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WHmtz-MllS Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde. Sonnabend, den 7. Juli 1883 48. Jahrgang Nr. 78. deutsche Kriegerfest unter zahlreicher Betheiligung der Militär- und Kriegervereine ans allen Gauen Deutsch lands gefeiert worden und in glänzendster Weise ver laufen. Oesterreich-Ungarn. Der heiße Wahlkampf in Böhmen zwischen Deutschen und Czechen ist nun be endigt und für die Deutschen in Anbetracht der ob waltenden Umstände in durchaus ehrenvoller Weise verlausen. Was die ländlichen Wahlbezirke anbelangt, so hat hier die deutsche Partei ihren Besitzstand auf der ganzen Linie zu bewahren gewußt und wenn auch die Wahlen aus der Städtekurie den Deutschen die beiden einzigen Mandate, welche sie noch in der Haupt stadt Prag besaßen, gekostet haben, so ist dieser Verlust doch durch den Ausfall der Wähle» der Handelskam mern wieder ausgeglichen worden. Die 4 Vertreter der Prager Handelskammer, sowie derjenige der Egerer Handelskammer gehören der deutschen Partei an, während der Abgeordnete der Handelskammer von Budweis ein Czeche ist; die Pilsener Handelskammer entsendet einen Deutschen und einen Czechen in den Landtag. Dagegen sind die ausschlaggebenden Wahlen des Großgrundbesitzes, wie nicht anders zu erwarten stand, überwiegend zu Gunsten der czechisch-feudalen Koalition ausgefallen, so daß nunmehr die Deutschen zum ersten Male in der Prager Landstube in der Minderheit sind. Trotzdem erscheinen sie aber immer noch stark genug, um etwaigen Versuchen der Czechen zur Abänderung der Wahlverfassung entgegenzutreten, da hierzu die Zustimmung von der Abgeordneten erforderlich ist und über eine solche Majorität verfügt glücklicherweise die czechische Partei nicht. — Kaiser Franz Josef hat Anfangs dieser Woche anläßlich der Jubelfeier der 600jährigen Zugehörigkeit von Steier mark und Kram zu Oesterreich eine längere Reise nach diesen Provinzen angetreten. Frankreich. Die lebensgefährliche Erkrankung des Grafen Chambord auf seinem Schlöffe Frohsdorf bei Wien läßt in Frankreich augenblicklich alle Ange legenheiten der innern und äußern Politik in den Hintergrund treten. Das Befinden des Grafen ist ein höchst bedenkliches. Er soll an Magenkrebs leiden und haben ihm die Aerzte nur noch wenige Wochen zum Leben gegeben. Mit seinem Tode werden an die fran zösische Regierung neue Verwicklungen herantreten und ihre Lösung verlangen. Graf Heinrich Chambord, der legttimistische Prätendent auf den französischen Thron, von seinen Anhängern bekanntlich Heinrich V. genannt, ist kinderlos, und sein Ableben würde die Familie der Orleans zum Antritt seiner politischen Erbschaft be rechtigen, d. h. diesen oder jenen Prinzen aus ihrer Mitte nunmehr als Prätendenten aufzustellen. Bereits sind die orleanistischen Prinzen, der Graf von Paris und die Herzöge von Nemours und Alenyon nach Frohsdorf abgereist, uni bei dem eventuellen Dahin scheiden des Hauptrepräsentanten der französischen Mo narchisten zugegen zu sein. Irgendwelche Kundgebungen haben die Orleans bis jetzt noch vermieden und daran thun sie sehr klug, da die französische Regierung ge willt ist, in diesem Falle sofort sämmtliche Mitglieder der Familie Orleans auszuweisen. Jedenfalls würde diese Maßregel in Frankreich auf keinen allzugroßen Widerspruch stoßen, wenigstens ist ja die Entfernung der orleanistischen Prinzen aus der französischen Armee vor sich gegangen, ohne etwas anderes als einige ge harnischte Proteste der monarchistischen Blätter hervor gerufen zu haben. — Die Kammerferien beginnen am 20. Juli. England. Die Annexion von Neu-Guinea durch die Kolonialregierung von Queensland (Australien) ist jetzt, allerdings post tostum, merkwürdiger Weise auf den Widerspruch des Kabinets Gladstone gestoßen. Dasselbe hat eine Note nach Queensland gesendet, in welcher erklärt wird, die englische Regierung könne die Annexion von Neu-Guinea nicht billigen, da dieselbe vom NechtSstandpunkte aus nicht zu rechtfertigen sei, Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Der Bade-Aufenthalt unseres Kaisers in Ems neigt sich seinem Ende zu, da der' hohe Herr seine Kur, welche ihm erfreulicherweise vor trefflich bekommen ist, Ausgangs dieser Woche zu be endigen gedenkt. Von Ems aus begiebt sich der Kaiser zunächst zu einem kurzen Besuch seiner erlauchten Ge mahlin nach Coblenz, worauf er über Karlsruhe nach der Bodensee-Insel Mainau reist. Auf Mainau ist ein achttägiger Aufenthalt in Aussicht genommen, wel chem sodann die Nachkur in Gastein folgt. — Der Reichskanzler hat endlich den Aufenthalt in den heißen Mauern Berlins mit dem angenehmeren in seinem lauenburgischen Tuskulum Friedrichsruh vertauscht, wo er im Laufe des Montag eingetroffen ist. Da rüber, wie lange der Kanzler in Friedrichsruh zu ver weilen und wenn er seine diesjährige Badereise anzu treten gedenkt, ist noch gar nichts Näheres bekannt; versichert wird nur, daß er auch diesmal die Kur in Kisfingen gebrauchen wird. — Gleichzeitig mit der Abreise des leitenden Staatsmannes aus Berlin ist auch der Schluß des preußischen Landtages erfolgt, welcher somit beinahe acht Monate versammelt gewesen ist. Die Ergebnisse der abgelaufenen Session sind im Allgemeinen als recht befriedigende zu bezeichnen, denn sämmtliche von der Regierung eingebrachten wichtigeren Gesetzentwürfe fanden die Zustimmung des Landtages; nur bezüglich der Kanal-Vorlage ist eine Differenz zwischen beiden Häusern des Landtages entstanden, in dem zwar das Abgeordnetenhaus die Vorlage geneh migte, dagegen wurde dieselbe vom Herrenhause ab gelehnt, so daß der genannte Gesetzentwurf vorläufig als gescheitert zu betrachten ist. Bezüglich vieler Ge setzentwürfe machte sich im Abgeordnetenhause ein Zu sammengehen der konservativen und klerikalen Elemente bemerklich, das namentlich in den kirchenpolitischen De batten zum Ausdruck gelangte und in der Annahme des neuen Kirchengesetzes gipfelte. Als praktische be deutsame Leistungen der abgelaufenen Session sind das Zustandekommen der Verwaltungsgesetze und auf steuer politischem Gebiete der Erlaß der beiden untersten Klaffensteuerstufen zu verzeichnen, ganz abgesehen davon, daß noch eine ganze Reihe minder wichtiger Gesetz entwürfe Erledigung gefunden hat, so daß die Regie rung mit den Resultaten der Landtagssession wohl zu frieden sein darf. — Die von Egypten aus Europa drohende Choleragefahr hat auch die Neichsregierung veranlaßt, in dieser Angelegenheit vorzugehen. Nach einer offiziösen Mittheilung der „Nordd. Allg. Ztg." sollen sofort Kommissionen unter Zuziehung des Reichs gesundheitsamtes zusammentreten, um diejenigen pro phylaktischen (vorbeugenden) Maßregeln zu erwägen, welche am besten geeignet sein könnten, die Cholera von unfern Grenzen fern zu halten. — Der päpstliche „Moniteur de Rome" hat jetzt einige Aufklärungen über den Inhalt der jüngstenNote desKardinal-Staats- Sekretärs Jacvbini an die preußische Regierung ge geben. Hiernach zu urtheilen, wird in der Note eine sehr anmaßende Sprache geführt, denn es wird in ihr zunächst das Erstaunen der Kurie über die Kühnheit der preußischen Negierung ausgedrückt, noch während der Verhandlungen mit Rom der preußischen Volks vertretung eine kirchenpolitische Vorlage zu machen. Sodann erklärt die Note mit dürren Worten, daß es, um zum kirchlichen Frieden zu gelangen, nur ein Mittel gebe, nämlich die Herstellung eines Einvernehmens mit dem Vatikan, und verlangt endlich als Gegenleistung für die Erfüllung der Anzeigepflicht, von Preußen die vorherige Regelung der Fragen betreffs der Vorbildung der katholischen Geistlichen und der Handhabung der geistlichen Amtsgewalt, Beides natürlich im Sinne der Kurie. Eine allzu freundliche Aufnahme dürste die Note unter diesen Umständen seitens der preußischen Regierung wohl schwerlich gefunden haben. — In Hamburg ist in dieser Woche das erste allgemeine Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 5. Juli. Se. Majestät der König haben dem Pfarrer Herrn Karl Friedrich Schäfer in Döbra aus Anlaß seiner erfolgten Amts niederlegung in Anerkennung langjähriger treuer und gewissenhafter Wirksamkeit das Ritterkreuz I. Klaffe vom Albrechtsorden Allergnädigst zu verleihen geruht und ist diese Dekoration dem Genannten bei seiner heutigen Anwesenheit in Dippoldiswalde von der hie sigen König!. Kircheninspection unter entsprechender Feierlichkeit ausgehändigt worden. — 6. Juli. In den späteren Vormittagsstunden brachte uns heute ein Gewitter den langersehnten, aber nur zu kurzen Regen. — Kurz vor 12 Uhr ertönte die Sturmglocke und kündete ein Schadenfeuer auf dem Lande an. Die von der hiesigen freiwilligen Feuer wehr bediente Landspritze rückte nach Obercarsdorf ab, wo durch Blitzschlag die Gebäude des Gutsbesitzer Grumbt in Brand gerathen waren. — Im Monat Juni d. I. wurden an hier durch reisende Fremde als Stadtgeschenk 274 Markest gegen 258 im gleichen Monat des Jahres 1882 ver abreicht. — Au Sonntagen, mit 8. Juli beginnend, sind die Dienststunden des hiesigen Postamtes für den Ver kehr mit dem Publikum auf die Stunden 7—9 Uhr Vorm., 12—1 Uhr Mittags und 5—7 Uhr Nachm. festgesetzt. Die bisher verlängerte Dienstzeit von 9 bis 10>/i Uhr Vorm. kommt in Wegfall. Die mit dem ersten Zug von Hainsberg Norm. 9 Uhr 28 Min. DK Weikeri-. Zeitung erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 26 Pfg., zweimonatlich S4 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- »alten, Postboten, sowie Lie Agenten nehmen Be- Jnserate, welche brr der bedeutenden Auflage de« Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und coinplicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. jedenfalls müßte ein solcher Schritt von London aus gehen. Es scheint demnach, daß die australische Kolo nialregierung ganz auf eigene Faust Neu-Guinea an- nektirt hat, über welches eigenmächtige Verfahren man in London pikirt ist; von einem Aufgeben der neuen Kolonie ist aber selbstverständlich keine Rede. — Aus England kommt die Schreckenskunde von einem aber maligen Maffenunglück. In Linthouse (Schottland) schlug der neuerbaute Dampfer „Daphne" während des Stapellaufes um, wobei circa 150 Personen im Wasser umkamen, meistens Ingenieure, Feuermänner und Zimmerleute, welche sich unter Deck befanden, um die Maschinen einznsetzen. Die Ursache des Kenterns ist zweifellos die Ueberlastung des Decks durch die auf demselben befindlichen Theile der Maschine. Rumänien. Zwischen den Kabineten von Wien und Bukarest weht schon seit längerer Zeit eine scharfe Luft, welche durch die bekannte Rede des Senators Gradisteanu in Jaffy noch um eine Nüance kälter ge worden ist. Gradisteanu hatte in derselben die Hoff nung auf eine baldige Vereinigung der theilweise von Rumänen bewohnten Provinzen Oesterreichs mit dem Mutterlande, wenn auch verblümt, ausgedrückt und auf einen deutlichen Wink von Wien aus beeilt sich nun das rumänische Amtsblatt „Romanul" die Aeu- ßerungen Gradisteanus als unpassend zu bezeichnen. Mit diesem wässrigen Dementi ist man aber in Wien nicht zufrieden und hat der rumänischen Regierung zu verstehen gegeben, daß Oesterreich eine bündigere Er klärung wünscht. Egypten. Mit merkwürdiger Heftigkeit wüthet die Cholera in Damiette fort, wo täglich 100 und mehr Personen derselben erliegen, während die Epi demie an den andern infizirten Orten Egyptens bis jetzt nur verhältnißmäßig geringe Opfer gefordert hat. Man will deshalb sämmtliche Bewohner Damiettes in Baracken unterbringen und außerdem den Sanitäts kordon verstärken, ebenso haben die Soldaten des um den Ort gezogenen Sicherheitskordons Befehl erhalten, auf etwaige Flüchtlinge zu schießen; letztgenannte Maß regeln würden jetzt freilich nichts mehr nützen. In Kairo geht übrigens das Gerücht, daß zwei egyptische Flüchtlinge im Lazareth zu Beirut (Syrien) an der Cholera gestorben seien. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein