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„«rlSeritz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. SS Psg., zweimonatlich 84 Pfg-, «innionatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - Alle Postan- «alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. WeWtz-Mms. Amtsblatt Inserate, welch« bet der bedeutenden Auflage des Blattes eine fehr wirk- same Verbreitung finden, »erde« mit 1ü Psg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Psg. für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen 'Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde. Nr. 93. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Nach dreiwöchentlichem Kur gebrauche hat Kaiser Wilhelm die heilkräftigen Quellen Gasteins, welche auch diesmal von der erfreulichsten Wirkung auf das Gesammtbefinden des greisen Mo narchen gewesen sind, am Dienstag wieder verlassen und sich zunächst nach Salzburg begeben. Hier traf der Kaiser im besten Wohlsein gegen 5 Uhr Nach mittags ein und nahm sein Quartier im „Europäischen Hof"; Mittwoch Vormittag erfolgte die Weiterreise nach Ischl zur Begrüßung des österreichischen Kaiser paares. Die Abreise von Ischl war auf Donnerstag Nachmittag festgesetzt und sah man der Ankunft des Kaisers in Neubabelsberg, wo er die nächsten Wochen zu residiren gedenkt, für Freitag Vormittag entgegen. — Am 26. Oktober d. I. sind 25 Jahre vergangen, seit Kaiser Wilhelm die Regentschaft Preußens an Stelle seines erkrankten königlichen Bruders, Friedrich Wilhelm IV., übernahm, und es ist begreiflich, daß sich in den loyalen Kreisen der Bevölkerung immer stärker der Gedanke regte, diesen wichtigen Tag festlich zu begehen. Wie nun aber die „Nordd. Allg. Ztg." mittheilt, ist es der besondere Wunsch des Kaisers, daß von einer festlichen Begehung dieses Tages Ab stand genommen werde, da der Tag des Regierungs antrittes des Kaisers demselben eine schmerzliche Erinne rung an jahrelanges Sicchthum seines Bruders und an die Zeit schwerer Heimsuchung des Königshauses bedeute, deren Gedächtniß festliche Veranstaltungen ausschließe. Ohne Zweifel wird das preußische Volk diesem Wunsche, der wieder einmal für die so pietät volle Gesinnung unsers Kaisers Zeugniß ablegt, nach kommen und die Erinnerung an jenen so bedeutungs vollen geschichtlichen Moment nur im Stillen feiern. — Fürst Bismarck soll sich, einer offiziösen Mittheilung zufolge und entgegenstehend anderen Nachrichten, in Kissingen von jeder Betheiligung an den Geschäften und jeder Art von Korrespondenz auf ärztliche Forde rung absolut fern halten. Sogar einen geselligen Verkehr harmloser Art hat der Fürst bisher nicht auf nehmen können und nöthigt ihn sein Gesundheits zustand, vollständig einsam und unbeschäftigt zu leben. — Von offiziöser Seite wird die eventuelle sofortige Einberufung des Reichstages in Sachen des deutsch spanischen Handelsvertrages in Aussicht gestellt. Die selbe soll erfolgen, falls die spanische Negierung nicht einwilligt, die Bestimmungen des noch nicht ratifizirten Vertrages provisorisch in Kraft zu setzen. Daß letzteres bald geschieht, ist für denjenigen Theil unserer In dustriellen und Gewerbetreibenden, welche mit Spanien Beziehungen unterhalten, eine Lebensfrage und cs ist anerkennenswerth von der Neichsregierung, daß sie selbst die Unbequemlichkeiten einer außerordentlichen Session nicht scheuen will, um den Vertrag durch die Genehmigung des Parlaments zum definitiven Abschluß zu bringen. — Die Stichwahl im Reichstagswahlkreise Kiel-Rendsburg hat mit einem vollständigen Siege des fortschrittlichen Kandidaten, Professor Hänel, ge endet. Derselbe erhielt nach amtlichem Ausweis 13,243, sein sozialistischer Gegner, Schneidermeister Heinzel, 8830 Stimmen, Hänel hat sich also in seinem alten Wahlkreis behauptet. In einem weiteren, der Fortschrittspartei gehörigen Wahlkreis, in Wiesbaden- Nheingau, Hal dieselbe bei der Ersatzwahl für Schulze- Delitzsch mit den Ultramontanen, Konservativen und Sozialdemokraten zugleich zu ringen, doch ist auch hier der Sieg des fortschrittlichen Kandidaten, Rechtsanwalt Schenk, gesichert, welcher am Dienstag gegenüber seinen drei Gegnern schon einen Vorsprung von 1339 Stimmen hatte. Ferner muß die Fortschrittspartei demnächst auch in den Neichstagswahlkreisen Greifs wald-Grimmen und Forchheim-Culmbach zu Neuwahlen schreiten. In ersterem handelt es sich um den Ersatz des bisherigen Vertreters, Senators Stoll, dessen Leiche bekanntlich kürzlich im Rhein aufgefunden wurde. Sonnabend, den 11. August 1883. und das Mandat für Forchheim-Culmbach ist durch die Beförderung des Landgerichtsraths Herz, des bis herigen Abgeordneten für diesen Wahlkreis, zum Land- gerichtsdirektor erledigt. Oesterreich-Ungarn. Anfang dieser Woche hat das Plenum des böhmischen Landtages den Kom missionsantrag über Einführung der Wahlreform mit allen Stimmen gegen diejenigen der deutschen Linken genehmigt. Es soll also den Deutschen im Lande der Wenzelskrone noch weiter an den Kragen gehen, denn darauf läuft die ganze Wahlreform hinaus, dieselbe soll eine „gerechtere" Vertheilung der Wahlkreise be zwecken, mit anderen Worten: Es soll eine veränderte Wahlkreis-Geometrie geschaffen werden, durch welche die Herren Czechen endlich die Drei-Viertels-Majorität in der Prager Landstube zu erlangen hoffen. Wenn indessen die liberalen Deutschböhmen auch ferner kräftig zusammenhalten, so dürfte selbst dieses schlaue Plänchen ihrer czechischen Gegner, zu Wasser werden. Die offizielle Ernennung des Grafen Foucher de Careil zum französischen Botschafter in Wien ist nunmehr erfolgt. Frankreich. Seit dem Kammerschluß stehen für Frankreich wieder die ostasiatischen Händel auf der Tagesordnung. Der Thronwechsel in Annam und der anscheinend erfolgte Abbruch der Verhandlungen zwischen Frankreich und China drängen in Ostasien zu einer Entscheidung, die möglicherweise durch die Waffen gegeben werden muß. Vorläufig scheinen sich die Franzosen durch ihren Erfolg bei Nam-Dinh wieder etwas Luft gemacht zu haben, und sie würoen wohl ohne Zweifel mit den Annamiten und den „Schwarzen Flaggen" auch bald fertig werden, wenn China nicht wäre. Die Meldungen aus dem Innern Chinas über fortgesetzte kriegerische Vorbereitungen der Chinesen lassen indessen keinen Zweifel daran, daß dieselben entschlossen sind, den Franzosen erforderlichen Falls in Annam die Spitze zu bieten. England. Die egyptischen Angelegenheiten waren in den letzten Tagen im englischen Unterhause wieder holt Gegenstand eingehender Debatten. Daß in der englischen Verwaltung des Pharaonenlandes nicht Alles Gold ist, was glänzt, weiß man auch jenseits des Kanals sehr gut, nur will sich das Kabinet von St. James noch immer nicht eingestehen, daß die Resultate seiner egyptischen Politik den militärischen Erfolgen Englands gerade nicht sehr entsprechen. In dessen weiß die englische Negierung allerhand Ent schuldigungen dafür, daß die Reorganisation Egyptens noch keine nennenswerthen Fortschritte gemacht hat, und am Montag gab Mr. Gladstone im Unterhause der Cholera die Schuld an dieser Verzögerung, worüber man allerdings sehr getheilter Meinung sein kann. Am genannten Tage kam auch der projektirte Rückzug der englischen Okkupationstruppen aus Egypten zur Sprache, wobei der Premier die beruhigende Erklärung abgab, daß Angesichts der Cholera die Negierung noch nicht daran denke, ihre Truppen aus Egypten zurück- zuziehen. Türkei. Die aufständischen albanesischen Berg stämme haben sich jetzt der türkischen Negierung definitiv unterworfen. Die von der Pforte gestellten Bedingun gen — Ausfolgung der anläßlich des türkisch-monte negrinischen Krieges ihnen gewährten Waffen und Zahlung des rückständigen dreijährigen Tributes — wurden von den Aufständischen zugestanden. Ob die Unterwerfung der Albanesen aber eine dauernde ist, erscheint bei dem stolzen Charakter dieses tapferen Bergvolkes mehr als zweifelhaft. Bezirkstag am 4. August 1883. Der Einladung des Vorsitzenden, Herrn Amts hauptmann von Kessinger, zum heutigen Bezirkstag hatten von den 24 Bezirksabgeordneten 22 Folge ge leistet, ebenso zwei Bezirksausschubmitglieder. Auch 48. Jahrgang. nahm der seit 1. August in diese Stellung berufene Herr Kreishauptmann von Koppenfels an den Ver handlungen Theil. Der Herr Vorsitzende, Amtshaupt mann von Keßinger, eröffnete den Bezirkstag mit Be grüßung der Versammlung und insbesondere des er schienenen hohen Negierungsvertreters, und gedachte in beredten Worten der vielen Verdienste, welche sich dessen Vorgänger, Herr Geh. Rath von Einsiedel, um d^n Bezirk erworben hat. Die Versammlung aber bekundete durch Erheben von den Sitzen ihr vollstes Einverständniß niit der diesen beiden hohen Herren gezollten Hochachtung und Dankbarkeit. Uebergehend zur Tagesordnung, wurde auf Vor schlag des Referenten, Herrn Bürgermeister Voigt, die auszugsweise im Drucke vorliegende 1882erBe- zirksjahresrechnung justifizirt und darauf in die Berathung des 1883er Bezirkshaushaltplanes eingetreten, welcher mit 60056 Mk. 90 Pfg. Bedarf und 56026 - 53 - Deckungsmittel (darunter ein anderweites Darlehn der Kom munalbank zu Leipzig), 4030 Mk. 37 Pfg. Defizit abschließt. Der Bezirksausschuß schlägt vor, zur Deckung dieses Defizits, sowie zur Ansammlung eines Kaffenbestandes zum Zwecke anderweitiger Verwendun gen in Bezirksangelegenheiten, bis auf Weiteres eine laufende jährliche Bezirkssteuer von '/» Pfg. pro Grund steuereinheit und 4 Pfg. pro Kopf der Seelenzahl, d. i. 2/» »ach Grundsteuereinheiten und '/» nach Köpfen, zu erheben, was bei einer Gesammtzahl von 1,258,434 Grundsteuereinheiten und 51399 Seelen den Betrag von 6250 Mk. 74 Pfg. ergeben würde. Diese Er hebungsmodalität hat der Bezirksausschuß insbesondere in Anbetracht der großen Schwierigkeiten gewählt, welche sich bei Berücksichtigung ver einschlagenden ge setzlichen Bestimmungen der Erhebung nach dem Maß stabe der direkten Staatssteuern entgegenstellen würden. An der nach vorausgegangener näherer Erläuterung der einzelnen Positionen eröffneten Debatte über den Haushaltplan betheiligten sich die Herren Abgeordneten Oberförster Klette von Bärenfels, Bürgermeister Schön - Herr von Altenberg, Bürgermeister Voigt von hier, Uhrenfabrikant Großmann von Glashütte, Ritterguts besitzer Otto auf Naundorf und Privatus Voita von Obercarsdorf, und war hierbei namentlich die von Herrn Klette angeregte Frage wegen weiterer Ermäßi gung des Zinsfußes für die Bezirksschuld und wegen veränderter Anlegung des Bezirksvermögens behufs Erzielung höherer Zinserträge und bez. Äbminderung der Bezirksschuld Gegenstand gegenseitiger Aussprache. Besondere Anträge wurden jedoch in keiner Richtung gestellt; ebenso fand die vorgeschlagene Modalität der Bezirkssteuererhebung keinen direkten Widerspruch, und wurde denn auch der Bezirkshaushaltplan nebst dem Vorschläge des Bezirksausschusses in Bezug auf die jährliche Erhebung einer Bezirkssteuer von der Ver sammlung einstimmig genehmigt. Gegen den Rechnungsabschluß der Bezirks anstalt nebst beigefügtem Geschäftsbericht auf das Jahr 1882 wurde irgend etwas nicht erinnert, und justifizirte daher die Versammlung diese Rechnungs ablegung pro 1882 ohne vorherige Diskussion. Aus dem Druckberichte hob der Herr Vorsitzende hervor, daß nunmehr auch die Ausscheidung der zeither zum Anstaltsverbande Hilbersdorf noch gehörig gewesenen Gemeinden aus diesem letzteren Verbände erfolgt sei und damit zugleich die seitherige exklusive Stellung dieser Gemeinden gegenüber der hiesigen Bezirksanstalt ihre Eudschaft erreicht habe. Bei dem hierauf folgenden Referate des Herrn Vorsitzenden über die mit der Einrichtung der Ortsgeschenke gemachten Erfahrungen und den Stand des Bettel- und Vagabundenwesens verbreitete sich derselbe zugleich über die anderwärts