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Dresdner Journal : 30.09.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-09-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186009309
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18600930
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18600930
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1860
-
Monat
1860-09
- Tag 1860-09-30
-
Monat
1860-09
-
Jahr
1860
- Titel
- Dresdner Journal : 30.09.1860
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Auf da- mit nächster Rümmer beginnende neue vierteljährliche Abonnement des „Dresdner Journals" werden Bestellungen für auswärts bei allen Postanstalten, für Dresden bei der unterzeichneten Expedition angenommen. Der Preis beträgt in ganz Dachsen vierteljährlich I Thlr. »<> Rgr.; im Auslände tritt Postzuschlag und Dtempelgebühr hinzu. Ankündigungen aller Art finden im „Dresdner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung. Die Jnsertionsgebühreu werden im Jnseratentheile mit I Rgr., unter der Rubrik „Gingefandtes^ mit 2 Rgr. für die gespaltene Zeile oder deren Raum berechnet. ' Aönigl. Expedition des Dresdner Journals. RichlamUicher Theil. u , b , r s t <b r rtlegraphjsche Nachrichten ZkttUNgtschau. (Donau-Zeitung. — Timr-. — Eon stitutionnel. — Nord. Biene. — Wjedomvsti.) Tagksgeschichte. Dresden: Manöver — Wien: Verhandlungen d«S RrichSrathS. Graf MenSdorss nach Koburg gesandt. — Prag: Vom Hofe. Schlußsitz ung der Katholikenverein«. — Venedig: Droh schriften an den CleruS. — Berlin: Die Warschauer Zusammenkunft. RathhauSbau. Zulassung auslän discher Versicherungsgesellschaften. Kirchliches. Hum- boldl'S Nachlaßversteigerung. Ritter'- Bibliothek. — Koburg: TrauergotteSdienst. Die hohen Gäste. — Hamburg: Die neue Verfassung publicirt. — Pa ris: Ein Geschenk des Kaisers von Rußland. Kossuth nach England. — Turin: Gerüchte über die Absich ten des Papstes. Das neue neapolitanische Ministe rium. Die Reise des Königs nach Bologna. — Rom: Tagesbefehl des Generals Goyon. Die Pro testnote Antonelli's. Stellung der Piemontesen. — Neapel: Vorkämpfe. Dumas' Rücktritt. — Madrid: Granville nach Andalusien. Zeitungspolemik. — St. Petersburg: Paßreform. — Athen: Studentcn- Emeute. — Belgrad: Beglückwünschung Fürst Michael's. Fremdenverhaftung. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Freiberg. Marien berg. Reichenbach.) Statistik und Lolkswirthschaft. Feuilleton. Tageskalender. Inserate. Börsen- nachrich ten. Telegraphische Nachrichten. Wien, Sonnabend, 29. September, Nachmit tagt ^4 Uhr. Die Ansprache Sr. Majestät deS Kaisers bei der heutigen Verabschiedung des ver stärkten Neichtrathrs lautet: „Meine Herren Reichträthe! Ich danke Ihnen für den Eifer und die Ausdauer, womit Sie Ihre schwirrige Aufgabe lösten. „Mit Befriedigung habe Ich die oft wiederhol ten Aru-erungen vernommen, in welchen Sie dir Gefühle Ihrer Vaterlandsliebe und Unterthanrn- treue so patriotisch schilderten. Ich werde Ihre Gutachten ungesäumt in Erwägung ziehen und Meine Entschließung in kürzester Frist erlassen. „Mit Zuversicht erwarte Ich, daß jeder von Ihnen in seinem Kreise es sich zur Aufgabe stellen werde, den Verordnungen, welche Meinen Ent schluß verkünden werden, willfähriges Entgegen kommen, Meinen guten Absichten dankbare Aner kennung und dem Beginne volktthümlicher Ein richtungen thatkräftige Unterstützung zu verschaffen. „Neisen Tie mit Gott und seien Sie des Wohl wollens Ihres Kaisers versichert." Turin, Sonnabend, 29. September. (Offi zielle Meldung.) Nachdem die Flotte durch eine kühne Bewegung alle Hafenbatterien von Ancona zerstört hatte, sandte Lamoricisre in voriger Nacht einen Parlamentär. Heute Morgen wurden die Artikel der Kapitulation sestgestellt. Feuilleton. Vie Dresdner Kunstausstellung von 1860. XlV.*) Roch haben wir am Ende unsrer diesjährigen Kunst schau die angenehme Pflicht, über zwei Bilder zu berich ten, welche durch die Huld Sr. königl. Hoheit des Prinzen Georg der Ausstellung zugegangen sind. ES sind die- zwei trefflich« Darstellungen portugiesischer Landschaften vom Prof. Robert Kummer. Fleiß und Sorgsamkeit der Ausführung paaren sich darin mit der treuesten Wiedergabe der localen Naturphysiognomie. Bei einem schönen Ensemble und dem Streben nach einer kräftigen, malerischen Totalwirkung zeigen die Arbeiten zugleich da- liebevollste Eingehen auf das Detail. Den Vordergrund deS ersten Bildes und zugleich den Standpunkt des Beschauer- bildet rin Steinbruch in der weiter nach dem Mittelgründe zu mit Oliven bepflanzten Tapata, einem früher» Wildparke. Von hier aus, link- wärts dem Strande zu, sieht man da- königl. Residenz schloß NrcessidadeS (den Geburtsort Ihrer königl. Hoheit der Prinzessin Georg), sodann einen Theil von Delem, einer Vorstadt Lissabons. Die Hauptstadt selbst, weiter hinaus am Busen de- Tejo liegend, entzieht sich den Blicken deS Beschauer-. Im Mittelgründe de- Bilde- breitet sich dir mächtige Tejomündung aus, einer der schönsten Hafen der Welt; umhegt wird der blauleuchtende Wasserspiegel von langhin sich dehnenden, steil abfallen den FelSbergen, die Castelle und Ortschaften tragen, darunter Almada, daS mit seinen weißblinkenden Häusern vom grünen, weinumkränzten Fuße de- Gebirge- freund lich herübrrgrüßt. In südlichem Duft wölbt sich der *> «al.Nr. 1«1, IS». IS«, ISS, 177, >7», 181, 198, 199 »b »IS, 2,1,«» Urse« «I-ttr«. Paris, Kreitag,L28. September, Abends. Die soeben erschienene „Patrie" versichert. daS fran- zöfische Occupationscorps in Nom werde abermals verstärkt werden. AuS Turin vom 28. September wird grmel- drt, der König werde morgen nach Bologna ab reisen. (Vgl. unter „Tagesgeschichte".) Aus Nom vom 25. September wird berichtet: Eorneto wurde von den Franzosen wieder besetzt. Aus Neapel vom 25. September ist die Nach richt eiuyetroffrn, das Cabinet habe wegen Brr tani's seine Demission gegeben. Confortl sei mit der Bildung eines CabinetS von rotber Färbung beschäftigt. Es gehe das Gerücht, in Gaöta Hütten die Neapolitaner das französische Consulat ver wüstet. Paris, Sonnabend, 29. September. Der „Constitutionnel" meldet, daß eine ganze neue Ar- lnerdivision zur Verstärkung der französischen Be satzung in Rom abgehe. Jene Maßregel, sagt daü officiöse Blatt, sei eine Folge der jüngst in Italien eingrtretenen Ereignisse und des revolutionären Charakters der neuesten Acte Garibaldi s. Wie im Zakre 18149, so werde Frankreich auch im Jahre 1860 Rom und das Papstthuw gegen die Demi gogie beschützen. Der Verfasser des Artikels glaubt, die Gegenwart der Franzosen werde einem revo lutionären Angriffe zuvorkommen. Im entgegen gesetzten Falle würden die Franzosen einen un überwindlichen Wall zum Schutze der ewigen Stadt und deS Oberhauptes der Kirche bilden. Die Ver stärkung der französischen Besahungstruppen mache den Schuh der Stadt Rom wirksamer, ohne das Princip der Nichtintervention zu verletzen. Der „Constitutionnel" hofft schließlich, die Haltung Frankreichs werde eine heilsamk Reaktion in Jta lien stärken. Turin, Donnerstag, 27. September. (Tel. d. A. Z.) Es wurden die dringendsten Befehle ge geben, die Festungen Piacenza, Alessandria und Casale in Vertheidigungszustand zu versehen. In Neapel konnte Conforti bis jetzt noch kein neues Ministerium bilden Bosco hat den Angriff der Garibaldianer auf Capua blutig zurückgeschlagen, seine Reiterei machte :1OO Gefangene. Garibaldi bereitet einen neuen Sturm mit allen seinen Streitkräften vor. Dresden, 29. September. Die „Donau-Zeitung" bringt einen Artikel über die gegenwärtigen Zustände auf der Insel Srcilien und in Neapel, in welchem sie sagt: „Auf der Insel ist die entschiedenste Anarchie zu Hause. Eine Art von Re gierung besteht nur noch in den großen Städten; auf dem flachen Lande, oder besser gesagt, in den Gebirgs gegenden im Innern des Landes waltet das Faustrccht und macht Raub und Todtschlag zu täglichen Vorkomm nissen. In den öffentlichen Kassen fehlt cs an Geld, und die abermals ausgcgebenen Schahschcine finden kein Wohl gefallen in den Augen der Bevölkerung. An einer be waffneten Macht, geeignet, mit nachhaltigem Ernst dem Räuberunwcscn zn steuern, fehlt es ganz und gar. Ga- ribaldi's Truppen sind nach dem Festland gezogen; die Garnison von Syracus ist ebenfalls dorthin verlockt wor den, und nur die Wackern Besatzungen in den Eitadellen von Messina und Agosta halten noch Stand, und haben sich bis jetzt weder durch Drohungen, noch durch klingende Verlockungen von ihrer Pflicht abwendig machen lassen. — Neapel ist in diesem Momente das Stelldichein der bekanntesten Republikaner und Socialisten Europas. Maz- zini, Sterbini und jetzt auch Ledru-Rollin sind in Neapel und-suchen im Verein mit Mario, Miß White, Bcrtani und dem offen als Feind des Königthums hervortrctendcn Nicotera den Dictator für daS Verwirklichen ihrer Pläne zu gewinnen. Wird Garibaldi, der im Jahre 1849 unter Mazzini's Diktatur in Rom gegen die Truppen des Prä sidenten Ludwig Napoleon focht, sich von ihnen gewinnen lassen und sein jetziges Banner: „Victor Emanuel, König von Italien" abschwörcn? Wird Piemont, das, wie im Jahre 1849 in die Lombardei, so auch jetzt ohne Kriegs erklärung in den Kirchenstaat cinbrach, seine Truppen, die jetzt die Länder des Papstes in Besitz nehmen, ver stärkt nack dem Neapolitanischen entsenden, um dort einer seits Eapua und Gaeta dem rechtmäßigen Beherrscher zu entreißen, andererseits um Garibaldi wieder zu gewinnen und die andern unbequem werdenden Republikaner zu beseitigen ? Die nächste Zeit muß uns darüber ins Klare setzen, denn nur wenige Tage trennen uns von dem 2. October, an welchem Cavour vor die Kammern treten, ein klares Pro gramm verlegen und die Diktatur für den König neuer dings begehren muß. Einstweilen bereitet sein Organ, die „Opinione", darauf vor, daß er die Vereinigung Italiens, Venedig mit eingeschlosfen, in kürzester Frist anzustrebcn gedenke. Neben dem Dictator in Neapel machen sich einstweilen Provinz-Diktatoren breit, na mentlich unter Andcrm Matina im Principalo citeriore, der Willkürlichkeit und Beschränktbcit in gleich hohem Grade vereinigt. Es ist ein öffentliches Geheimniß, daß die meisten der treubrüchig gewordenen neapolitanischen Offiziere ihre Ehre um eben nicht allzu hohen Lohn an Garibaldi verkauft haben. Letzterer hat nun häufig Ge legenheit, die Zuverlässigkeit dieser Würdigen zu erproben. So mußte er denselben General Ghjo, der die Waffen vor den calabresischen Insurgenten gestreckt, sich für Victor Emanuel erklärt und das Platzcommando in Neapel über nommen hatte, verhaften und nach dem Castell St. Elmo bringen lassen. Dasselbe Schicksal haben noch viele andere Offiziere gehabt. In Neapel und der Umgebung beginnt der Garibaldi-Enthusiasmus sich bedeutend abzukühlen, und namentlich kommt in der Hauptstadt jener Theil der Bevölkerung zur Besinnung, der in seinem Erwerbe gro- tzcntheils auf die Fremden angewiesen ist. Obwohl nun außer Gavazzi auch andere Priester den Fischern und Barkensührern Neapels politische Vorlesungen am Molo halten, wollen diese doch plötzlich an der neuen Ordnung der Dinge kein Behagcn.sindcn, und haben namentlich in Sta. Lucia, der belebtesten Fischerstraße Neapels, eine Demon stration versucht, dke, so wie ähnliche Vorgänge in den Neapel zunächst gelegenen Orten, mit blutiger Gewalt unterdrückt wurde. Dagegen übt nun wieder der Dolch Repressalien und mehr als cin Freischärler ist in letzter Zeit mit klaffenden Wunden todt in den Straßen gefun den worden. Sehr Übeln Eindruck hat die Ernennung des citeln Alexander DumaS, Vater, zum Direktor der neapolitanischen Museen gemacht; der bekannte tüchtige Archäolvg Nicolini hat cs für seine Pflicht cracktet, Ga ribaldi von dieser Stimmung der Bevölkerung in Kennt niß zu sehen." Die letzten Nachrichten aus Italien, namentlich der Zwiespalt'zwischen Garibaldi und Cavour Haden aus die gesammte englische Press« einen unerfreulichen Eindruck gemacht. Die „Times" sieht die Lage ziem lich düster an. Sic schreibt: „Selbst Herr Edwin Ja mes, der doch wahrhaftig, als er sich auf die Reise machte, nicht im Geringsten die Absicht hatte, den großen Mann herabzusctzcn, in welchem wir einen zweiten Washington erblicken, schildert jetzt die Neapolitaner als unzufrieden und reaktionär, sagt, daß es auf den Straßen von Ban diten wimmele, daß die Proklamationen Garibaldi'- allen Freunden Italien- den tiefsten Schmerz verursachten, und daß der Diktator selbst von Leuten umgeben und beein flußt sei, die keinen Anstand nehmen, ihren Wunsch nach Proclamirung einer Republik auszudrücken. Ander« Be richte bestätigen die etwas indiscretcn Enthüllungen deS Herrn. Edwin JameS in Bezug auf die Ungenirtheit, mit welcher der Dictator sich über den Kaiser der Franzosen zu äußern pflegt, und die Freunde der konstitutionellen Monarchie in Italien sagen in Bctrübniß und Bestürzung, daß das den Bourbonen abcroberte Land jetzt dem Ga ribaldi wieder aberobcrt weldcn müsse. Wenn das sich so verhält — und wir haben vergebens auf irgend Et was gewartet, was die böse Kunde erklären oder wider legen könnte —, so stand für Italien die Gefahr nie mals näher an der Schwelle, als in dem gegenwärtigen Augenblicke. Wie die Sache jetzt zu liegen scheint, ha dern die Führer Italiens mit einander, und eS ist die Gefahr vorhanden, daß die Revolution daS Bett deS Ge setzes und der Ordnung überfluthen wird. Die letzten Schritte des großen italienischen Häuptlings bestanden darin, daß er sich mit Leuten umgab, die eingestandener maßen die Feinde jener constitutionellen RegicrungSform sind, deren bewaffneter Apostel Garibaldi bisher war, und alle Posten, über die er vermöge seines Glückes und seiner großen Eigenschaften zu verfügen hatte, an un verhüllte Republikaner vergab. Garibaldi besitzt «ine große Macht, aber er besitzt sie nur so lange, al- er aus dem rechten Pfade wandelt. Die Vereinigung Italien- zu einem einigen Königreiche unter Victor Emanuel ist eine Aufgabe, bei deren Lösung er eine sehr glorreiche Rolle spielen kann. Will Garibaldi aber eine italienische Republik nach Mazzini'scher Schablone gründen, so ist er eben so ohnmächtig, wie ein auf der Schwelle der St. Peterskirche sitzender Bettler. Die Krisis ist noch in der Schwebe, und es ist eine große Krisis für Italien so wohl, wie für Garibaldi. Die Mazzini und Crispi ha ben keine Wurzel, weder in Italien noch in Europa, und wenn sie Garibaldi zu dem entgegengesetzten Glau ben verleiten, so überantworten sie nicht nur ihn, son dern Italien dem Verderben." Die Zusammenkunft in Warschau bespricht jetzt auch der officiöse „Constitutionnel" aus Veranlas sung eines, denselben Gegenstand behandelnden ArtikelS im „Courrier du Dimanche", worin, wie jüngst an die ser Stelle erwähnt, der Zusammenkunft ein drohender Charakter Frankreich gegenüber beigelegt wurde. Der „Constitutionnel" hält die Warschauer Zusammenkunft für eine „Vorsichtsmaßregel, die man erwarten mußte". „Will man", sagt er, „unter den gegenwärtigen Um ständen die Haltung und den Gedankengang Oesterreichs, Preußens und Rußlands richtig schätzen, so muß man dies nicht blos nach den Ideen thun, die im Westen vor handen sind, sondern auch nach denjenigen, die mehr im Bcsondern in den drei nordischen Großmächten ihre Ver tretung finden. Im Grunde dürfte man sich wundern, daß Leute, die sich als Apostel der unbegrenzten Freiheit Archer wolkenlos über die sonnige Landschaft, in welcher die Königin des Okeans, „kaintm <lu Noermo", liegt, wie Lissabon von des Landes Dichtern genannt wird. Es gicbt Worte von einem eigenthümlich märchen haften Zauber, Namen, bei deren Klang das Herz des Nordländers sehnsüchtig anschwillt, während seine Phan tasie, und mag sie noch so vertrocknet oder wohldressirt sein, scheu wird und, allerhand tolle Purzelbäume schlagend, durchgeht. Solch' cin zauberkrästiger Name, bei dessen Klange cS wie Frühlingswehcn über uns kommt, ist Cintra, das von Lord Byron besungene Paradies Portugals; Cintra, dessen Bild wir in der zweiten Landschaft vor uns sehen. Wir stehen unter den stattlichen Pinienkronen der Penna-verdc und unser Blick schweift über da- mit allen Reizen geschmückte, reich gesegnete Thal von Cintra, bis an die hohe Berg kette, welche sich steil in einer kühn- und wildgeschlunge nen Profilirung im Hintergründe erhebt und das Thal von Cintra von Lissabon und dem Meere trennt. So unwirthlich und rauh, unfruchtbar und düster die dem Meere zugekehrte südwestliche Ansicht dieser Felsenmauer ist, so lachend und gesegnet, pittoresk und herrlich ist diese entgegengesetzte Seite, an der Schloß und Stadt Cintra liegen. Es ist ein schön und keck contrastircndeS, bunt kaleidoskopisches Gemisch von wilder Schönheit und Größe, idyllischer Anmuth und Lieblichkeit; von üppiger Farbenpracht und Gluth eines südlichen Blumenflor- und nordischer Frische grüner, quelldurchrauschter Wiesen matten; von malerischen Ruinen und stattlichen Villen und Schlössern, die auS dem Laubwerke riesiger Baum gruppen wir Sterne aus nächtlich dunkrlm Himmel blitzen; von Denkmalen kirchenbauender Gläubigkeit deS Mittelalter- und Spuren deS modernen SplernS und Weltschmerz!,ch Byron'scher Zerrissenheit, von steinernen Blüthen arabischer Phantastik und Architekturen der Jetztzeit. Ach, cs gicbt seltsame und wundervolle Gegen stände zu Cintra, und seltsame und wundervolle Er innerungen knüpfen sich an sie. Die Ruine, welche auf jenem lustigen Fclsengipfel cmporragt, war einst die Hauptfestc der lusitanischcn Mauren, und hierher pflegten noch lange nach ihrem Verschwinden die wilden San tonen Mogrebiens alljährlich in einem gewissen Monat sich zu begeben, um an dem Grabe eines berühmten Sidi, der unter diesem Felsen schlummert, zu beten. Weiter hinaus, eine höhere Gebirgsspihe krönend, erhebt sich die Pena, cin Kloster, das seine Gründung einem Gelübde des Königs Dom Manoel verdankte ; aus der Jagd beim Anblicke des Meeres hatte Jener, an den fernen Vasca da Gama denkend, gelobt, an dieser Stelle die glückliche Heimkehr des kühnen Schiffers durch den Bau eines Klosters zu feiern. Jetzt ist das längst verödete und zerfallene Kloster durch König Ferdinand in ein glän zendes Königsschloß umgcschafscn. Jener altcrgrauc Palast da drüben war Zeuge von der letzten Cortcz- versammlung, welche der jugendliche König Sebastian hielt, ehe er zu seinem abenteuerlichen Zuge gegen die Mauren ausbrach, welche die Schmähung ihres Glaubens und ihres Landes bei Alcazarquibir so tapfer rächten, und in jener niedrigen, schattigen Quinta, zu einer Laube gebildet von jenen schlanken Mcornoques, wohnte einst Johann de Castro, der seltsame alte Vicckönig von Goa, der das Barthaar seines verstorbenen Sohnes ver pfändete, um Gold zur Wiederherstellung einer zerstörten Mauer aufzubringcn, die von den Heiden deS Indus bedroht wurde; jene zerbröckelnden Steine, die vor dem Portale stehen, mit der tief eingehauenen Inschrift, nicht aus Runen, sondern aus eben so dunkeln Sanskrit- Neimen aus den DedaS, wurden von ihm auS Goa, dem glänzendsten Schauplatz« seines Ruhmes, milgebracht. In der Quinta-de-Sitiacs unterzeichnete Junot im Jahre 1808 die bekannte Convention von Cintra, welche die Räumung deS Landes von den französischen Ein dringlingen zur Folge hatte; auf einem Frlsenvorsprunge, an der Straße nach Collares, stehen dort noch die Hallen des englischen Millionärs und Sonderlings, der da den wunderlichen Launen eines Gemüthes Nahrung gab, das eben so wild, so reich und so bunt war, als die Gegend umher; und endlich, mit den Bildern der wild-roman tischen Quinta d'Abelheira und des alten Schlosses von Cintra, welches dem portugiesischen Hofe als Sommer residenz zu dienen pflegt, sind die KindhcitSerinnerungen und Träume einer hohen Frau verwebt, welche Sachsen jetzt unter die Glieder seiner königlichen Familie zu zählen die Ehre hat. Ja wundervoll sind die Gegen stände, die dem Auge zu Cintra begegnen, und schön sind die Erinnerungen, die daran sich knüpfen. Beide Bilder sind Eigenthum des Prinzen Georg; ebenso ist, wie wir nachträglich bemerken wollen, da- ebenfalls aus der Ausstellung befindliche und von unS hier bereits besprochene Jagdbild von Ferdinand v. RaySki im Besitze Sr. königl. Hoheit des Kronprinzen. 0. 6. Dresden, 29. September. Zur festlichen Enthüllung der Weberstatue, welche am 11. October Morgen- stattfinden soll, wird auch vom hiesigen Tonkünstler- ver eine in würdiger Weise eine Vorfeier veranstaltet werden. Derselbe wird am Vorabende deS Enthüllungs tages im „Hotel de Sare" seinen ersten diesjährigen Pioduclionsabend geben, an welchem hauptsächlich Com Positionen Weber'- für Kammermusik zu Gehör kommen sollen; dieser Ausführung wird ein Festmahl für Herren folgen. Die Abonncmentsbedingungen zu den Pro ductionSabenden deS Tonkünftlervcrcins sind bekannt; Meldungen dazu werden von Herrn B. Friedel in Em pfang genommen.
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