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Dresdner Journal : 05.07.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186007057
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18600705
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18600705
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1860
-
Monat
1860-07
- Tag 1860-07-05
-
Monat
1860-07
-
Jahr
1860
- Titel
- Dresdner Journal : 05.07.1860
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Hoheit die^ verwitttvete Frau Großherzogin von ToScana ist heute früh Uhr nach Lindau abgereist. . Dresden, 4. Juli. Ihre Majestät die Königin^ von Bayern sind heute Mittag 12 Uhr nach Potsdam abgereist. Dresden, 2. Juli. S«. Königliche Majestät haben dem Finanz-RechnungS-Secretair Heinrich Krrtzschmar da» Dienstprädtcat eine- Commisfion-rath- in der Sten Classe der Hofrangordnung beizulegen geruht. Nichtamtlicher Theil. Ueberslcdt. Telegraphische Nachrichten. Zeituvgsschau. (Allgemeine Zeitung.) Tagksgeschichte. Dresden: Die bayrischen Majestäten. — Wien: Tagesbericht. Bankausweis. — Inns bruck: Agitation in Wälschtirol. — Agram: Assen- tirte Gymnafialschüler entlassen. — Berlin: Mi nisterzuschriften bezüglich de» Juristentages. — Mün chen: Prof. Nr. v. Schubert -j-. — Darmstadt: Kammerverhandlungen. — Wiesbaden: Hohe Gäste. — Koburg: Theater in Baireuth. Anlrhrn. — Frankfurt: Dir Königin von Württemberg. Jour nalistisches. Vermischte Nachrichten. — — Paris: Ausstellung der Leiche deö Prinzen Jörüme. Da- Lager von ChalonS. Budget. Unterseeische Te- legraphentaur. Oesterreichische Rote. Vermischtes. — Bern: Die neueste Circularnote des BundeSrathS.— Turin: Concessionen in Rom erwartet. Die neapo litanischen Vorschläge. Kammerverhandlungrn. Be stimmung der neuen Anleihe. — Neapel: Manifest deS Königs. Militärische-. Das Programm des neuen Ministeriums. — London: Zunahme der Staatsein nahmen. — St. Petersburg: Stand der Emanci- pationSberathung. Reform der Polizeiverwaltung. Motivirung der neuen Anleihe. Vermischtes. Dresdner Nachrichten. Telegraphische Nachrichten. Wien, Dienstaa, 3. Juli, Abends. Nach hier eingrganqeven Nachrichten ans Turin vom ge- striaen Tage hat die sardinische Regierung die cen- tratttalieuische BahngeseLschaft »um Bau der Bahn von Bologna bi- zur österreichischen Grenze er mächtigt. Am 1. d. M. war in Turin der Allianzvor schlag des Königs von Neapel noch nicht ringe- ganaen. Bon Neapel aus sollen den Gesandten die Befehle zugegangen sein, den Verbannten die Heimkehr zu gestatten. Wien, Mittwoch, 4. Juli. Laut Nachrichten auS Rom vom 2 d. M. hat der Papst an diesem Tage, vom Volke begrüßt, die Fortistcatiourn Ci vitavecchias besichtigt AuS Ravrnua, vom 3. Juli, wird gemeldet, daß der Bischof vou Faenza zu dreijährigem Ker ker und 4V00 LireS Geldbuße verurthrilt worden ist. Nachrichten auS Neapel vom 30. Juni zufolge, hat der König zweimal zu dem französischen Ge- sandte«, Baron Brevier, gesandt und sich nach de« Befinden desselben erkundigen lassen. DaS amtliche Blatt zeigt an, daß der größere Tbeil der Bevölkerung sich ruhig verhält. Advocat Ro mano ist zum Polizeiminister ernannt worden. Eine königliche Proklamation verbietet daS Lär men in den Straßen und fordert daS Militär zur Zerstreuung von Zusammenrottungen auf, indem sie gleichzeitig empfiehlt, hierbei Mäßigung zu beobachten. Paris, Dienttaa, 3. Juli. Alle Briefe auS Rom lassen eine Krise als bevorstehend erscheinen Die Haltung der Parteien ist eine herausfordernde. Palermo, 28. Juni. Zahlreiche ehemalige Beamte, sowie einige Notabeln find verhaftet. DaS Volk verlangt ihren Tod. Garibaldi hat Trup pen abgeschickt, um die Ruhe im Innern der In sel wieder herzustellen; aber daS Ministerium ist unpopulär und eS herrscht Zwiespalt zwischen Stadt und Land Die Steuererhebung findet Widerstand, doch ist der Eifer gegen Neapel nicht minder groß. London, Mittwoch, 4. Juli. Lord Palmerston wird morgen im Unterhause folgende Resolutionen Vorschlägen: Daß ausschließlich dem Hause der Gemeinen daS Recht zuftrhe, Bewilligungen zu machen; daß das HauS der LordS selten von dem Rechte Gebrauch gemacht habe, Finanzgesrtze zu verwerfeu; daß als Garantie gegen illoyale Aus übung diese- Rechts seiten der LordS daS Unter bau- souach Abgaben rinführen oder abschaffen könne'; daß die Rechte deS Unterhauses gewahrt werden könnten. Lissabon, 1. Juli. Das portugiesische Mi nisterium ist aufgelöst. MarquiSlv. Soul» ist be auftragt, ein neues Ministerium zu bilden. Dresden, 4. Juli. Die österreichischen ReichSrathS dcbatten haben das allgemeine Interesse an dem staatlichen Neubau Oesterreichs in Deutschland so angeregt, daß ein in ruhigem und prüfendem Tone gehaltener Artikel, den die „Allgemeine Zeitung" unter der Überschrift „zur österreichischen VerfafsungSfrage" veröffentlicht, sehr nützliche Dienste zum Berständniß dieser Angelegenheit in vielen Kreisen leisten wird. Wir lassen den Gedanken gang desselben hier folgen, indem wir nur die eine Be merkung vorausschicken, daß wir uns nach der Badener Zusammenkunft für verpflichtet halten, bezüglich der von jenseits des Rheins drohenden Gefahren minder besorgt zu sein, als die „AUg. Ztg.". Der Aufsatz führt Fol gendes auS: Alle Schichten der österreichischen Bevöl kerung und alle Parteien begegnen sich mehr und mehr in dem brennenden Wunsche, so schnell als nur möglich zu einer festen Gestaltung und geordneten Verfassung des Reiches zu gelangen. Nie waren die Augenblicke kost barer als jetzt. Ein einziger Angriff, wie ihn Rußland und Frankreich zu machen jeden Augenblick bereit sind, kann den Kaiscrstaat wieder unendlich, vielleicht unwie derbringlich weit vom Ziele seiner Consolidirung abfüh ren und ihm unheilbare Wunden schlagen. Die Ge witterwolke, die am Rhein aufsteigen sollte, wird man wieder an irgend eine österreichische Grenze hinhauchcn, und von da aus rückwärts sich entladen lassen; Oester reich ist um so gewisser das Angriffsobject, jemehr man den Westen Deutschlands nicht in der Fronte fassen will. Und so, glauben wir, ist unser Staat gerade jetzt drin gender als je aufgefordcrt, sein Haus zu bestellen, und hat keinen Tag zu verlieren. Baue man doch nicht zu viel auf die Erhellung des Horizonts, welche nach Deutsch land hin durch die freundlichere Gestaltung des Verhält nisses zur Politik deS Prinz-Regenten und durch die ge näherte Aussicht ans Verständigung in der Bundesmili tärfrage emgetrcten ist! Wir legen gewiß nicht geringes Gewicht auf eine Allianz mit Preußen und Süddeutsch land. Aber darüber geben wir unS keiner Illusion hin, daß sie an einem Seidenfadcn hängt, so lange Oesterreich nicht in sich selbst kräftig dasteht. Bei allem Vertrauen auf die Loyalität des Prinz Regenten und auf die bun- dcSgcnössischc Zuneigung der meisten Mittclstaatenfürsten ist die deutsche Allianz nur dann zuverlässig und, sagen wir es offen, auch nur dann vorthcilhaft für Oesterreich, wenn Oesterreich selbst Kraft und Mittel zeigt. So wenig als der Mensch allein vom Drede lebt, so wenig lebt ein Staat allein durch geordnete Finanzen. Aber wenn man nur die Finanzordnung will — und das will Feuilleton. DaS Glück schenkt Nicht-, leiht nur. Von Ferna« Caballero.*) tForts- aut Nr. I5Z.> ES war ein schöner Decembermorgen; vor der Thür der Schenke faßen auf einer rohgearbeiteten steinernen Bank der Tio Basilto, nun schon ein gebrechlicher, hin fälliger Greis, und fein Gevatter, Tio Bernardo, rin noch frischer, rüstiger, flinker und jovialer Alter. In einiger Entfernung lag ihnen gegenüber an einen Awerg- palmenstrauch gelehnt ein Bursche von mittlerer Statur und schlankem Wüchse, als Jäger mit einem Rock von grobem Tuche, Gamaschen und einem kurzen Mantel be kleidet, der über den Kopf wie eine Jagdtasche geworfen wird und in dessen inner» Taschen man Brod und Ge flügel aufbcwahrt. Obwohl seine Züge regelmäßig waren, hatte sein bleiches Antlitz, das ein- von jenen war, die man im gemeinen Leben Milchgesichter nennt, etwas Harte-, und sein wenig offener Blick besaß, wenn er auch Scharfsinn verrieth, doch Nicht- von der, der Jugend so rigenthümlichrn Frohsinnigkrit. Neben ihm befand sich seine Flinte und ein Lockvogel (ein Rebhuhn) in einem spitzigen Käfig, der mit einem grünen Tuche be deckt war. Tief« Stille herrschte, die nur von dem sonoren Wehen eine- schwachen Winde- unterbrochen ward, der, da er weder die kräftigen und unbeweglichen Kräuter noch da- niedere Gehölz der Weide zum Rauschen bringen konnte, sich selbst mit sanftem Gemurmel ein lullte. Rur die Hennen, die ruhig und zufrieden um dir Schenk herumspaziertrn, fühlten seine Macht in ihren *- Lu« doffen „Aolgewthleea Werken", übersetzt von H Wolf. Patzer tzorn, Verlag von Frrd. Vchdntngtz. zierlichen Schweifen, die sich zusammensalteten, so daß sie sie nachzogen und darüber strauchelten. Der Hahn erhob von Zeit zu Zeit sein gekröntes Haupt, und sich stolz aufblähend krähte er, daß man eS weit und breit vernahm, als wolle er damit seinem Herrn Kunden heranziehen. Die Katze, die erste Erfinderin des Com- forts, hatte sich weidlich in einem Winkel des HauseS zusammengekauert, der von der Sonne beschienen und vor'm Winde geschützt war, und schielte in ihrem katzen artigen Halbschlummer durch ihre zwinkernden Augen lider mit listigen Blicken auf die Sperlinge, die wie Arm« zur Tafel de- Reichen kamen, um sich die Bro samen von der Tafel der Hennen zu holen. Die Sonne verbreitete Fröhlichkeit und die Stille Frieden in die Seele; der Himmel verstärkte diese Erhebung und die ganze Natur athmete ein solches Wohlbefinden, daß man au» dem Innersten des Herzens ausrufcn mußte: „Mein Gott! Wie schön ist das Leben, wenn man es Dir, sei nem Anfang und Ende, anheimstellt!" „Geht, Gevatter," sagte der Genosse des Wirthcs, „beklagt Euch nicht, Ihr seid ein Kleinmüthiger, immer voll Klugen. Nehmt Euch an mir ein Beispiel, unge achtet meiner Armuth. Wenn ich mich zu Bett lege, nehme ich d«n Hut ab, lege ihn auf eine Seite und sage: da liegen die Schulden, — ziehe die Jacke auS, lege sie auf die andere Seite und spreche: da mögen die Schmerzen bleiben, bekreuzige mich und schlafe wie ein Patriarch, denn wer schliefe nicht gut ohne Schulden und Schmerzen? Und Ihr, dem Nichts fehlt als die Krähe, um Euch zu kratzen, seid immer grie-grämig. Ei! Zum Barraba-I" „WaS wollt Ihr? Diesen Schmerz im Beine habe ich heute zum ersten Male als Zugabe zur Pastete ge nossen. An alten Häusern ist stet» etwa- zu flicken. Und Wenn es Nichts wäre als da-!" man und muß man wollen, weil man Geld haben muß, um in einem vielleicht, ja wahrscheinlich, sehr nahen Ent schcidungskampf sich seiner Eristenz wehren zu können — wenn man nur die Finanzordnung will, so ist klar und jedem Verständigen einleuchtend, daß sie nur mit einer festgegliederten Reichsverfassung wiederkehren wird. An den Ausgaben ist wahrlich wenig mehr abzustreichen, das Militärbudget ist vrrhältnißmäßig kleiner, als das eng lische, französische und preußische; die Beamten sind lei der geringer bezahlt, als es für den Zweck gebideter und, wa» identisch ist, guter Administration wünschenSwerth erachtet werden kann. Die ganze kaiserliche Familie er fordert für ihre unmittelbaren Bedürfnisse ein kleineres Budget, alS die Person der Kaiserin-Mutter von Ruß land; nach Abzug des für milde Zwecke Verwendeten ist ihr Bedarf fast so klein, als derjenige mancher aristokra tischen Familie des Reiches, und so klein als derjenige von Fürsten, die nicht über den sechsten Theil der Un- terthanenzahl Oesterreichs herrschen. Die Mittel für Un terricht und Bildung, woraus die Bürger die Kraft der Vermögcnsschaffung holen, können nicht nur nicht ge schmälert, sondern müssen, koste es was es wolle, erwei tert werden, wenn der Staat das Pfund seiner Cultur- macht nicht vergraben liegen lassen will. Andererseits sind die Lasten zwar groß, aber keineswegs unerschwing lich. Eine Schuldenlast von 2300 Mill. Gulden, zwar erschreckend schnell ausgewachsen, ist doch neben der dop pelt großen Belastung Frankreichs und der vierfachen Eng lands und bei den Hilfskräften des Landes keineswegs unerträglich, wenn nur, was eben der springende Punkt der Lage ist, ihrer fernern Anhäufung ein Ziel gesetzt wird; sie bedarf nur der Garantie einer geordneten EtatS- wirthschaft mit einer Reichsvertretung. Die Steuern sind in den letzten zehn Jahren zwar sehr angewachsen, aber einerseits ist die Steigerung Correlat der Abschaffung der Patrimonialverwaltungskosten, und andererseits beträgt sie noch immer kaum den vierten Theil Dessen, was Frank reich, und nur zwei Drittheile Dessen, was Preußen an directer und indirecter Steuerlast trägt, von einer Ver gleichung mit dem piemontesischen Steuer-Kanaan ganz ab- zusehen. Selbst in der Jmmcdialcommission für das direkte Stcuerwesen wurde anerkannt, daß die jetzige Steuer last keine unerträgliche sei bei richtiger Vertheilung. WaS den Finanzen fehlt und hauptsächlich fehlt, und was alles Andere von selbst mit sich bringt, daS ist eine geeordnete Verabschiedung mit einer Reichsvertretung. Die Auf bringung der Mittel für die Ausbezahlung der Bank und Wiederherstellung der Landeswährung, und eventuell selbst für einen neuen Krieg ist dann gar nicht schwierig. Der Reichsrath selbst scheint Mann für Mann mit dieser Auffassung einverstanden zu sein. Bei dem ccntnrrschweren Gewichte der Gründe, welche von der äußern und von der innern Politik her für die schleunigste Herstellung einer genügenden Provinzial- u. RcichSvertretung sich erheben, ist zu erwarten, daß die Regierung die schöpferische Thal nicht lange mehr in der wahrhaft schrecklichen Gründlichkeit des vorbereitenden Weges liegen lasse. Und wirklich hört man von Schrit ten, welche demnächst in dieser Richtung geschehen sollen. Der verstärkte Rcichsrath wird gerade hier so schnell als möglich arbeiten, und umginge ihn die Regierung, so würde sie sich des einzigen Mittels populärer Wiederan knüpfung des lange abgerissenen Fadens der VerfassungS- cntwickelung selbst berauben und vieldutzendsältig und in viel gefährlicherer Weise die Erfahrung machen, welche sie mit dem Protestantcnpatcnt bereits gewacht hat. Auch in materieller Beziehung vermögen wir bezüglich der hcr- auszugcbendcn Verfassungen einige Bemerkungen nicht zu unterdrücken. Was hälfe es, ein Hehl aus der Be fürchtung zu machen, daß ein, von einflußreichen und persönlich hochachtbaren Persönlichkeiten getragener Pseudo - Coirservatismus auf eine, den ganzen Eul- turzustand der heutigen und noch mehr der künfti gen einheitlichen bürgerlichen Gesellschaft Oesterreichs widerstrebende Weise Escamotage mit dem Verfassungs werke treiben wolle? Man fürchtet, sagen wir cs offen, die sogenannte ständische Gliederung in octroyirter Form. , „Was quält Euch denn sonst noch, Gevatter?" „Wer nur ein Auge hat, ist allezeit bange dafür. Wißt Ihr vielleicht nicht, daß Rccrutenaushcbung ist, daß sie die jungen Leute cinberufcn haben und daß mein Jost- das Loos ziehen muß?" „Wie sollte cs auch anders sein. An diesem Knochen müssen wir Alle nagen! Kaum zog mein Juan den Sol- datenkittel aus, so wurde mein Manuel Soldat, und ich ertrug eS mit Geduld. — Laßt ihn gehen, Gevatter, das wird ihn aufmuntern; wenn Ihr ihn so immer unter den Ziegen stecken laßt, wird der Junge zum halben Thier. Ich war Soldat, und ich sage Euch, daß eS mich nicht reut, denn dadurch ward ich erst ein ganzer Mann. Ich war Osfizicrsdiener und hatte einen Herrn, von dem ich nicht weiß, ob er mehr tapfer oder gut war. Ich liebte ihn, als wenn er mein jüngerer Bruder ge wesen wäre. Ich hätte tausend Leben sür ihn gegeben. ES läßt sich daS gar nicht sagen. Seht Ihr die Narbe auf der Stirn? Die verdanke ich einem Franzosen in der Schlacht von Medellin, weil ich mich vor meinen Leut nant stellte, den er nicderhaucn wollte. Dafür ward er niedergehauen. Er ließ mir aber diese Schmarre zum Andenken. Euer Sohn muß aufgemuntert werden, Ge vatter; er ist ganz zusammengeronnen und zu gar Nichts zu gebrauchen." „Herr, er ist ein Unglücklicher. Er hat nicht den Verstand seines ältern Bruders; aber er hat ein Blut wie Milch, Gevatter. Er fühlt tiefer, als er'S auS- drücken kann." „Dann ist er ja wie dir Esel, die behalten auch Alle» bei sich. Wenn Ihr ihn aber nicht ziehen lassen wollt, so nehmt einen Stellvertreter." „Woher soll ich denn da- Geld nehmen, Mensch?" „Woher Ihr eS nehmen sollt? Von dort, wo Ihr cS aufgehoben habt, Gevatter. Denn Ihr müßt Eure Die Demokraten verwerfen mit dem Worte „ständische Gliederung", Alles, was nicht aus direkten allgemeinen Wahlen, diesem Braukessel schnell fertiger Demagogen und Despoten, hcrvorgeht. Wir im Gegentheil glauben, daß es kein ungereimteres Verlangen und keine größere Miß geburt geben könnte, als die durchgängige Bildung der österreichischen Verfassungskörper durch direkte allgemeine Wahlen. Wir sehen Nepräsentativkörper dieser Art für schädlich an, weil sie keine wahre allgemeine Interessen vertretung, sondern das Herrschaft-mittel feudaler, rn dustricherrlicher, clericaler und (wohl in Oesterreich am seltensten) demokratischer Demagogen sein würden. Allein eben so wenig conservativ, aber ungleich schädlicher für den Frieden Oesterreichs, wäre jene ständische Glieder ung, welche die alten, dem Patrimouialstaatc angehöri gen und sortschrittweise schon vom Polizeistaat« ausge löschten Gliederungen der Gesellschaft zurückzurufen und Scheidewände und Kaftenunterfchicde da ziehen wollte, wo Alles in den Proceß einer unscheinbar verbundenen Eullurgescllschaft zusammengcschmolzen ist. Für einen österreichischen Staatsmann von weiterm Blick muß eine Verfassungspolitik, welche in diesem Sinne „ständisch" ist, geradezu als selbstmörderisch prädicirt werden. Zum Glück giebt es zwischen dem Princip des directen dcmo kratischen Wahlsystems und dem pseüdoconservativcn Er trem des entseelten altständischen Kastenprincips eine echt konservative Mitte. Gemeinde, Bezirk, Kreis, Provinz mit einer, die Rechte nach den Lasten abwiegenden Ord nung sind die naturgemäßen basischen Elemente der Reichsverfaffung, welche allen Sauerstoff der Reichsgegen sätze binden und nentralisiren werden; eine daher ent springende Landesvertretung verbürgt vor Allem den Glie dern des Staates eine Geltendmachung ihres berechtig ten SonderlcbcnS, und ist somit Damm gegen ungebühr liche Centralisation; sie verbürgt aber andererseits dem Reiche die Heranführung praktischer, geübter, ernster, den wahren Reichsinteresscn, nicht den Phrasen nachjagcnder Geschästsmänncr, und giebt der Regierung die Gewiß heil, daß sie den allseitigen Ausdruck der LandeSmeinun gen und Landesinteressen vor sich hat. Die socialen Ge gensätze haben sich dann schon in den nieder« Organis mus stufenweise vermittelt, ehe sie im obersten Rathe des Reiches auseinanderplatzen. Die Gemeinde-, Kreis- und Landesvertrctungen dürfen dann freilich und können ja auch nicht mehr auf eine einzige patrimoniale Klasse ge baut sein, sondern sie müssen Organ aller Interessen sein, wie cs für seine Zeit das altständische System ge wesen ist. Ob die kommunalen und Districtskörper nur indirect durch ihre Vertretungen, oder direkt, oder nach einem vermischten System, die Glieder für die höhcrn Organismen wählen, dafür wird je nach den Umständen der einzelnen Kronländer, nach dein Unterschiede von Stadt und Land, in verschiedener Weise Rath geschafft werden können. Das auf korporativen Unterlagen ste hende Verfassungswescn wird allerdings die besonder« Culturpotcnzrn noch besonders, modern ständisch, heran ziehen können. Den Universitäten und Handelskammern können besondere, durch körperliche Wahl zu besetzende Sitze eingcräumt werden. Der ClcruS, die Vorstände der Konsistorien, das oberste Rabbinat, die Beamtenschaft, die herrliche landwirthschaftlichc und industrielle Aristo kratie Oesterreichs können und sollen, abgesehen von dem Wahleinflusse in den Localcorporationen, mit lebens länglicher oder erblicher Pairswürde Vertretung finden. In rechtem Maß kann die ständische Beimischung dieser Art nur nützlich wirken und darf nicht mit der Verfas sungsschablone der ausländischen Kastcnschichtung in die selbe Verdammniß geworfen werden. Ließe man der öster reichische» Presse freicrn Raum zur Debattirung der Ver- fassungSfragc, deren Lösung nun einmal das Schicksal der österreichischen Völker auf lange hin bestimmen wird, so würde, unsrer festen Uebcrzeugung nach, die öffentliche Meinung für ein System sich entscheiden, welches beide revolutionäre Klippen, die aristokratisch ausländische und die demokratisch radikale, vermeiden und zu cincr, den gegebenen Enlturvcrhältnissen und dem wahren Frieden der Monarchie cntsprechendcn Lösung führen würde. Groschen bei einander haben; Eure Ziegen verzinsen sich gehörig und das Geschäftchen bringt WaS Hübsches ein. Ihr mögt cs noch so sehr läugncn, aber Ihr seid dürrer als ein Sandhaufen, verschwenderisch nur in der Träg heit und schenkt Nichts als einen „Guten Tag". „Ihr steckt immer voll Spott und wißt keinen Rath. Da ist Nichts zu scherzen, Gevatter. Wa- soll ich thun, heiligste Maria, was soll ich thun?" „Luft schöpfen, damit Ihr nicht erstickt." „Ich werde ganz allein sein!" „Da thätet Ihr unrecht, Gevatter; verkauft Euer WirthShauS und zieht inS Dorf." „Das kann nicht sein, Gevatter. Hier habe ich ge lebt, ich bin fertig und passe sonst nirgend- mehr hin, hier will ich bleiben, bis ich dieses Leben mit einem andern vertausche." (Forts, folgt.) L AuS Thüringen schreibt man uns: Kein größeres Gebirge hat einen so merkwürdigen Höhenweg aufzu weisen, wie der thüringer Wald in seinem „Renn stieg". Es läuft nämlich von Blankenstein an der Saale immer auf dem Rücken de- Gebirge», dessen höchste Höhen überschreitend, in einer Länge von mehr als 40 Stunden bi- nach Hörscl an der Werra ein fast überall gut erhaltener, gang- und fahrbarer, ja stellen weise al» Landstraße benutzter und selbst chaussirtcr Weg, welchen sehr alte Urkunden den Rennstieg, Rainstieg oder Grenzweg nennen, über dessen Entstehung und Bedeu tung aber etwa- Sicheres nicht bekannt ist. So viel steht fest, daß dieser Rennstieg thatsächlich die uralte Grelrze zwischen Thüringen und Franken ist, wie er denn noch heute in mehrrrn Strecken die Lande-grcnze zwischen den Staaten bildet, unter welche der thüringer Wald vertheilt ist; dagegen sind die Erzählungen, welche den Rennstieg für eine alte Handelsstraße an-gabcn,
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