Suche löschen...
Dresdner Journal : 19.06.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186006194
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18600619
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18600619
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1860
-
Monat
1860-06
- Tag 1860-06-19
-
Monat
1860-06
-
Jahr
1860
- Titel
- Dresdner Journal : 19.06.1860
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
-V 140 -5»nr»t«u NttI ->^,7--' —— DieMag, den 19. Juni. Im tritt ?u»t uo<l ftt»wp«Iru- »obl»^ bto»u. , . ' ,1 Inseratenpreise: 4 ür ck»n Luaiiu «u»«r r«-»j>»1t«u»n Lott«: 1 ti»r- 1 ot»r äi« 2 I^^r. Srschetnnl: 7^4^ lieb, mit Xu»u»i>u»« ck«»r 8oou- uotl 1ei»rt»^«, » 4td«i»4» sür ä»o kolxeuctea l?»» ^ik, .? .'.r.-nn.-al -l .- : ä»belu:j>:ch Helf. IV Xxr. io r^iik^ 1 ,. 1«' , „ in VrOGäsu: 15 iS r-i l - . >. ' . ') r 7.'r .1-». ,. :' -'' Dres-nerIoumal. Beranttvortücher Redacleur: I. G. Hartmann. 18«0 Inseratrnannahmr auswärts: k's. NittHv»rsrrsi«, Ovmmieeiouür 6s» I>r<>»<inkr .tournsl»! rt»«uä»»«It>«t: tl. tttssic«; XIt«o»: tl^t^asirai» L Vu»iü»; N»rUa: ttu«-bb.. tt«ir>iurr»u'» tiur««ii; Lr«o>i>ll: 17. 8o«l.urriii ?r»oktort ». N-: ,kL>us»'U'Slt>^ ttnet>ii«0tl>nn^; LKW: Xvvce Klvrilr»; k»ri»: v. t'28, rns ri.« I«>o» «ut»r>s); ?rit^: t-'a. Lu «klon» Uuobt>»ll<tiuux. Herausgeber: Xuuigl. LipviUtiou <1e» l)re»äu«r ^uurusl«, I1re»6vu, >l»rien»triti»i« Xr. 7. Nichtamtlicher Shell. Uebersied t Telegraphische Nachrichten. Zeitnngsschau. (ZritungSstimmen über die Fürsicn- zusammcnkunft in Baden-Baden. — Times.) Tagetaeschichte. Dresden: Aufhebung des Bezirks gerichts Rochlitz. — Wien: Abänderung der Wucher gesetze. — Pesth: Inspektionsreise Benedek'S. — Prag: Reue tschechische Zeitung. Böhmische- Natio- nalcheater Eisenbahnauqeleqrnheiten. TrauergotteS- dicnst. — Berlin: MiNttlrischc». — München: Dienstjndiläum deS Prinzen Karl. — Stuttgart: Gewerbefreiheit angestrrbt — Kassel: Druckeveläncrs- sivnSentzichung. — Baden Die FürkenrusauNnen- kunst. — Loburg: Turnfest begonnen. —Eisenach: Di« Oppeuhenner'sche Angelegenheit. — Frankfurt: BundeStagsttzung. — Part»: Laronciere nach Beirut. Besitznahme von Nizza. Nationalgardedank. Irische . Frag«. Victor Hugo an Haiti. „Napoleon Nl. und Preußen". Der neapolitanische Abgesandte. — — Turin: Tagesbericht. Au» Eicilien. Landung in Kalabrien. Französische Antwort. Die gekaperten Fahr zeug«. Von der römischen Grenze. — Madrid: Maurischer Angriff. Don Juan'» Erklärung über gangen. — London: Minenreglement. Vertheidi- gungSanstalten. Aus dem Parlamente. — Kopen hagen: Hall nach Schweden. Ordenstausch. — Kon stantinopel: Baltazzi» Nachlaß. — Beirut: Krieg ün Libanon. — Montenegro: Grenzübrr- schreitung. Ernennungen, Versetzungen re. im offen«. Dienste. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Wurzen. Plauen. Schandau.) Statistik und Bolk-wirthschaft. Feuilleton. TageSkalender. Inserate. Börsen nachrichten. Telegraphische Nachrichten. B a tze n - B « tz e n, 16. Juni, Nachmittag-. Heute Morgen liest der Kaiser Napoleon hei der Ara« Prinzessin von Preußen weaen seine« Besuche« ««fragen nutz nmrde der Empfang auf 4 Uhr Nach mittag« festgesetzt. Nachdem der Prinz-Regent von Prinstrn hereit« gestern Astend sich heim Kai ser hatte ansage« lassen und von demselben '4S Uhr empfangeu morden war» statteten heute der Grs-Herzog von Weimar und der Herzog/von Ko- stnrg BormittagS 1« Uhr, der König von Württem berg gegen II Uhr, die Könige von Dachsen, Bayern und Hannover Nachmittag« 1 Uhr dem Kaiser ihre Besuche ab. Da« Dejeuner auf dem alten Schlöffe »ar auf den Wunsch de« Kaiser« wegen der stattaefundenen Besuche abstestellt worden. Rach 3 Uhr Nachmittag« erwiederte der Kaiser die Be suche hei den verschiedenen Souveränen und traf den König von Hannover nicht zu Hause. Bei den gegenseitigen Besuchen waren sämmtliche Sou veräne in Civilkleidung, damit die Zusammen kunft den persönlichen Charakter hewahre. Um S Uhr findet große« Diner auf dem Schlöffe de« Großherzog« von Baden statt, zu welchem sämmt liche Souveräne geladen find. In den hiesigen diplomatischen Kreisen wird die Nachricht der französischen Blätter, daß die Kaiserin-Mutter von Rußland in Lyon dir Zu sammenkunft de« Kaiser« Napoleon und de« Prinz- Regenten vermittelt habe, al« falsch bezeichnet. Baden-Baden, Sonnabend 16. Juni, Abend«. Kaiser Napoleon machte heute Bormittag S Uhr de« Prinz Regenten seinen Gegenbesuch; Nach mittag« 4 Uhr stattete der Kaiser der Krau Prin zessin von Preußen seinen Besuch ab. Später versammelte sich eine große Menge vor dem Meß- «er'schen Hause uud brachte dem Pr>nz Rcgenren mit andauernder stürmischer Begeisterung Lebe hoch«, bi« der Prinz-Regent dankend am Fenster erschien. Baden-Baden, Sonntag 17. Juni, Mittag«. Gestern Abend fand im großberzoglichen Schlöffe ein glänzender Thee statt, wobei sämmtliche hier anwesende zehn Souveräne zugegen waren. Bei gestriger Tafel führte der Kaiser Napoleon die Frau Großherzogin von Baden, der König von Bayern die Krau Prinzessin von Preußen. Heute Morgen ^8 Uhr begab sich der Kö nig von Sachsen, um 11 Uhr der Kaiser Napoleon und der König von Bayern zur Messe; der Kai ser zu Kuße mit zahlreichem Gefolge. — Um 1L Ubr findet ein gemeinsame« Dejeuner im alten Schlosse statt, um 5 Uhr Tafel im neuen Schlosse. Der Kaiser Napoleon reist heute Abend mit einem Ertrazuge ab. Baden-Baden, Sonntag 17. Juni, Nachmit tag«. Heute Mittag ist der Großherzog von Hes- sen-Darmstadt eingetroffen und hat dem Dejeuner auf dem alten Schlosse beigewohut- — Bei den Diners und den andern Zusammenkünften hatte der Prinz-Regent überall den Bortritt vor den Königen. Heute von 3 bi« 4 Uhr Nachmittag fand beim König« von Bayern im englischen Hofe eine Conferenz statt, an welcher die vier Könige, der Grvßderzog vou Darmstadt und der Herzog von Nassau Tbeil nahmen. Baden-Baden, Sonntag, 17. Juni Nackt«. Bor Beginn der heutigen Tafel überbrachte der Kaiser Napoleon dem Könige von Hannover da« Großkreuz der Ehrenlegion. Gegen Abend mach- ten sämmtliche deutsche Aürsten ihre Abschiedsbe suche beim Kaiser. Hierauf fand eine Assemblee bei der Herzogin Hamilton statt, welcher sämmt liche Souveräne beiwohnten. Kaiser Napoleon verabschiedete sich während derselben uud trat um 1V Uhr mittelst Ertrazug« seine Rückreise an. Die deutschen Souveräne werden morgen (Mon tag) noch hier versammelt bleiben. Baden-Baden, Montag, 18. Juni, Mittag«. Gutem Vernehmen zufolge wiederholte der Kaiser Napoleon bei feiueu Gesprächen mit de« deutschen Souveränen die gegen den Prinz-Regenten aus gesprochenen friedlichen Versicherungen, ohne die lnnern politischen Kragen und ohne die deutsche oder italienische Krage zu berühren. Au« Neapel, vom 13. Ium, wird über Turin berichtet, daß daselbst mehrere Truppen-Cvlonnen concentrirt worden seien, bereit, nach brdrvhtrn Punkten zu eilen. (Vgl. untcr Neapel.) Emanuel Carraciolo ist zum Polizei Minister ernannt worden, sein Borgänger Ajoffa Rosica zum Arbeitenminister. Nachrichten au« Palermo vom 10. d. melden, daß Garibaldi in Kurrem da« Parlament zusam- menberufen werde, welche« die Absetzung der Bour bonen, sowie die Bereinigung mit Sardinien pro- elamirru solle. Dresden, 18 Juni. Die Besprechungen, welche wir in den letzten beiden Tagen von der deutschen TsgeSpreffe der Fürsten Zusammenkunft in Baden gewidmet sehen, zeigen zwei entschiedene Merkzeichen, und wir glauben, daß beide danach angethan sind, die deutschen Paterlandsfreunde zu erfreuen. Das erste besteht darin, daß die Partei presse, welche bisher vorzugsweise die Verhetzung der deutschen Staaten unter einander und die Zerreißung des deutschen Bundes in ihr Programm ausgenommen hatte — wir mein.n die gcthoi.ch-v.mo'.ratische Partei — auf die entschiedenste Weise ihre Mißiummung über die persönliche Begegnung der deutschen Fürsten an den Tag legt. Und da» andere charakteristische Zeichen in der Presse ist,daß die von Partritendenzen weniger erngenommenen Blät ter mit gesteigerten Hoffnungen dem Resultate der Für- stenconferenz für die Befestigung der Eintracht und Macht Deutschland» entgegensetzen. In letzterer Beziehung ist besonder- zu bemerken, daß auch die österreichische P>csse »ehr und mehr ihre Zurückhaltung der Badener Con- frrenz gegenüber ablegt und mit frohen Erwartungen zu derselben nicht zurückhält. Zum Beleg de» Gesagten lassen Wir nun hier einige Auszüge aus den Zeitungen folgen. Die „nationale" demokratische Presse spricht ihre Un lust über das Badener Ereigniß am deutlichsten durch die „National-Zeitung" au». Sie sucht zu zeigen, daß der Kaiser von Frankreich nach Baden kam, um Preußen zu sondiren, wie weit seine Passivität in den gegenwärtigen und kommenden europäischen Verwickelun gen gehe. Preußen könne daraus sehen, daß e» von Frankreich wohl in Anschlag gebracht werde. Daraus entwnkelt das „nationale" Blatt nun eine neue unge stüme Aufforderung für Preußen, seinerseits die franzö sischen Uebergriffe in Europa, welche es doch einmal nicht hindern könne, zu compensiren. Da heißt es dann: „Preußen kann nicht wehren, daß Frankreich in Italien zu seinem Nutzen das Alte stürzt und Neues gründet, jedenfalls kann es etwas Bessere» thun, als ein Veto einlegen, da dir schlechten alten Zustände für jede Groß macht die Gefahr von Conflicten enthalten; aber die Macht zum Veto, welche es hat, giebt ihm ein Recht, auch für seine Politik gegenseitige Rücksicht von Frank reich zu fordern." . . „Es ist hoffentlich blos als Fest phrase gemeint, wenn die ministerielle Zeitung sagt, daß unter den deutschen Staaten wohl über die eine oder die andere Frage der inner» Politik verschiedene Ansich ten herrschen können, daß diese Verschiedenheiten der Meinung aber stets vor dem starken Gefühle der Ge meinsamkeit vcistununen. Diese Wendung paßt für einen Redner unser- Abgeordnetenhauses, für das Verhältnis; zwischen den deutschen Regierungen paßt sie bi» jetzt nicht." . . . „Soll eS bester werden, so ist den Mitfür- sten schleunigst zu Gemüthe zu führen, daß Preußen von jetzt an seine Kraft benutzen werde; unter dieser Voraus setzung sind wir einverstanden, daß Preußen seiner Po litik „keine neuen Ziele stecke". Wenn aber diese frei- müthigc Eröffnung nicht gemacht wird, wenn Preußen feine Macht nicht benutzt, so gut wie Frankreich und alle andern Großmächte die ihrige, so wird die Konfe renz nicht zum Bessern führen." Wir halten solche Par teiausbrüche der „Nat.-Ztg." jetzt für etwas antiquirt und einer Entgegnung nicht Werth. — In ähnlichem Tone des Mißbehagens über die deutsche Fürstenzusam menkunft läßt sich die „Vossische Zeitung" aus. Sie sagt in ihrem heutigen Leitartikel, welcher auch im Uebrigen mit maßlosen Ausfällen und Verdächtigungen gegen die deutschen Fürsten angefüllt ist, wörtlich Fol gendes: „Hannover benimmt sich gegen uns in jeder Beziehung wie ein Mensch, dessen lästigen Behelligun gen schließlich nur die Anlegung einer Zwangs jacke ein Ende machen kann." Eine schöne Probe der Liebe zur deutschen Eintracht, für welche die „Vossische Zeitung" doch immer gewirkt haben will! — Etwas gemäßigter spricht sich die „Weser-Zeitung" aus, welche sonst mit zu den enragirt gothaischen Blättern gehört. Sie meint: „Daß bei dem Fürstentagc in Baden- Baden sehr viel herauskommen werde, erwarten die Wenig sten. Und wir Deutschen haben auch gar keinen Grund es zu hosten. Denn wenn diese Zusammenkunft zwischen einem halben Dutzend deutscher Potentaten mit dem Kaiser der Franzosen irgend erhebliche praktische Resultate liefern sollte, so wäre Zehn gegen Eins zu wetten, daß dieselben für Deutschland ungünstig aussallen würden. Napoleon UI. kommt ganz allein nach Baden. Der Prinzregent von Preußen erscheint umgeben von acht bis neun Souve ränen, von denen Jeder seine eigenen politischen Ansich ten und seinen eigenen Willen hat. Es läßt sich leicht ermessen, auf welcher Seite der Bortheil de» Terrain sein würde, wenn es zwischen diesen beiden Gruppen zum Verhandeln kommen sollte. Wir werden nicht Bessere» wünschen können, als daß die deutschen Fürsten dem frem den Kaiser die Schönheiten der Gegend zeigen und sich mit ihm in politische Gespräche gar nicht einlasscn. Alle Vortheile der Einheit, und die meisten Vortheile, welche in einem Wettkampf um weltlichen Gewinn Charakter und Geschicklichkeit gewähren, schemen auf der französi schen Seite zu liegen. Allein diese Vorthcile werden illusorisch, wenn man auf deutscher Seite nur ehrlich an dem Entschlüsse festhält, sich nichts zu vergeben und nichts zu begehren. Um in einem Ränkcspiel zu unterliegen, muß man sich in ein Ränkcspiel einlassen. Und gerade da» ist jetzt von dem Prinzen an der Spitze der deutschen Fürsten nicht zu besorgen. Aller Glanz des französischen Geiste- und alle Feinheit romanischer Verführung wird ihm den Satz nicht auSredcn, daß „Ehrlichkeit die beste Politik ist." Für uns Deutsche resumirt sich alle Lebensweisheit wäh rend dieser kritischen Zeiten in drei sehr einfachen Ge boten: Seid ehrlich, seid einig, und — hallet euer Pulver trocken." So die „Wes. Ztg." Man kann nur mit Vergnügen lesen, daß jetzt in dem Programme der gothai- schen Parteipresse auch einmal die Ehrlichkeit, worunter denn doch auch wohl am Ende die gewissenhafte Achtung vor Recht und Verträgen mit zu verstehen ist, wieder einen besonder» Platz erhält. Die „Kölnische Zeitung" erklärt, die Badener Zusammenkunft habe „in Preußen und Deutschland, und man könne sagen: in ganz Europa einen überwiegend günstigen und beruhigenden Eindruck hervorgebracht." Das Kölnische Blatt eifert dann gegen das Kriegsgrschrei. „Nichts könnte thörichter, ja, frevelhafter sein, als wenn der Deutsche die Gefahren verkennen wollte, welche seinem theuern Vatcrlande von Frankreich her drohen. Durch die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit ist unS die be ständige Gefahr näher vor die Augen gerückt, und c» wäre Leichtsinn und Verblendung, wenn wir nicht bei Zeiten an die entschlossene und gemeinsame Abwehr die ser Gefahr dächten. Die Zusammenkunft der deutschen Fürsten wird hoffentlich dazu beitragen, Deutschland eine bessere Bundeskriegsverfasfung zu geben. So erfüllt man seine patriotische Pflicht, aber nicht dadurch, daß man imnierfort wie toll und verrückt Krieg! Krieg! schreit, ohne daß von einem Kriege oder von irgend einer Ver anlassung zum Kriege schon etwas zu hören und zu sehen ist. Man schlägt die Macht der öffentlichen Meinung doch zu gering an, wenn man glaubt, auch der gewissen loseste Herrscher könne ohne Weiteres Krieg anfangen, bloS um zu erobern." „Den Schreiern, welche aus wirk licher Angst schreien, kann man cS weiter nickt übel neh men. Aber es giebt eine Partei in Deutschland, die mit vollem Bewußtsein hetzt und schürt, und gar kein Hehl daraus macht, daß sie nöthigenfalls, wenn Frank reich uns in Ruhe läßt, selbst Krieg anzufangen wünscht." Die „K. Z." giebt dies der Kreuzzeitungspariei Schuld. Diese Partei verhehle nicht ihren Verdruß über die Zu sammenkunft ;n Baden-Baden und eine daraus möglicher weise hcrvorgehende friedlichere Stimmung der Gemüthrr. Das „feudale Blatt" spreche die Besorgniß ans, daß e» Rußland sei, welches durch die Zusammenkunft die Ver bindung von Breslau zu befestigen und einen einstwei ligen Friedenszustand mit Deutschland zu vermitteln denke. Wenn man bedenke, daß die Zusammenkunft in Breslau gegen Frankreich gerichtet war, so werde es nicht nöthig sein, die politische Weisheit der „Krcuzzeitung", nament lich aber die bösen Absichten, die Rußland, ihr sonst so geliebtes Rußland, mit der Zusammenkunft in Baden- Baden bezwecke, weiter ergründen zu wollen rc. Die „K. Z." scheint hier doch etwas irre zu gehen, wenig stens haben wir aus der „N. Pr. Ztg." über die Zu sammenkunft der deutschen Fürsten in Baden bereit» ein ganz anders lautendes Urtheil in der letzten Nummer des „Dr. I." citirt. — Die „Spener'sche Ztg." hofft sehr viel von Baden. „Es scheint sich doch jetzt in Deutschland zum Bessern wenden zu wollen; es ist ein A e uilleto u. K. Hoftheater. Sonnabend den 16. d. M. begann in der Sand-Birch-Pfeiffer'schen „Grille"-Fräulein Friederike Goßmann vom Wiener Hofburgtheater, daS berühmte, von der Natur vorsorglich geschaffene Urbild der Grille, ihr Gastspiel. Wohl ist Fräulein Goßmann'» Rollenfach ei« sehr begrenztes, von der klassischen Dich tung weitabliegendes, eine Specialität werblicher Cha rakteristik, mit der ihr persönliches Wesen zusammen fällt; aber darin ist sie Meisterin und wird von keiner Dar stellerin der deutschen Bühn« erreicht. Nicht von glän zenden Mitteln, namentlich nicht von einem schönen Organ, wird sie dabei unterstützt, aber von einem ent schieden originellen und genial begabten Naturell, und von der Fähigkeit, sowohl der instinktiven als mit Geist erworbenen, all' die reizenden und reichen Eigenheiten desselben an der rechten Stelle zu entfalten. Fräulein Goßmann erschien identisch mit ihrer Rolle, die Mache der schauspielerischen Kunst tritt in wohlthuender Weise zurück; sie giebt ein Lebensbild voll frischer, lichter Farbe, schärffer Zeichnung, eigenthümlich in jeder Regung, in keinem Zuge sehlgrgriffrn. Natürlicher Ton und charakte ristischer Accent der trefflich phrafirten Red«, Gesten und Geberd«, ihre neckisch beredte Mimik und der Zauber ihrer Augensprache wirken stets einig und bestimmt, nu- mittelbar und augenblicklich. Der Ausdruck kindischer Einfalt, unzierlich koboldartiger Drolerie, trotzig leidcu- schaftlichen Zorne» und lieblichster Schelmerei bi» zum Hervorbreche« tiefinnigen, herzergreifenden Gefühl» stcht ihr ia stet» treffenden und beseelten Nüancen zu Gebote, die im Detail der Durchführung oft durch psychologische Friuheit überraschen. Zuthulich naive» Geplauder, all dem unvergleichlich anmuthige u. schalkhaft witzig« Pointen graziös uud cokett aufblitz«, oder mit tiefem Vollklange de» Organ» warme, echte Empfindung und Ernst der Gemüthsrrrrgung durchbricht, — da» ist die besondere Stärke der Künstlerin. In der kecken Naivetät, in der Wahrheit und dem persönlich Ursprünglichen der Ge staltung, in dem Geschicke, Charakter und Situation in potenzirtcr Weise natürlich und zugleich mit individueller und reizend origineller Physiognomie zur Anschauung zu bringen, liegt da» Geheimniß ihre» außerordentlichen Erfolg». E» sei nicht verschwiegen, daß sich manche muth- willige Uebertreibung, manche berechnete Coketterie der Naturkindlichkeit, manches zu bewußte Spiel für» Publi cum, manche» an Manier, ja an Grimasse Streifende bemerkbar macht: aber vor den wahrhaft schönen, ent zückenden Momenten einer scheinbar kunstlosen Natur kraft, eine» neckisch liebenswürdigen und humoristisch graziösen Naturell» schwinden jene nur flüchtigen Ein drücke der Virtuosin, die überdies durch deren Persönlich keit noch amüsant bleiben und durch die Rolle selbst entschuldigt werden. Statt «in kritisches Gewicht darauf zu legen, scheint e» weit verwunderlicher, daß Fräulein Goßmann, die sich in einem so kleinen und in seinen charakteristischen Arußrrungen so eng verivandten Rollen kreise bewegt, gerade auch in dieser so ost von ihr abge spielten Birch - Pfeiffer'schen Gestalt so ursprüngliche Frische und Feinheit dr» Colorit» bewahrt hat. Zudem ist rrwähnungSwerth, daß seit den letzten zwei Jahren ihr Ausdruck überströmender Gefühlsinnigkeit an Weich heit und Energie und ihre Ausführung unnachahmlicher seltsamer Eigenheiten an organischer Verarbeitung un gemein gewonnen hat. Diese Grille „ist und bleibt eine Here", welche da» Publicum rnthusiaSmirte und nach jedem Acte gerufen wurde. Dir pikanten und schönen Detail», auch die feinern der Leistung waren von zu durchschlagender Wirkung, «m hier noch darauf Hinweisen zu wollen. Nur sei be merkt, daß die Scene der Umwandlung tmit Landry im dritten Acte) ein Meisterstück wechselnder UebergLngc der Stimmungen war: von rührend naiver Verzweiflung zu bewußter Weiblichkeit und instinctiv erwachender Eitel keit, von beseligender Ahnung deS MLdchcnherzens zu reizender Unbefangenheit. Gleich vollendet war das Em pfangen der Liebeserklärung und das züchtig bescheidene, einschmeichelnde Auftreten im letzten Acte. Die Stergcrung der Leistung in der zweiten, weit schwierigern Hälfte der Rolle ergiebt das höchste Lob für die Darstellerin. Neben dem Gaste zeichnete sich die bekannte vorzüg liche Darstellung der alten Fadet durch Fräulein Berg aus; Herr Jauner war al» Landry namentlich in den letzten beiden Acten lobenswcrth; auch ist Frl. Berthold (Madelon) noch hervorzuhrben. Vater Barbcaud und Didier schienen nur eben besetzt, um die Ausführung überhaupt zu ermöglichen; für Didier — eine zweite Partie — besitzt unser zahlreiches Bühnenpersonal wahr scheinlich keinen geeigneten Vertreter; den Vater Barbcaud hätte man in Abwesenheit des Herrn Winger doch durch Herrn Quanter oder Herrn Porth vor so ausfällig un genügender und herabzichendcr Wiedergabe retten können. C. Banck. Reiseskizzen au« Serbien und der Türkei. (si°rts. au« Rr. ISS.) Ul. Die Tochter de» Schkiprtarcn. Bei meiner Reise durch PriSrendi in Albanien, wo ich infolge eines meinem Pferde zugestoßenen Unfälle» mehrere Tage zu verweilen gezwungen war, traf ich einen juitgen Deutschen, dessen Bekanntschaft ich schon früher in Belgrad gemacht halte: einen Maler, der sich aber im Oriente für einen Arzt auSgab, da e^ wohl wußte, daß er bei den dort so häufig auftretendrn epi demischen Krankheiten, vorzüglich bei der Bevölkerung niedcrn Standes, unter solcher Firma einer größern Sicherheit genoß. Mar Thürmer war ein durchaus redlicher Mensch von heitcrm, frohsinnigem Charakter, dem bei einem feinen weltmännischen Benehmen ein liebenswürdige» Aeußere zu statten kam, wodurch er sich allenthalben geltend und angenehm zu machen verstand. Er stammte aus einem kleinen Städtchen in Hannover, wo er, so viel mir bekannt war, noch eine Mutter besaß, die ihm von Zeit zu Zeit nicht unansehnliche Geldunterstützungen zufließen ließ. Er hatte sich in die zu Ende der vierziger Jahre am Rheine stattgehablen politischen Bewegungen und Umtriebe eingelassen und war nur durch seine Flucht nach Oesterreich und von da aus nach dem Oriente der Untersuchungshaft entgangen. Als ich ihn in Belgrad kennen lernte, hatte er bereits die Türkei wie auch Griechenland nach verschiedenen Richtungen hin durch zogen, selbst Kleinasien bereist und überall schöne Studien gefertigt, wovon seine mit allerhand trefflichen Skizzen gefüllten Mappen Zeugniß gaben. Bon Belgrad aus hatte er eine Tour nach Albanien unternommen, und nun traf ich ihn in dem, nahe einem Engpässe über den Tschardagh, einen Seitenzug der dinarischcn Alpen, ge legenen Städtchen PriSrendi oder, wie es auch genannt wird, Perserin, wo er schon zehn Tage lebte, um in der wildromantischen Gegend neue Studien zu sammeln. Wir wohnten zusammen in einer und derselben Castano, deren Besitzer ein Grieche au» Salona war, der früher im Dienste eine» reichen Kaufmanns große Reisen gcmackt und sogar die Leipziger Messe und Wien besucht hatte. Die un» liebste Errungenschaft von diesen Reisen war eine gewisse Reinlichkeit, die er in seiner geschmackvoll rittgerichteten Wirtschaft, soweit die» bei dem angc- bornen Hange zum Gegenthcil möglich war, ringesührt hatte.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite