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Dresdner Journal : 10.08.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186008103
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18600810
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18600810
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1860
-
Monat
1860-08
- Tag 1860-08-10
-
Monat
1860-08
-
Jahr
1860
- Titel
- Dresdner Journal : 10.08.1860
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185. Freitag, den 10. August. — - >>>'» »>' —— - . . tritt kort liaä dt«MP«l»Q- blue». ÄdsmeemetllHpttist: ätbrlwl»! 5 rbll. 10 tt^. t» ^jitkrl.r 1 „ 10 „ „ „ Nuii»tU<:t» i» vriL«: 15 l^gr Lior«la« ttuaui»«m: 1 ti^r. rnseratenpreise: ^ür <t«v 8»a» ,i»«r s«»p»Iteo«ll L«il«: 1 lkFr. V»t«r ,,LU»E»»u»ät" äl« L»U«! 2 dkssr. «rschrt»r»r "ritFUed, »lt Xn»o»bo>« ck«r S»m>- nn» k^tOrt«?«, itdvaä» kitt ä«n k»l^«»ck«L Nrrs-nerÄumal. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. 18M>. »asrratnranmrhuu «lswSrt»: Lriprtz! k». Lowwi»»lvoLr ä«» vr«»äusr ^ournul»; «benäL„Il>,t: ll. tl»»»i»»r»r» L Voar.»»; Lirlür: O»verr»'»cbe Uuckb., Ii»i»urvr»'- Lar«»n; Nr*»«: k. 8e»e,vvin; ^rualrkirrt ». N.: ^ia»»'»ebo Vulidkioäluox, Lvlo: ^ool-r ö-oiui«, ?»ri,: v. L-üvixrii.» (28, rue äe» don» euk»n»)z kr»^: tu. L«»r.icu» Luckbauälunx. Herausgeber: IkLuigl. k!»p«ö!tloll äs» Vr«»än«r ^onrotls, vresäen, blarienitr»»» >r. 7. -'»r n-in.-i7.rt_:n- mn-n-i» NichtaMicher Theil. Neberficht. Telegraphische Nachrichten. Zeikungsscha». (Siaat-anzriger für Württemberg. — Preußisch« Zeitung. — National - Zeitung. — Neu« Preußische Zeitung.) Tagesgeschichte. Dresden: Errquien. Der KriegS- ministrr zurück. — Wien: Vom ReichSrathe. Markt gerichte in Aussicht. — Temesvar: Organisirung der griechisch-nichtunirtcn Kirchenangelegenheiten. Zur Eprachrnfiage. — Berlin: Der König von Bayern. Di« neu« Organisation der Cavalerie. ThLtigkeit der Spandauer Geschützgießerei. Der Bau einer zweiten katholischen Kirche. — Magdeburg: Begnadigungen. — München: Die Königin zurück. — Geeste münde: Bei Handlungen mit Bremen wegen Abtre tung von Hoheit-rechten Hannovers. — Karlsruhe: Vertagung der Zweiten Kammer. — Paris: Tages bericht. — Bern: Entlassung der Genfer Bcsatzungk- truppen. Saveyardrnbeleidigung. Vermischtes. — Turin: Unterbleiben der Expedition nach Umbrien. Die Alltanzverhandlungen mit Neapel. Vermischtes. — Rom: Gocialistiiche Kundgebungen. — Neapel: Nicht- Neues. — Madrid: Bau von Kriegsschiffen. Staatseinnahmen. Die CorteS. Abreise der marokka nischen Gesandtschaft. Dampfer nach Syrien. — London: Liberales Meeting. Schiffe für Garibaldi. General Wyndham 1°. Geschütze und Munition nach Sicilien. Schubfeste Schiffe. Parlamentsverhandlun- gen. — Von der polnischen Grenze: Die rus- fisch-orthodore Kirche in Asien. — Belgrad: Fürst Milosch zurück. Maßregeln zur Erhaltung der Ord nung. — Rio de Janeiro: Prinz Alfred von England. Preußische Kriegsschiffe. Ernennungen. Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Drr-dver Nachrichten. Proviazialvachrichten. (Leipzig. Chemnitz. Bautzen. Schneeberg. Sebnitz. Oelsaitz.) Telegraphische Nachrichten. Paris, Mittwoch, 8. August. Der heutige „Moniteur" meldet, daß der Kaiser bei der gestern i« Lager von Ehalon» über die für Tunen be stimmt,« Regimenter adgrhatteneu Revue «ine Ansprache an die Truppen gehaltrn Hut. TS heißt darin: „Krankreich begrüßt mit Freuden die Er- pedition, welche nur den Triumph der Gerechtigkeit und Menschlichkeit zum Zwecke hat. Ihr führt keinen Krieg mit einer Staatsmacht; Ihr helft dem Tultan. Ich hoffe, daß die Soldaten würdige Nachkommen jener Helden sein werden, welche das Banner Christi in jenes Land getragen haben. Ihr geht nicht stark an Zahl, aber Euer Muth und ruhmvoller Name werden Ersah sein. Denn überall wissen dir Rationen, daß die französische Kahne eine große Sache vor sich und rin große- Volk hinter sich hat." Turin, Mittwoch, 8. August. Die „Opinioue" schreibt, das Gerücht, General Lamoriciere habe der neapolitanischen Regierung einen Plan zur Bertheidigung des Festlandes übergeben, müsse Un ruhe erwecken; mehr noch das andere, daß die Re gierungen von Neapel und Rom rin Schutz- und Trutzbundniß geschlossen. Im letzter« Kalle würde Piemont sich vielleicht gezwungen sehen, seine pas sive Politik zu verlassen, weil rS nicht dulden könne, daß Lamoriciörr's, auS Krrmdeu gebildete Truppen in Neapel iuterveuirteu. Mailand, Mittwoch, 8. Auaust. Die hiesige „Perseveranza" meldet nach den Genueser Abend blättern, daß in Tieilien durch Deeret des Dikta tors dir piemontrfische Constitution emgeführt wor ben ist. Dresden, 4. August. Der „StaatSanzeigrr für Württemberg" vom 6. August enthält folgende Mitlheilung: „Li« bundeS- wtdrtgen Zwecke des Nationalvrrein», sowie sie sich in dem zuerst auf der Eisenacher Versammlung vom 16. Juli und 14. August v. I. ausgestellten Programm, sodann bei Tonstiiurrung des Vereins zu Frankfurt und endlich auf der letzten Berliner Versammlung und in der Wo chenschrift de» NationalvereinS klar Herausstellen, haben feiten beinah« sämmtlicher deutschen Bundesregierungen eine vollkommen übereinstimmende Beurtheilung gesun den. Allein dcmungeachtrt konnten die (in mehrern Zei tungen erwähnten) Verhandlungen zwischen den Herren v. Hügel und v. Beust und Erste,m und Herrn v. Schrenk in Dresden und München gewaltsame Unterdrückungs maßregeln gegen den Narionalverein um so weniger zum Gegenstand eingehender Besprechungen machen, als ge rade in den drei betreffenden Staate« dieser Verein schon an dem gesunden Sinne deS Volkes so viel wie geschei tert ist, und eine hinreichende Beruhigung darin liegen dürfte, daß die preußische sowohl, alS auch nahezu sämmt- liche übrigen Regierungen in letzter Zeit ihren festen Entschluß kundgegeben haben, weitere Ausschreitungen de- Vereins, welche z. B. die Berufung eines Vorpar lament-, einer Nationalvertretung durch allgemeine Wah len u. s. w. zum Ziele haben würden, mit aller Energie rntgrgentreten zu wollen. Der Gegenstand der in Dresden und München stattgehabten Verhandlungen bestand daher Wohl vorzugsweise darin, die in Baden zum Wohl und zur Sicheiheit Deutschlands angeregten Fragen auf das Feld praktischer Lösung zu leiten, wohin besonder- die Aufgabe zu rechnen sein dürfte, mittelst Besprechung unter den Kriegsministern der Mittelftaaten — wie sie in die sem Augenblicke in Würzburg stattfinden — über Vor schläge sich zu einigen, welche die Oberleitung und Ein- theilung deS BundeShcereS für den Fall zum Gegenstand hätten, wenn die beiden deutschen Gioßstaaten mit ihrer Gesammtmacht an einem deutschen BundeSkrirge Theil nehmen. Nicht minder möchte dahin eine Verständigung über die Mittel gehören, durch welche eine Erhöhung der Wehrkraft der gemischten BundcSarmeecorps sowohl als eine Beschleunigung ihrer schlagfertigen Aufstellung ermöglicht und deren Cooperation mit den übrigen Ar- meecorpS gefördert werden könnte. Endlich wird den Berathungcn der genannten Minister wohl auch die Frage nicht fremd geblieben sein, ob und in welcher Weise in Zeiten ernster Verwickelungen der Erecutivgewalt dcS Bundes eine einfachere und kräftigere Organisation ver liehen werden könnte." Die Berliner Blätter besprechen die nunmehr be schlossene und bereits in der Ausführung begriffene In tervention in Syrien. Die „Preußische Zei tung" schreibt in ihrem Artikel unter Hinweisung auf die von uns vorgestern mitgetheilten beiden Pariser Pro tokolle: „Der Inhalt der Protokolle beweist, daß die beiden bei dieser Frage haupt'ächlich in Betracht kommenden Ge sichtspunkte von den Mächten gleichmäßig inS Auge ge faßt sind. ES kam einerseits da auf an, den schrecken vollen Auftritten in Syrien ein Ziel zu setzen und den durch Kanali-muS der muselmännischen Bevölkerung be drohten Christen den erforderlichen Schutz zu gewähren; andererseits die Unabhängigkeit der Pforte und die In tegrität ihres Gebiets in keiner Weise zu gefährden. Da jede Einmischung in die inner« Angelegenheiten der Türkei leicht zu Conflicten führen kann, welche die Ruhe Eu ropas bedrohen würden, so mußten solche Verabredungen getroffen werden, welche die Gefahren einer Intervention möglichst verminderten. Die Aufgabe war, diese beiden therlweise mit einander collidirenden Rücksichten, so weit thunlich, ins Gleichgewicht zu sehen. ... ES fragt sich, ob die jetzt durch die Uebereinstimmung aller Mächte be schlossene Intervention sich innerhalb der rechten Grenze hält. Die Intervention geschieht mit Zustimmung der Pforte, die den ihr angebotenen Beistand angenommen hat. Die Zahl der Truppen soll 12,000 Mann nicht übersteigen, von welchen Frankreich die Hälfte stellen und sofort absendcn wird. Die andern 6000 Mann werden, Feuilleton. Flüchtig« Reiseskizzen auS der Schweiz und Italien. H-*) Turin, den 3. August 1860. Vom Capucinerberge dicht vor der Pobrücke hat man die beste Aussicht auf Turin, auf die wohlbcbauten Hügel, welche sich an seiner südöstlichen Seite hinziehen, und auf den Kranz der Alpenkämme, welche die Ebene im Westen und Norden umschließen. Er» Capucinermönch führt« unS in seine bescheidene Zelle; au» ihr sah ich aus die Stadt herab, wir au» einem Stück de» alten Italiens auf da- Neu«. Aber man vermag sich nicht zu denken, daß Turin zu dessen Hauptrrsidrnz sich aufschwingen könne. Auch wenn man nur in den kleinen Flecken am wunderbar schönen Lago-ma-ziore einen vorläufigen Ein druck de» italienische» Leben» erhalten oder «inen frühern wieder aufgefrischt hat, so erscheint Turin ausfällig un italienisch. Der Baustyl der hohen, in großen Verhält nissen solid und reich errichtete» Häuser erinnert in d-r äußern Erscheinung sowohl an die neupariserischt Archi tektur al» an die norddeutsche, namentlich an di« besten Theil« der Berliner Friedrichstadt, nur daß fast jede» Fenster der Hauptstraßen mit ziemlich vorragendem Bal- con nebst schützenden Vorhängen von fast gleichem Zeuge verfehrn ist. UebrigenS sind die Häuser so gleichartig in ihrer Bauart und in ihrem grlben Anstrich, die Straßen fv erschreckend geradlinig und rrchtwinÄig gezogen, daß die Wirkung casernenartig ist. Durch die meisten lang hin sich dehnenden Gaffen sieht man auf beiden Seiten hinaus in» Freie, und der Gedanke, wir der Wind von ') «gl.Ne. I84tz.»l. den Alpenabhängen herab im Winter da hindurchf.gcn wird, hat etwas Beunruhigendes. Die wenigen aus diesen sehr stattlichen, höchst modernen, cascrreenartigen Häuserreihen hervortretenden besonder«, noch umfang reicher» Gebäude, Paläste, Kirchen sind schwerfällig, ge schmacklos und von gemischtem Siyle, mit Ausnahme der Vorderfront deS einfachen und durch gute Verhältnisse sich wenigstens gefällig präsentirenden königl. Schlosses. DaS einzige alte Gebäude Turins ist da» Castell — Pa lazzo-Madama — ein plumper Haufen von mittelalter lichen abgeflachtrn Thürmen und einer schlechten Re naissance - Fayade mit dazwischen angeflickten modernen Anbauten. Diese fragliche künftige Residenz Neu-Ita liens hat in ihrer Architektur und überhaupt in ihren monumentalen Kunstwerken weder eine große Geschichte deS Lebens noch des Geistes aufzuweisen; nicht daß eS an öffentlichen Denkmälern, wenigstens an Statuen rc., ganz arm wäre, aber diese sind sehr arm an Schönheit und Kunstwerth, und die neuesten wetteifern darin mit denen au» der Rococo-Zeit; sie erscheint den übrigen italienischen Städten — auch den kleinern — gegenüber wie ein moderner und uniformirter Emporkömmling, Sitz eine» jungen, in diöciplinirenden Praktiken sich wohl- gemuth ergehenden Beamten- und Militärstaate», reich und wohlhäbig, thätig im GrschäftSleben, betriebsam im kleine» LuruShandcl — aber ganz ohne ein großes und italienisch-nationales Volksleben. Wie wenig der Piemon tese dem italienischen Stamme in seinen Charakter- und Sitten-Eigcnthümlichkeitrn zugrhört, ist bekannt. Der Piemontese einigt in sich manche französische und ita lienische Elemente, aber nicht die entscheidenden und vor waltend charakteristischen beider Nationalitäten. Ec ist mehr verständig alS talentvoll, mehr kühl al» leiden schaftlich; da» heißblütige, bewegliche Temperament de» Italieners, -essen Anmuth und natürliche Noblesse auch wenn sie nöthig sein sollten, von einer andern Macht gestellt werden. Jndcß ist zu erwarten, daß für den vorliegenden Zweck 6000 Mann französischer Truppen, im Verein mit den türkrschrn Truppen, auSrrichen werden. Außerdem ist hinsichtlich dcr Zeit die Best.mmung ge troffen, daß der Aufenthalt dcr fremden Truppen in Sy rien nicht über sechs Monat« währen soll. Es unterliegt keinem Zweifel, daß während dieser Z»it der Libanon voll ständig pacificirt sein kann. Die Ursachen, welche in Rom zu einer jetzt schon elf Jahre währenden franzö sischen Besatzung geführt haben, können sich in Syrien nicht wiederholen. Wir dürfen also hoffen, daß cs dcr Uncigennützigkcit Frankrcichs, dcr ebenso loyalen als feste» Haltung der Cabinete von England, Preußen und Oester reich gelingen wird, jede weiter greifende Krisis zu ver hindern." Die „National-Zeitung" legt in letzterer Be ziehung weniger Vertrauen an den Tag. Sie sagt: „Die französische Intervention erscheint unS auch nach den neuesten Nachrichten in keinen andern Lichte als an fänglich; war dieselbe doch in Paris belchlossen, ehe das Blurbad von Damaskus in Europa bekannt und selbst ehe es geschehen war. Dcr große Mangel an Wachsam keit und Thatkraft der türkischen Regierung, welcher durch die blutigen Vorgänge bezeugt wird, nöthigt aber zu Schlüffen auf so starke Hindernisse deS bessern Willen-, welcher in Konstantinopel noch zu finden ist, daß man der Intervention gegenüber immer mißtrauischer werden muß. Wenn die muhamedanischen Untertanen des Sul tans so aufgeregt sind, wie man sieht, wenn die Regie rung trotz der drohenden Gefahr, fremde Einmischung zu erleben, diese Untcrthanen doch nicht im Zaum hält, so ist sehr fraglich, ob künftig der nöthige Zügel vorhanden sein wird. Soll die Beruhigung in Syrien in sechs Mo naten so gründlich hergcstellt werden, um den Abmarsch der Franzosen fordern zu können, wie sehr und wie rasch wird sich dann chic Pforte nicht aufraffen müssen? Sie wird nicht nur den Beweis zu liefern haben, daß nicht durch Frankreich, sondern daß durch ihre Macht Syrien beruhigt worden, sie wird also nicht nur dorthin eine ansehnliche Truppcnmasse werfen müssen, sondern zu gleicher Zeit keinen andern Theil ihres Gebiets von Trup pen entblößen dürfen. Ihre Aufgabe in dcr nächsten Zeit ist eine sehr schwierige, ja man muß gestehen, daß rS nicht von ihrer Macht, sondern von der Gestaltung der europäischen Verhältnisse abhängt, ob sie die schwere Zeit glücklich besteht." Die „Neue Preußische Zeitung" meint, aus dem Wortlaute der Protokolle gehe deutlich hervor, daß cs dem Kaiser Napoleon gelungen sei, „dem Sultan seine Intervention auszudringen"; denn die Redensarten, mit denen das im Protokoll verhüllt werde, sei doch gar zu dürftig. Zweitens sei es nun klar, „daß die Interven tion eine rein französische ist, denn cs sind eben nur^ französische Truppen in Marsch gesetzt, und schwerlich wer den andere folgen"; drittens sei nicht mehr in Abrede zu stellen, daß die dem Sultan aufgczwunzene rein fran zösische Hilfsmacht „eigentlich ganz unabhängig von dem türkischen Commiffar" ist. DaS stehe ganz klar zwischen den Zeilen dieser Protokolle, die in ihrer „Rücksichtnahme" zuweilen „wie Hohn" klingen. Kurz, dcr Kaiser Napoleon habe sein Spiel gewonnen und völlig freieHand im Orient. „Wir beklagen das — schreibt die „Neue Preuß. Zeitung" — nicht im Interesse der Türkcnwirthschaft, mit der wir je eher je lieber Kehraus tanzen sehen möchten, sondern im Interesse dcr christlichen Großmächte, die immer mehr unter das Piincipat des Kaisers der Franzosen gerathen." Die „Times" sicht sich durch die Protokolle über Syrien zu folgenden Betrachtungen veranlaßt: „Die Beschlußfassungen der Großmächte sind mit großer Vorsicht, öder gerade heraus gesagt, nach den strengsten Regeln gegenseitigen Mißtrauens entworfen. Europa findet sich also, nach kurzer Pause, wieder einmal zur Einmischung im Osten gedrungen, und so ist wieder ein mal jene endlose orientalische Frage eröffnet, die Europa so ost und vergeblich zu schließen gestrebt hat. Wir haben nichts an den Arrangements der Convention auszusctzcn; —' im Bürgerlichen fehlt ihm, aber auch die Gewandtheit, Schärfe und Bravour des französischen Esprits, die Leichtigkeit und dcr Geschmack des hilfreichen Nachbars. Indessen ist die Hinneigung zu französischen Elementen in Sitte und Bildung sehr auffällig, und die natürliche Vermuthung, daß die nationale Bewegung der letzten Zeit eine durchgreifendere Annäherung wenigstens an die äußern, echt italienischen Sitten hervorgerufcn habe, ist irrthümlich. Wie sehr der Einfluß des französischen Geistes hier dominirt, zeigt sich in vielfachen Erscheinun gen; auffällig auch der flüchtigsten Beobachtung an den Buchkäden. Ihre großen Schaufenster sind völlig so auS- gcstattet wie in Paris, denn an denselben unter den auslicgenden Büchern verschiedenster Gattung ein ita lienisches herauSzufinden, ist eine völlig so schwere Auf gabe, als ein deutsches in den Läden dcr Pariser Buch- handlungcn; man sieht fast nur französische Literatur. Eich Turin als zukünftige Hauptstadt eines großen ThctleS dcS eigentlichen Italiens auf die Dauer zu denken, erscheint kaum möglich mit Rücksicht auf die wahlberechtigte Macht von nationaler Sitte, Volks- Charakter und natürlich historischer Entwickelung. le Literatur. „Gedichte von Margarethe Pilgram- Diehl. Frankfurt a. M., I. D. Sauerländer'S Verlag. 1860." — Den technischen Theil der Kunst hat die Verfasserin Wohl inne, tiefer dagegen steht der Inhalt der Gedichte selbst. Zwar sind dieselben zart, duftig und geschmackvoll und besitzen DaS, was man blühende Diction nennt, aber Originalität fehlt durchaus. E» möchle sich überhaupt fragen, ob die Verfasserin ohne Höliy, Matthison, SaliS, Uhland, G>ün, Lenau und Gcibel je zu poetischer Production gelangt sei. Abge sehen nun von den An- und Nachklängen, machen viele dieser Dichtungen nicht den Eindruck, als ob sie der sie sind vermuthlich die besten und klügsten, die unter den Umständen möglich waren. Die Intervention ganz und gar zu vermeiden, war nach dem Vorgefallenrn nicht möglich; die Sache ist die, daß die orientalische Frage sich selbst wieder eröffnet hat. Wir haben unter B.stcS und KostbaisteS in den Abgrund geworfen, allein der Ab grund will sich nicht schließen und öffnet seinen Schlund immer weiter und Weiler, immer neue Opfer verlangend. Da wir denn einschrriten müss.n, so wird «S gut sein, die Intervention in Bezug auf Zeit, Zahl und Ration zu begrenzen. Wir reducircn sie so auf ein Minimum. Der Stoß, den dcr Einfluß des Sultans in seinen eigenen Landen erhält, wird so klein als möglich gemacht, und die Wahrscheinlichkeit, daß irgend eine curopäitchc Macht auS dem öffentlichen Unglück Vorthcil ziepen könnte, wird in demselben Verhältnrß vermindeit. So weit es auf Protokolle ankommt, erhält das türkische Reich eine neue und vielleicht die letzte G lcgenheit der Wiedergeburt. Bleibt diese Gelegenheit unbenutzt, so werden all die ge genseitigen Eifersüchteleien aller Staaten Europas die Pforte nicht vor einem schnellen und gänzlichen Zusam mensturz bewahren können. Wenn man England zu- muthen sollte, sich um dcr Türken willen neue Schwie rigkeiten und Gefahren auf den Hals zu laden, wnd es nicht ohne Grund entgegnen können, daß es bereits ge nug gcihan hat. Wir können nicht den beständigen Hü ter dieses betagten Reiches machen, welches niemals zu den Jahren der Einsicht zu gelangen scheint. Es ist ohne Zweifel rin merkwürdiges Kunststück, eine Pyramide auf den Kopf zu stellen, aber wenn man das Schauspiel zu oft wiederholt, verliert cS seinen Reiz, und selbst dcr erfahrenste Manipulator muß endlich zu dem Schluß ge langen, daß bei einem ewigen Kampf gegen das Gesetz der Schwere, dieser schweigende und niemals irrende Wi dersacher zuletzt gewiß die Oberhand behalten muß." Tagesgeschichie. / Dresden, 9. August. Ihre Majestäten der König und die Königin, sowie Ihre königlichen Hobeiten der Kronprinz und die Kronprinzessin, Prinz und Prinzessin Georg und die Prinzessinnen Sidonie, Sophie und Augusta haben heute Vormittag in der katholischen Hofkirche den feierlichen Errquien für Sc. Majestät de» hochscligcn König Friedrich August (gest. 9. August 1854) beigc- wohnt. Die Kirche war in allen ihren Räumen von Andächtigen gefüllt und die äußern Fenster der Gruft, welche die irdische Hülle de» hoch seligen Königs birgt, hatten Liebe und Dankbarkeit mit Kränzen und Blumen geschmückt. Dresden, 9. August. Se. Ercellenz der Herr Kriegs- mistcr ist heute früh 1 Uhr von den Militärcoufercn- zen in Würzburg wieder hier cingetroffen. " Wien, 7. August. (O. P) Der Einundzwanzi- gercomitö des Reichsrathcs hat heute seine Arbeiten fortgesetzt. Das Budget des Finanzministeriums, von dem gestern nur ein Theil zur Bcratyung kam, wurde heute zum Abschluß gebracht. Mehrere sehr bedeutende Anträge und Wünsche kamen dabei zur Sprache. Vor Allein die Stellung des Staates zu der Bank; dcr Um stand, daß der Bankgouverneur vom Staate besoldet wiid, gab Gelegenheit zu sehr praktischen Eiörterungen. Die Zinscngarantie, welche der Donaudampsschifffahrtsgesell- schast bewilligt ist, und die große Summe, welche dcr Staat dabei zu zahlen hat, gaben Veranlassung zu einem besondern Anträge. Auch über die Zinsengarantie an derer Unternehmungen wurde gesprochen; man erfuhr bei dieser Gelegenheit, daß die lombardische Bahngeselljchaft (sübösterreichischc) für das nächste Jahr die Garantie deS Staates nicht in Anspruch zu nehmen braucht; dagegen die Wcstbahn, die Thcißbahn, die südnorddcutsche Ver bindungsbahn rc. dcS Staatszuschusses allerdings bedür fen. Auch die Angelegenheit deS österreichischen Lloyd kam zur Sprache, und es wurde die politische und die handelspolitische Aufgabe desselben sehr hervorgehoben und eine Berücksichtigung desselben Hand in Hand mit nothwcndige Eiguß des innersten GemüihslebenS wären; sie versehen daher auch nur in eine laue, dämmernde Stimmung, und das so häufig wiederkehrcnde allegorische Abspinncn eines Thema- wirkt sogar kühl. Jedes wahr hafte Gedicht, wie überhaupt das echte Kunstwerk, muß organisches Leben haben. Die Verfasserin haust alle möglichen lyrischen Ingredienzen, aber „es fehlt leider nur das geistige Band", und das ist der Punkt, wo Ge machte» und Gewordenes, Dilettantismus und wirklicher Beruf sich scheiden. 1. Theater, s- Ponsard'S neues Stück: „Oe qui plarl an» kemme-i", das mit außerordentlichem Erfolg in Paris aufgcsührt worden ist, darf nicht mehr gegeben werden. — Alois Ander tritt am 18. August zum ersten Male im Wiener „Kärnthnerthortheatcr" wieder auf, und zwar im „Prophet". — Rubinstein hat eine Oper bei der Direktion her Wiener Hofoper eingercicht. — Die Ristori gastirt gegenwärtig in Mannheim unter Mitwirkung ihrer italienischen dramatischen Gcsell'chast. Frau Ristori hat, dem Vernehmen nach, von dem Könige von Holland für ihre Leistung als „Marie Stuart" die goldne Kunstverdieustmedaille erhalten. — In Leipzig hat der hannoversche Hof- und Kammersänger Niemann am 8. August sein Gastspiel mit „Tannhäuser" begon nen. Von Leipzig geht Niemann unmittelbar nach Pa»iS, um sein Engagement bei der „großen Oper" anzutreten. — Dircetor Laube hat für daS Wiener Hofburglhcaler eine neue jugendliche Liebhaberin, Fräulein Spitzcder von München, gewonnen. — Der Tenorist Sieger soll statt Niemann in Hannover mit 5000 Thlr. Gehalt en» gagirt worden sein. — Nach einer statlsti chen Berechnung zählt man in Europa 18,140 Schauspieler, 21,609 Schauspielerinnen und 1773 Thraterdirectoren. Dir Zahl Derjenigen, welche mehr ober weniger mit dem Theater-
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