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Mchmtz-ZkitiiW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhnk in Dippoldiswalde, Nr. 75 48. Jahrgang Sonnabend, den 30. Juni 1883 r M d s 0 i- i e l den türkischen Truppen und den aufständischen Stäm men eine Art Waffenruhe eingetreten, welche vermuthlich mit der vollständigen Unterwerfung der Insurgenten enden wird. Hafiz Pascha, der türkische Befehlshaber, war von den Albanesen fast gänzlich eingeschloffen worden, aber durch ein geschicktes Manöver gelang es ihm, sich noch rechtzeitig aus der Klemme zu ziehen und die Insurgenten in eine derartige Lage zu bringen, daß ihnen nichts übrig bleiben wird, als sich zu unter werfen, resp. die Waffen zu strecken. Nord-Amerika. Von Seiten der amerikanischen Regierung werden Maßregeln gegen die Einwanderung armer irischer Emigranten in das Unionsgebiet geplant. Die Kommission für das Auswanderungswesen hat mehrere Beschlüsse gefaßt, durch welche die Landung von Auswanderern der bezeichneten Art in den Küsten städten der Union verhindert werden soll. Die Kom mission schlägt vor, diejenigen Auswanderer, für welche die englische Regierung die Reisekosten bezahlt hat, zu rückzuschicken. Oesterreich-Ungarn. Unter den Tagesbegeben heiten der habsburgffchen Doppelmonarchie lenkt neben dem vor seiner Entscheidung stehenden Wahlkampfe in Böhmen die Tisza-Eslaer Affaire die Aufmerksamkeit zumeist auf sich. Die Schlußverhandlungen des zu Nyiregyhaza spielenden Monstre-Prozesses wegen der angeblichen Ermordung der Esther Solymossy durch jüdische Schächter haben Erscheinungen zu Tage ge fördert, welche auf die ungarische Justizpflege ein eigen- thümliches Licht werfen. Wir haben da einen Staats anwalt, welcher zu Gunsten der Angeklagten plaidirt und den Untersuchungsrichter Bary als denjenigen be zeichnet, der eigentlich auf die Anklagebank gehöre, da tritt uns ein Präsident.entgegen, der seine Voreinge nommenheit gegen die Angeklagten nicht verbergen kann und was den Hauptbelastungszeugen, den 1 ^jäh rigen Moritz Scharf, anbelangt, so stellt sich jetzt heraus, daß dessen Aussagen theilweise gänzlich erfunden und den Machinationen gewisser, hinter den Kouliffen steh ender Persönlichkeiten zuzuschreiben sind. Auch die Aussagen anderer Belastungszeugen haben sich als sehr zweifelhaft erwiesen, und für Mittwoch stand die Vernehmung des Debrecziner Sicherheits-Kommissars, Barcza, in Aussicht, der Kenntniß davon haben soll, wie Moritz Scharf zu den judenfeindlichen Aussagen abgerichtet wurde. Der Prozeß von Nyiregyhaza scheint sich demnach zu einem hochsensationellen gerichtlichen Drama entwickeln zu wollen. Frankreich. Die Pariser radikalen und anar chistischen Kreise sind durch die Verurtheilung der „Bürgerin" Louise Michel in hochgradige Erregung gerathen. Louise Michel, die echte Hohepriesterin des Petroleum-Kultus, hatte bekanntlich die in Paris vor einigen Monaten stattgefundene Straßenemeute ver anlaßt, welche in der „Erstürmung" und Plünderung mehrerer Bäckerläden gipfelte. Wegen dieses Vergehens und wegen Vertheilung hochverräterischer Brochüren an Soldaten wurde die Michel zu sechsjähriger Ein schließung und zehnjähriger Stellung unter Polizei aufsicht verurtheilt, worüber die gesammte radikale Presse der französischen Hauptstadt außer Rand und Band gerathen ist. Die Anarchisten hielten am Sonntag im Saale Reine Blanche ein großes Entrüstungsmeeting ab, und die hierbei ausgestoßenen staatsgefährlichen Drohungen überschreiten alles Dagewesene. Der Ge richtspräsident Namö und der Staatsanwalt wurden förmlich zum Tode verurtheilt und ein Individuum, Namens Cantet, erbot sich sofort, den Urtheilsspruch zu vollziehen; auch eine Proskriptionsliste der Ge schworenen zirkulirte. Außerdem wurde der Beschluß gefaßt, am 14. Juli, dein Natronalfesttag der Franzosen, schwarze Fahnen auszuhängen und durch Straßen tumulte die Feier zu stören. Die französische Negie rung soll entschlossen sein, die wüthendsten Schreier wegen der ausgestoßenen Morddrohungen zu verhaften. Challemel-Lacour, der Minister des Auswärtigen, ist in Vichy nicht unbedenklich erkrankt; es heißt deshalb bereits, daß der Ministerpräsident Ferry die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten definitiv übernehmen werde. England. Für die in der englischen Armee herr schende Disziplinlosigkeit, worüber schon seit längerer Zeit heftige Klagen geführt werden, liefert ein blutiger Vorgang der letzten Tage abermals einen deutlichen Beweis. In Curragh (Irland) ist es zwischen Sol daten zweier Regimenter aus noch unbekannten Ur sachen zu einem ernsten Zusammenstöße gekommen, bei welchem von den Schießgewehren Gebrauch gemacht wurde und fünf Soldaten todt auf dem Platze blieben, während mehrere andere Verwundungen davon trugen. Erst dem energischen Eingreifen der Offiziere, welche drohten, auf die Meuterer schießen zu lassen, gelang es, dem Kampfe ein Ende zu machen; für den in der englischen Armee herrschenden Geist legt dieser Vorgang gerade kein günstiges Zeugniß ab. Türkei. In den albanesischen Bergen ist zwischen MD? königlichen Amtsgericht« zu Dippoldiswalde. In Zivilprozeßsachen. Den 5. Juli 1883: Noßhändler Georg Mark in Wittichenau gegen Käsehändler Moritz Siegelt in Possendorf. — Gutsbesitzer Paul Wilhelm Fleischer in Lungkwitz gegen Handelsmann Friedrich Wilhelm Weidner daselbst. — Kaufmann Emil Seidel in Gomsen gegen Kaufmann Albin Schmidt hier. — Schneidermeister Säurich in Tharand gegen Lehrer Peuckert in Poffendorf. Dippoldiswalde. Das Organ des Sächsischen Gewerbevereins bringt den Vorschlag, alte Stahl federn, ähnlich wie Zigarrenabschnitte, zu sammeln uird den Erlös zur Anschaffung von Lehrmitteln für Arbeiterkinder zu verwenden. Es bestehen die Federn bekanntlich aus dem vorzüglichsten Stahl, welcher durch den Gebrauch so gut wie keinen Gewichtsverlust er leidet. Sobald die Spitze abgenutzt ist, wird die Feder weggeworfen und es gehen jährlich auf diese Weise viele Millionen kleine Stahlstücke verloren, die nach Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Der Kaiser, dessen Emser Trinkkur den erfreulichsten Verlauf nimmt, gedenkt, wie aus Ems gemeldet, am 18. Juli in Gastein zur gewohnten Nachkur einzutreffen. Ueber die anläßlich des Gasteiner Aufenthaltes projektirte Zusammenkunft zwischen Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Joseph verlautet noch nichts Näheres. — In Sonnenberg hat am Dienstag die feierliche Einführung und Investitur des Prinzen Albrecht von Preußen als Herrenmeister der Balley Brandenburg des Johanniterordens durch den Kronprinzen, in Stellvertretung des Kaisers, statt gefunden. Außerdem wurden noch als Nechtsritter der Herzog von Edinburgh, der Minister des Innern, v. Puttkamer, Prinz Heinrich XVlll. Neuß und Graf Limburg-Stirum ausgenommen. — Noch kurz vor dem Schluß der Landtagssession in Preußen ist der kirchen politische Streit im Abgeordnetenhause gelegentlich der am Montag stattgefundenen dritten Lesung der kirchen politischen Vorlage noch einmal in Hellen Flammen ausgebrochen. Während die beiden ersten Lesungen des genannten Gesetzentwurfes in durchaus sachlicher und ruhiger Weise verliefen — ruhiger als man viel leicht erwartet haben mochte — platzten die Geister am Montag scharf aufeinander, der ganze Kulturkampf lebte in seiner alten Bitterkeit und Schärfe wieder auf und in der Hitze des Wortgefechtes fehlte es auch nicht an persönlichen Ausfällen, so daß sich Vizepräsident v. Heeremann genöthigt sah, nach mehr als einer Seite hin den Ordnungsruf zu ertheilen. An dem vorher schon mit Sicherheit zu erwartenden Resultate änderten jedoch die vierstündigen Verhandlungen nichts und die mit 224 gegen 107 Stimmen erfolgte definitive An nahme der kirchenpolitischen Vorlage in derKommissions- fassung hat daher aus keiner Seite Ueberraschung her vorgerufen. Nur insofern unterscheidet sich das Re sultat der dritten Abstimmung von dem der zweiten, als diesmal die Zahl der gegen die Vorlage abgege benen Stimmen sich von 87 auf 107 hob, da außer den Nationalliberalen und den Sezessionisten auch der größte Theil der freikonservativen Fraktion sowie der Fortschrittler sich gegen die Vorlage erklärte. Vom Abgeordnetenhaus ist der kirchenpolitische Gesetzentwurf sofort dem Herrenhaus zugegangen, dessen Kommission dem Entwurf, ohne irgendwelche Aenderungen vorzu nehmen, bereits am Dienstag zugestimmt hat. Man kann daher annehmen, daß sich auch das Plenum des Herrenhauses in gleichem Sinne entscheiden wird und da anderweite wichtigere Gesetzentwürfe den beiden Häusern des Landtages nicht mehr vorliegen, so dürfte der Schluß des Landtages möglicherweise schon nächsten Sonnabend erfolgen. — Herr v. Bennigsen hat sich veranlaßt gesehen, an den Vorstand der national liberalen Partei ein Schreiben zu richten, in welchem er für die Kundgebung, die ihm anläßlich seiner Man datsniederlegung von den nationalliberalen Fraktionen des Reichstages und des preußischen Abgeordnetenhauses zu Theil geworden ist, seinen wärmsten Dank ausspricht. Im Weiteren giebt Herr v. Bennigsen auch über die Motive Aufschluß, welche ihu bewogen, auf seine par lamentarische Thätigkeit zu verzichten, und was er hierüber sagt, bestätigt nur die allgemeine Auffassung über diesen folgenschweren Schritt. Die eingetretene ungesunde Entwickelung unserer inneren politischen Verhältnisse, die steigende Verbitterung der Parteien, der immer schärfer auftretende Gegensatz zwischen Reichs regierung und Parlament und endlich die Spaltung unter den Liberalen haben den bisherige» Führer der Nationalliberalen veranlaßt, sich aus dem parlamen tarischen Leben gänzlich zurückzuziehen. Herr v. Ben nigsen giebt am Ende des Schreibens seiner Ueber- zeugung Ausdruck, daß auch trotz seines Ausscheidens aus den Parlamenten die nahen Beziehungen zwischen ihm und der nationalliberalen Partei fortdauern werden. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 29. Juni. Wir sind genöthigt, zu unserm Verzeichnisse der Aussteller einen Nachtrag zu geben, da trotz unseres Bemühens, nichts zu über sehen, doch einige Aussteller bei der Zusammenstellung vergessen worden sind. Es sind noch zu verzeichnen: In Zimmer Nr. 2: Berger und Zenner-Glashütte, Holzwaaren. — Baumeister Schmidt-Dippoldiswalde, Bettstelle und Wahlurne. In Zimmer Nr. 3: Köhler-Geisingsgrund, Holzstoff. In Zimmer Nr. 10: Lehrling Hering (bei Zschocke)- Dippoldiswalde, Stiefel. — Lehrling Seiler (beiBuse)- Dippoldiswalde, Hosen. — Hippe-Glashütte (bei Thal heim), Feinmechanik. In der Turnhalle: Kadner-Glashütte, geschliffene Feilen. — Krumpolt-Niederpöbel, Holzmachersägen. Vor der Turnhalle: Nitzsche-Niederpöbel, Kisten. — Bliemel-Dippoldiswalde, eiserne Gartenmöbel. Außerdem hatte die Stadtgemeinde Altenberg den ihr gehörigen Stammbaum des Hauses Wettin als Dekorationsstück (in Zimmer Nr. 5) freundlichst über lassen. — An» 28. Juni, Nachmittags 4 Uhr 35 Min., traf mittelst Extrazugs die von Schmiedeberg kommende 2. Hälfte der Exkursion des Dresdner Gewerbe vereins hier ein, besichtigte die Nikolaikirche, wo Herr Sup. Opitz bereitwilligst einige mit großem Bei fall aufgenommene Erklärungen gab, besah dann einige interessante Punkte und dampfte nach 7 Uhr wieder ab, um sich mit den nach Malter vorausgegangenen Vereinsgenoffen zu vereinigen. — Der diese Woche in Pirna tagende sächsische Forstverein hat als Versammlungsort im Jahre 1884 Dippoldiswalde gewählt. Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage de« Blatte« ein« sehr wirk same Verbreitunä finden, werden nrit 10 Psa, die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und coinplictrte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktioneller» Theile, die Gpaltenzeile SOPfz. „Wei-eritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. LS Pfg., zweimonatlich . S4 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie Vie Agenten nehmen Be stellungen an. MMKWWWWMA Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein