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Mchmh-MW Verantwortlicher Redacteur: Eärt Ichne in Dippoldiswalde. Nr. 20. Sonnabend, den 17. Februar 1883. 48. Jahrgang. Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserat«, welche bei der bedeutend«« Auflage des Blatte« eine sehr wirk, same Verbreitung find?«, werden mit 10 Psg. die Spaltenzeilt oder deren Raum berechnet. — Ta« bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, nn redaktionellen Theile, die Spaltemeil« SOPfg. Die „Weißerih. Zeitung" ^scheint wöchentlich drei mal: DienStag, Donners tag und Sonnabend. — Breis vierteljährlich 1 M. LS Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1« Pfg. — Alle Postan- statten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen am Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Die Verhandlungen des Reichs tages zeigten in den letzten Tagen eine lebhaftere Färbung als in den vorhergehenden Wochen, was zum Theil in der Natur der behandelten Gegenstände, zum Theil aber auch in der ungewöhnlich großen Zahl der ausgetauschten persönlichen Bemerkungen lag. Zwei volle Sitzungen hindurch (Sonnabend und Mon tag) beschäftigte sich das Haus mit der zweiten Lesung der Novelle zum Militärpensivnsgesetze, und handelte es sich hierbei hauptsächlich um die Frage, ob die Offiziere mit zur Kommunalbesteuerung heranzuziehen seien. Dies veranlaßte den Kriegsminister, Herrn v. Kameke, zu einer längeren Rede, in welcher derselbe betonte, daß die Frage der Kommunalbesteuerung der Offiziere mit dem vorliegenden Pensionsgesetze nichts zu thün habe und daß es im klebrigen Pflicht des Vaterlandes sei, auch für die Offiziere des Heeres, durch welches der europäische Friede verbürgt werde, ausreichend zu sorgen. Diese Rede machte sichtlich Eindruck im Hause und bewog den Führer der Zen trumspartei, Herrn Wiudthorst, die Zurückverweisung der Novelle an die Kommission zu beantragen, was angenommen wurde. Die Vertagung des Hauses dürfte noch in dieser Woche erfolgen. — Die Gerüchte über die Demission des Kriegsministers erhalten sich, ohne daß man weiß, was hieran Wahres ist. Letzterer hatte am Sonntag beim Kaiser eine längere Audienz, welche man mit dem beabsichtigten Rücktritte des Kriegs ministers in Verbindung bringt. Wie es scheint, haben die Debatten im Reichstage über das Militär-Pensions gesetz Anlaß zu diesen Gerüchten gegeben. — Die beabsichtigte Einziehung der meisten russischen Gesandt schaftsposten bei den deutschen Höfen wird nunmehr zur Thatsache. Der russische Ministerresident bei den Höfen von Oldenburg und Braunschweig, Baron von Mengden, welcher zugleich bei den Hansestädten be glaubigt ist, ist jetzt auch zum Ministerresidenten beim sächsischen Hofe ernannt worden, was also die Auf hebung der sächsischen Gesandtschaft in Dresden be deutet. Von den russischen Gesandtschaftsposten in Deutschland soll (natürlich abgesehen von der Berliner Botschaft) überhaupt nur derjenige in Stuttgart be stehen bleiben, wegen der nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem württembergischen Königs hause und der russischen Kaiserfamilie. — Vor dem Seeamte zu Hamburg hat in dieser Woche in der An gelegenheit der „Cimbria" die Vernehmung der deut schen Zeugen begonnen, nachdem diejenige der englischen Zeugen in voriger Woche zu Ende geführt worden ist. Der bisherige Gang der Verhandlungen ist dem Ka pitän des englischen Dampfers „Sultan" nicht un günstig; ein Ausspruch des Seeamtes steht jedoch erst zu erwarten, wenn die Taucher, welche zur Unter suchung des Wrackes der „Cimbria" beordert sind, ihre Berichte abgestattet haben. — Richard Wagner, der genialste Dichterkomponist der Gegenwart, ist am Dienstag zu Venedig iin Alter von 70 Jahren ge storben. (Siehe den besonderen Artikel in heutiger Nummer.) Oesterreich-Ungarn. Die Trinkgelder - Asfaire Kaminski-Schwarz beschäftigt die öffentliche Meinung in Oesterreich noch immer im hohen Grade. Die An gelegenheit ist bereits vor dem österreichischen Abgeord netenhaus« verhandelt worden, welches fast einstimmig beschlossen hat, einen Unterstützungs-Ausschuß aus der Milte des Hauses einzusetzen; außerdem hat auch das Gericht die Sache in die Hand genommen. Die Ent rüstung, welche in parlamentarischen Kreisen über die Handlungsweise des bisherigen Neichsrathsabgeord- neten v. Kaminski herrscht, welcher sich beim Bau der galizischen Transversalbahn vom Unternehmer Baron Schwarz angeblich eine Provision von 626 000 Gulden ausbedungen hat, erscheint allerdings begreiflich; aber etwas Neues ist es Oesterreich, seitdem das Bürgermini sterium Giskra im Ofenheim-Prozeß die Trinkgelder- Theorie sanctionirte, gerade nicht. Frankreich. In Frankreich, dem Lande der fort währenden Ministerkrisen, hat Anfang dieser Woche das Kabinet Fallieres sein Eintags-Dasein sang- und klanglos beschlossen. Die unmittelbare Ursache zu der vom Ministerpräsidenten Falliores und seinen Kollegen eingereichten Demission liegt in der Entscheidung des Senates über die Thronprätendenten-Vorlage. Am Montage hat diese Körperschaft den Entwurf Wad- dington-Say mit 165 gegen 127 Stimmen angenom men, nach welchem die Prinzen, welche einen Präten dentenakt oder eine Manifestation zuin Zweck eines Anschlags ans die Sicherheit des Staates begehen, mit Verbannung bestraft werden. Es handelt sich nun darum, zwischen Senat und Deputirtenkammer eine Verständigung herbeizuführen, zu welcher aber augen blicklich wenig Aussicht vorhanden ist. England. Das englische Parlament ist nach zwei monatlicher Vertagung am 15. Februar wieder zusam mengetreten und wird sich in der Nachsession u. A. auch mit der Bill, betreffend die Gemeindeverwaltung der Stadt London, zu beschäftigen haben. In der Verwaltung der englischen Hauptstadt herrschten seit einer Reihe von Jahren große Mißstände, welche zum Theil daraus entstanden sind, daß die Stadtvertretung der City, also des ältesten Theiles von London, auch die Verwaltung der übrigen Stadttheile in direktester Weise ausübte, was bei der Ausdehnung der Milli onenstadt an der Themse unbedingt zu Mißbräuchen führen mußte. Die Negierung hat nun dem Parla mente einen Gesetzentwurf vorgelegt, welcher die Ver waltung Londons einer durchgreifenden Reform unter zieht und dessen Genehmigung durch das Parlament keinem Zweifel unterliegt. Orient. Das Interesse an den orientalischen Angelegenheiten konzentrirt sich gegenwärtig auf die in London tagende Donau-Konferenz. Dieselbe ist in erster Linie dazu bestimmt, eine Einigung der Mächte in Betreff der sogenannten Kiliafrage herbeizuführen. Der Kiliaarm (der nördlichste Arm des Donaudeltas) gehört zu Rußland und Rußland will nun auf Grund seines Besitzrechtes die Kilia, welche sehr versandet ist, ausbaggern und an ihrer Mündung Befestigungen anlegen. Beides widerspricht aber gewissen Bestim mungen im Donau-Vertrage, und die Konferenz soll eben hierüber eine Vereinbarung unter den Mächten herbei führen. Rumänien hat dagegen protestirt, daß ihm in der Konferenz keine vollwichtige, sondern nur eine berathende Stimme zugestanden worden ist. Fürst Ghika, der Vertreter Rumäniens in London, hat dem englischen Minister des Auswärtigen diesen Protest zu gehen lassen und erklärt, er würde an der Konferenz nicht theilnehmen. Der Repräsentant Bulgariens, Vulcorich, protestirte seinerseits gegen die Zulassung Musurus Paschas, des türkischen Botschafters in Lon don, zur Konferenz. Nord-Amerika. In Nord-Amerika haben sich, ähnlich wie in den Rheinlanden, die Ueberschwem- mungen wiederholt; dieselben haben außerordentlichen Schaden angerichtet, welcher sich auf viele Millionen Dollars belaufen soll. In Louisville brachen die den untern Theil der Stadt schützenden Dämme. Eine 60 Fuß hohe Wassersäule ergoß sich gegen die dortigen kleinen Wohnungen, wobei gegen 30 Menschen um kamen. Die Fonds für die deutschen Ueberschwemmten werden jetzt für die Ueberschwemmten in Louisville verwendet. In Cincinatti sind durch die Ueberschwem- mungen 52 Personen umgekommen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die Geschäfts-Ergebnisse des nun seit 20 Jahren hier bestehenden Vorschuß-Ver eins sind in den« abgelaufenen Vereinsjahre abermals sehr erfreuliche gewesen. Der Reingewinn gestattet, den Mitgliedern 15 Prozent Dividende (im vorigen Jahre 13»/» Prozent) zu gewähren, also 4'/, Mark auf die Einheit. Der Reservefond ist jetzt auf nahe an 20000 Mark gebracht worden. Sonnabend, den 3. März, wird die diesjährige Generalversammlung abgehalten werden. — Angekündigte öffentliche Sitzungen deS königlichen Amtsgerichts zu Dippoldiswalde. In Strafsachen: den 21. Februar 1883. Vorm 9 Uhr: Hauptverhandlung gegen den Handarbeiter Uhlig in Dippoldiswalde wegen Beleidigung und ruhestörenden Lärmes. In Civilprozeßsachen: den 22. Febr. 1883, von Vorm. 9 Uhr an: Privatus Johann Frdr. Emil Winter in Strießen gegen Emma Mathilde verehel. Schwarze in Kreischa. — Privatus Winter in Strießen gegen Rittergutsp. Striegler in Kreischa als Altersvormund der unm. Geschwister Barthel. — Pferdehändler Carl Gottlieb Müller in Seifers dorf gegen den Mühlenbefitzer Büttner in Börlas. — Kaufmann Gustav Starke in Meißen gegen Ge treidehändler Traugott Reichelt in Reichstädt — Bäcker Bruno Morgenstern in Obercarsdorf gegen Johanne Christiane verw. Gietzelt iu Reichstädt. — Fleischer Gustav Adolph Mörbitz in Dohna gegen Gutsbesitzer Friedrich August Hörnig in Hausdorf. — Schieferdecker Max Wendler in Berreuth gegen Schieferdeckermeister Wendler in Reichstädt. Frauenstein, 15. Febr. Laut Beschluß des hiesigen Kirchenvorstandes soll in hiesiger Parochie das neue Landesgesangbuch nächsten Palmensonntag, den 18. März, bei den diesjährigen Konfirmanden zum ersten Male beim öffentlichen Gottesdienst gebraucht und von dieser Zeit an in Kirche und Schule verwen det werden. Gänzlich Unbemittelte haben ihren Be darf rechtzeitig beim hiesigen Pfarramt anzumelden. Dresden. Der Haushaltplan für die städti schen Schulen für 1883 ist fertig gestellt; der Ge- sammtbedarf beziffert sich auf 1,286,284 Mk., denen eine Einnahme von 186,284 Mk. gegenübersteht, so daß durch die Schulanlage ein Zuschuß von 1,100,000 Mk. zu decken ist. Für Lehrerbesoldungen sind circa 900,000 Mk. ausgeworfen. — In Gegenwart zahlreicher Vertreter der könig lichen und städtischen technischen Behörden fand am Mittwoch aus dem Platze der alten Vogelwiese eine Prüfung des feuersicheren Anstriches der hiesigen deutschen Jmprägnirungs-Anstalt statt. Die verschieden artigsten Versuche waren sämmtlich vollständig gelungen und werden auf die Weiterverbreitung der Jmpräg- nirungs-Methode nicht ohne Einfluß bleiben. —Falsche Einmarkstücke werden in Dresden und Umgegend wieder in größerer Zahl in Kurs zn bringen gesucht. Sie sind mit größtem Geschick aus einer Zinnlegirnng den echten täuschend nachgemacht, auch im Klange den echten ähnlich, nur sind sie leichter und fettig anzufühlen; die Komposition ist weicher, so daß man schon mit dem Messer Spähne vom Rande abschneiden kann. Leipzig. Der offizielle Beginn der Oster messe ist auf den 9. April, der Schluß auf den 28. April festgesetzt; die Vor- oder Engros-Woche beginnt daher am 2. April. Tagesgeschichte. Berlin. Der Kriegsminister v. Kameke hatte thatsächlich dem Kaiser ein Gesuch um Enthebung von seiner Stellung eingereicht; der Kaiser hat es jedoch abgelehnt, und es hat nicht den Anschein, als beab sichtige Herr v. Kameke, es zu erneuern. — Der Bau des Reichstagshauses und die mehrseitig gewünschten Abänderungen desselben machen dem Baumeister Wallot große unerwartete Schwierig keiten ; doch läßt er sich nicht abschrecken und ist eifrig mit der Lösung des Hauptpunktes beschäftigt, den