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Dresdner Journal : 12.06.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186006122
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18600612
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18600612
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1860
-
Monat
1860-06
- Tag 1860-06-12
-
Monat
1860-06
-
Jahr
1860
- Titel
- Dresdner Journal : 12.06.1860
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Majestät der König haben allergnädigst geruht, dem Leutnant Engemann von der Commissariats-Train-Brigade dir wegen erlangter Anstel lung im CivilstaatSdienste erbetene Entlassung aus der Arme« zu bewilligen, und den Unterwachmeister Krauß von rbengenannter Brigade zum Leutnant des Commis- sariatS-TrainS zu ernennen. NichtaMicher Theil. Uebersiedr. Telegraphische Nachrichten Zeitungöschau. (Zusammenkunft des Prinz Regenten mit dem Kaiser Napoleon. — Ost-Deutsche Post. — Oesterreichische Zeitung. — Donau-Zeitung.) Tagesgeschichte. Wien: Reichsrathsdebatten. Perso nalien. — Prag: Erster israelitischer Bürger. Ober rabbiner. — Pesth: Ungarische Sprachmaßregeln. — Venedig: Reisedocumente aus den annrclirten Pro vinzen. — Berlin: Reise des Prinz-Regenten. Vom Hofe. Neues Ercrcierreglement. Grabdenkmal Wentzel s. Schleswig-Holsteinische Angelegenheit nicht als euro päische bezeichnet. — Kassel: Wahlgesetz erlassen. — Eisenach: Ein angeblich Irrsinniger. — Koburg: Deutsches Turnfest. — Frankfurt: Bundestagsitzung. Paris: Tagesbericht. Octroiaufhedung erwogen. Rei- terstatue vom Kaiser verbeten. Orientalische Dampf schiff sahrtSgesellschaft gebildet. Deutscher Religions ¬ unterricht abgrschafft. Anlehengerücht. Prevost Para- dohs Proceß. Keine Verleumdung gegen Tode. Mi litärisches. Garibaldi'- Dampferkaufverboten. Cavour's u. Kifselrff's Reisen. — Rom: Neuer Arbeitercommissar. Turin: Erhöhte Civilliste. Matrosenaushebung. — Neapel: Aus Sicilien. — Madrid: Gesandter für Marokko. Don EarloS' Familie fortwährend verbannt. — London: Mexikanische Depesche. Parlamentsver- handlungen. — Kalkutta: Canning und Clyde. — Schanghai: Ultimatum gemildert. Rebellen sieg reich. — New-Pork: Maßregeln gegen Sklavenhan del. Miramon durch Zuloaga »bgesetzt. Ernennungen, Versetzungen re. im öffeutl. Dienste. Prnvinziulnachrichten. (Chemnitz. Freiberg.) Statistik und «olkSwirthschast. K«»iL«t»n. rsGeskaleudrr. 3nse ate. Börseu- uachrichten. Telegraphische Nachrichten. Wien, Montag, 11. Juni. Die ausnahms weise heute früh erschienene „Oesterr. Ztg." meldet, da- die ReichSrathSverhandlungen auf 14 Tage vertagt worden find; inzwischen werden Comite- berathungea stattfiaden. Der Voranschlag der direkten und der indirekten Steuern liegt bereits vor. Kassel, Sonntag, 10. Juni, Vormittags. Der Stadtrath und der Bürgerausschuß haben gestern Abend eine Adresse an den Bundestag beschlossen und unterzeichnet, worin sie eine Verwahrung ge gen die Verfassung vom 30. Mai niederlegen. Paris, Sonnabend, 0. Juni, Abends. Man versichert, daß die zweite Alottenbivifion von Tou lon nach Sicilien abgegangen sei. Paris, Montag, 11. Juni. Der „Moniteur" bringt folgende Nachrichten auS Neapel vom gestrigen Tage: Die Räumung Palermos wird am 11. Juni beendigt sein. Die Truppen beginnen zurückzukehren. Sie werden nach Castellamare Feu ille1o u. K. Hoftheater. Das Sonnabend den 9. d. M. zum ersten Male gegebene Originalschauspiel von Charlotte Birch-Pfeiffer: „Ein Kind des Glücks" ist eine zweite Auflage der „Grille", — eine Grille aus der hochgebornen Gesellschaft des Faubourg-St.-Germain, jener ersten, der Naturgrille, freilich weit nachstehend, denn sie ist eine Originalarbeit der Verfasserin. Her- mance, ein edrlherziger Wildfang, Liebling einer Groß mama Herzogin, und Mitglied der Bevölkerung eines weiblichen Pensionats, opfert sich bei einem entdeckten kleinen Liebe-Händel ihrer Freundin für diese — (Margarethe Western) — und nimmt alle Schuld auf sich. Sie wird au» der Pension als ein böses Beispiel nach Hause ge schickt. Aber auch Großmama versteht keinen Spaß. Hermance soll in Gegenwart Anderer gestehen, was sie theil- nicht will, theilS nicht kann — denn sie kennt das männliche Individuum bei jenem verrathenen, sehr un schuldigen Rendezvous im Pensionsgarten nicht, welches ihr eigner, ihr noch unbekannter Cousin Anatole ist —, und auch Großmama verstößt den schuldig scheinenden Liebling. Natürlicher wäre es gewesen, wenn die alte kluge Frau sich den Thatbestand hätte unter vier Augen erzählen lassen; dann wären aber die drei folgenden Acte unmöglich geworden. Hermance flüchtet aufs Land zu ihrer Amme Caton und spielt dort deren Verwandte in Baurrntracht. Anatole, der absolut die Frauen studiren will und dies Studium zwar sehr regelrecht von unten herauf bei den Pensionärinnen, aber etwas unvor sichtig begonnen hat, erfährt reuevoll, wie er seine ihm noch unbekannte Cousine compromittirt hat und ins Malheur stürzt, verwendet ein Vierteldutzend Duelle auf dir Derthrtdigung ihre- Rufe- und sucht fie — ver wundet und unter fremdem Namen — bei ihrer Amme (wahrscheinlich da» bei Neapel) und Gaeta diriairt. Die (übrigen) neapolitanischen Truppen auf Sici lien werden bsk Messina, Syracus und Agosta (sämmtlich an der Ostküste) kvncrntrirl. Nach einem in Turin einqetroffenenTelearamm ist der General Letizia von Neapel nach Palermo »urückgekehrt und hat die Kapitulation mit Gari baldi unterzeichnet. Die Neapolitaner werden sich mit Waffen und Gepäck eivschiffen und bis zu ihrer Abfahrt auf dem Mont-Prlle-rino lagern. Das Fort Castellamare (bei Palermo) ist biS zur geschehenen Räumung dem englischen Admiral als Depot übergeben worden. Rach der „Patrie" vom 9. Juni haben die Engländer Castellamare bereits besetzt und hatte die Räumung Palermos feiten der königlichen Truppen am 7. d. M. begonnen. Die „Patrie vom 10. Juni theilt eine Depesche aus Turin mit, nach welcher eine Verwirrung Veranlassung zur Ausschiffung der Engländer auf Sicilien gegeben hat. Nach dieser Depesche, welche die „Patrie" unter Reserve mittheilt, wäre ur sprünglich die Besetzung des Schlosses von Pa lermo feiten der Engländer beschlossen gewesen, dieselbe sei aber nicht auSgeführt worden. Die Einschiffung der königlichen Truppen hat begonnen. Bern, Sonntag, 10. Juni. Die „Genfer Re vue" meldet als zuverlässig, daß die definitive Besitzergreifung Savoyen» nächsten Donnerstag stattfinden werde. ES sollen nach Annecy und St. Julien und selbst nach Bonneville und Thv- aon Truppen gezogen werden. Turin, Sonntag, 10. Juni. Der Senat hat den Vertrag wegen Abtretung Savoyens und Nizzas an Frann-eich mit SS gegen 10 Stimmen genehmigt. Dresden, 1l. Juni. Ja mehrern Zeitungen waren seit einigen Tagen An deutungen über eine bevorstehende Zusammenkunft des Prinz-Regenten von Preußen mit dem Kai ser Napoleon in Baden-Baden zu lesen. Diese Zu sammenkunft darf jetzt als feststehend betrachtet werden. Die in einem Thrile der Auflage unser- vorigen Blatte- bereits telegraphisch mitgethrilte Meldung der Berliner ,.Nat.-Ztg. ", daß der Kaiser Napoleon dem Prinz-Regenten da- Anerbieten gemacht, demselben während seiner An- ' Wesenheit in Baden dort einen Besuch abzustatten, und der Prinz-Regent diese- Anerbieten angenommen habe (vgl. Berlin unter „TageSgeschichte"), wird uns heute auch von anderer Seite und aus zuverlässiger Quelle als vollkommen richtig bezeichnet und dahin ergänzt, daß die Zusammenkunft vorläufig auf den 16. und 17. Juni «»gesetzt worden ist. Nach der uns zugegangenen Mit theilung wird bei dieser Zusammenkunft weder der preu ßische Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Herr v. Schleinitz, noch der französische, Herr Thouvenel, zu gegen sein. Die neuesten Meldungen über die Vorgänge auf der Insel Sicilien werden von der „Ost-Deutschen Post" mit folgenden Bemerkungen begleitet: „Wir wer den endlich von dem trostlosen Hin- und Herzerren der sicilianischen Depeschen einigermaßen befreit. Die Kapi tulation von Palermo ist eine Thatsache geworden. Der König hat sie sanctionirt. Der kühne Abenteurer, der gleich jenen alten Normanncnführern sein Banner auf fremdem Gebiete aufgcpflanzt, hat das Völkerrecht durch brochen und das moderne Europa hat ein Schauspiel vor Augen, das es bisher nur aus den Sagen der Vorzeit oder aus den Chroniken der letzten Zeit des vorigen Jahr tausends sich vergegenwärtigen konnte. Aber zu jener Zeit, wo die Söhne Harald's und Gorm'S des Alten — Neapel und Apulien sich unterwarfen, wo Kanut der auf, da er von ihrem Aufenthalt dort unterrichtet ist. Trotzdem erkennt er in der Bäuerin Margot Hermance nicht, was auf seinen Scharfsinn einigen Schatten wirft, denn vermittelst eines Händedrucks hätte er die junge Prinzessin von dem arbeitgewohnten Landmädchen wohl unterscheiden können. DieS hindert jedoch natürlich nicht, daß sich Beide in einander verlieben und hcirathen wollen. Endlich, nachdem sie mit sich und dem Publi cum genug amüsante Comödie gespielt haben, läßt Frau Birch-Pfeiffer die alte Herzogin kommen — denn jene Freundin, die unterdeß sich verheirathete, hat die Schuld losigkeit und den Edelmuth Hermance's gebeichtet — und der Familienheirath steht kein Hinderniß mehr im Wege. Diesen Verlauf der Handlung begleitet noch eine schwache und nicht zum Ausbruch kommende Jntrigue deS Vaters Anatole's; er möchte die Reichthümer und den Titel der Herzogin für seinen Sohn erringen und Hermance ver stoßen sehen, da ihre Mutter nicht aus dem Vollblute der Aristokratie, sondern deS Talents entstammte und eine Sängerin der großen Oper war. Der Schluß scheint auch ihn zu versöhnen. Der Stoff ist unwahrscheinlich und abenteuerlich genug erfunden und aufgebaut, und cs hätte überhaupt gar keinen Sinn, an die Arbeiten der Verfasserin die Anforderungen wahren und liefern Gehalt» zu stellen. Aber ihre bühnengewandte Technik, ihre Coulissenlogik, ihre real belebten, den Fortgang des Stücke» fördernden Situationen, ihre emphatisch aufgesteiften, gefühls- schwangern Phrasen und effektvollen Bühnrnabgänge be währen sich in diesem Stücke. Zwar erhalten wir keines wegs durchgesührte Charaktere, sondern nur die ge wöhnlichen typischen Theaterfiguren der Verfasserin; aber diese sind doch mit wenigen farbreichen Pinsel strichen so praktisch ausgestattrt, daß die Darsteller leicht genug sehr dankbare Rollen daraus modeln können, je Große England heimsuchte und es sich unterwarf, gab eS wenig Zusammenhang unter den europäischen Staaten; bei der Eroberung Palermos durch Garibaldi sehen wir jedoch mächtige und legitime Monarchien gewissermaßen zu Gevatter stehen oder doch wenigstens die Vermittler machen. Die sicilianische Frage ist in ihrer Form so neu, daß sie mit keiner andern Geschichte der zahlreichen Re volutionen neuerer Zeit verglichen werden kann. Auch mit dem Kriege, der cm vorigen Jahre in Italien geführt wurde, hat sie keine Verwandtschaft; wie viele revolu tionäre Elemente auch da im Spiele waren, schließlich standen doch souveräne Mächte nach geordneten Grund sätzen als Friedenscontrahenten einander gegenüber. Aber ein Friedensschluß zwischen dem Könige von Neapel und Garibaldi wird eine Lösung ganz eigrnthümlicher Art erfordern, so eigenthümlich, daß weder im englischen noch im französischen Lager bi» zur Stunde da- geringste An zeichen auftaucht, daß man dort mit sich über den Aus gang im Reinen ist. Man überläßt vor der Hand Alle- sich selber. Abwarten ist das Losung-wort in Paris und in London, abwarten ist die Vlüthe aller politischen Weis heit geworden; nur ein Mann wartet nicht ad und dieser ist eben Garibaldi." Unter der Aufschrift: „Das Princip der Na tionalitäten" und unter Hinweisung auf die Worte, welche der Kaiser Franz Joseph jüngst an die Mitglieder des Reichsraths gerichtet (vergl. Nr. 128), erörtert die „Donau-Zeitung" die Nationalitätenfrage. Bei den Beziehungen deS gedachten BlatteS zu der österreichischen Regierung ist dieser Artikel beachtenswerth. E» heißt in demselben: „Die Nationalitätenfrage ist seit länger als einem Jahrzehend in den Vordergrund der staatS- und völkerrechtlichen Interessen getreten. Sie ist die Devise der Gegenwart. Großgezogen durch berechtigte und durch unberechtigte Elemente, hat sie in den Angelegenheiten deS öffentlichen Unterricht-, der Sprache, der inner« Ver waltung, der äußern Politik und des Völkerrechts eine überwiegende Geltung erlangt, ja, es fehlt nicht an Be strebungen, ihr in allen diesen Dingen den allein ent scheidenden Einfluß zu erringen. Wir verkennen nicht, daß diese Bestrebungen vielfach auf dem Standpunkte des Rechte», auf historischem Boden wurzeln. Soweit Ka der Fall ist, sind wir weit entfernt, sie zu bekämpfen. Aber wir können die Augen nicht dagegen verschließen, daß sie häufig über das Ziel hinausschußen. Wir ver hehlen uns nicht, daß die rücksichtslose Durchführung einer „Politik der Nationalitäten" zu den schwersten Con- flicten mit andern ebenso stark und noch stärker berech tigten Elementen führen muß. Diese Elemente liegen säerseit- in den bestehenden staatlichen und völkerrecht lichen Verhältnissen, andererseits in den Forderungen der Cultur. Nur der Vergewaltigung des Rechtes und der Gesittung durch die Nationalitätsftürmer treten wir ent gegen, wir stemmen uns gegen das Uebermaß, komme es von der einen Seite, oder von der andern. .. . Das historische Recht und die Civilisation stehen für uns in erster, die Nationalität m zweiter Linie. Wo durch Staaten bildungen nach dem reinen Nationalitätsprincip jene- verlctzt, dieses benachtheiligt würde, vermögen wir ein Recht zur staatlichen Gruppirung nach der Nationalität nicht anzuerkcnnen. Grundsätze, die dem Widerspiel Bei fall zollen, sind, sie mögen sich noch so geschickt mit pseudo- conservativem Flitter zieren, revolutionär. Aber was wir im vollsten Maße und mit allen Konsequenzen an erkennen, das ist die freie Entwickelung der Na tionalitäten. Diesem Zugeständnisse setzen wir keine Be schränkung bei, als die durch die gegebenen Rechts- und Eulturvcrhältnisse gezogen wird. Mag also innerhalb dieser Bedingungen, die ein höheres Gesetz ausstcllt, die nationale Individualität sich der vollständigsten, ungebun densten Entfaltung erfreuen: wir haben gegen diesen be rechtigten, naturgemäßen Proceß und gegen seine Ergeb nisse nach Form und Inhalt nicht das Mindeste einzu wenden. Das ist die Bedeutung, in der wir die Gleich berechtigung zum Princip erheben. Freier Kampf platz, gleiches Recht zum Wettbewerb für Alle: das Wei tere wird sich finden." nachdem sie nun über mehr oder minder gute Zuthaten zu verfügen haben. Das „Kind des Glückes" gehört zu den talentvollern und von falscher Sentimentalität und von forcirter, zu theatralischer Schau gestellter Moralität freiern Arbeiten der Frau Birch-Pfeiffer; eS wird überall einige Zeit das Publicum amüsiren können, um so mehr, wo sich eine originelle Darstellerin der Hauptpartie der Pariser Salongrille vorfindet. Diese ist als Bravourrolle für Fräulein Goßmar.n geschrieben und wirklich mit großem Talent in allen ihren Details und mit Mischung verschiedenster Ingredienzen selbst mit den kindischen Einfällen eines weiblichen Back fisches — für die Eigenthümlichkeit jener Schauspielerin berechnet; erst durch ihre Darstellung, die wir bald zu erwarten haben, wird der momentane Effect diese» Glücks kinds sich voll Herausstellen. Fräulein Guinand gab die Rolle sehr lobenswerth und fleißig; ihre warme und an sprechende Leistung verdiente die Anerkennung, die ihr wurde. Den wahren Grundton der Rolle konnte sie in- deß nicht treffen; ohne eine instinctive scharfe selbstbewußte Keckheit der Rede, ohne neckischen Humor und pikante Pointirung ist das Naturell Hermance's und die Komik der Situationen nicht zu zeichnen. Der sentimentale Affect in monoton erhobener Sprache gewann die Ober hand, und mit dieser Färbung deS Charakters gehen die wirkungsvollsten Einzelnheiten verloren. Herr Jauner spielte den Anatole in natürlich schlichter, gefälliger Hal tung und mit jugendlicher Lebhaftigkeit. Herr Porth hatte den Abb« Beaufleure, den Vermittler und Vertrauten der Parteien, dessen Herz so liebevoll wie dessen Magen lüstern nach delicaten Nahrungstoffen ist, sehr gemüth- lich und liebenswürdig angelegt, er verfiel aber nament lich im fünften Act wohl in zu heftig« Aufregung für einen Gourmand. Fräulein Berg spielte die Herzogin, welche den bekannten Birchpfriferschen alten weiblichen Die vierte Sitzung de» österreichischen Reichs rat Hs führte zu einer sehr bewegten Debatte: Ein Ge genstand, welcher rein formeller Natur zu sein den An schein hatte, die Vorlage der Regierung über eine Grund- buch«ordnung, drohte die Form eines Principien- und sogar de» viÄgefürchteten Nationalitäten- und Sprach streite» anzunehmen. (s. Wien unter „TageSgeschichte".) Die „Oesterreichische Zeitung" sagt über diese De batte: „Gestehen wir es offen, daß wir diese- Geplän kel nicht bedauern; eS hat manchen Mitgliedern Gelegen heit geboten, ihr Herz zu erleichtern, und weniger von Galle erfüllt, werden sie auch zu den nachfolgende» Dis cusfionen nicht unter dem Drucke von Voreingenommen heiten schreiten. Da» ist ja eben der hohe Werth parla mentarischer Versammlungen, daß sie ein Sicherheitsven til bilden, durch das der angehäufte Druck gemildert wird. Wenn man sich ausgesprochen hat, verständigt man sich leichter. Jemehr sich die Verhandlungen entwickeln, desto mehr bricht sich die Wahrheit Bahn. Der Ausschluß der Oeffentlichkeit hindert nicht, daß die Vorgänge im Reichs- rathssaale ins Publicum dringen; er giebt bloS Gelegen heit, daß sie unvollständig nacherzählt werden. Um so wünschenswerther wäre es daher, daß zu den drei Ris sen, welche bereits in die GeschästSordnung gemacht wor den, auch der Wegfall deS Paragraphen komme, der die Oeffentlichkeit auSschlreßt. Denn auch die Bestimmung, daß „nichts schriftlich eingebracht oder verlesen werden dürfe", hat sich naturgemäß nur auf das Ablesen von Reden beschränkt.' Schon in der gestrigen Sitzung hat der Reichsrath Kürst Salm sein Amendement nebst dessen Motiven vrrlesen. Der Erzherzog-Präsident hat der Dis kussion ganz freien ungehemmten Lauf gelassen; er hat die vorgemerkten Mitglieder erst dann ersucht, aufs Wort zu verzichten, als bereits zwei Reichsräthe nichtdeutscher Nationalität zum Abbrcchen der aufregenden Reden er mahnt halten, es wenig Neues mehr vorzubringrn gab und nur sterile Reden, gewürzt durch Bitterkeit, da- Hin- und Hcrsprcchen verlängert hätten. Die Leitung war ebenso tact- als die Debatte ernst und würdevoll, obwohl sie sehr animirt war. Feuer der Rede, wissen schaftliche Bildung und persönliche Gefühlt traten scharf hervor, aber Anstand und Ernst beherrschte das Ganze. ES ist eine Feuerprobe, die der Reichsrath' ablegte und er hat sie glücklich bestanden." In Bezug aus den Haupt redner dieser Sitzung, den Grafen Barkoczy, fügt die „Oest. Ztg." noch hinzu: „Graf Barkoczy ist ein sehr guter, gutmüthiger und konservativer Mann, hatte aber schon beim ungarischen Landtage den Ruf besonderer Leb haftigkeit. Er hat, wie er selbst sagt, seit Jahren sehr viel auf dem Herzen, und er ersehnte den Augenblick, am sich Last zu machen. Die Macht der Empfindungen bewältigte ihn dergestalt, daß die Worte den hervorspru delnden Gedanken kaum folgen konnten. Ties mag der Grund sein, daß er vielleicht über das eigene Ziel hin- auSschoß." Tagesgeschichte. 8 Wien, 9. Juni. Ihre Majestät die verwitwete Kaiserin Karoline Auguste ist heute nach Salzburg gereist, wo sie alljährlich einen Theil des Sommers ver bringt. — Auf der Hinfahrt nach dem Bahnhofe der Westbahn ereignete sich ein Unfall, welcher glücklicher weise ohne Folgen für die hohe Reisende blieb. Ein aus einer Seitengasse rasch herausfahrender Wage» stößt auf daS Sechsgespann der kaiserlichen Kutsche, die Pferde wer den scheu, eines der vordern wirft den Vorreiter ab. Glücklicherweise wird man der Pferde Meister, usid nach dem die Kaiserin und die sie begleitende Dame, unter stützt durch umstehende Personen, den Wagen für einige Minuten verlassen hatten, konnte die Fahrt mit den wie der in Ordnung gebrachten Pferden fortgesetzt werden. — Der Eindruck, welchen die Eröffnung des verstärkten Reichsraths, die Ansprachen Sr. Majestät des Kaisers und Sr. kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Rainer, Prä sidenten des Reichsraths, die bisherigen dieser Körper schaft gemachten Vorlagen und die von ihr gepflogenen Eisenkopf mit beiläufig sehr gutem aber stark maSkirtcm Herzen repräsentirt — fein und würdevoll. Herr Quan- tcr gab ihren Neffen, Vater Anatole's etwas zu ernst; einige Jovialität würde dem frivolen Lebemann und sei nen larcn und verzopften Grundsätzen gut stehen. Frau Mitterwurzcr individualisirte die gutmüthige Amme Caton in wohlgctroffener derben, heiter wirkenden Weise. Die übrigen Rollen sind unbedeutend. Die Gesammtdarstellung war zwar frisch und abge rundet, aber im Ganzen wurde der Ton des Stücks zu gewichtig genommen; er verlangt mehr Leichtigkeit, Humor, einen raschen, bewegten Wechsel von Sentiment und Laune, um unS die Handlung hübsch glaubwürdig und unter haltend zu machen. Bei einem Rendezvous im Garten eines Pensionsinstituts bildungsbedürftigcr Weiblichkeit und dicht am Speisesaal in der Speisestunde wird es immer rathsam sein, alle Anstrengungen der Lunge zu vermeiden und die Stimmen gebührlich abzudämpfen — auch wenn im Tert die Entdeckung vorgcschrieben steht. C. Banck. Dat Schumanns-Fest in Zwickau. )) Zwickau, 9. Juni. Nachdem wir längere Zeit kalte und regnerische Witterung gehabt, gestaltete sich endlich gestern zum fünfzigsten Geburtstage Robert Schumann'- das Wetter freundlich, und kein Regen schauer störte die Festlichkeiten. Schon früh entwickelte sich deshalb in den Straßen unsrer Stadt ein reges Leben, wozu die vielen hierher gekommenen Fremden nicht wenig beigetragen haben. Aus allen Nachbarstädtcn und selbst aus fernern Gegenden brachten uns die Eisen bahnen Künstler und Kunstfreunde, von denen wir hier nur Fräulein Emilie Genast aus Weimar, Fräulein Louise Hauffe, Concertmeister David, Röntgen, Hermann und Fr. Grützmacher au- Leipzig, vr. Pohl und Fräulein
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