Volltext Seite (XML)
-1 - Mkißentz-Zitmz Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehnk in Dippoldiswalde Dienstag, den !3. Februar 1883 Nr. 18 / 'N MW K E Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 12. Febr. Der erste Extra zug, der Nachts auf unserer Bahn von Hainsberg nach Schmiedeberg ging und der um 1 Uhr hier und gegen '/,2 Uhr am Endpunkte eintraf, war recht zahl reich benutzt morden von solchen Reisenden, welche gestern Abend das Theater oder den Zirkus in Dresden besuchen wollten. Es wäre recht zu wünschen, daß solche Extrazüge öfter eingelegt würden, die namentlich dann gern und viel benützt werden würden, wenn sie an Wochentagen stattfinden, wodurch Manchem, der Geschäfte in Dresden zu besorgen hat, die Gelegenheit gegeben wäre, diese vorerst abzumachen. f* Wie man hört, ist es im Werke, auf einigen unfern Dörfern einen Frauenverein zu errichten. Wir müssen diesen Gedanken als einen sehr glücklichen bezeichnen. In mehreren Dörfern besteht schon ein solcher Verein, und überall, wo er nur Halbwegs richtig geleitet wird, bringt er gute Resultate. Da treten die Frauen zu einem lieblichen Verbände zusammen und haben miteinander ein Auge für Bedrängnisse und Be dürfnisse der nächsten Nähe. Jedes giebt freilich schon in seinem Kreise, und wie viel Gutes geschieht in der Stille. Aber es liegt ein großer Segen und ein Wachs- thum der Hilfe darin, daß die Unterstützungen geregelt und dahin überwacht werden, daß kein Bedürfniß ver gessen und keines zu sehr noch unnöthig bedacht werde. Das Wohlthuende von der Thätigkeit eines solchen lokalen Vereins ist — neben der Erleichterung wirk licher NothstGnde an Kindern und Frauen und Kranken — vornehmlich dies, daß er eine Erquickung, eine Stärkung und eine Erleichterung auch an solche Per sonen bringt, die an sich keineswegs zu den Armen gehören, die aber in einem besonderen Falle stärkende Speisen und Hülfe bedürfen, wie sie im Hause selbst nicht oder schwer zu beschaffen sind. — Was ist es außerdem für ein schönes Ding, wenn die Frauen einer Gemeinde lieblich zu einem guten Zwecke zu sammenhalten und zusammenkommen! Mögen denn die Frauen sich herzlich zusammenthun, und die Männer ihnen das gern gestatten! Das Dorf hat einen Segen davon. — Mr die erste diesjährige Urtheilssitzung des kgl. Schwurgerichts zu Freiberg sind die 3V Hauptge schworenen ausgeloost worden. Aus unserem Be- licheu unter ihnen Zwangsarbeitsanstalten errichtet, die übrigen aber, deren Unterstützungswohnsitz nach weisbar, ausnahmslos und zwangsweise nach Hause verwiesen würden; es mögen aber der Ausführung eines solchen Gedankens allzugewichtige Bedenken oder Hindernisse entgegenstehen, als daß ein so nahe liegen des Auskunftsmittel nicht schon längst von den so um sichtigen und für das Volkswohl besorgten gesetzgebe rischen Faktoren unseres Landes ergriffen worden wäre. Es wäre denkbar, daß dem Gedanken schon das reichs gesetzlich anerkannte Prinzip der Freizügigkeit, als einer Forderung der persönlichen Freiheit entgegen stünde. Mögen solche Fragen dahingestellt bleiben, wir meinen aber, daß für unfern Bezirk Wandel zum Bessere» geschafft werden könne, wenn Seiten der ge ehrten Amtshauptmannschaft bezüglich der Verabrei chung und des Verkaufs von Branntwein an Bettler den Gastwirthen und Krämern strenge Beschränkungen aufer legt, außerdem aber die das Almosenspenden betreffenden Verordnungen aufs Neue eingeschärft und bezügliche Plakate neu hergestellt und in die Ortschaften des Bezirkes vertheilt würden, nachdem die alten vom Zahn der Zeit und unter den Einwirkungen der Witterung zumeist zerfallen sind und ihr Inhalt dem Gedächtniß der Bevölkerung abhanden gekommen oder doch gleich gültig geworden zu sein scheint. — Ein Radikalmittel wäre es nicht, — aber besser würde es doch werden. fr. Bettler- und Vagantenthum. Im Laufe gegenwärtiger Winterszeit hat die Be helligung der Städte und Dörfer hiesigen Bezirks durch vagabondirende Bettler wieder ganz erhebliche Dimen sionen angenommen. Jeder Tag bietet uns Gelegen heit zum Anblick einer wahren Musterkarte sogenannter „armer Reisender", von denen die Mehrzahl uns an die iveiland „Bassermann'schen Gestalten" des Jahres 1848 erinnert. — Neben den örtlich eingerichteten Empfangsstellen des Ortsgeschenks werden alle Häuser und Gehöfte besucht und allenthalben wird ein Tribut an Münze, Speise oder Kleidungsstücken geheischt und in den meisten Fällen auch gewährt, trotzdem die gegen- theilige, seiner Zeit so ersprießlich wirkende polizeiliche Verordnung der Königlichen Bezirksverwaltung noch hier und da, obwohl im halbvermorschtem Zustand, als wohlbekanntes gelbes Plakat an einigen Thoren der Höfe und Thüren der Häuser haftet und noch keineswegs außer Kraft gesetzt ist. Die Praxis ist eben allgemein in das alte Fahrgleis zurückgerathen; der Widerstand gegen den aufs Neue eingerissenen Un fug ist feiten des Publikums erschlafft und auch die Polizeiorgane lassen erklärlicher Weise in der Be kämpfung desselben an Eifer nach, wenn sie sehen, daß ihre Mühe wenig hilft und ihr energisches Vorgehen zumeist in dem nachherigen amtlichen Verfolg der Sache nicht die erforderliche Unterstützung findet. Welch eine Summe von materiellem Elend und moralischer Ver kommenheit stellt sich uns in dieser Nachtseite unserer sozialen Zustände, dar! Man muß schaudern bei dem Anblick der dürftigen Lumpen, welche die Glieder decken zur harten Winterzeit und der Menschenfreund geht nach solchem Anblick und sucht, was er zur Noth von den eigenen Kleidungsstücken entbehren kann, um die Blöße des halb Erstarrten zu decken, — aber empört wird er im innersten Herzen, wenn er dann erfahren muß, daß jenes Opfer der Liebe gemißbraucht und sein aus Mitleid mit eigener Selbstverläugnung gespendetes Geschenk für ein Spottgeld verschleudert und in Branntwein angelegt worden ist. Man muß zu öfteren Malen in die gedunsenen Gesichter dieser „schwankenden Gestalten" geschaut und ihre alkohol- durchduftete Athmosphäre eingeathmet haben, um zu dem Schluß zu gelangen, daß die Haltung des Publi kums, dem Bettler- und Vagantenthum gegenüber, in dem gegenwärtigen Stadium nicht verbleiben könne und daß jene vor etlichen Jahren erlassenen Verord nungen der Amtshauptmannschaft zu strengerer Nach achtung aufs Neue in Erinnerung gebracht und von der Bevölkerung pünktlicher befolgt werden müssen. Wir achten gewiß die Gefühle mitleidiger Seelen und wissen die Werke barmherziger Liebe hoch zu schätzen, in denen sich die schönste Bethätigung eines lebendigen Christenthums darstellt, — allein alle Sen timentalität muß schweigen vor der evidenten That- sache, daß die ausnahmslos und ohne sorgfältige Prü fung der einzelnen Fälle spendenden Geber die Be trogenen und zumeist auch nachträglich Verspotteten sind, und daß sie durch ihr Verfahren nur die Lüge und Verstellung und die Liederlichkeit, Arbeitsscheu und Trunksucht befördern. Wir stehen bei der Frage nach den besten Mitteln zur Bekämpfung des Bettler- und Vagantenthums vor einem sozialen Problem, welches im Princip wie in der praktischen Behandlung bisher weder einzelne warmfühlende Menschenfreunde, noch klug reflektirende Philosophen, weder Huinanitätsvereine, noch gesetz gebende Versammlungen gelöst haben. Auch wir be scheiden uns, hier im Allgemeinen irgend etwas zur Lösung dec schwierigen Aufgabe beitragen, zu können. Man könnte wohl daran denken, ob es nicht möglich wäre, daß für dte absolut heimathlosen Landarmen, — die Bemitleidenswerthesten unter allen — in den vier Kreishauptmannschaften staatlich begründete und verwaltete BeschäftigungS-, für die Unverbeffer- Jnserat«, welch« bei dir bedeutenden Auslage des Blatter ein- s-hr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Psa. die Spaltenzeile oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprochen- dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile M Psg. Die „Weißeritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. SS Psg., zweimonatlich 8t Psg., einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Psg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. 48. Jahrgang. zirke befinden sich darunter: Hr. Gde.-Vorst. Näcke in Ruppendorf; Hr. G. Berger, Gde.-Aelt. in Hartmanns dorf; Hr. I. Dannenberg, Bergwersdirektor in Hä nichen; Hr. G. Friedrich, Nittergtsbes. in Theisewitz, Hr. H. Reichert, Ortsrichter in Steinberg; Hr. N. Bern hardt, Gde.-Vorst. in Quohren; Hr. Treutler, Kauf mann in Naundorf. — Die künstliche Fischzucht ist in Sachsen in kurzer Zeit auf eine überraschend günstige Weise zur Ent-, Wicklung gelangt. Tharandt war die Geburtsstättv H dieser glücklichen Idee, und sind die Herrn Professoren M vr. Krutzsch und Willkomm diejenigen, welchen dieselbe W zu danken ist. Bei der statistischen Erhebung im Jahre - D 1881 befanden sich in Sachsen bereits 68 Brutanstalten " sH namentlich für Lachs- und Forellenzucht, die, obgleich . H in Privathänden, wesentlich zur Bevölkerung unserer . Gewässer mit diesen Edelfischen mit beitragen. Die H kleinsten derartigen Anstalten benöthigen nur einen Quadratmeter Flächenraum und einen konstanten M Wasserstrahl, der etwa pro Stunde 100 bis 120 Ltr. H Wasser abgiebt. Durch den Max'schen, aus Blech kon- A struirten sogen, kalifornischen Trog ist die Manipula- tion sehr vereinfacht worden; in ihm wird es möglich, H gleichzeitig bis zu 5000 Eiern auszubrüten bei einem s Vetriebsaufwand von weniger als 50 Mark. An der H Zwönitz, Flöha, Weißeritz, Röder, Spree, Pulsnitz, M Polenz u. s. w. finden sich derartige Fischzuchtanstal- M stalten vor; viele derselben nehmen die vom Staate A billig, d. h. zum halben Selbstkostenpreise offerirten W Fischeier und erholen sich über die Behandlung der- selben Belehrung bei der Tharandter Staatsanstalt. In den 3 Jahren 1878—1881, von Herbst zu Herbst - gerechnet, wurden allein 206 000 Eier von Fluß-, H Lachs- und Seeforellen an Privatanstalten innerhalb M Sachsens abgegeben. Auch der auf Anordnung der W kgl. Staatsregierung Seitens der kgl. Forstakademie in W Tharandt alljährlich im Herbst jedes Jahres abgehal- W tene Lehrkursus über künstliche Fischzucht, welcher von D Interessenten unentgeldlich besucht werden kann, er freute sich recht reger Betheiligung. — Eine neue Form der gestempelten Streifbänder wird im Reichspostgebiet eingeführt werden, sobald der jetzige Vorrath aufgebraucht ist, meldet die gut unter richtete „Deutsche Verkehrszeitung". Durch diese Ab änderung soll das jetzt leider so häufig vorkommende Verschieben von Briefen und Postkarten in Drucksach sendungen in genügenderem Grade verhindert werden, als dies durch das jetzige Streifband möglich war. Dascor respondirende Publikum wird diese lediglich im Verkehrs-Interesse beabsichtigte Aenderung mit Freuden begrüben. Nach gründlichen Ermittelungen über die beste Form hat man sich für das amerikanische Streif band entschieden. Dieses Band ist 23'/» om breit und 15»/« ow lang. Bei der großen Breite des Streif bandes wird fast die ganze Fläche der Drucksachen be deckt, ein Hineinschieben von Briefen wird dmmächst außerordentlich erschwert. Von großem Vortheile würde weiter der beabsichtigte Detailverkauf, je 10 Stück 35 Pf. für die Benützung derartiger Bänder sein. — Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatze und erfolgreiche Thätigkeit beim Löschen des am 29. Dezember v. I. in Brand gerathenen Erbgerichts Theodor Kirbach's in Seyde bei Frauenstein hat die königl. Brandoersicherungs-Kommission der Spritze der Gemeinde Hermsdorf 30 M. und der Gemeinde spritze von Schönfeld 25 M. Prämien bewilligt. — Mit Rücksicht auf zahlreiche, unter den Kindern der Schule in Schönfeld vorgekommene Erkrankungen an Scharlach hat die königl. Bezirks-Schulinspektion bis auf Weiteres und zunächst auf die Dauer von 3 Woche» den Schluß der Schule daselbst angeordnet. — JnNechenberg sind die zeitherigen Gemeinde vertreter Herr Gemeindevorstand Friedrich Ihle und Herr Gemeindeältester August Erler von ihrem Ge meinderath auf die nächsten 6 Jahre, also bis Ende Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein