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Donnerstag. Nr. 123. 19. Oktober 1882. Weißerih-Zeitung. Amts-Maü für die Königliche AmLsssauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die StadträHe zu Dippoldiswalde und Irauenstein. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Diese» Blatt erscheint wSchmtlich drei Mal: Dienstag», Donnerstag» und Sonnabend». — Zu beziehen durch alle Post. Anstalten und die Agenturen. — Prei» vierteljährlich 1 Mark SS Pfg. — Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de» Blatter eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit lv Pfg. für die Spalten-Zeile, oder deren Raum, berechnet. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 17. Oktbr. Gestern, am Kirchweih feste, wurde, dem Beschlüsse des Kirchenvorstandes gemäß, der relative Abschluß der Renovationsarbeiten der Nikolai- kirche durch einen liturgischen Gottesdienst in derselben unter zahlreichster Theiluahme der Kirchengemeinde und vieler auswärtiger Gäste gefeiert. Gegen 10 Uhr erschienen die Kircheninspektion und der Kirchenvorstand, in ihrer Mitte die als Vertreter des evangelisch-lutherischen Landeskonsi storiums, bez. des akademischen Raths erschienenen Herren Oberkonsistorialrath v. Berlepsch, Konsistorialrath v. Brück und Professor vr. Steche geleitend, sowie Mitglieder des Stadtraths und der Stadtverordneten in der renovirten Kirche (wir verweisen bezüglich der an ihr stattgefundenen Erneuerungen auf den in vorletzter Nummer dieses Blattes erschienenen Artikel), wo sofort die würdige Feier der Er öffnung begann. Eingeleitet durch die sanften Klänge einer zu diesem Zwecke aufgestellten Cottage-Orgel sang der Kirchen chor zunächst das 8 stimmige Vaterunser von Fesca, worauf Gemeindegesang, Altargebet und Vorlesung von Offenbarung Johannis 21, 2—4 folgten. Die von Frl. Ida v. Schön berg-Reichstädt künstlerisch vorgetragene Arie: „Sei getreu bis in den Tod", aus dem Oratorium „Paulus" von Mendelssohn-Bartholdy, sowie der vom Kirchenchor vortreff lich ausgeführte 100. Psalm von Richter leiteten die von Herrn Superintendent Opitz gehaltene Ansprache ein. In derselben behandelte der Redner, ausgehend von der unserer Zeit eigenen Vorliebe für das Neue, trotz welcher sie aber auch gern wieder zum guten Alten zurückkehre, was denn auch der Grund von der Erneuerung der Nikolaikirche sei, die Bedeutung derselben, als ein Werk, entstanden aus der selbstverleugnenden Hingabe an ein hohes Ideal, aus einem tiefchristlichen Sinne, das selbst predige und deshalb nicht nur als Kunstwerk zu bewundernder Anerkennung heraus fordere, sondern das die Gemeinde selbst erbauen wolle zu einer Behausung Gottes im Geist. — Der Schlußchor aus dem Oratorium: „Christus am Oelberge", mit Orchester begleitung vom Kirchenchor ausgeführt, sowie abermaliger Gemeinde- und Altargesang machten den Beschluß der er hebenden Feier, nach welcher Herr Oberkonsistorialrath von Berlepsch Gelegenheit nahm, dem Kirchenvorstand zu der erfreulichen Erneuerung des herrlichen Bauwerkes im Namen des Kirchenregiments Glück zu wünschen. Erst nach 12 Uhr konnte die sich anschließende Diö zesanversammlung im Saale des Rathhauses beginnen, in welcher programmgemäß zuerst von Herrn Kirchschullehrer Großmann-Hermsdorf ein vortrefflicher Vortrag über den Selbstmord gehalten, sodann aber die Debatte über die vom Vorsitzenden aufgestellten Sätze „das allgemeine Volkswohl be treffend", eröffnet wurde. Wegen vorgerückter Zeit wurde auf Vorschlag des Vorsitzenden, Herrn Superintendent Opitz, von Besprechung der ersten 4 Sätze abgesehen und sogleich mit dem 5. Satze (Uebervölkerung) begonnen, woran sich sodann der 6. (Auswanderung), der 8. (Die größte Ver suchung für den Landmann), der 9. (Wovor soll sich der Landmann hüten?) und der 10. (Das Vagantenthum) an schlossen. An der Debatte betheiligten sich die Kirchenvor standsmitglieder, ?. Böttcher-Pretzschendorf, Schuldirektor Engelmann-Dippoldiswalde, Uhcenfabrikant Großmann- Glashütte, ?. Schwen - Bärenstein und ?. Zimmermann- Seifersdorf. Resolutionen wurden nicht beliebt. — Nach einigen geschäftlichen Mittheilungen wurde gegen 3 Uhr die Versammlung mit Gebet des Vorsitzenden geschlossen. Trotz des üblen Wetters und der hier sowie anderwärts statt findenden Kirmsen war die Beschickung der Versammlung seitens der Kirchenvorstände eine unerwartet zahlreiche. Dippoldiswalde. Der am 8. März d. I. in Dresden verstorbene, aus unserer Stadt gebürtige Kaufmann Herr Chr. Benno Fehrmann hat in seinem Testament seinen Sohn Walther (in Karlsruhe) zum Universalerben seines Vermögens mit der Verpflichtung eingesetzt, die Nutznießung der Schwester des Verstorbenen, Marie verw. Otto, bis zu ihrem Tode zufließen zu lassen. Nach dem Tode Beider fällt das, wie wir hören, 15—20,000 Mark betragende Vermögen der Stadt Dippoldiswalde zu, welche ver pflichtet sein soll, das Grab des Vaters des Erblassers auf dem Gottesacker in Dippoldiswalde in gutem Stande zu erhalten und am Johannistage jeden Jahres zu schmücken. Der Ueberschuß der Zinserträgnisse soll alsdann an 12 der ältesten, ehrbaren und bedürftigen Bürger unserer Stadt vertheilt werden. — Es waren nicht gerade freudige Er innerungen, welche der Verstorbene für Dippoldiswalde hatte; umsomehr ist die Schenkung hoch anzuerkennen, und inniger Dank und bleibendes Angedenken wird dem Ver storbenen auch über das Grab hinaus gesichert sein. S Frauenstein. Verhandlungstermine vor dem König!. Amtsgerichte am 20. Oktober: Vormittags 10 Uhr: Civilprozeßsache des Waldarbeiters und Hausbesitzers Julius Hermann Neubert in Rechenberg als Vormund des un mündigen Ernst Emil Dittrich daselbst gegen den Bier schröter Heinrich Kluge ebendaselbst wegen Alimentations ansprüche. — Vorm. 11 Uhr: Civilprozeßsache des Guts besitzers Rothhardt in Argenau gegen den Königlichen Oberförster Wiesemann in Schirpitz wegen 259 Mk. 50 Pfg. Forderung.