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27. Jahrgang Sonnabend, äen 10. September 1S32 Nr. 213 UZM Mzriger Mr-as Erzgebirge MW leiegrammer Lagebia« KV,«»,dir«, Enthaltend -ie amtlichen vekanntmachungen -es Kate» -er Stadt «ad des Amtsgerichts ^ue. poMeck-K-ntor ftml L»tps»s ReichstagsprWium bei Hindenburg NSDAP, und Zentrum Der Kanzler bei Sindenburg Berlin, 8. Sept. Wie wir erfahren, empfing der Reichspräsident gegen mittag den Reichskanzler -um Bor« trag. Bet dieser Gelegenheit wird natürlich die gesamte tnnerpolittsche Lage besprochen. »rüftdiumS beim Reichspräsidenten entgegen. Er o i' " ' ' ' ' - - - - Berlin, 8. Sept. Hm Hause de« Retch-taa»- Präsidenten gegenüber dem RetchStag-gebLud« fand am Donnerstagnachmittag eine gemeinsame Besprechung von nationalsozialistischen und Zentrumsabgeordneten statt, in der es sich um wirtschaftliche Fragen handelte. Neben dem Reichstagspräsidenten Goering nahmen an der Besprechung von den Nationalsozialisten der Äbge- ordnete Feder, vom Zentrum die Abgeordneten Gteger- Wald und Dessauer sowie Vizepräsident Esser teil. Heber die Besprechung wurde folgende Verlautbarung au-ge geben r In einer gemeinschaftlichen Besprechung, die zwi- schen Abgeordneten der NGDAP. und der Zentrums partei am Donnerstagnachmittag stattfand, beschäftigte man sich mit wirtschaftlichen Fragen. Im Vordergrund stand das dringende Problem der Arbeitslosigkeit, fer ner die Konjunkturlage, das Wirtschaftsprogramm der Regierung Papen und die Gorgen für den Winter. Die Sachverständigen beider Parteien äußerten ihre ernsten Bedenken, daß die Subventionierung der gesamten Be triebe durch Steuernachlatzscheine das gesteckt« Ziel, Ar beiter in ihre Stätten -urückzubrtngen, nicht erreichen, vielmehr in eine schwere Enttäuschung münden werd«. Der sozialpolitische Teil der Notverordnung, der den ganzen Bestand sozialer Rechte und Einrichtungen in da» Ermessen einer Regierung stellt, die nur eine kleine Minderheit in der Volksvertretung und sicher keinen Rückhalt in Arbeitnehmerkreisen besitzt, fand überein stimmende Ablehnung. Darüber hinaus klärte die Be sprechung hinsichtlich wirklicher Arbeitsbeschaffung und de« Konjunkturau»schlusse« Möglichkeiten, .für deren Durchführung auch «ine arbeitsfähige vom vertrauen des Volke» getragene Mehrheit de» Reichstage» vor handen ist. Der Standpunkt des Zentrums Berlin, 8. Sept. Der geschäft-führende Vor sitzende der Deutschen Zentrumspartei, Abg. Joo», sprach heute vor den Berliner Vertretern der Zentrums presse zur politischen Lage. Da- Zentrum teile, be tonte der Redner, mit der Reichsregierung di« Auffas sung, daß gewisse Anzeichen für «ine beginnend« Besse rung der Weltwirtschaftslag« vorhanden seien. In einem solchen Zeitpunkt sei e« notwendig, daß von der Gtaatsführung Maßnahmen getroffen würden, die den wirtschaftlichen Antrieb forderten und beschleunigten. Gegen die generell« Ermächtigung der R«ich«regierung auf dem Gebiete der sozialen Gesetzgebung äußerte Ab- geordneter Joo» jedoch Bedenken. Die jetzt geplanten Maßnahmen seien im erheblichen Matze oerbesserungS- bedürfttg. Das Zentrum sei überzeugt, daß der Kon junkturantrieb nur dann anhalte und die staatlichen Eingriffe nur dann die beabsichtigte Wirkung haben könnten, wenn eine Beruhigung und Festigung der po litischen und staatlichen Verhältnisse auf längere Gicht gewährleistet sei. Ebenso sei da» Zentrum davon Über zeugt, daß in der augenblicklichen RegierungSkonstillation diese politische Stabilität nicht gegeben sei und durch sie auch nicht erreicht werden könne. Wenn die Negie rung keine Mehrheit im Reichstag finde und trotzdem im Amt bleibe sei sie gezwungen, den Reichstag er- neut aufhulösen. Die jetzigen politischen Verhältnisse böten folgende Perspektiven: Gefahr von Staatsstreich. Auslösung der Parlamente, Neuwahl, mehrfache Neu wahl. Unter solchen Umständen, meinte er weiter, werde auch beim schönsten Wirtschaft-Programm die Unternehmungslust nicht geweckt. Da- Ziel unserer gegenwärtigen Bemühungen, so betonte Joo- u. a. ist di« Schalung von Möglichkeiten, «ine Regierung zu bilden, die sich aus eine parlamentarische Mehrheit stützt, Vertrauen tm Volke hat und die volle Einhaltung der Verfassung garantiert. Mit einer solchen Regierung kann der Gedanke eine« «ertrauenskabtnett« (sogen. Prästdialkabtnett») durchaus in Einklang gebracht wer- den. ES mutz möglich sein, eine Mehrheit im Reich«, tag zu finden, die in Selbstdisziplin einer Regierung auch ihre» vertrauen« die Möglichkeit zu starker poli tischer Führung und zu entscheidenden Entschlüssen gibt- Nach unserer Ueberzeugung stehen solche Möglichkeiten, wie ich sie hier andeute, auch: heute noch offen. Rein« Parteiüberlegungen könnten un« den leichteren Weg der Opposition weisen. Der Gedanke der Mitverantwortung an den Geschicken der Nation zwingt un« indes auf den Weg, den wir beschritten haben und pflichtgemäß weiter verfolgen. Der ReichSautzenministex beim Reichspräsidenten Berlin, 8. Sept. Der Reichspräsident empfing heute im Anschluß an den Vortrag des Reichskanzlers den ReichSaußenminister von Neurath. Empfang GoeringS beim Reichskanzler Berlin, 8. Sept. Reichskanzler von Papen emp fing im Anschluß an seinen Besuch beim Reichspräsidenten den RetchStagSpräsidenten Goering. Die DeulWationalen gegen dir RaüoimlloziMru Berlin, 8. Sept. Die deutschnattonale Reichstag«, fraktion hielt am DonnerStaanachmittaa in Anwesenheit de- Parteiführers Dr. Hugenberg eine Sitzung ab, die sich zunächst mit Wirtschaftsfragen beschäftigte. Im Zusam- menhang mit dem Wirtschaftsprogramm der Regierung wurden Anträge vorbereitet, die insbesondere eine Berück- sichtiguna der mittelständischen Wirtschaft und sozialpoliti- sche Forderungen bei den neuen Maßnahmen -um Ziele haben. In der anschließenden politischen Aussprache wur- den auch die Bestrebungen zur Bildung neuer Mittelgruppen besprochen, wobei die Fraktion zum Ausdruck brachte, daß diese Bestrebungen, die meist auf den Betätigungsdrang ehemaliger mittelparteilicher Parlamentarier zurückzuführen seien, wohl nicht ernst genommen werden könnten, weil sie nach allen Erfahrungen -um Scheitern verurteilt seien. Die Fraktion nahm dann eine Entschließung an, in der es heißt, daß sie mit Empörung von den lügne. rischen Veröffentlichungen Kenntnis nahm, die besonder» die nationalsozialistisch« Press« planmäßig tm gan-«n Land« über die DNVP. und ihren Führer verbreit«. Diese un- wahren und gehässigen Behauptun^n hätten nur de» Zweck, von der in den Stehen der Nationalsozialist«! herrschende« uaung «tntrrtrn lassen. Da» Schicksal de» Reichstage» wird sich also voraussichtlich am Mittwoch oder Donnerstag der kommenden Woche besiegeln- Der Lrupfemg Berlin, S. Sept. Der angekündtgte Besuch de« RetchStagSpräfldtumS bei dem Reichspräsidenten von Hin denburg «folgt« heute vormittag kur- nach 11.15 Uhr. An dem Empfang nahm auch Staat-sekretär Meißner teil. Im Anschluß an die Vorstellung der einzelnen Mitglieder de- Präsidium« erfolgte eine Aussprache, die etwa 80 Minu ten dauerte und in deren Verlauf alle Herren -u Wort kamen. ReichStag-präfident Goering legte dar, daß der Retch-tag ein« arbeitsfähige Mehrheit aufwetse. Der deutsch nationale Vizepräsident Graes widersprach aber grund sätzlich den Ausführungen Goering- mit einem Hinweis darauf, daß «S nicht Aufgabe de« ReichStagSpräfidtumS sein könne, dem Reichspräsidenten politische Vorschläge -u unter breiten. Auch der Herr Reichspräsident stellte sich auf diesen Standpunkt, fügte aber hinzu, daß er nichts dagegen habe, daß die Herren ihre Ansicht -um Ausdruck brächten. Goering« Ausführungen gipfelten darin, daß er den Reichs- Präsidenten Lat, die letzten Entscheidungen nicht eher zu treffen, bis er die Vertreter der großen Parteien empfangen habe, um ein Zusammenarbeiten de» Reichstages mit dem Reichspräsidenten zu ermöglichen. Der Herr Reichspräsident hat sich die letzte Entscheidung Vorbehalten. Taktlosigkeit — oder was sonst? Die Nattonalliberale Korrespondenz schreibt unter ^^"S^ttdem^die^Nattonalsozialisten an dem Verhängnis- vollen 13. August das Amt des Vizekanzlers und preußt- schen Ministerpräsidenten, das ihrem Führer angeboten wurde, abgelehnt haben, wird ihre Agitation immer maß- loser. Sie richtet sich in erster Linie gegen den RetchSpräsi- dentenv on Htndenburgund Herrn von Papen. Dem letzteren hat der Abg. Goebbels nachgesagt, er habe im Kriege nichts andere» geleistet, al» in Amerika zu sein und dort die Aktenmappe zu verlieren. Dabet sollte auch Herr Goebbels wissen, daß der Rittmeister von Papen nicht nur in den Bereinigten Staaten MtlttärattachS gewesen ist, sondern sich auch auf den europäischen und asiatischen Kriegsschauplätzen mit großer Auszeichnung bewährt hat. Noch unerfreulicher und niedergehender sind die Angriffe gegen den Reichspräsidenten, dessen ehrwürdiges Alter nicht einmal geschont wird, wenn «S den nationalsozialistischen Führern gerade in den Kram paßt. Schon in der Ver- sammlung am 1. September in Berlin hat Hitler sich ge- rühmt, nur halb so alt zu sein wie Herr von Hindenburg. In seiner Rede in München am 7. September Hat der nationalsozialistische Parteiführer wörtlich auSgeführt. „Mein großer Gegenspieler, Reichspräsident v. Hin- denburg, ist heute 85 Jahre alt, und ich bin 43 Jahre alt und fühle mich ganz gesund. Mir wird auch nichts geschehen, denn ich fühle deutlich, fü, welch große Aufgabe mich die Vorsehung auSersehen hat. Bis ich einmal 85 Jahre alt bin, lebt Herr v. Hin- denburg schon lange nicht mehr." Welche Vermessenheit klingt aus dieser Sprache! Welch« Autorität wird hier angetastet und welcher Mangel an Ehr- furcht kommt zum Ausdruck! Herr Hitler sollte wissen, daß es nationale Werte gilbt, die höher sichen als jede- Partetbedürfnis und die anzutasten ein frevelhaftes Be ginnen ist. Er sollte sich der ernsten Mahnung erinnern, die der Reichspräsident ihm in der Unterredung vom 13. August erteilt hat: „Die von Hitler angekünldiate Oppo sition der NSDAP, ritterlich zu führen und sich seiner Verantwortung vor dem Baterlande und vor dem deutschen Volke bewußt zu bleiben": Leider hat schon da» Telegramm an die Verurteilten von Beuthen bewiesen, daß Hitler für die große Aufgabe kein Augenmaß besitzt und sein« Reden vom 1. und 7. September zeigen dasselbe. Wenn gleich wohl der »Angriff" diesen Parteiführer als den „größten deutschen Staatsmann" bezeichnet, so braucht dazu kein Wort verloren zu werden. Der Neichspräsiäent behält sich seine Entscheidung vor RMrtagrm'Mmig nächste Woche? Berlin, 8. Sept. In Berliner politischen Kreisen Aussichtslosigkeit der Bemühungen um einen Regierung»- leht man mit Spannung dem Empfang des Reichstags- wechsel dartun, so werden wahrscheinlich die Parteien keine »rüftdiumS beim Reichspräsidenten entgegen. Er wird sich Berta, " " - o abwickeln, daß der Reichspräsident zunächst die Vor- tellung der Mitglieder des Präsidiums entgegennimmt, und m Anschluß daran wird dann Präsident Goering seine Auffassung über die politische Lage entwickeln- Der Reichs-- vräsident wird diese Ausführungen entgegennehmen. ES dürfte von den Umständen abhängen, ob er darauf erwidert. Sollte das der Fall sein, so wird er, wie man in politischen Kreisen vermutet, darauf Hinweisen, daß die Notwendigkeit einer ungestörten Durchführung des Wirtschaftsprogramms und die überaus wichtigen Verhandlungen mit dem Aus lunde in der Abrüsiungsfrage einen Wechsel in der Reichs regierung tm gegenwärtigen Augenblick unmöglich n chen. Dann wird am Montag der Reichstag zusammen :teu, um die Regierungserklärung entgcgenzunehmen. Dtc Ein- zelhriten der Tagung sind in der Besprechung zwischen dem RetchStagSpräsidenten und dem Kanzler festgelegt worden. Die Unterhaltung dauerte etwa eine Stunde. Man kann wohl annehmen, vaß sie sich auf die Formalien der Reichs- tagStagung beschränkte, zumal die gestrige Rede Hitler» besonders in dem Teil, der sich gegen den Reichspräsidenten richtete, in Kreisen der Wilhelmstraße kaum dazu beigetra- gen haben dürfte, eine freundlichere Atmosphäre zu schaffen. Die Aussprache tm Reichstag wird voraussichtlich zwei Tage dauern, so daß die Auflösung also für Mitte der Woche erwartet wird. Heute mittag rechnete man noch mit der Möglichkeit einer erneuten Vertagung um etwa eine Woche. Bei den maßgebenden Parteien des Reichstages herrscht aber jetzt eine Stimmung vor, die die Möglichkeit