Catalonien ist der Belagerungszustand verhängt worden; ob es diesem energischen Auftreten der Negierung gelingen wird, die aufständische Be wegung rasch und vollständig zu unterdrücken, bleibt vorläufig abzuwarten. Es ist höchst bezeichnend für die spanischen Zustände und Verhältnisse, daß selbst die Periode gedeihlicher Entwicklung, deren sich Spanien unleugbar seit dem Regierungsantritte Alfonso XII. zu erfreuen hat, nicht im Stande gewesen ist, die spanischen Republikaner mit der Monarchie zu versöhnen. Die elende Wirth- schaft der Bourbonen, die unter der Königin Isabella den Höhepunkt der Lüderlichkeit und Frivolität erreichte, hat eben in einem Theile der spanischen Bevölkerung einen tief eingewurzelten Haß gegen alles Monarchische erzeugt, der sich ebenso gut gegen die Karlisten wenden würde, säße Don Karlos auf dem Throne, als er sich jetzt gegen die Negierung Alfonsos kehrt. Diese leiden schaftliche Eingenommenheit gegen die Monarchie be nutzen nun ehrgeizige Männer, wie Castelar und Zor- rillar, um sich an die Spitze der Geschäfte zu schwingen, und zur Erreichung dieses Zieles scheuen sie felbsi vor den Schrecken eines Bürgerkrieges nicht zurück; auch diesmal sind sichere Anzeichen vorhanden, daß Zorrilla, das Haupt der spanischen Radikalen und unter König Amadeo Präsident des damaligen radikalen Ministeriums, die Hand mit im Spiele hat, ja, daß er der eigentliche Leiter des Aufstandes ist. Ueberall in Badajoz, Seo d'Urgel, Nagera rc. riefen die revoltirenden Regimenter: „Hock Zorrilla und die Verfassung von 1869!" und in Paris, dem ständigen Wohnsitz Zorrillas seit seiner freiwilligen Verbannung aus Spanien, wird derselbe plötzlich vermißt; höchst wahrscheinlich wird derselbe von irgend einem Punkte der spanisch-französischen Grenze aus versuchen, den kaum niedergeschlagenen Aufruhr aufs Neue zu entflammen. Indessen selbst angenommen, die von Zorrilla ein geleitete revolutionäre Bewegung würde schließlich tri- umphiren und ihn an die Spitze der spanischen Re publik bringen, so würden dennoch die Zustände Spa niens schwerlich besser werden. Als Zorrilla ÜaS Heft in den Händen hatte, bewies er zur Genüge, daß man das Glück eines Landes nicht mit hochtönenden Phrasen begründen kann, wie er und seine Anhänger sie immer im Munde führen, denn gerade unter dem Regime Zorrillas erreichten die Parteikämpse in Spanien einen bedenklich hohen Grad und für die wirthschaftliche und finanzielle Entwicklung des Landes wurde verzweifelt wenig gethan,' wie die totale Zerrüttung der Finanzen Spaniens in jener Epoche beweist. Dies verschlägt aber den spanischen Republikanern nichts, die sieben Jahr: verhältnißmäßiger Ruhe und Ordnung, deren sich Spanien seit dem Regierungsantritte Alfonso XII. erfreute, sind ihnen unerträglich und das Pronuncia- mcnto von Badajoz sollte jetzt den Vorläufer der all gemeinen republikanischen Erhebung bilden. Die rasche und vollständige Unterdrückung derselben ist im In teresse einer friedlichen Weiterentwickelung Spaniens nur dringend zu wünschen und bis jetzt hat sich auch Alfonso XII. dem Aufstand gegenüber fest und energisch gezeigt. Ueber einen Ministerwechsel im Kabinet Sa- gasta infolge der aufständischen Bewegung verlautet noch nichts Positives, doch heißt es, daß der Kriegs minister Marliny Campos auf alle Fälle demissiöniren werde; da die verschiedenen Pronunciamentos als in erster Linie gegen seine Persönlichkeit gerichtet gelten. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 17. August. Da heute Vor mittag reichlich Regen vom Himmel strömte und sich