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Dresdner Journal : 21.11.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-11-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186011215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18601121
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18601121
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1860
-
Monat
1860-11
- Tag 1860-11-21
-
Monat
1860-11
-
Jahr
1860
- Titel
- Dresdner Journal : 21.11.1860
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272. -. Mittwoch, deu rl. November. 1860. ÄiwlliemrAtsprttft: Nbellrb: ü -rkle. 10 »,«. io 1 lw LuvUwL» ^iikkel.: 1 „ 10 ., ,, ., ttritt po,k uvä >I»i>»rUrk io vr»»L«r: IS »tzv. s 8t««peleu kiueeio« Kuwu><>eo: 1 kixr- > ,ct>I»^ bio». »»srratriPreisr: ^Ur <1«o Roow «iovr peepvltevvu 2«ilv: 1 Ktz«- Vot«r „Liox»»»oat ' äi» Leite: 2 kl^r- Lrschrtnni: IHtztteb, mit Kneovkme ä«r 8ava- uoä k'eiertLx», Xdevä, für äeo kolxeoäeo l'-x- Dres-nerImiMl. Verantwortlicher Redactem: 3- G. Hartmann. rnseratenannahme auswärt«: l^tpvl»: t». üv^vvervrrv», OommieeiovLr äee Vreeöner 3onra»I»; edeoli»»elb,t: U. Ht!»oe»; Alt«»»: llttvrievrik» ätz V»ol.v»; LerUo: O»oeil.,'»<-tie Oiitkli., K>:r»«ve>» , tioreeu; Kevmvo: L. 8cvl.o^e»; KrvvAkvrt ». V.: 3^io«»»cde öuckkeoäion^; Kbl»: Xv<-l.v kerte: v. l-ö^vvk'rl.i (28, rue äee dou» eukeoe); Krvtz: b'v. LonLico'e öncdliituäluiix. Herausgeber: Kvvigl. Lxpeckitioo äe» l)re»6v«r Jourvvl», vreeäea, blveieoitrvrv« die. 7. UichtamUicher Theil. U«»«»fl<»t rrle«ra»itsch< Nackricktn» ZtittzlKGsschau. (Oesterreichische Blätter. — Constttu- tioaael. — «ouvrlle. — Preß.) La«t§eschichte. Dresden: Kammerverhandlnngen. — Dien: Proccß Richter wieder ausgenommen. —Prag: Studentrnangelegenhritrn. Das tschechisch« Rational theater. Prrßprocrß. Bersammluag adeliger Gutsbe sitzer. Das Landesstatut erwartet. Graf Forgach. — Innsbruck: Eindruck der Verkündigung des Landes statuts. — Verona: Tagesbefehl Benedek's. —Ber lin: Namensfest der Königin. Graf Karolyi. Vor lagen für den Landtag, versuche mit neuen Geschützen. — München: Ankunst des österreichischen Kaiser paares. — Frankfurt: Durchreise der Kaiserin »on Oesterreich. Bundestagsfitzung. Berichtigung. — Parts: Stellung der Regierung zum Papstthum. Aufregung im Land«. Lamorictere. Finanzrrvolution. Aus Italien. — Neapel: Garibaldi's Genrralstab aufgelöst. Königliches Geschenk an den hell. Janua rius. Gerücht über englische Freiwillige. Bombarde ment von Borgo-di-GaSta. — Turin: Spanischer Protest. Unterstützung heimkehrender Garibaldianer. — Mailand: Versammlung von Flüchtlingen. — London: Abholung der Kaiserin von Oesterreich. TimrSartikel. Dresdner Nachrichten. Protnnzialuachrichtev. (Leipzig. Chemnitz. Kreider : Meerane. Reichenbach.) Telegraphische Nachrichten. Wien, Montag, IS. November, Abends. Rach der Lvriver „Opintone" hat am 12. d. Mts. zu Neapel in der Toledostraste vor de« Köniaspalastr ein Lolkscrawall stattaefnnden. Das »olk ver langte die Zurückberusung Garibaldi's und die Drntoliruny des Castells. An der Porta-capvava kam es zwischen ihm und den Piemontesen zu» Kampf, bei welchem es mehrere Lobte und »er »undete gab. Zahlreiche Lrrhaftuvgrn haben statt gefunden. Der ,,Lsprro" meldet, da- die Abberufung des fr««,»fische« Admirals l« Barbier de Lina« te- vorstehe. Paris, Montag, IS. November. Rach hier eingelroffenen Nachrichten aus Nom vom 17. d. M werden die auf römisches Gebiet übergetreteneu neapolitanischen Trappen infolge einer abgeschlos senen Convention in ihr Vaterland zurückkehrev. (In einem Pariser Telegramme d«r„Köln.Z." heißt eS: Diejenigen Neapolitaner, die andern Staaten an gehören, werden in ihre Hrimath entlassen.) Bern,Montag, IS. November. Gestern wurde hier der Candidat der radikalen Partei, Riggele, in den Rationalrath gewählt; durch diese Nach wahl hat sich die Actionspartei im Nationalrath um drei Stimmen verstärkt. Ja officiellen Kreisen will man wissen, da- der Papst, falls er Nom verlassen sollte, nach Luzern gehen werde. — Dem französischen Gesandten bei der Eidgenossenschaft, Marquis de Lurgot, ist sein Urlaub um vier Wochen verlängert worden. Dresden, 20. November. Seiten der österreichischen Presse wird die Am nestie in Bezug auf die Verwarnungen, welche früher gegen Zeitungen ausgesprochen wurden, mit Dank ausgenommen. Sie unterläßt dabei aber nicht, für Auf hebung deS ganzen Systems der Verwarnungen zu spreche« und die Erwartung auSzudrücken, daß der neue Reichs rath sichS angelegen sein lassen werde, das bestehende Preßgesetz in einem Sinne umzugrstalten, demzufolge die Presse allein von richterlichen Urthrilen abhängig gemacht würde.— Die Landesstatute bilden natürlich fortwäh rend einen Hauptgegenstand der Kritiken der österreichischen Presse. Es ist nicht zu verkennen, daß die Opposition gegen die in den publicirten Statuten angenommenen ständischen Grundlagen in der Presse sich sehr lebhaft zeigt. Eine Diskussion für und wider diese Vertretung»- prtnctpten liegt nicht nur in Oesterreich, sondern überall in Deutschland, in der Stellung der politischen Parteien gegen einander begründet und kann deshalb bei dem durch die Neuorganisation deS Staatsrechts in Oesterreich an geregten politischen Leben auch dort seine natürliche Er klärung finden, ohne daß man daraus folgern möchte, der staatliche Neubau in Oesterreich erwecke nach dem an fänglichen Jubel, mit dem er begrüßt, nun mehr und mehr Verstimmung. Die demokratische österreichische Presse befindet sich in derselben Stellung mit der demokratischen Presse anderer deutschen Staaten den ständischen Principien gegenüber, und eS wird hier rin Kampffeld für die poli tischen Parteien in Deutschland so lange gegeben sein, als geschichtliche Eindrücke ständischen Wesens sich zeigen. Da» letztere wird aber, wie jeder tieferdlickende Politiker -erkennen wird, durch so starke sociale und geschichtliche Pfeiler erhalten, daß e» den Ankampf der demokratischen Parteien auf vielen Punkten ohne Gefahr au-halten kann. Ist die- unzweifelhaft der Fall auch in den, in der constitutionellen Entwicklung vorgeschrittenste« deutschen Staaten, um wie viel weniger ist e- dem Geiste unsrer Zeit entgegen, wenn die LandeSstatute in Oesterreich auf ständischer Vertretung basiren, zumal da eine überwiegende Vertretung der Stände des Adel- und der Geistlichkeit, welche früher bestand, beseitigt ist. DaS Gebotene ist in Oesterreich der Art, daß in Erwärtung weiterer Entwicke lung auch die liberalen Parteien getrost damit anfangen können, und eS zeugt nicht von großem politischen Geschicke und publicistischer Klugheit, wenn die österreichische demo kratische Presse die kaum erlassenen LandeSstatute als der Wiederumbildung bedürftig erklärt, bevor sie sich mit der .Neuorganisation befriedigt halten könnte. Wir haben wiederholt bemerkt, daß die französisch e demokratische Presse sich offen gegen das Papstthum überhaupt ausspricht. Eine in demselben Sinne gehal tene Broschüre, welche letzthin in Pari- erschien und wo rin die Errichtung einer „französischen Kirche" vorge- fchtage« wurde, deren Haupt der weltliche Herrscher über Frankreich sein solle, machte einiges Aufsehen, und die öffentliche Meinung war geneigt, dieser Broschüre „I'km- pereur Pape" eine gewisse Bedeutung beizultgen. Wie weit diese Meinung gerechtfertigt ist, muß dahingestellt bleiben. Vorläufig kommt der officiöse „Constitutioa- nel" mit einem Dementi Er sagt dabei u. A.: „Unter dem Titel „I'Lmpereur l-spe" erscheint soeben «ine Broschüre, die unbemerkt vorübergehen würde, wenn nicht der Parteigeist sich der nichtswürdigsten Vorwände bediente, um die Gewissen in Unruhe zu setzen. Nichts ist gewiß weniger ernst, als der Gedanke, eine nationale Kirche zu schaffen und im Jahre 1860 die bürgerliche Constitution der Geistlichkeit wieder heraus zu geben. Als der erste Eonsul, mit der Macht seines Genius ge gen die revolutionären Thorheiten ankämpfend, in Frank reich das Ansehen der Kirche wieder herstellte, hat er in seinem Concordat ein unvergängliches Werk geschaffen. Mit zum größten Ruhme des Namens Bonaparte gehört die vollständige Wiederaussöhnung der bürgerlichen Ge walt mit der Autorität des Katholicismus, besten Mittel punkt in Rom ist. Diejenigen, welche diese Sachlage zu ändern suchen wollten, würden nicht Männer ihrer Zeit sein. Die Regierung, welche die festeste Stütze deS Papst- thums gewesen ist, stößt, wir sind besten gewiß, mit der selben Energie Diejenigen, welche die Religion an eine Partei binden, wie Diejenigen, welche Frankreich von der Kirche trennen wollen, zurück. Die Broschüre, von welcher man ein wenig Lärm zu machen versucht, würde nur ein Widersinn sein, wenn sie nicht vor Allem die verwegene Utopie eines abenteuerlichen Kopfes wäre." — Die gouvernementale Presse bemüht sich, die Besorg nisse zu beschwichtigen, welche in Betreff der Aufrecht erhaltung de» europäischen Frieden» gehegt werden. I« der „Nouvelle" sucht namentlich Herr Cesena die Sache so zu wenden, al» wenn Oesterreich in der öffent lichen Meinung al» künftiger Friedensstörer betrachtet wäre, und er beruhigt nun die Welt darüber, indem er darauf htnwrist, daß Oesterreich die beste Gelegenheit, bei der Invasion Piemonts in den Kirchenstaat einen Krieg anzufange«, in welchem Frankreich an Piemont keine Hilfe habe leisten ckönnea, hingehrn ließ. Würde Oesterreich aber bet jener Gelegenheit Krieg angefangen Haden, so hätte sicher Herr Cesena nicht ermangelt, Oester reich alL schnödesten FriedenSbrecher auzuklagen und die Nothwendigkeit nachzuweisen, daß Frankreich dem unschul dig angegriffenen Piemont zu Hilfe eilen müsse. Herr Cesena schreibt: „Alle- deutet darauf hin, daß Frankreich und England bezüglich der italienischen Frage — der einzigen, welche den Weltfrieden bedroht — ganz über einstimmender Ansicht sind. Wir wissen wohl, daß Frank reich und England nicht gerade wie sie wollen über den Willen Piemont-, noch über den Willen Oesterreich» ver fügen, welch' Letzteres al» Großmacht für auswärtige Einflüsse noch unzugänglicher ist. Darf man jedoch auf di« Absichten de» Wiener Cabinet» au» seinem jüngsten Verhalten schließen, so kann man annehmen, daß sie ver söhnlicher sind, al» man von vornherein glaubte, und daß e» weit mehr zum Frieden als zum Krieg hinneigt. Ja der That ließ Oesterreich, ohne ihn zu benutzen, wissent lich und freiwillig einen Anlaß, oder wenn man will, einen Vorwand vorübergehen, zu interveniren, den eS gegen Piemont hätte auSbeutcn können, nämlich die In vasion eines TheileS der römischen Staaten durch sardi nische Truppen. Das Wiener Cabinet konnte versichert sein, daß es bei dieser Gelegenheit einen neuen Conflict mit Frankreich nicht zu besorgen hatte. Hätte. eS gewollt, so konnte eS sich der Eroberung der Marken widersetzen, dem König von Piemont eine Schlacht liefern, in der, vermöge der zahlreiche« Streitkräfte, über die es verfügt, alle Aussichten auf Erfolg für Oesterreich gewesen wären, und dann, mit diesem Triumphe zufrieden, und ohne die Wiedereroberung der Lombardei Hu versuchen, seine auf der Minciolinie durch das Viereck gedeckte Armee wieder heimführen. Der Wiener Hof hat der Versuchung wider standen. Man muß aus dieser Haltung de» Wiener Hose schließen, daß er aufrichtig dazu beitragen will, die Er- chaltung de» Frieden« zu sicher«; deu» hätte er dies« Ab sicht nicht gehabt, so wäre schon längst in Oberitaliea der Krieg wieder au-gebrochen. Es liegt jetzt Frankreich und England ob, durch ihre Consuln thätig darauf hin zuwirken, daß an der venetianischen Grenze unzeitigrn Angriffen zuvorgrkommen werde, die unwiderruflich die Ruhe Europas gefährden könnten. UebrigenS scheint un» die Stunde der Unterhandlungen nahe gerückt zu sein. Die Verhältnisse sind günstig, um den italienischen An gelegenheiten eine friedliche Lösung zu geben, und r- wäre, nach unsrer Ansicht, heutzutage die Pflicht aller Groß mächte, gemeinschaftlich ausfindig zu machen, wa» die definitive und regelmäßige Organisation der Halbinsel sein soll." Die englische Presse äußert sich theilS gläubig, theils ungläubig über die Friedcnsausfichten, welche die Mitglieder des Cabinels jetzt in mehrer« Tischreden zur Schau getragen haben. DaS conservative Wochenblatt „The Preß" sagt u. A.: „Als die Minister der Krone in der Guildhall die rosigen Friedcnsaussichten Enropas priesen, hatten sie gewiß nicht die Absicht, das für den festlichen Nachtisch berechnete Horoskop für ihre aufrichtige Meinung auszugeben. Aber die gedankenlose Menge nahm es dafür. Man wird vielleicht noch eine Zeit lang Vertrauen zum Bestände de» Frieden» affectiren, und Herrn Gladstone'» Budget zu Liebe wird selbst die Thron rede bei Eröffnung de» Parlament- mit Rosenwasser be- thaut sein, aber mit dem Schnee wird auch der holde Wahn wegschmelzen, und plötzlich wird da- Interesse de» Publicum» durch den WiederauSbruch de- Kriege- auf dem Continent von der heimischen Politik abgezogen Feuilleton. Corali« Waltov, die englische Provinzschauspielerin. Ein« Episvdr au- dem wirklichen Leben. Do« S- Vmlbeatz-ff.*) (Fortsetzung au- Nr. 27l.) „Aber wa» kann, um GotteSwillen, die Ursache ge wesen sein, daß Sir Coralie verließen?" rief ich au-. „Sie werden r» bald erfahren, antwortete er. Lassen Sie mich nur einen Augenblick meine Gedanken sammeln." Er hielt einige Minuten die Hand vor seine Augen und fuhr dann fort: „Sobald ich Coralie'- Liebe gewiß war, die ich mir mit so großer Beharrlichkeit gewonnen, drang ich in sie, meine Frau zu werden. Seltsamerweise jedoch suchte sie die» Gespräch immer zu vermeiden und schien verwirrt und fast unangenehm berührt, wenn ich wieder darauf zurückkam. Eine» Tage» machte ich ihr Vorwürfe, daß sie nur mit meiner Liebe scherz«, und beschwor sie, wenn sie r» ebenso aufrichtig meine, al» ich, den Tag zu be stimmen, an dem sie mein sein wolle. „Sie sah mich sehr ernst, beinahe traurig an und sagte: „Glaubst Du gewiß, Lionel, daß Du mich treu genug liebst, um mich zu Deiner Frau zu machen?" — „Es ist der sehnlichste Wunsch meine» Herzen»!" rief ich au», „das leidenschaftliche Begehren meiner Seele!" — „Laß die Leidenschaft schweigen," sagte sie beinahe ernst, „und frage Dich lieber un leidenschaftlich und ruhig, warum Du Deinen Namen einem armen Mädchen geben willst, von dem Du nur weiht, daß sie da» ist, und *) A»«beffea „Blättern an« dem La-«bucke eine« Schauspieler»", übersetzt v«n X. v. Wivttrfelb Berlin, B Behr - Buchhandlung 1«. Back). daß sie Dich liebt." — „Wenn ich da» weiß, weiß ich genug, Coralie." — „Genug," sagte sie — das denkst Du setzt... aber da» kann sich ändern. Gesetzt, Lionel," fuhr sie nach einem schmerzlich scheinenden Nachdenken fort, „gesetzt, es wären Umstände mit meinem Dasein verknüpft, die Dich späterhin über Dein Weib erröthen lasse« könnten!" — „War kannst Du meinen, Coralie?" sagte ich. „Ich weiß, Du bist rein, tugendhaft und treu; wa- könnte mich also jemals veranlassen, über Dich zu erröthen?" — „Du weißt Nicht» von meiner Familie," antwortete sie; „solltest Du Dich nicht danach erkundigen?" — „Und weshalb?" entgegnete ich. „Du hast Deiner Familie niemals Erwähnung gethan und ich auch nicht, weil ich Dich für eine Waise hielt und den schmerzlichen Punkt nicht gern berühren wollte." — „Ich bin keine Waise," antwortete sie, „und bevor ich einwilligen kann, Deine Frau zu werden, mußt Du erst meine Mutter sehen." — „Von Herzen gern," sagte ich; „ich will sogleich zu ihr und ihre Einwilligung zu unsrer Verbindung nachsuchen — aber wo finde ich sie?" — „In London!" antwortete Coralie. „Ich will Dir ihre Adresse geben, ehe Du abreisest." — „So gieb sie mir gleich," sagte ich, nach der Uhr sehend, „denn ich fahre in einer halben Stunde mit dem nächsten Zuge." — Sie setzte sich und beschrieb eine Karle, die sic mir rinhändigte. Ich steckte sie in meine Westentasche, ohne sie zu lesen. — „Hier," sagte ich, „ist meine Uhr; ich will sie aufziehen, ehe ich gehe, und dann hier auf deu Tisch legrn. Morgen um dieselbe Stunde hoffe ich zu rück zu sein und Dich als meine Frau zu küssen." — „Gott füge e» so!" sagte sie, die Augen fromm zum Himmel erhebend; „aber meine Seele ahnt nicht- Gute». Mir ist eS, Lionel, als wenn dies unser Abschied wäre." — „O, Coralie!" sagte ich, „Du bist thöricht!" — „Wenn meine Ahnung mich aber nicht betrügen sollte, Lionel; wenn Du dennoch Ursache finden solltest, Deine jetzigen Gefühle zu ändern, dann laß mir Ge rechtigkeit widerfahren in dem Grunde Deine- Herzen»; erinnere Dich daran, daß Du die Liebe de- armen, unbekannten Mädchen» suchtest, und wenn Du mich verstößt, dann denke wenigsten- daran, daß nur meine Liebe e» war, die Dir diesen Auftrag gab, der meinem Glücke so gefährlich werden kann." — „Du bist so ge- heimnißvoll, Coralie, daß ich Dich nicht zu verstehen ver mag," entgegnete ich. „Wie kannst Du denn nur glauben, daß ich Dich verlassen könnte, mein geliebte» Herz? O, weine nicht! — Coralie, ich bitte Dich! Wenn Deine Mutter Dich mir verwergern sollte, müssen wir danach streben, sie andern Sinne» zu machen, da» ist Alle». Was aber eine Trennung anbetrifft, so kann sie nur durch den Tod oder Unehre herbeigeführt wer den." — Es war mir, als wenn sie zusammenschauderte. Ich that jedoch, als beachtete ich eS nicht, sagte ihr Lebe wohl und gab ihr noch einmal die Versicherung, morgen zurück zu sein. „Gott segne Dich, Lionel," sagte sie, als ich einen Kuß auf ihre bleiche Wange drückte, „Gott segne Dich und führe Dich zurück zu mir!" — Ich drückte noch einen Kuß auf ihre Lippen, flüsterte noch ein Lebewohl, eilte in meine Wohnung, packte einige wenige Sachen in meinen Koffer und fuhr nach dem Bahnhofe. „Sechs Stunden brachten mich nach London; es war acht Uhr. Ich nahm einen Cab nach Charing - Croß, genoß ein hastige» Mahl und blickte, nachdem ich e» be endet, zum ersten Male auf die Karte, die Coralie mir gegeben. Ich la» die Worte: „„Mistreß Wilton, 14—PIneo"" So! dachte ich, Coralie » eigentlicher Name ist also Wil ton? — Sie hat also einen Theaternamen angenommen. Wahrscheinlich ist die Familie gegen diesen Beruf gr- werden. Garibaldi ist eS noch mehr al- Napoleon, wel cher Krieg -oder Frieden in der Hand hktt. Würden die Italiener geschlagen, so könnten wir den Wiederaufbau der Fremdherrschaft in Italien nicht mit Gleichgiltigkeit ansehen; trügen sie aber den Sieg davon, so geschähe dir» nur vermittelst französischer Dazwischenkunft und Revolutionen im östlichen Europa, welche die gegenwär tige Staaten - Eintheilung aufheben und einen Weltkrieg nothwendtg machen würden, ehe da» Gleichgewicht der Macht auf neuer Grundlage consolidirt werden könnt». Wenn eS den Italienern gelingen soll, Venetien von Oesterreich abzureißen, so muß r» mit Hilfe einer Revo lution in Ungarn geschehen; und jetzt, nachdem der Kaiser von Oesterreich au» aufrichtigem Antrieb «ine freimüthige Verfassung eingeführt hat und alle- Erdenkliche zur Be friedigung aller Klassen im Kaiserstaate thut, ist e» klar, daß eine Revolution entweder bald kommen muß oder gar nicht. Wenn der auswärtige Angriff auSbleibt, s» sind wir der vollen Zuversicht, daß das Werk der Brr söhnung und Befestigung in Oesterreich glücklich durch geführt werden wird. Aber diese so wünsckenSwerth« Aussicht ist der stärkste Grund für die Feinde Oester reichs, ihm keine Frist zu gönnen. Deshalb werden die Italiener, die Venetien zu erobern entschlossen sind, nicht länger al» bi» zum nächsten Frühling warten, und der Kaiser Napoleon wird vermutlich die Krisis nicht weiter hinauSschieben können oder wollen." Tagesgeschichto. Dresden, 20 November. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde von dem Viccpräsidenten Oehmichen-Choren ein Antrag auf Reform deS Wahl grsetze» eingrbracht, welcher behufs mündlicher Moti- virung auf eine der nächsten Tagesordnungen gebracht werden soll und — wie un» mitgetheilt wird — fol gendermaßen lautet: Dir Zweite Kammer wolle an dir Hobe Staatlregirrung die Bitte beschließen, Hvchtzieselbe wolle da« Wahlgesetz vom 24. Srpk. 1831 einer Slrnision unterwerfen und der nächsten Skändrvrr- fammluog «inen darauf bezüglichen Grsrtzenlwurf, welcher auf dir weiter unten näher entwickelten Grundsätze basirt ist, zur Be ratung »orlrgen. — I) Da« künftige Wahlgesetz soll teil weise die jetzigen Bestimmungen enthalten, teilweise davon abwrichen. — 2) Da« Zweikammersostem ist aufrecht zu erhalten. — L) Dir Erst« Kammer verbleibt z«ar in ihrer jetzige« Zusammensetzung, erhält jedoch durch di« b Vertreter de« Han. del-ßande-, »«Ich« jetzt in ber Zweiten Kammer ihren Platz haben, einen Suwach« von L Mitgliedern. — 4) Dir Wahi dieser erfolgt wir zeither, eben so erleidet die Dauer ihrer Thätigkeit all Ständrmitglieder keine Abänderung, indem ihr Mandat fort wir vor sich nur auf drei ordentlich« Landtage erstreckt. — L) Die Zweite Kammer besteht aut 30 Vertretern der Städte und 4ü Vertretern de« platten Lande«, welche in Sv städtischen und 4L ländliche» Wahlbezirken gewählt «erden. — S) Jeder Wahlbe- »irk zerfällt in verschiedene Wahlabtheilungrn, weiche zusammen 7b Wahlmänner wählen. — 7) Urwähler ist Jeder, welcher da« 2ü. Lebrn«jahr erreicht hat, auch die zeither sonst vorgeschriedenen persönlichen Eigenschaften besitzt und entweder ansässig ist «der mindesten« lb Ngr. direkte Steuern bezahlt. — 8) Die Urwähler werden in drei Klaffen gethrilt, wovon jede Klaffe 2L Wahl männer wählt. Dir erste Klaff« besteht au« denjenigen wahlbe rechtigten Urwählern, welche jährlich bi« zu 10 Thlr. direeir Steuern bezahlen, die zweite au« denen, welche jährlich mehr al« 10 Thir- und bi« zu 20 Thlr. direkt« St>uern entrichten, und die dritte Klasse au« denen, welche jährlich 20 Thlr und mehr dergl. Steuern bezahlen. — 9) Jeder Wahlmann muß ebenso wie jeder Wählbare zum Abgeordneten wenigsten« 10 Thlr. di rekte Steuern an die Staat»kaffe alljährlich entrichten. — 10) Die auf solche Weise gewählten 7ü Wahlmänner wählen in Gemein schaft l Abgeordneten. — Im Uebrigen bleiben alle Seitherig« Bestimmungen de« Wahlgesetze« von 1831, so «eit sie nicht durch die beantragte Revision abgeändert werden müssen, in Kraft. Die specielle Berathung über da- Gewerbegesetz wurde heute bi- zu 8- 14 fortgcführt. Bei 8- 7 hatte die Deputation folgenden Antrag gestellt: „Im Verein mit der Ersten Kammer in der ständischen Schrift den Wunsch au«zusprechen, daß so wichtige Glwcrbe, wie der Buch- und Kuosthandel, da« Antiquariat«grschäft und Buch- und Stein druckereien auf die Dauer von der «ewerbefrriheit nicht au«-- schloffen bleiben möchten, und zugleich zu beantragen: daß, in soweit dir Bundelbrschlüffe der Erfüllung diese« Wunsche« zur wesen, und Coralie hat den Schritt heimlich, ohne Vor wissen ihrer Aeltern, gethan. — Nun, wenn die alte Dame durchaus nicht nachgebrn will, gebe ich die Pro fession wieder auf. Die Liebe zu Coralie hat mich dazu gebracht, die Liebe zu Coralie kann mich auch wieder davon abbringen. „Mit diesen Gedanken verließ ich lustig meine Re stauration, winkte einem Cab und sagte ihm, er möge Nummer „14 —place" fahren. — „Mistreß Wilton, Sir?" fragte er. — „Ja," antwortete ich. — „Mistreß Wilton; schon recht, Sir!" sagte er, und eS kam mir vor, als wenn er lächelte. — Seltsam! dachte ich, daß er gleich den Namen wußte, al» ich ihm die Nummer sagte! — ES war jetzt ungefähr halb zehn Uhr. — Ich dachte daran, ob es nicht besser sei, meinen Besuch bis zum nächsten Tage zu verschieben, aber ich zog e» doch vor, lieber die alte Dame meines späten Kommen» halber um Entschuldigung zu bitten und morgen mit dem Früh zuge wieder zu Coralie zurückzurrisen. Der Cab raffelte vorwärts, bi» wir in eine einsame Straße in der Nähe von Portland-Place einbogen. Bald darauf hielt der Kutscher vor einem Eckhaus«. ES stand schon ein anderer Wagen vor der Thür, au» dem gleichzeitig mit mir zwei sehr geputzte junge Damen stiegen, die dann laut lachend und plaudernd die Treppen hinansprangrn. — „Wohnt hier Mistreß Wilton?" fragte ich de» Kutscher, al» ich meine Fahrt bezahlte. — „Ja Wohl, Sir!" sagte der Mann; die» ist das Hau». Gehen Sie in jene Sciten- thür, Sir, da» ist die geheimste!" Und der Kerl lachte wieder und fuhr fort. „Unterdeß waren die beiden jungen Mädchen ver schwunden. Ich blickte an der Hausthür empor und sah deutlich di« Nummer 14 und unten auf einer Messing platte den Namen: Mr» Wilton. ES war ohne Zweifel richtig. Ich klingelte. Sogleich öffnete «in schlumpig auS-
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