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Meißmtz-IMW Amtsblatt Verantwortlicher Redacteur: Carl Zehne in Dippoldiswalde, 48. Jahrgang. Dienstag, den 1. Mai 1883 Nr. 50 Die „Wei-eritz.Zeitnng" «scheint wöchentlich drei ¬ mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljtihrlich 1 M. 25 Psg., zweimonatlich L4 Psg., «imnonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Psg. - Alle Posta». ltalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be ¬ stellungen an. für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen WntsgerichLe und die StadLräthe ' zu Dippoldiswalde und Irauenstem Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde, 30. April. Die Gewerbe- Vereinsversammlung am 27. d. M. brachte neben verschiedenen Mittheilungen ohne allgemeineres Interesse auch eine solche über die in Eisenbahnangelegenheiten vom Vorstand bei der kgl. Generaldirektion gethanen Schritte. Zunächst war derselbe dahin vorstellig ge worden, die Transportsätze für Stückgüter ebenso wie für Kohlen aus dem Plauenschen Grunde und für Hölzer herabsetzen zu wollen, da ohne eine wesentliche Ermäßigung die Konkurrenz der Frachter nicht zu be siegen sein werde. Leider ist die kgl. Generaldirektion auf die geäußerten Wünsche der betr. Petition vorder hand nicht eingegangen; da sie aber in ihrer Rück antwort an dm hiesigen Gewerbeverein selbst anerkennt, daß mit der Herabsetzung der Frachtsätze für Holz und Kohlen „den Bedürfnissen des Verkehrs, wie sich dieselben neuerdings herausgestellt haben, wenigstens in der Hauptsache genügt sein werde", so ist zu hoffen, daß später wohl noch ein weiteres Eingehen auf die Wünsche und Bedürfnisse der Bahninteressenten folgen werde, um den Bedürfnissen des Verkehrs völlig zu genügen. Würde doch die kgl. General direktion, unserer vollen Ueberzeugung nach, damit zugleich ihr eigenes Interesse am besten wahren. Es will uns nicht einleuchten, daß zur Beförderung der bei ermäßigten Transportfätzen selbstverständlich reich licher zur Aufgabe gelangenden Stückgüter wesentlich mehr Transportmittel und Personal nöthig werden würden, vorausgesetzt, daß, wie es ja so wie so un ausbleiblich sein wird, zu den vorhandenen je 3 Zügen der Bahnstrecke je ein vierter reglementsmäßig eingelegt werden würde. Ob ein solcher Zug dann anstatt 4 etwa 8 Packwagen führt, erhöht die Betriebskosten nicht wesentlich, bringt aber, trotz der Transport ermäßigung, eine Mehreinnahme zu Stande, die unseres Bedünkens nicht von der Hand zu weisen ist. — Weiter hatte der Vorstand wegen Einlegung eines namentlich das Interesse der Touristen berücksichtigen den Zuges eine Petition vorbereitet gehabt, hatte aber infolge der indirekt erhaltenen Zusicherung, daß bereits in den nächsten Sommerfahrplan ein etwa 7 Uhr in Schmiedeberg abzulassender Zug ausgenommen werden würde, von der weiteren Verfolgung dieser Angelegen heit abgesehen. — Da jedoch im Laufe der sich an diese Mittheilungen knüpfenden Debatte die höchst mißlichen Verhältnisse zur Sprache kamen, unter welchen unser jetziger Postverkehr leidet, und der Vorstand beauftragt wurde, in dieser Hinsicht auf baldige Besserung hinzuwirken, so dürfte die Eisenbahnfrage für die Thätigkeit des Vorstandes so lange eine stehende bleiben, als sich nicht den bescheidenen Wünschen der Bahn- und Postintereffenten entsprechende Zustände herausgebildet haben. Verschiedene Geschäftsleute klagen mit Recht über die Unmöglichkeit, trotz der Bahn, Korrespondenzen in derselben günstigen Weise als zu Zeiten der Pferdepost führen zu können. — Nach Schluß der Mittheilungen hielt Herr Lehrer Eidner einen mit großem Beifall aufgenommenen Vor trag über die historische Bedeutung der Albrechtsburg in Meißen und beobachtete dabei denselben Gedanken gang, den wir neulich bei Besprechung des Schulaktus kurz angegeben haben. Dippoldiswalde. Das am 21. April d. I. vom Dresdener Gesangverein „Apollo" hier abgehaltene Concert, das allen Besuchern stets in angenehmer Erinnerung bleiben wird, hat einen recht ansehnlichen Reinertrag ergeben, denn 34 Mark sind vom Verein an den hiesigen Stadtrath für die Ortsarmen abge liefert morden. — Mittwoch, den 2. Mm, wird im Gebirgsverein Herr Lehrer Knebel aus Freiberg, früher in Ulbern dorf, einen sicher interessanten Vortrag über den „Silberbergbau von Dippoldiswalde und seine Geschichte von der ältesten Zeit bis zum Jahr 1842" halten. Indem wir darauf aufmerksam machen, wollen wir noch bemerken, daß bei den Versammlungen des Ver eins Jeder willkommen ist. — Die Erörterungen, welche am 27. April auf Antrag der König!. Staatsanwaltschaft wegen des plötzlichen Ablebens des Hanvarbeiters Friedrich Wil helm Schulze in Cunnersdorf und dessen 9 Wochen alten Kindes stattgefundeu haben, haben ergeben, daß dritten Personen eine strafbare Verschuldung der Todes fälle nicht beizumeffen ist. — Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatze und erfolgreiche Thätigkeit beim Löschen des am 21. März beim Gutsbesitzer Daniel Gottlob Böhme in Klein bob ritzsch entstandenen Brandes hat die König!. Brandversicherungskommission der Spritze der Feuer wehr von Frauenstein und der Gemeindespritze von Hartmannsdorf Prämien nach Höhe vyn 30 Mk. und 25 Mk. bewilligt. Frauenstein, 29. April. Durch den 17jährigen Rentamtskopisten Börnert von hier wurde heute Nachmittag durch unverzeihliches, leichtsinniges Spielen mit einem ihm gehörigen Revolver ein höchst be dauerliches Unglück herbeigeführt. Genannter Börnert befand sich mit mehreren Lehrlingen in der hiesigen Buchdruckerei mit seinem geladenen Revolver. Trotz des Abrathens sämmtltcher Anwesenden beharrte er bei seinem bedenklichen Spiel. Noch ehe ihm die Waffe aus der Hand genommen werden konnte, entlud sich dieselbe und traf den zum Fenster hinaussehenden Buchdruckergehilfen Weise in höchst bedenklicher Art. Nach Aussage des Arztes befindet sich die Kugel zwischen Herz und Lunge und schwebt der Patient, welcher morgen seine Wanderschaft anzutreten gedachte, in ernster Lebensgefahr. Der Bedauernswerthe wird umsomehr bemitleidet, als er sich stets durch Beschei denheit und Lerneifer ausgezeichnet hat. Möge der Unglücksfall eine abermalige ernste Warnung vor dem Spiel mit Schießgewehren sein. — Die Monate März und. April dieses Jahres weisen für die Parochie Frauenstein eine ungemein hohe Sterblichkeit auf. Während im Januar und Februar je 4 Personen verstarben, wurden im März 13 und bis zum heutigen Tage des April 14 Personen begraben. Im Laufe von -4 Monaten starben mithin 35 Personen, d. i. 45 Prozent der jährlichen Todes fälle in hiesiger Parochie. Hoffentlich bringt die mil dere Witterung Besserung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung. — Im Wehner'schen Gasthofe hier wurden heute Abend zum Besten des Fonds zum Steigerhause von Mitgliedern und Angehörigen der hiesigen Feuerwehr in höchst wohlgelungener Weise die beiden Lustspiele: „Ein kleiner Jrrthum" und „Junge Männer und alte Weiber" aufgeführt. Es fehlte darum den braven Spielern und Spielerinnen auch nicht der wohlverdiente, langandauernde Applaus Seitens des Publikums. Dresden. König Humbert von Italien wird in diesem Sommer gelegentlich der in Aussicht genom menen Berliner Reise auch dem Dresdner Hofe einen Besuch abstatten. — Der diesjährige Verbandstag des sächsischen Bäckerverbandes „Saxonia" findet am 20. und 21. Mai in Dresden statt. — Das am 5. und 6. August d. I. zu Sebnitz abzuhaltende Sänger fest dürste bedeutende Dimen sionen annehmen, da die Anmeldungen bereits sehr zahlreich einlaufen. Die bezüglichen Vorbereitungen leitet der dortige „Sängerverein", zum allseits befrie digenden Gelingen bedarf derselbe aber nun auch noch der werkthätigen Mithilfe der Bürgerschaft. Daß diese Hilfe nicht ausbleiben wird, steht sicher zu erwarten. — Zwischen den sächsischen Staatsbahnen und der Dux-Bodenbacher Bahn ist ein Tarifkrieg ausge brochen bezüglich des böhmischen BraunkohlentarifeK Das Krankenkaffengesetz. Man kann wohl sagen, daß in den eifrig und emsig gepflegten zweiten Berathungen des Reichstages die Grundsteine zum Krankenkaffengesetz gut und sicher gelegt worden sind und daß diese erste größere, positiv schaffen sollende sozial-politische Vorlage ohne Zweifel schon in wenigen Wochen zum Gesetz erhoben werden wird. Unmöglich ist es für uns, hier das gesammte Material einer mehrtägigen Reichstags-Debatte über das Krankenkaffengesetz wieder zu geben, aber die prin zipiell wichtigsten Theile desselben bedürfen einer ein gehenden und wiederholten Verbreitung, denn das Krankenkaffengesetz soll für die Zukunft ein werthvoller Theil unseres Rechtslebens werden. Zu den Theilen von prinzipieller Bedeutung für das Krankenkaffengesetz gehört vor allen Dingen der Versicherungszwang für alle Diejenigen, welche ihrem Berufe nach eine Unter stützung nach dem Krankenkaffengesetze erhalten sollen. Für diesen Versicherungszwang hat sich die große Mehr heit des Reichstages ausgesprochen und damit wohl das Nichtige getroffen, denn ivenn es dem Gutdünken und den« freien Willen der Arbeiter überlassen sein soll, sich für Krankheitsfälle zu versichern, wie es die Demokraten und Fortschrittler wollen, so mag dadurch wohl ein Appell an die eigene Einsicht und Menschen würde der Arbeiter geliefert werden, aber die allge meine Wirkung des Krankenkassengesetzes bliebe aus, d. h. ein großer Theil der Arbeiter würde den Ver sicherungsbeitrag zur Krankenkasse nicht leisten, aber, wenn in hilfslose Lage durch Krankheit gerathen, den Gemeinden zur Last fallen und außerdem die dema gogische Propaganda begünstigen, welche ihr Gift be kanntlich mit großer Vorliebe aus einzelnen sozialen Uebelständen saugt. Diese Uebelstände sind aber vor- nehmlich die durch Krankheit, Unglücksfälle und Alters schwäche hilflos gewordenen Lebensverhältnisse der Ar beiter, wogegen Gesetze mildernd einwirken können und die obligatorische Versicherung der Arbeiter gegen Krankheit, wie solche ini Krankenkassengesetze bestimmt worden ist, ist ein grundlegender Anfang für diese erreichbaren sozialen Reformen. Hinsichtlich des Krankenkaffengesetzes schwebt aber auch noch eine, wenn auch nicht das Zustandekommen des Gesetzes, aber immerhin dessen allgemeine Rechts wirkung in Frage stellende Differenz. Es ist dies die Affaire hinsichtlich der Stellung der landwirth- schaftlichen Arbeiter zum Krankenkassengesetz. Rechtliche und praktische Momente sprechen ja ganz entschieden dafür, auch den landwirthschaftlichen Arbeitern die Wohlthaten des Krankenkaffengesetzes zu Theil werden zu lassen, aber das Verhältniß der landwirthschaftlichen Arbeiter zu ihrem Arbeitgeber ist doch ein ganz andres als bei den industriellen Arbeitern. Diejenigen der Landwirthe haben entweder Wohnung und Kost im Hause ihres Arbeitgebers oder erhalten von demselben Wohnung und einen gewissen Prozentsatz der Ernte erträge als Lohn, in einigen Gegenden Deutschlands empfangen die Tagelöhner auf dem Lande sogar einige Morgen Land zur Selbstbewirthschaftung von dem Gutsherrn als Lohn und es liegt auf der Hand, daß hier ganz andere wirthschaftliche Umstände für die Ar beiter obwalten müssen, als in den Jndustriebezirken. Doch will man hier die Zweckmäßigkeit in Frage stellen Und die Reichstagskommission beantragt Heranziehung der landwirthschaftlichen Arbeiter zum Krankenkassen gesetz, wenn die betreffende Gemeinde es befürwortet, während die Reichsregierung diese Frage in letzter Li nie von den Behörden der obern Instanzen entschieden haben will. Eine Einigung wird in dieser Meinungs verschiedenheit wohl um so leichter möglich sein, weil Gemeinden wie Oberbehörden sich ja ohnehin in die öffentliche Fürsorge theilen. Inserat«, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr «trk- saine Verbreitung finde», werden mit 10 Pfa. die Epaltenzeil« oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complieirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Ttzelle, die Spaltenzeile 20 Psz.