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— 115 — Branntwein, als Kontrebande verzollen mußte. — Nicht minder bezeichnend ist es, daß ein alter Theerkessel, der der Kürze wegen kaum '/» Kilometer die böhmische Straße passirte, um dann wieder auf sächsisches Gebiet überführt zu werden, mit einem Zoll von erst 5 Gulden, schließlich aber 1 Gulden seine Durchfuhr erkaufen mußte. Baden. Aus Karlsruhe wird vom 13. Februar gemeldet, daß der Verlauf des Augenleidens des Großher zogs ein sehr befriedigender sei; auch habe sich das Allge meinbefinden in Folge mehrerer gut durchschlafener Nächte gehoben. — In der 1. badischen Kammer wurde am 13. Febr. folgende Interpellation eingebracht: „Hat die großherzog liche Regierung Kenntniß von der hochgradigen Ver schuldung des kleinen und mittleren Bauernstan des aller Landestheile, und ist die Regierung bereit, eine diesbezügliche Untersuchung zu veranstalten und, gestützt auf dieselbe, die Mittel zu erwägen, den Folgen der Verschuldung entgegenzuwirken?" Oesterreich. Der Kampf im österreichischen Herren hause um die Prager Universität (s. vor. Nr.) hat zwei Tage gedauert; an den Debatten nahmen die besten Kräfte beider Parteien Theil. Die Rechte hatte alle ihre Getreuen aufgeboten, und fast der ganze hohe Klerus war erschienen; das besiegelte auch das Schicksal der Prager Universität. Seit 500 Jahren mit Ruhm bedeckt, war sie eine Pflegerin deutscher Wissenschaft, eine deutsche Anstalt; nun wird sie immer mehr verkümmern und schließlich ganz verdrängt werden. Die Czechen haben einen großen Erfolg errungen, den der österreichische Staat zu beklagen hat. Es werden nun auf der czechischen Universität Männer heran gebildet werden, die nicht mehr Deutsch verstehen. Was das für Oesterreich zu bedeuten hat, ist unschwer zu errathen. Uebrigens muß man sich auch darauf gefaßt machen, daß die beiden Universitäten gar nicht im Frieden mit einander werden existiren können. Bei der Stimmung zwischen Deutschen und Czechen, wie sie jetzt besteht, bei der Haltung der Letzteren gegen die Ersteren, kann es nicht gut ausgehen, daß man die beiden Anstalten gewaltsam an einander ge koppelt und ihnen sogar ein und dasselbe Gebäude ange wiesen hat. Neber kalte Füße. Der Vorsitzende des „Stammvereins für volksverständ liche Gesundheitspflege", Herr Herm. Canitz aus Chemnitz, hielt kürzlich in Berlin vor zahlreichen Zuhörern einen Vor trag über „chronisch kalte Füße, ihre Ursachen, Wirk ungen und naturgemäße Heilung." Das angedeutete Uebel sei außerordentlich häufig zu finden; Kinder ebensowohl wie Erwachsene, Arme so gut wie Reiche hätten daran zu leiven, und zwar nicht blos in der kalten Winterzeit, sondern auch selbst in den heißesten Sommertagen. Wer trotz warmer Strümpfe und Filzschuhe, trotz Filzsohlen im Schuhwerk fort und fort das Gefühl des Kühlseins in den Füßen ver spüre, wer die Empfindung nicht los werde, als stehe er unausgesetzt bis an die Knie in eisig kaltem Wasser, wer trotz Wärmflasche die Füße selbst im Bett nicht warm be kommen könne, der leide an chronisch kalten Füßen. Bedingt werde dieser Leidenszustand durch eine ungleichmäßige Blut- vertheilung im Körper; denn das Blut sei der Träger der Wärme und nur wo genügend Blut in den Körperteilen vorhanden sei, werden dieselben eine wohlthuende Wärme empfinden. Mangel an Blut in den Füßen sei Schuld an dem Gefühle des Kaltseins der Füße und mit diesem Blut mangel hier gehe eine Anhäufung des Blutes in anderen Partien Hand in Hand. Dieselbe mache sich bemerkbar im Pfortaversystem, in den Unterleibsorganen, im Darm, der Leber, den Magenwandungen; sie mache sich fühlbar in den Lungen, dem Herzen, im Kopfe und gebe zu lästigen Stö rungen und allgemeinem Kranksein die Veranlassung. Schon das einmalige Erkälten sonst warmer Füße gelte als Grund für Erkrankung, darum müssen chronisch kalte Füße eine unversiegliche Quelle von Jammer und Elend sein. Hämorr hoidalleiden, chronische Magen-, Darm-, Leber- und Nieren krankheiten, Störung in der Herztätigkeit, chronische Rachen entzündungen und Kopfschmerzen, Gehirnaffektionen und andere Leiden entstammen dem belegten Uebel in Folge der ungleichmäßigen Blutvertheilung. Die Ursachen zu chronisch kalten Füßen würden oft schon in der Wiege des Kindes angebahnt. Die Wärmflaschen an den Füßen des im Wickel bette liegenden Säuglings, das zu warme Bad, das enge Schuhwerk, die einschnürenden Strumpfbänder und nament lich das Unterlassen von jeder naturgemäßen Pflege der Füße durch Waschungen, Bäder und Frottirabreibungen müssen den beregten Zustand des mangelnden Blutes an den Füßen herbeiführen. Wenn man aber die Ursachen des Leidens erkannt habe, dann sei es unschwer, den Weg zur Verhütung und Heilung des Uebels und der in seinem Gefolge befindlichen Krankheiten zu finden. Alle Medika mente der Apotheker, alle Rezepte seien nicht im Stands, das Uebel dauernd zu heben. Man könne durch Medika mente gewisse Krankheitscrscheinungen verdecken und den Patienten dadurch über seinen Zustand täuschen, aber nie mals das Uebel und seine, Folgen durch solche Rezepte be seitigen. Die Ursache selbst sei also zu heben, und das geschehe einzig durch eine naturgemäße Pflege des Gesammt- körpers und namentlich der Füße, dann würden mit der Beseitigung der chronisch kalten Füße auch die durch sie her vorgerufenen Leiden beseitigt werden. Was nun die Pflege der Füße selber betreffe, so sei dieselbe durch Fußdampf bäder mit darauf folgenden Abreibungen der Füße und Beine, durch Muskeldurchknetungen, nächtliche feuchte Pack ungen der Beine, durch vernünftige Fußbekleidung, durch allgemeine Körperpflege und durch fleißige Bewegung zu bewirken. Damit seien alle Faktoren zur Beseitigung sowohl des Uebels wie seiner Folgen hergestellt und eine allgemeine Gesundung würde der erstrebte Lohn einer rationellen Pflege der kranken Körper sein. Literarisches. Die letzten Nummern der neuen illustrirten Zeitschrift „Deutsches Familienblatt" zeugen durch ihren reichen und gewählten Inhalt wieder in beredter Weise für die Gediegenheit dieses Blattes, das seinem Titel alle Ehre macht und als litterarischer Gast in keiner Familie fehlen sollte. Außer den genannten Vorzügen und dem außerordentlich billigen Preise von nur 1 Mk. 60 Pf. vierteljährlich (oder in Heften zu 50 Pf.) besitzt das „Deutsche Familienblatt" auch die bei einer periodischen Schrift nicht genug zu schätzende Eigenschaft, daß es den politischen und religiösen Zwistigkeiten des Tages gegenüber eine durchaus objektive und stets anständige Haltung beobachtet. — Das zuletzt ausgegebme Heft 1 des neuen Jahr gangs enthält neben einer ganzen Reihe künstlerisch ausgesührter Holzschnitte folgenven Lesestoff: Natalie. Roman von W. Black. — Ein Traum. Novelle von W. Jensen. Jllustrirt von Woldemar Friedrich. — Aus Groß väter Tagen. Erinnerungen von Albert Lindner. — Ein Beicht- geheimniß. Historische Skizze von Rudolf Jmmann. Zum gleich namigen Bilde. — Italienische Dorsprinzessinnen. Von Woldemar Kaden. Mit Illustration. — Reisen und Entdeckungen. V. VI. VII. — Die Diphtheritis. Von einem praktischen Berliner Arzte. — Zur Frauenfrage. VI. Die deutschen Frauenarbeiteschulen. Von Fr. Pecht. VII. Ein deutsches Lehrerinnenheim. Von Elisabeth Förster. — Streiflichter. VII. Ein Nothschrei aus Ungarn. VIII. Mode und Emanzipation. Von Klara Reichner. — Die Anforderungen der Schule an unsere Jugend. I. Von F. A. Peter- mann. — Eisseste in St. Petersburg. Winterskizze von Max Dittrich. — Die großen Städte und ihre Polizei. Von E. O. Hopp. — Thurmbläsers Neujahrslied. Von E. O. Hopp. Zum gleich namigen Bilde. — Winterlieb. Von Karl Stielcr. — Die Bergfee.