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WeWtz-Mms Verantwortlicher Redacteur: Carl Ithnt in Dippoldiswalde. § Sonnabend, den 20. Januar 1883 Nr. 8 48. Jahrgang U 'V 7^ tirung der deutschen Verwaltung in den Augen der eingeborenen Bevölkerung hervor, wobei Herr v. Man teuffel verschiedene Einzelfälle anführte. Schließlich betonte der Statthalter, wie er es schon früher bei ähnlichen Gelegenheiten gethan, daß Frankreich in völkerrechtlichem Vertrage Elsaß-Lothringe» an Deutsch land abgetreten habe. Endlich appellirte der Statt halter an den Patriotismus aller Elsaß-Lothringer und versicherte, daß er, auch wenn er die Unterstützung des Landes hierzu nicht finden würde, unbeirrt seine Politik der Versöhnung und Gefühlsschonung fortsetzen würde. Frankreich. In Frankreich regen sich jetzt, nach dem sich kaum die Marmorgruft zu Nizza über dem Sarge Gambetta's geschloffen hat, wieder in bemerkens- werther Weise die monarchistischen Parteien. Vor Allem erscheint eine Kundgebung des Prinzen Jerome Napoleon, des „rothen Prinzen", beachtenswerth, wel chen ein Theil der Bonapartisten seit dem Tode des Prinzen Louis Napoleons als Kandidaten für den französischen Thron aufgestellt hat. Prinz Jerome Napoleon hat ein Manifest erlassen, in welchem er die innere Lage Frankreichs in sehr dunkeln Farben malt und für sich die Napoleonische Erbschaft in Anspruch nimmt. Ein Zusammengehen der Bonapartisten mit den Royalisten iveist das Manifest zurück, dasselbe er innert dagegen an die wiederholten Plebiszite und appellirt an das Volk, dessen Säche Prinz Jerome vertrete. Das Manifest wurde an den Straßenecken von Paris angeschlagen, von der Polizei jedoch sofort wieder entfernt. Die französische Negierung selbst hat es für gut befunden, den Prinzen vorläufig verhaften und in die Concierge absühren zu lassen; doch dürfte die Haft des Prätendenten wohl nicht lange währen. Eine größere Bedeutung kann jedoch dem Manifeste nicht beigemessen werden, wenigstens solange nicht, als der häusliche Streit im imperalistischen Lager fortdauert, da bekanntlich ein anderer Theil der Bonapartisten sich für den Prinzen Viktor Napoleon als Thronprä tendenten erklärt hat. England. Durch die den Mächten nunmehr über mittelte englische Zirkularnote bezüglich Egyptens tritt die Neuregulirung der egyptischen Angelegenheiten wieder in den politischen Gesichtskreis. Wenn man jedoch erwartet hatte, daß die englische Note bestimmte Vorschläge wegen der endgiltigen Neugestaltung der Verhältnisse des Pharaonenlandes enthalten würde, so ist dies eine Täuschung gewesen. England empfiehlt nur die Vornahme gewisser Reformen in der innern Verwaltung Egyptens, namentlich die Abschaffung der Kontrolle und die Ersetzung dieser Jnstitntion durch einen europäischen Kommissar, welcher dem Khedive als finanzieller Berather zur Seite stehen soll. Den Kernpunkt der Note bildet jedoch der Vorschlag Eng lands, die Okkupationstruppen einstweilen noch in Egypten zu lassen, was deutlich die Absicht der eng lischen Negierung bekundet, Egypten unter keinen Um ständen aus den Händen zu lassen. Wie es heißt, sei die Mehrzahl der Mächte geneigt, die englischen Vor schläge anznnehmen; nur das französische Kabinet scheint über die Haltung Englands in der egyptischen Frage noch verschnupft zu sein, denn der Ministerpräsident Duclerc erklärte in der Montagssitzung der franzö sischen Deputirtenkammer, daß Frankreich sich jetzt seine Aktionsfreiheit in Egypten wahren müsse. Da Eng land das Heft am Nil in festen Händen hat, so wird es sich durch diese drohende Erklärung des Herrn Du clerc nicht sonderlich alterirt fühlen. — In Dublin griffen in der Nacht vom Montag zum Dienstag mehrere junge Leute, angeblich Mediziner, zwei Poli zisten thätlich an. Einer der Letzteren mußte von seinem Revolver Gebrauch machen; schließlich gelang es, vier der Angreifer zu verhaften. Egypten. Das egyptische Kabinet hat, fast gleich zeitig mit der oben erwähnten englischen Note, einen Entwurf für die politische Organisation Egyptens ver Lokates und Sächsisches. Dippoldiswalde, 19. Januar. Nachdem nunmehr eine Zusammenstellung der zur Restauration unserer Nikolaikircke erforderlichen Summen erfolgt ist, ergiebt sich, wie wir hören, ein Gesammtaufwand von 9480 Mark 43 Pf., wozu die hiesige Kirchengemeinde vertragsmäßig 3000 Mark beizutragen gehabt hat, während das Uebrige vom evangelischen Landes-Kon sistorium gewährt worden ist. Freilich wird noch manche Ausgabe nöthig werden, nm auch Nebenpartieen stylvoll zu restauriren. So befindet sich jetzt der nicht uninteressante Flügelaltar in Dresden, um dort durch Vermittelung des um sächsische Alterthümer hochver dienten Hrn. Professor I)r. Steche gereinigt und in entsprechender Weise aufgefrischt zu werden. Zu wünschen wäre es, daß es gelänge, irgend einen Kunstfreund für unsere edle Basilika zu interessiren, ihre künstlerische Ausschmückung böte überreiche Gelegenheit zu wür diger Bethätigung und dauernder Namensverewigung. — Für die zahlreichen Besucher der am 14. d. M. in hiesiger Stadtkirche abgehaltenen geistlichen Mu sikaufführung dürfte es von Interesse sein, zu er fahren, daß durch diese Aufführung ein Reinertrag von 91 M. erzielt worden ist, welcher bereits an das Bürgermeisteramt der hart bedrängten Stadt Franken thal (bayr. Pfalz) zur sofortigen Verwendung abge sendet worden ist. — Laut Bekanntmachung des Ministeriums des Innern wird in diesem Jahre die Beschälstation Dippoldiswalde mit den 3 Hengsten Hüon, Kastor und Markgraf vom 15. Febr. bis 15. Juli besetzt sein. — Angekündigte öffentliche Sitzungen des königlichen Amtsgerichts zu Dippoldiswalde. In Strafsachen: Den 84. Januar, Vormittags 9 Uhr: Hauptverhandlung gegen Dienstknecht Adam und Handarbeiter Thieme in Reinhardtsgrimma wegen Uebertretung. — '/»10 Uhr gegen Böttchermeister Küttner in Sadisdorf wegen Körperverletzung. — 10 Uhr gegen Dienstknecht Göhler in Schönfeld wegen Beleidigung. — >/«11 Uhr gegen Handarbeiter Schier in Hänichen wegen Diebstahl. In Zivilsachen: Den 25. Januar, Vormittags 9 Uhr: Christiane Wilhelmine geschieh. Hänel in Freiberg gegen Leberecht Hänel in Höckendorf. — Stadtrath Dippoldiswalde gegen Schmied Trau gott Knäbel in Sadisdorf. — Fabrikarbeiter Will). Eifert in Großenhain gegen Schneider Paul Schrö- bert in Dippoldiswalde. — Handelsgesellschaft in Firma: Zorn L Grellmann in Dresden gegen Wilhelmine verw. Sonntag in Lungkwitz. — Marie verw. Assessor Reichard in Dresden gegen Gutsbe sitzer Eulitz in Possendorf. — Gutsbesitzer Wilhelm Richter in Berthelsdorf gegen Gastwirth Rüger in Hirschbach. — Mühlenbesitzer Kürschner in Geising gegen Fuhrwerksbes. August Köhler in Niederpübel. L Fraucnstcin. (König!. Schöffengericht.) Verhandlungen am 23. Januar. Vorn«. 9 Uhr: Privatklagsache der Schneiderin Ernestine Christiane Berger in Frauenstein gegen den Wirthschastsgeh. Emil Müller daselbst wegen Beleidigung. — Vorn«. 10 Uhr: Strafsache gegen den Handarbeiter Friedrich Wilhelm Flemming in Frauenstein wegen Körper verletzung und Erregung ruhestörendcn Lärines. — Vorm. 11 Uhr: Strafsache gegen den Bergmann Karl Friedrich Schulz in Zschockau wegen Diebstahls. -- , U K . -W Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Das vergangenen Sonntag am kaiserlichen Hofe abgehaltene Ordens- und Krö nungsfest des Ordens vom rothen Adler ist in der glänzendsten Weise verlaufen und konnte der Kaiser demselben in erfreulicher Frische und Rüstigkeit bei wohnen. — Unsere augenblickliche parlamentarische Lage bietet das wenig erfreuliche Bild dar, daß sich unsere beiden hervorragendsten parlamentarischen Körper schaften, der Reichstag und das preußische Abgeord netenhaus, abwechselnd vertagen müssen, um sich ge genseitig in dem Fortgänge der Arbeiten nicht allzu sehr zu behindern. In der ersten Hälfte dieser Woche war die Reihe des Vertagens an dem Reichstag, wel cher erst am Donnerstag, den 18. d. M., seine Ver handlungen mit der ersten Lösung des konservativen Antrages auf Einführung einer prozentualen Börsen steuer fortgesetzt Hal. Die dreitägige Pause des Reichs tages vom Montag bis zum Mittwoch ist den Arbeiten des preußischen Abgeordnetenhauses allerdings sehr förderlich gewesen. Am Montag nahm das Haus in erster und zweiter Lesung zunächst die Nothstandsvor- lage, welche fM die Ueberschwemmte» am Rhein eine Summe von 3 Millionen Mark auswirft, unverändert an, ein Widerspruch von Seiten des Hauses machte sich nur insofern geltend, als manche Redner die aus geworfene Summe noch zu niedrig sanden. Hieran schloß sich die General-Diskussion über die Vorlage bezüglich der drei Verwaltungs-Gesetze, durch welche, wie der Minister des Innern, Herr v. Puttkamer, in längerer Rede auseinandersetzte, die bisherigen preu ßischen Verwaltungs-Gesetze vereinfacht werden sollen, ohne den Rechtsschutz des Einzelnen zu vermindern. Vor Allem sei, wie Herr v. Puttkamer namentlich be tonte, eine Reorganisation der Mitlelinstanzen und eine Verkürzung des Jnstanzenzuges yothwendig. Von Seiten des Hauses unterzog Abg. Gneist, welcher be kanntlich als Autorität auf dem Gebiete der Verwal tungsangelegenheiten gilt, die Ausführungen des Mi nisters einer ziemlich abfälligen Kritik, was Herrn v. Puttkamer zu einer theilweise sehr persönlich ge haltenen Erwiderung veranlaßte. In der Dienstags- Sitzung wurde zunächst das Nothstandsgesetz in dritter Lesung definitiv angenommen und sodann die General diskussion über die Verwaltungs-Vorlage fortgesetzt. Als entschiedene Gegner der betreffenden Vorlage be kannten sich die der Linken angehörenden Abgg. Di- richlet und Or. A. Meyer, von denen namentlich der Erstere seine Gegnerschaft aus Gründen bezüglich des allgemeinen Rechtsbewußtseins und der Schnelligkeit des Verfahrens zu rechtfertigen suchte. Dagegen er klärten die konservativen Abgg. v. d. Heydebrand u. d. Lasa und Tiedemann ihre Sympathien mit dem Gesetzentwürfe und auch der Redner des Zentrums, vr. Brüel, sprach sich Namens seiner Partei für die Verwaltungsvorlage aus. Dieselbe wurde hierauf ge gen die Stimmen der Liberalen an eine Kommission von 28 Mitgliedern zur Vorberathung überwiesen. Auf der Tagesordnung für die Sitzung des Abgeord netenhauses am 17. Januar standen nur kleinere Vor lagen. Nach Erledigung derselben vertagte sich das Haus auf unbestimmte Zeit. — Der Landes-Ausschuß für Elsaß-Lothringen ist am vergangenen Montag wieder zusammengetreten. Ain Abend des Eröffnungs tages waren die Mitglieder des Landes-Ausschusses beim Statthalter Generalfeldmarschall v. Manteuffel zur Tafel versammelt, an deren Schluß der Statt halter in langer Rede die Grundzüge seiner Ver waltungspolitik auseinandersetzte. Wir können hier «richt die Einzelheiten dieser bedeutungsvollen Reve wiedergeben, sondern hierüber nur im Allgemeinen sprechen. In der ihm eigenen offenen Weise sprach sich der Statthalter über die politischen Zustände in den Reichslanden aus und hob namentlich die Agita tion gewisser Kreise und Parteien behufs Diskredi- 7 Ä>- Die „Wei-eri-. Leitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich St Pfg., «inmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1<j Pfg. — Alle Postan- «alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und eomplicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, ,m redaktionell«« Theil«, die Spaltenzeils 20 Pfg. öffentlicht. Derselbe schlägt ein verantwortliches Mi nisterium, einen gesetzgebenden vieczehngliedrigen Rath und eine Abgeordnetenkammer für die Diskussion außer ordentlicher Fragen vor. Dieser Entwurf der egyp tischen Negierung geht also bedeutend weiter als die jüngsten Vorschläge Englands, welches offenbar seine Diktatur in Egypten bis auf Weiteres aufrecht er halten wissen will. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die SLadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein