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Auer Tageblatt : 25.08.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-08-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735688886-193208258
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735688886-19320825
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735688886-19320825
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auer Tageblatt
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-08
- Tag 1932-08-25
-
Monat
1932-08
-
Jahr
1932
- Titel
- Auer Tageblatt : 25.08.1932
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vetlag» M ßk. ISS des vuer TaMatte» und Anzeiger» Mr da» Erzgebirge. Donnerstag, den »8. August 1VS2 Gasangriff Bo» Werner T» war im August 1917. wir kamen vom Themin des Dames, und e» hieb, wir sollten zu einigen Wochen freundlicher Erholung nach Lochringen hinunter, wo der irrieg, wie man wußte, sich noch in angenehmsten Formen vollzog. Nacht« in SSdan-Tharlevill« ging es, wie es zu gehen pflegre. Der Tranlportzug machte, statt geradeaus weiter- »»fahren, einen heimlichen Bogen nach Süden. Am Morgen befanden wir uns vor irgend einer Laderampe in der Nah« von Sttnay, vor welcher der Zug nicht mehr Wetter wollte. Ehe wir e« un« versahen, koppelten die Eisenbahner eilfertig ihre Maschine los und trollten sich damit nordwärts. Uns drückte ein verschlafener Unteroffizier von der Bahnhofs- kommandantur einen Befehl in die Hand. Darin stand kurz und bündig, daß wir al« Singreifdivision im Abschnitt Ber- dun, westlich MaaSufer, eine Gastrolle zu geben haben würden. Erst jetzt vernahmen wir das mächtige Rumpelu, da» von Süden kam? S Am Abend lag vsihiueourl vor uns, etn Trümmerhaufen, von gellenden Einschlägen berstend. Die schweren Granaten kamen alle von Süden herangereist, wo schwach im letzten Tageslicht zwei gewölbte Bergrücken standen. Das waren der Tote Mann und die Höhe 304, so viel wußten wir schon. Die Sonne war rechts hinter dem Wall) von Avocourt unter getaucht. Der stand nur noch auf der Karte. Wir wußten nicht, ob un» der Befehl auf den Toten Mann, auf dre Höhe 304 oder in den Wald von Avocourt führen würde, wir sollten es erst beim RegimentSgefechtSstand in B-thincourt erfahren. Der Gefechtsstand war aber nicht mehr in BSthincourt. Nachdem ein schwerer Volltreffer seinen Keller eingedrückt, hatte er sich ins freie Gelände zurückgezogen. Die Nacht prasselte von heftigem Artilleriefeuer. Oven auf dem Toten Mann flatterten grünweiße Leuchtkugel«. Ein mal wurde auf der Höhe 304 Sperrfeuer angesorde« mit gel ben Leuchtzeichen. Aber daS Ohr vermochte nicht zu unter scheiden, was dort vorging. Alles ging unter tu einem gleich mäßigen Gerassel, Gefunke und Gezisch. Wir gelangten zwischen dem Wald von Avocourt und der Höhe 804 auf einen Bergsattel, der den poetischen Namen „Termitenhügel* trug. Der Stollen, in dem wir ablösten, hörte auf die Bezeichnung „Elsternest", und der Kampftruppen kommandeur unseres Abschnitt« saß im „Vogelherd". Neun Tage lang hausten wir im Elsternest unter dem französischen Trommelfeuer. Neun Tag« lang bedeutete der Sprung ins Freie um die Notdurst zu verrichten, ein Spiel mit dem Leben. Acht Nächte hatten wir nichts zu tun, al« eingeschossene Stollen in unserem Abschnitt auSzubuddeln und zu retten, wa« noch Atem hatte. An der neunten Nacht zerquetscht« ein« schwer« Min« da« halbe Elsternest mit dem einen Ausgang. Der größere Teil der Besatzung befand sich gottlob gerade draußen. Wir saßen die zweite Hälfte der Nacht in dem übriggebliebenen Teil de« Stollen» und warteten, daß eine neue Mine unfern letzten Ausschlupf verschüttete. Der Kerzenstummel verlosch immer wieder, wenn der furchtbare Hammerschlag üben auf unsere Köpfe fuhr und die Stollenhölzer knackten. Es mochte etwa drei Uhr morgens sein, als uns die Vorstellung befiel, eS sei draußen viel ruhiger geworden. Mr krochen hinaus und starrten von unserer Höhe hinab in die Nacht in unserm Rücken. Die frische Lust tat gut, obwohl es stark nach Schwefel roch. Die Dunkelheit war seltsam belebt von bunten Feuer tupfen, di« sich um bestimmte Punkte anhäuften. Unsere Er fahrung lehrte uns, diese Punkt« als Dörfer, Straßen- kreuzungen, Batteriestellungen, Waldstücke und Reservestütz, punkte zu bestimmen. Hier oben war eS entschieden ruhiger, es stiegen auch keine Leuchtkugeln auf. Der Schatten der Höhe 804 trat hin und wieder vor einem Feuerschein hervor, der hinter ihr lohte. Es brannte dort Wohl etwas. Aber etwas stimmte hier nicht, eS beunruhigt« uns irgend etwas. Fortwährend rauschte es hoch über uns hinüber und fuhr in die Mulden unter uns, ohne daß man von dort unten das Geklirr der Einschläge vernahm. Mr kamen schließlich zu der Meinung, daß der Franzmann aus Versehen eine Kiste mit Granaten ohne Zünder aufgemacht habe, und fanden das sehr angenehm. Di« Stimmung drohte beinahe behaglich zu werden. vor Verdun veumelvnrg Bei erster Helliakest macht« »ns das neue Geklirr de» Artilleriefeuer» wie Ratten in unser Loch verschwinden. Wir sahen gerade noch, daß in den Mulden unten weißliche Nebel standen. Al» letzte romantische Vorstellung vor der Ratten flucht in» Loch kam mir ein flüchtige» Bild aus Jugend und Heimat. Wenn wir am Herostmorgen früh hinaus auf die Höhen geeilt, lagen die Bergspitzen als Inseln in einem Weißen Meer, und au« der Tiefe klangen unsagbar geheim- nisvoll die Morgenglocken unter der Flache. Wie Totenglocken klungen ste. Wenige Minuten später stürzte ein Meldeläufer vom Kampstruppenkommandeur zu uns herein, erbrach sich wür gend, schlug um sich, und stöhnte, mählich ruhiger werdend, ein sülziges Wort, das uns grausen machte. „GaS.. / ...daS leckt mit Weißen spitzen Zungen zu uns herauf. DaS sammelt sich fröstelnd, kriecht stumm übereinander, steigt von rückwärts auf die Schultern und rückt von hinten vor. ES weht ein leichter Nordwest, der verhindert das Abstichen aus dar Mulden. DaS staut sich und kriecht nach recht« und nach link« in einer tödlichen Verlegenheit. Da« breitet sich in dünnen Kanälen aus. wie Svinnenarme bewegt sich das vorwärts, in hundert Gliedern gelenkig. Die schwarzen Mauerreste von Böthincourt werden sicht- bar wie verbrannte Holzstücke, di« auf weißer Fläche treiben. Jenseits fährt im Galopp eine Kolonne zuruck. Zwischen PSthincourt und Haueourt ertrinkt ein Waldstück rettungslos und langsam. Bald verweben die letzten Baumspitzen. Aus der Höhe 804 raffelt Maschinengewehrfeuer. Sperrfeuerzeichen tanzen. Aber da unten bleibt alles still — was soll das werden! Die Sonne geht auf über dem anderen Maasufer. Bald wird ste ihre ersten Speerstrahlen über den Toten Mann ver- senden. TS wird einen herrlichen Augusttag geben, blau und blitzend, ein Tag für Lerchentrillern und Finkenschlag. Das da unten steht zäh und weiß und wankt und weicht nicht, ein Leichentuch von Böthincourt bis zu Füßen d.s Toten MmureA. G Mr würden NettunaSkolvnnen bilden und hinmitcr- steigen. Aber wir müssen hier oben bleiben und warten. In jeder Minute kann der Franzmann angreifen. Im Handum- drehen kann sich aus den Trichtern das Geraffel der Jnfan- terieschlacht erheben. Wenn nur ein kräftiger Wind sich aus- machte! Wir find ganz ohne Befehl«, vom Kampftruppen kommandeur ist keine Nachricht mehr gekommen. Wenn der Franzmann angreift, wird er uns rasch erledigt haben. Wir sind fa ganz ohne die Unterstützung unserer Feldartillerie. Da« lst alles dort unten unter dem Leichentuch. Die Sonne ist jetzt aufgegangen über dem Toten Mann. Flieger sind glitzernd unterwegs. Sie surren hin und her über dem weißen Tuch. Wenn sie weuden, blitzen ste mit den Sonnenstrahlen um die Wette. Der Franzmann hat nicht angegriffen, wir wissen e» nicht, warum, er hätte keine Mühe mit un» gehabt. Am Mittag zerrt endlich ein kräftiger Wind vom MaaS ufer her daS Leichentuch auseinander. Wir bilden jetzt Rettungskolonnen und steigen hinunter. Die Division hat Sauerstoffgerät geschickt. Wir arbeiten den ganzen Nachmittag hindurch und nehmen uns einen Stollen nach dem andern vor. Die Sanitätsautos werden vollgeladen und sausen über die beschossenen Straßen zurück. Unterwegs begegnen sie schon den neuen Bereitschaften, die von der Division in Marsch ge fetzt worden sind, nachdem man die Verluste einigermaßen hat übersehen können. Für den Abend und die Nacht ist im ganzen Abschnitt äußerste Gasbereitschaft angeordnet. Die Leute hocken mit glotzenden Masken vor den Stollen. Drinnen kann man sich noch nicht aufhalten. Um einzelne Mauerstücke, in Grabenlöchern, in großen Granattrichtern, um Hecken und Sträucher klettern noch die letzten Reste des Weißen Leichentuches. Sie gleichen stierenden Schafen in der Dämmerung. Der süßliche Chlorgeruch reizt strtwährend zum Erbrechen. Immer noch werden einzeln« Tot« gefunden. Was wag die neue Nacht bringen? unbedingt die Insel Java ansteuern, ein Vorhaben, von dem sie die männlichen Mitglieder der Besatzung nur mit größter Mühe abbringen konnten. Nach einer beispiellosen Irrfahrt von neun Monaten und sieben Tagen kamen sie endlich in Honolulu an. Dort stieß Vater Larffon nach einigen Tagen planlosen UmherschweifenS auf emen Landsmann, der Jönsson hieß und sich als Besitzer einer kleinen Südseeinsel zu erkennen gab. Larffon ließ sich von ihm überreden, im Dienste der hawaifchen Krone auf weltfernen Inseln Kopra zu sammeln und diese mit seinem Fahrzeug nach Honolulu zu schaffen. Die ganze Familie Larffon wurde eine« Morgen sur Audienz bei der Königin Liliukalani befohlen, die sich sehr angelegentlich nach den Plänen der einzelnen Familien- mttg!i«d«, erkundigt«. "Als He'd«, 'Lei« Mäll« fwhz durch Ein namhafter schwedischer Globetrotter — er heißt Earl Möller — hat kürzlich m Stockholm in Form eines SüdseebucheS seine abenteuerliche Lebensgeschichte zum Besten gegeben, die deshalb Aufsehen erregte, weil sich in ihr Wahre» und Phantastische» zu einem derartigen Knäuel seltsamer Vorstellungen verbinden, daß man bei der Lektüre beides nicht auseinander zu halten vermag. Tatsache ist, daß der Ver fasser zu Beginn der neunziger Jahre erne bedeutsame Rolle als Schützling der letzten hawaifchen Königin Liliukalani gespielt hat, und ebenfalls Tatsache, daß er mr Jahre 1905 von einigen Norwegern als Kronprätendent im Folketing vorgeschlagen werden sollte. In einem mittelgroßen Fischerort der schwedischen Pro vinz Smaland machte der siebenjährige Knabe Carl Möller die Bekanntschaft eine- gleichaltrigen Jungen namens Man fred Larffon, dessen Vater, ein Fischer mit Wikingerblut in den Adern, so viel von dem herrlichen Leben und der bunten Pracht der Südseeinseln gehört hatte, daß er sich mit dem Gedanken trug, selbst dort sein Glück zu versuchen. An einem strahlend schönen Sommermorgen segelte Vater Larffon mit seiner Frau, einem siebzehnjährigen Fischerjungen, seinem Sohn und — Karl Moller, den man auf viele» Bitten mitgenommen hatte, auf einem gecharterten Segler ältester Bauart los. Richtung: Hawai. Kompaß und die notwendigsten nautischen Instrumente führte man mit sich, außerdem eine Aussteuer von Fischfanggeräten. Als der mit- genommene Kaffee zur Neige ging, wollte Frau Larffon unbedingt die Insel Java ansteuern, ein Vorhaben, von dem Mit tausend Masten... Wie Tarl Möller, Kronprinz von Hawai, König von Norwegen werden sollte, es aber doch nicht wurde Von Erich Kortner einest Dolmetscher "zu verstehen gab, er gedenke Missionar in Hawai zu werden, und ihr aus einem mitgenommenen Ge sangbuch eines Heidenbekehrers einige Verse aus der „Schwarzen Sarah" vorsang, war die Königin angeblich so gerührt, daß ste den Jungen als Seelsorger auf ihre Kosten auszubilden beschloß. Es kamen zetzt herrliche Jahre für den jungen Möller. Er wurde der erklärte Schützling der Königin. Als ihn dann aber schließlich das Heimweh nach seiner nordischen Heimat packte, wollte er nach Hause. Königin Liliukalani beschloß damals sogar, den aufgeweckten Jungen zu adoptieren. Es wurden angeblich Briefe zwischen Honolulu und Smaland gewechselt, die der angehende Kronprinz von Hawai niemals zu sehen bekam. Doch dauerte die ganze Herrlichkeit nicht lange. Im Jahre 1893 brach eine von den Aankee» ge» schürte Revolution auf der Insel au«. Die Königin wurde abgesetzt und Hawai eine Republik unter dem Protektorat der Vereinigten Staaten. Liliukalani erhielt eine Abfindung in Höhe von 425 000 Dollar Von diesem Gelbe bestritt ste unter anderem auch die Ausbildung Carl Möller» in Kal- kutta und Oxford. Jahre vergingen. Eine« Tage« erhielt er von der norwegischen Regierung folgendes Schreiben: „Königliche Hoheit usw. Norweger, dre das Land Eurer Königlichen Hoheit besuchten, haben uns von Ihrem Leben erzählt. Anläßlich der Selbständiamachung unsere- Lande haben ste unS Königliche Hoheit als Kronprätendenten vor- geschlagen. Fall» eine solche Kandidatur in Frage kommen sollte, oitten wir um Nachricht. Peter Christian Michelsen, Staat-minister." Wie diese lügenhaft ammttende Geschichte weiter au»lief? Carl Möller, der nicht genau wußte, ob er sich al- Adoptiv sohn der Exkönigin Liliukalani auSaeben durfte, will jeden falls mit dem nächsten Dampfer nach Norwegen gefahren und dort vom Staatsmrnister Michelsen und einigen Parlaments. Vertretern um seine Ansicht befragt worden sein. Daß er nicht König von Norwegen wurde, schreibt er dem Einfluß eine» FolkettngSmanne» namen» RaSmuffen zu, der von dem her- gelaufenen „Südseeinsulaner" nicht» wissen wollte. Wo hört hier die Wahrheit am und wo beginnt die Phantasie? Etwas Wahre» auch jedenfalls au d« Geschichte gewesen sei». reichen, nächsten DaS Lied auf ihre« Lippe«..« Skizze von Walte, L. Perstch. Da man Anno Domini 1880 sch«ibt, könne« die Men- schen wieder in Frieden arbeiten, und ein Künstler darf wohl einmal im Reisewagen in seine Geburtsstadt fahren. Die Sonne aoldet über Eutin, wie rr durch die gewun denen Straßen geht, grün lockt der Schlohturm über dem Park laub. Er vergißt, daß der eine Fuß nachschlepvt. Mr Welt hat sich aufgctan, und die Heimat ist wiedergefunden! Ast es noch dasselbe Bot unter der alten Schloßbrücke? Bald steht er im Wald, und wie dir Vögel singen, wird ihm ganz leicht. Er zieht eine kleine Flöte au» der Rocktasche und bläst eine Me lodie, um ste sogleich auf einem Notenblatt einzuzeichnen. Er hat nicht bemerkt, wie eine Dame auf dem Wege stehen blieb. Sie summt seine Melodie vor sich hin und geht weiter, er muß ihre hübsche Stimme hören. Sie lächelt; er steckt be schämt seine Flöte beiseite und zieht den Hut. „Verzeihung", sagt er einfach, „ich wollte Ihren Spaziergang nicht stören..." „Oh", meint die Dame, „daS Lied ist sehr hübsch. Ist es eine von diesen neuen Melodien, di« aus Berlin kommen?" Sie gehen zusammen durch die blühende Welt. Die Zett verrinnt, und als eS Nachmittag wird, hat eS die Dame erlig zurückzukommen — er muß seinen kürzeren Fuß sehr schnell nachziehen. Beim Abschied verabreden sie wie von ungefähr einen Spaziergang für den nächsten Tag. In seinem Zimmer im Gasthof will er die Melodie schreiben. Da kommen ihm hundert Melodien, und über alle« lächelt der Mund der Fremden, wie die wiedergefundene Heimat. Fiebernd eilt er am nächsten Tag und an den folgenden in den Wald. Sie sprechen über Musu, über die Welt, da» Leben, sie sprechen nur nicht von sich und gehen bald immer enger nebeneinander durch die Waldwege. Und einmal geschieht es — sie haben sich ins MooS am S« gesetzt, und ihr Kopf beugt sich zu ihm —, daß er sie küßt. Sie schließt die Auge« und hält still, wehrt ihm nicht; aber auf dem Rückweg bleibt sie nachdenklich und schweigsam. Als sie sich die Hände wendet sie sich eilig um und geht davon, ohne vom Tag zu sprechen. Viele Male geht er durch den Wald, er sieht sie nicht wieder. Nur einmal ist eS ihm, als fahrest« in emer Kutsche neben einem Herrn m t eiSgr-i"em Haar an ihm vor-' über. Da es fast Abend ist, glaubt er, sich getäuscht zu haben, denn die Kutsche biegt in den Schloßhos ein. — Berlin, 18. Juni 1821. Die Kaleschen fahren vor dem Schauspielhaus auf. „Der Freischütz, romantische Oper von Carl Maria von Weber", steht auf dem Theaterzettel. Der Komponist, königlicher Hofkapellmeister zu Dresden, fiebert der Aufführung entgegen. Neben ihm in der Loge sitzen Gras Brühl, sein Entdecker für Berlin, und die Gattm. Di« Musik klingt auf, und bald rast das Haus; man ruft den Komponisten auf die Bühne. Fast erschöpft kommt er in« Foyer, vo« Freunden und Getreuen erwartet. Einmal geht am Arm eines silberhaarigen Mannes ein« Dam« an ihm vorbei. Weshalb glaubt er, diese feine Nacketl- lini« zu kennen? Am Schluß der Vorstellung verabschiedet er sich am AuSgang des Schauspielhauses von den vielen, dir ihm Glück wünschen. Wieder erscheint die Dante, und der hoch- gewachsene Herr sagt halblaut, so, daß er eS hört: „Das ist Carl Maria von Weber — er stammt aus unserem Lutin!" Sie blickt zu ihm, wird über uud Wer rot und schlägt ihre traurigen Äugen nieder. Graf Brühl verbeugt sich sehr tief. Die Dame lächelt mühsam, und dann ist sie vorüber. Vor Weber- Augen flimmert das Sonnenlicht de- heimatlichen Waldes, er sieht ihren schönen Schritt, wre sie sich am letzten Nachmittag von ihm entfernte. Er hat hundert herrlische Melodien davon getragen und eine wehe Erinnerung. Neven ihm steht die treue Gattin — sie weiß von dem Eutiner Zwischenspiel nichts, und er kann eS auch Wohl gar nicht erzählen. DaS Glück wirft dem Künstler die Erlebnisse in den Weg und nimmt sie ihm wieder, wenn sein Werk entstehen soll — geheimnisvoll und unerbitt lich ist dieser Ausgleich des Schicksals für jene, die des Ruhme« Höhen erreichen. Brühl wendet sich zu chm: „Sogar der knorrige GroWerzog von Oldenburg ist mit seiner Tochter hierher geeilt, Meister. Morgen wird die Großherzogintochter — die Dame an seinem Arm — hier in Berlin ihrem Verlobten zugeführt; sie kemre« sich nicht, doch sie sind seit langem füreinander bestimmt..." Mehr hört Carl Maria von Weber nicht. Er wendet sich ab und sieht gerade noch, wie die fremde und so bekannte Dame am Portal mit ihrem Tuch über die Augen fährt und ihn «st einem letzten Blick grüßt. Dann ist auch das vorüber. Der fremde Musikant aus Eutin war in dieser Nacht zmn Liebling Deutschlands geworden, und er mußte in jener Nacht, da er die Fremde aus Eutin wieder sah, ohne sie sehen zu dürfen, zugleich die Zwiespältigkeit alles Glucke» spuren. Er stürzte sich in die Arbeit an „Euryanthe" und schrieb alle Lieder für die junge Prinzessin. Sie muh ibn wohl verstände« haben: In Wien, in London, überall, wo eine neue Oper von Weber aufgeführt wurde, erschien ste, und bald konnte sie wieder lächeln wie einst. Sie blieben durch die Töne und ihr fernes Lächeln immer miteinander verbimsen und habe» sich doch me im Leben wieder gesprochen. Ein Offizier darf sich nicht gefangen nehmen lassen. Bei den Kämpfen um das bei Schanghai liegende Dorf Kiangwan, das die 19. chinesische Armee mit überraschender Zähigkeit verteidigte, wurde ein japanisches Bataillon fast voll mundig aufaerieben. Nur der Führer, Major Noboru Kuga, tonnte nach langem Widerstand von den Chinesen gefangen genommen werden. Obwohl er sich deshalb keinen Vorwurf zu machen brauchte, schien er seine Gefangennahme al» eine Schande zu empfinden. Auf Grund de» Waffenstillstandes wurde Major Kuga kürzlich au» der Gefangenschaft entlassen. Im Hauptquartier in Schanghai wartete man aber vergeben» auf seine Rückkehr. Denn Kuga war unmittelbar nach dem zerstörten Kiangwan gegangen, um sich an der gleichen Stelle, wo er gefangen genommen worden war, eine Kugel durch den Kopf zu schießen. Er hinterließ einige Zeilen, m denen er sagte, für einen japanischen Offizier sei e» eine Schande, gefangen genommen zu werden, und um den Makel vom reinen Schild der japanischen Armee zu nehmen, scheide er an der Stelle au» dem Leben, wo er settre Eh« verloren hab«. Wo ist der KrSmmgsmmrtel des Zaren? Der polnischen Polizei ist nun die ihr gewiß nicht be sonder» angenehme Aufgabe zuteil geworden, nach dem Krö- nungSmantel de» Zaren Nikolaus II. zu fahnden. Diese» kost bare Gewand befand sich nämlich bi» vor kurzem im Besitz« de» Warschauer Bankier» Kwinto, der wegen Veruntreuung von Kundeneinlagen im Werte von zehn Millionen Zloty ver haftet worden ist. Die Kunden haben sich nun zusammen geschloffen und suchen nach wertvollen VermöaenSstücken deS Bankier». Der KrönungSmantel, der au» Hermelin besteht und mit kostbaren Edelsteinen besetzt ist. wurde wahrscheinlich ins Lurland geschafft.
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